„Eigenververantwortliche Schule"| Ems-Zeitung vom 31.03.05

„Empfehle, dem Druck der Politik nicht nachzugeben"

Betrifft: Niedersächsischer Modellversuch „Eigenververantwortliche Schule".

„An mehreren Schulen (Nordhümmling, Bernhard-Schule in Sögel) haben sich die Gesamtkonferenzen gegen eine Teilnahme an dem Modellversuch ,Eigenverantwortliche Schule' entschieden. Die Darstellung der Aspekte, die in dieser Diskussion von Belang sind, ist in Ihren Artikeln sehr unvollständig. Als Beispiel dafür weise ich auf die unzureichende Erläuterung der Bedeutung der Bertelsmann Stiftung in dem Umwandlungsprozess der Schulen hin.

In der Projektausschreibung ,Eigenverantwortliche Schule und Qualitätsvergleich in Bildungsregionen' des Kultusministeriums heißt es: ,Das Kultusministerium wird im Februar 2005 gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung zwei Bildungsregionen mit jeweils ca. 50 Schulen auswählen, die für den Projektzeitraum eine zusätzliche Unterstützung durch das Land, die Bertelsmann Stiftung und durch die Schulträger erhalten.'

In diesem Satz werden zwei Aspekte deutlich: 1. Es wird einer privaten Organisation das Recht eingeräumt, in das Schulwesen durch die Auswahl von Schulen entscheidend einzugreifen. Die von den Wählern zur Gestaltung der Bildungspolitik bestimmten Mandatsträger übertragen einen Teil ihrer Aufgaben den Managern eines Konzerns.

Mit diesem Demokratieabbau können die Eltern, Lehrkräfte und Schüler natürlich nicht einverstanden sein.

2. Die Bertelsmann Stiftung will den ausgewählten Schulen zusätzliche Unterstützung zukommen lassen. Es ist davon auszugehen, dass die Stiftung ein Mitspracherecht über die Verwendung der Mittel verlangen und erhalten wird. Damit bekommen die Vertreter privater Organisationen einen unmittelbaren Zugriff auf die Leitung und den Unterricht an einer Schule.

Welcher Weg damit eingeschlagen wird, lässt sich bereits jetzt in England beobachten. Dort sind die Manager von großen Firmen in vielen Aufsichtsgremien berufsbildender Schulen vertreten. Die daraus entstehende Abhängigkeit der Lehrkräfte von den Interessen der Wirtschaftsvertreter konnte ich vor zwei Jahren in einer von Ford gesponserten Schule in Cambridge beobachten. Noch haben wir das Prinzip, dass die Bildung der Kinder vom Steuerzahler bezahlt wird und die Lehrkräfte nur den demokratisch gewählten Vertretern gegenüber verantwortlich sind. Dabei soll es bleiben...

Ich kann den betroffenen Schulen, ihren Lehrern, Eltern und Schülern, nur empfehlen, dem Druck der Politik nicht nachzugeben, sondern ihre demokratischen Rechte zu verteidigen..."

Alois Bamming
Querweg 5
Papenburg

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