Kartoffel-Acker soll Genlabor werden |Der Wecker vom 09.01.2005

Kartoffel-Acker soll Genlabor werden

BASF beantragt Anbau erbgutveränderter Knollen in Werpeloh

Von Timo Sager
EMSLAND/LUDWIGSHAFEN. Sterile Hightech Labore, Wissenschaftler mit Mundschutz und Handschuhen, Pflanzen hinter Glas: das klassische Bild von Gentechnik in Deutschland. Das Bild wird sich im Emsland bald verändern. Ein Grund: Der Ludwigshafener Chemie Konzern BASF plant den Anbau von genveränderten Kartoffeln. Auf einem Feld in Werpeloh.

Im Dezember hat die Unternehmenstochter BASF Plant Science nach Angaben von Pressesprecherin Susanne Benner den Antrag auf einen Freilandtest von Stärkekartoffeln beim zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gestellt. Auf dem Fünf Hektar Acker in Werpeloh soll sich zeigen, ob sich die neue Kartoffel bei Wind und Wetter genauso entwickelt, wie im Gewächshaus. BASF erhofft sich von der frisierten Knollenpflanze, dass sie nur noch die Stärkeart Amylopektin produziert. Kartoffeln, an denen nicht im Labor getüftelt wurde, liefern immer mindestens zwei Typen von Stärke. Die neue Reinheit habe deutliche Vorteile bei der industriellen Verarbeitung, zum Beispiel in der Papierindustrie, sagt Benner. Nur in der Industrie kommen Stärkekartoffeln, ob manipuliert oder nicht, zum Einsatz. In den Kochtopf wandern sie nicht.

Seit Mittwoch liegen die Antragsunterlagen bei der Gemeinde Werpeloh und bei der Samtgemeinde Sögel aus. „Das Genehmigungsverfahren nach dem Gentechnikgesetz sieht eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor", sagt der Sögeler Bauamtsleiter Josef Gößling. Bis zum 4. Februar kann jeder die Akten einsehen und bis Anfang März Einwände gegen den Anbau vorbringen.

Mit dem Freilandversuch in Werpeloh sollen die Gen Kartoffeln in einer Umgebung getestet werden, in der sie später auch kommerziell angebaut werden könnten, teilte BASF Sprecherin Benner auf Anfrage mit. Denn die Kartoffeln, die im Emsland gepflanzt würden, dienten in der Regel der Stärkegewinnung.

Das Genehmigungsverfahren für den Test unter freiem Himmel könnte für das Ludwigshafener Unternehmen ungemütlich werden. Im vergangenen Jahr musste BASF heftige Diskussionen mit Umweltschutzorganisationen und Gentechnik Gegnern in Bayern führen. Dort war ein Versuchsanbau gestartet, der mit dem in Werpeloh geplanten vergleichbar ist. „Wir rechnen auch jetzt mit Anfragen", sagt Benner, die einräumt, dass die Argumente der Gentechnik Gegner „durchaus ernsthaft zu diskutieren sind".
Mehrere dieser Argumente führt Claus Alfes, Vorsitzender der Kreisgruppe Emsland des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) ins Feld: „Die Risiken sind bisher nicht gründlich erforscht", sagte Alfes dem „Wecker". Er sehe Gefahren der unkontrollierten Ausbreitung und der Möglichkeit von Allergien beim Menschen.

Diese oder andere Bedenken gegen den Testanbau können beider Gemeinde gemäß dem Genehmigungsverfahren vorgebracht werden. Die Gemeinde selbst ist am Verfahren nicht beteiligt. „Ich bin mir aber sicher, dass wir dazu Stellung nehmen werden, so wie das jeder andere auch kann", sagt Bauamtsleiter Josef Gößling.
Die Entscheidung über den Antrag erwartet BASF nicht vorApril. ts

Der Versuchsanbau

Auf dem Feld in Werpeloh sollen von 2005 bis 2009 in jedem Jahr 21 000 genveränderte Stärkekartoffel angepflanzt werden. Dazu kommt die gleiche Menge an unveränderten Pflanzen als Kontrollgruppe.
Die Gesamtfläche des Versuchsfeldes liegt bei fünf Hektar. In jedem Jahr soll aber nur ein Hektar bepflanzt werden.
Der Freilandversuch ist nach BASF Angaben nötig, um eine Zulassung der Pflanzen für den kommerziellen Anbau zu bekommen. Nach der Ernte werden die Kartoffeln auf die gewünschten Eigenschaften untersucht. Es wird geprüft, ob sie sich im Wachstum wie die in der Kontrollgruppe verhalten. Überschüssige Knollen werden vernichtet.

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