Leseprobe

Novelle von Levin Schücking:

Die Wippinger Thekla

 

Kapitel 2

Eine Strecke weit oberhalb des Dorfes, links von der Heide, welche ich als Vordergrund des von mir beschriebenen Bildes so stimmungsvoll sich ausdehnen sehe, kam ein sich schlängelnder Bach aus fernen Mooren dahergezogen, langsam zwischen Wiesenufern fließend, stumm alte gekröpfte Weidenstämme spiegelnd oder Erlenwurzeln mit apathischem Gurgeln unterspülend und einen schmutzigen, gelbweißen Schaum auf ihnen zurücklassend. An diesem Bach entlang erstreckten sich Wiesen, auf denen, fürcht' ich, mehr Binsen und Schachtelhalme wuchsen, als süße Gräser; und ein wenig höher hinauf begleiteten ihn Ackerfluren, die zu einzelnen auf Viertelstunden Entfernung von einander getrennt liegenden Höfen der "Bauerschaft" gehörten. An einem dieser Höfe, dem reichsten und staatlichsten von allen, zog ein das Bachtal kreuzender Weg vorüber, nachdem er auf einer alten Holzbrücke den Bach überschritten. Es war natürlich, daß die, welche des Weges gefahren kamen, für ihre in den Sandgeleisen ermüdeten Pferde ein wenig Brot, für sich einen erwärmenden "Schluck" auf dem großen, behaglich sich unter feinem Strohdach streckenden Hof zu finden verlangten; deshalb war auch schon seit undenklichen Zeiten mit dem Wippinger Hof eine Art Wirtschaft verbunden, d.h., er speiste die Vorüberziehenden, er löschte ihren Durst, er tränkte ihre Pferde, aber das alles nur in den Grenzen der Gastlichkeit, welche sie auf jedem Hofe gefunden hätten, und der Unterschied bestand nur darin, daß er Geld dafür annahm. Zur Nacht beherbergen aber tat er niemand - höchstens im Winter verspätete, im Schneetreiben ermattete Wanderer, und das nicht aus Gewinnsucht, sondern aus Barmherzigkeit und um den Gotteslohn. Der Besitzer des Hofes bedurfte ja auch des Geldes nicht und legte noch weniger Wert darauf, als seine, Geldfragen mit der adligen Gesinnung des Bauern behandelnden Nachbarn. Er war reich genug, der Hof der einträglichste, schönste weit umher - und dann war er ja auch - ein junges Mädchen.

Zur Zeit, als man den Aufseher Philipp erschossen im Brook gefunden hatte, gehörte der Wippinger Hof zwei Schwestern, der Thekla und der Nina, und Thekla war die Anerbin und eigentliche Herrin, die Nina war erst dreizehn Jahre und kaum aus der Schule. Sie waren beide hübsch; die Thekla hatte eine auffallend zarte, schlanke, biegsame Gestalt, einen Kopf von einem Oval, das durch seine Feinheit ganz zu dieser Gestalt paßte, und einen so hellen, durchsichtigen Teint, als ob sie nie draußen in der Sonnenglut Garben gebunden oder Heu gerechnet hätte. Gar viel hatte sie dies nun auch in der Tat nicht getan; denn sie zog vor, die Arbeit draußen der Sorgfalt eines zuverlässigen Großknechts zu überlassen und am häuslichen Herde zu walten, um den herum in dem weitgedehnten Küchenraum denn auch alles von Sauberkeit und Ordnung strahlte, das Wesen im Hause zu überwachen und sich mit den Gästen, die ab und zu einsprachen, zu unterhalten. Es waren dies ja fast alle Bekannte, wenn sich nicht ab und zu ein Strahlenreiter, wie man damals die mit ihren Musterkarten das Land noch zu Pferde durchziehenden Jünglinge nannte, unter ihnen einfand, um mit seinen ebenso schönen wie vorwitzigen Redensarten bei der Wippinger Thekla dann gewöhnlich gründlich "abzublitzen".

Da sie so hübsch war, die Thekla mit ihrem feinen Kopf unter der kleinen, mit einer Goldtresse gesäumten "Nebelkappe" über dem reichen dunkelblonden, sich schlicht an die zarten Schläfe legenden Haar - damals gehörte die oft aus Brokatstoffen geschnittene Nebelkappe noch zum Kostüm der Bäuerin - da sie so hübsch war und eine reiche Anerbin dazu, so hätte sie eine ganze Schar Freier haben müssen.

Das aber war nicht der Fall und das aus mehreren Gründen nicht. Denn erstens hatte Thekla etwas in ihrem Wesen und eine so still nachdrückliche Art, die, welche ihr mit Freiereien lästig wurden, heimzusenden, daß sie nicht leicht wiederkamen, und zweitens war es ja eigentlich eine ausgemachte Sache und konnte gar nicht anders kommen, als daß sie den Herbert Olligs heiratete, der selber ein Anerbe war und dem der nächste Hof einst zufallen mußte, und Theklas vor zwei Jahren verstorbener Vater und Herberts Vater hatten es längst so abgemacht. Herbert war ein stiller, an sich haltender, mit seinem Gelde wie mit seinen Worten haushälterischer Mensch, der aber offen seine Neigung für Thekla aussprach und all' seine freien Sonntagnachmittage an ihrem Herdfeuer zubrachte, und fast als ob er schon zum Hause gehörte von den eintretenden Gästen behandelt wurde. Wer ihn aus dieser vorteilhaften Position hätte verdrängen wollen, hätte früh aufstehen und sich dann auf einen schweren Kampf mit diesem großgewachsenen, flachsblonden, ehrlichen Herbert, dem man doch so recht nicht über den Weg traute, gefaßt machen müssen.

Weshalb der flachsblonde, blauäugige Anerbe mit Thekla dennoch nicht weiterkam, nicht Ernst machte, wußte man freilich nicht recht. Vielleicht war's sein fuchsroter, dünner Backenbart, der ihr nicht gefiel, oder sie dachte gut genug von sich, um zu glauben, sie könne noch ein oder anderes Jahr abwarten, was der Lauf der Dinge bringe, und der Herbert bleibe ihr immer noch sicher. Darin täuschte sie sich wohl auch nicht; der Herbert war zähe, es war nicht seine Weise, fahren zu lassen, was er sich einmal in den Kopf gesetzt, und geduldig war er auch wie ein echtes Bauernblut. In der letzten Zeit freilich schien seine Geduld etwas von ihrer Elastizität verloren zu haben; er war zu Hause verdrossen, unwirsch, fing Streit mit dem Gesinde an über Dinge, die er früher gar nicht beachtet hatte und ward, so sagten seine Leute, täglich unleidlicher.

Und danach kam es auch vor, daß sonntagnachmittägliche Gäste, die auf dem Wippinger Hofe eingetreten und Thekla und Herbert noch allein gefunden, die Bemerkung gemacht hatten, daß Herbert mit einem sehr roten Kopfe hinter dem Feuer gesessen und mit besonderem Kraftaufgebot in die Torfflamme gespuckt und Thekla schweigsamer als gewöhnlich ab- und zugegangen und mehrmals hatte den Kaffeekessel überkochen lassen. Was denn freilich zu weiteren Betrachtungen keine Veranlassung gab, denn der Bauer ist kein Psycholog, und für den Klatsch der vornehmen Leute besitzt er zu viel Anstand.

Das bringt uns in die üble Lage, den Klatsch in unserer Geschichte ganz auf uns nehmen und allein besorgen zu müssen; denn gesagt muß es doch sein, daß Thekla vielleicht auch ihren Herbert, dem sie doch wohl Hoffnungen gegeben hatte, nur schmachten ließ, weil ihr der junge Feldmesser, der mit der Katastrierung der Dorfmark zu tun hatte und oft vorsprach, besser gefiel, ein so hübscher, gebildeter, elegant gekleideter Stadtherr; oder - was freilich weniger von ihr vorauszusetzen war - daß sie noch immer an den Erztaugenichts, den Wildfang Lorenz, dachte, den Lorenz Vollmersen, der schon einmal gesessen hatte sechs Wochen lang, weil er in einer Schlägerei, die er ganz allein wider drei andre zumal begonnen, einem Burschen den Arm zerschlagen; der dann damals, als Theklas Vater noch lebte, Knecht auf dem Hofe geworden und da sich auch ganz gut angelassen und brav gezeigt - bis der Bauer nach einem halben Jahr schon ihn fortsandte, wie es hieß und gesagt wurde, weil der Lorenz hinter des Bauern Rücken heimlich nächtliche Schmuggelfahrten mitgemacht habe. Aber es wußte jedermann recht gut, daß der Wippinger Bauer so wenig als irgend ein andrer im Schmuggeln etwas sah, was einen unternehmenden Knecht in Ungnade gebracht hätte; es mußte schon etwas anderes sein, was den Lorenz aus dem guten Dienst weggebracht; und auf dem Hofe wußte man's ja auch, was es war, hütete sich aber wohl, darüber zu sprechen. Es ging die Thekla an, mit der der Lorenz etwas gehabt haben mußte, was ihrem Vater nicht nach dem Sinn war, und der Thekla, die jetzt die Anerbin und Herrin war, konnte man doch nicht an ihrem Rufe schaden wollen. Sie war ja noch ein so junges Ding dazumal, und der Lorenz auch ein recht sauberer, schmucker Bursche, wenn er Sonntags in die alte Kirche am Flusse ging, in der neuen Manchesterjacke und mit der silbernen Uhrkette über der feinen Tuchweste, die er samt und sonders noch dem Händler im Dorfe schuldig war - mit einbegriffen die Uhr, die an der Kette hing. Und wenn die Thekla auch jetzt als Herrin recht scharf und schneidig sein und das Gesinde in Ordnung halten konnte, daß es eine Freude war, so trug ihr doch niemand etwas nach. Recht hatte sie ja, wie dazumal der Wippinger Bauer recht gehabt, als er den Lorenz vom Hofe gejagt; denn sie war die Herrin, und im Bewußtsein des Landvolkes hat so ziemlich immer, wer die Gewalt hat, auch das Recht - es ist das eine ihm angeborene Vorausetzung, wie traditionell noch aus den Urzeiten her, wo die Gewalt das Recht setzte und schuf.

Der Lorenz war lange Zeit bei den Soldaten gewesen; jetzt, seit ein paar Monaten schon hatten sie ihn gehen lassen, weil er der einzige Sohn seiner Mutter, einer armen Häuslerwitwe, war.

Es war am zweiten Sonntag nach der Bestattung des Aufsehers, als der blauäugige Herbert einmal wieder schon gleich nach dem Essen auf dem Wippinger Hofe hinter dem Torffeuer saß und in die Flammen spuckte, während das Gesinde sich in seinen Kammern zum nachmittäglichen Kirchengange bereit machte und Thekla, die um der einsprechenden Gäste willen meist zu Hause blieb, in der Küche hin- und herschritt, in den Schränken ordnend, Kaffeegeräte herbeiholend, mit Kannen und Tassen hantierend. Herbert folgte mit den Augen ihren Bewegungen - lästiger mochte ihr sein, daß er auch mit seinen Reden ihr folgte, denn es lag ein Zug tiefen Mißvergnügens um ihren Mund, in dessen Unterlippe, wie aus Zorn, die festen weißen Zähnchen sich eindrückten, und eine Falte stand zwischen ihren Brauen, während sie anhörte - vielleicht auch nicht anhörte, was Herbert alles dahersprach.

"Du sagst auf das alles nichts?" sagte er endlich aufstehend und zu ihr an den Tisch, an dem sie eben Kaffeebohnen abmaß, tretend, um sich halb auf die Ecke dieses Tisches zu setzen.

"Hör' Thekla, ich muß Dir etwas erklären; ich will nicht länger der Leute Gespött sein; ich sage Dir, ich will's nicht, und um ein Ende zu machen, will ich etwas tun."

"Was willst Du tun?"

"Ich weiß, daß Dir der Lorenz noch im Sinn liegt. Seit der Lorenz von den Soldaten zurück ist, bist Du anders gegen mich; wenn ich das nicht gemerkt hätte, müßte ich dumm sein wie unsere alte Bläßkuh. Ich weiß auch, daß Du den Lorenz siehst, sprichst..."

"So, das weißt Du? Du weißt auch wohl, was ich mit ihm spreche?" versetzte Thekla spöttisch.

"Es ist nicht nötig, daß ich es weiß, ich kann es mir denken. Aber nötig ist, daß es ein Ende hat. Der Lorenz soll weg aus der Gegend - ganz weg."

"Weg? Kannst Du ihn wegsenden - weg von hier, wo er sein Recht hat, so gut wie Du, und wo seine Mutter krank liegt, um derentwillen sie ihn ja früher, als er ausgedient hätte, von den Soldaten losgelassen haben?"

"Ach, die Mutter kann auch ohne ihn wieder gesund werden, und bis dahin sind alte Weiber oder junge genug da, die für ein Stück Brot sie pflegen und ihre Ziegen füttern. Der Lorenz aber soll weg, und damit er fortgeht, will ich ihm das Geld geben. Geld, daß er irgendwo in der Welt, wo er's besser hat als hier, einen Unterschlupf findet. Bei den Soldaten ist er ja drittehalb Jahr gewesen, da muß er das Handwerk doch ordentlich gelernt haben, und wenn er hinübergeht nach Holland und sich für Java oder solch eine Gegend meldet, machen sie ihn zum Unteroffizier, zum Offizier, was weiß ich!"

"Wie schön Du Dir das schon ausgedacht hast!"

"Er muß nur ein Stück Geld in der Tasche haben, um als ordentlicher Leute Kind da auftreten zu können, dann ist er geborgen", fuhr Herbert fort.

Theklas Miene glättete sich ein wenig. -

Sie schien nachdenklich geworden, und zerstreut maß sie ein schon abgemessenes Häuflein Bohnen noch einmal.

"Geld!" sagte sie dann plötzlich achselzuckend und mit einem Ton der Verachtung, "Du willst ihn abkaufen! Er nimmt's nicht von Dir!" "Nimmt's nicht? Er wird's schon nehmen - wenn er zu hochmütig ist, das von mir nehmen zu wollen, so sag' Du's ihm, daß er's nehmen muß, damit etwas Ordentliches aus ihm werde. In seiner armseligen Kötterhütte kann er doch sein Leben lang nicht bleiben, da stößt er ja das Dach mit seinem Kopfe ein."

"Wenn ich's ihm sage, nimmt er's noch viel weniger."

"Nun, zum Henker", versetzte Herbert zornig, "wenn's so steht, dann gut - dann sag' ich's selber, sag's seiner Mutter, daß ich hundert Taler austun will, damit..."

Thekla mochte innerlich erschrecken bei dem Gedanken an solch einen Schritt, an eine Begegnung der beiden jungen Männer in der Kötterhütte - sie sagte rasch: "Das tu nicht! Dann will lieber ich selbst einmal nach der kranken alten Frau sehen und ihr sagen, was Du für den Lorenz tun willst."

"Desto besser. Sie wird einsehen, daß er's nehmen muß, wenn er seine fünf Sinne beieinander hat. Will er nicht nach Java, was nicht jedermanns Pläsir ist, so kann er ja irgendwo in der Ferne einen guten Kotten kaufen und dann - dann wird's meinem Alten auch auf einhundert Taler nicht ankommen."

Thekla heftete bei diesen Worten Herberts einen großen sprechenden Blick auf ihren Verehrer. War es Bewunderung solch außerordentlicher Großmut, was daraus sprach? Oder war es - Verachtung? Das erste drückte sie nicht aus, als sie mit einem leisen Zittern der Lippen und einem neuen Zusammenziehen der Stirnfalten sagte:

"Gut - ich will's seiner Mutter sagen - von Deinen zweihundert Talern! Nur mußt du nicht denken, Du hättest nun damit auch mich gekauft und bezahlt, und das Geschäft wäre nun abgemacht und am nächsten Sonntag..."

"So! Also ich soll noch immer der Leute Gespött sein?"

"Ich bin Deine Ware nicht, Herbert", fuhr sie zornig fort, auch wenn Du zweihundert Taler austust. Ich habe nie meine Freiheit verkauft und werde sie nicht verkaufen, nie, niemals! - Du hast nie ein Wort aus meinem Munde gehört, nie eine Silbe, die Dir ein Recht gäbe, zu sagen..."

"Thekla!" fuhr er, zornig werdend, aufspringend, mit einer Bewegung auf, als ob er die kurze Sonntagspfeife, die er in der Hand hielt, vor Zorn auf den Boden werfen wollte.

"Herbert!" sagte sie herausfordernd, mit festem Blick ihn anschauend und die Arme über der aufwogenden Brust verschlingend.

Der Streit wurde nicht fortgesetzt, denn die Klinke an der Tür, welche die Küche von der weiten Tenne abtrennte, klirrte; die Türe öffnete sich, der junge Landmesser und der Schulmeister kamen herein, die ersten der Sonntagsgäste, die auf dem Wippinger Hofe an solchen Nachmittagen einzusprechen pflegten. Sie setzten sich nach der Begrüßung ums Feuer, baten um Kaffee, stopften ihre Maserköpfe und tauschten der Worte nicht mehr als just nötig war. Erst als einer der Grenzaufseher durch die Seitentür eintrat und sich zu ihnen gesellte, wurde das Gespräch belebter; man war begierig von ihm zu hören, welche Ergebnisse die Untersuchung, die Nachforschungen nach den Mördern Philipps gehabt; ob noch niemand in Verdacht gezogen, und ob nicht wenigstens irgendwo am Flußufer versteckt der Kahn gefunden sei, den die Schmuggler, wenn Schmuggler die Täter gewesen, doch benutzt haben mußten, um über den breiten Strom zu kommen. Von dem Kahn hatte man nichts entdeckt, nur war in jener Nacht einem Bauern weiter oben am Fluß ein Kahn abhanden gekommen; doch war er am Tage vorher von ein paar Kötterjungen zum Fischen benutzt; und der Bauer war geneigt, zu glauben, daß die Jungen ihn nicht hinreichend wieder befestigt hatten, so daß die Strömung ihn flußabwärts getrieben. Aber etwas hatte der Aufseher doch zu berichten, nämlich, daß die Finanzbehörde einen Preis von hundert Talern ausgesetzt für den, der den Verbrecher angeben oder auf sichere Spuren von ihm leiten könne, und das mußte nun doch wirken - am folgenden Tage sollte es vom Gemeindediener im Dorfe ausgeschellt und heute nach dem Nachmittagsgottesdienst schon den Leuten auf dem Kirchhof vom Vorsteher bekannt gegeben werden. Darüber gab es denn nun vieles zu reden, und namentlich über die Frage, ob dem Bauern zu trauen sei, der das Fortkommen seines Kahns so natürlich zu erklären gesucht. Man hatte allerlei Anzeichen, daß er schon öfter den Schmugglern, die meist dem jenseitigen Grenzlande angehörten - sie hatten mehr Courage, die da drüben, zu solcherlei gefährlichen Geschäften, als die friedsame Menschheit an dieser Seite des Flusses - Vorschub geleistet. Aber kompromittieren wollte man den Mann doch auch nicht, besonders in Gegenwart des Grenzaufsehers, der mußte ja selbst wissen, was davon zu halten war, und wußte wohl auch recht gut, was die Leute sonst noch dem Bauern nachsagten; nämlich, daß er so gar grimmig wider die einzelnen versprengten Franzosen in der Zeit, vor vielen Jahren, als sie aus dem Lande getrieben wurden, gewesen und ihrer mehrere totgeschossen habe. Das waren freilich alte Geschichten; aber so gar lange war es doch nicht her, daß man besser nicht mehr hätte gedenken sollen. Hing doch in jedem Hause oben am Herdbusen noch ein altes Gewehr oder eine gute Büchse, die jetzt nur noch zum Vogelschießen am Pfingstmontag diente; sie stammten aber meist von jener erregten Zeit her, wo alles zum Landsturm zusammengeschart war. Und dann charakterisierte es doch auch den Mann, der jetzt behauptete, seinen fehlenden Kahn hätten die Wellen fortgetrieben. Ja, das mochten sie haben; aber fischende Knaben trugen schwerlich die Schuld.