10.10.2005
Bevölkerung rund um Lingen erhält Jodtabletten
Die Erkenntnisse aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl haben dazu geführt, dass
Stahlenschutzexperten des Bundes als Teil verschiedener Maßnahmen empfehlen, die
Bevölkerung in einem Radius von 10 Kilometern um ein Kernkraftwerk für einen möglichen
kerntechnischen Unfall mit Jodtabletten auszustatten. Der Landkreis Emsland als
zuständige Katastrophenschutzbehörde für das Kernkraftwerk Emsland in Lingen folgt
deshalb auf Geheiß des Landes Niedersachsen dieser Empfehlung und verteilt nun
Berechtigungscheine für die Ausgabe von Jodtabletten.
Im Landkreis Emsland und der Grafschaft Bentheim werden rund 14.000 Haushalte mit 42.000
Personen angeschrieben. Es handelt sich um eine reine Vorsorgeaktion, wie der Vertreter
des Innenministeriums, Günter Heiß, in Meppen betonte, der keine Veränderung der
Sicherheitslage zugrunde liegt und für die es keinen unmittelbaren Anlass gibt. Die
Jodtabletten werden an allen Kernkraftwerkstandorten in Niedersachsen ausgegeben, dürfen
jedoch nicht ohne vorherige Aufforderung eingenommen werden.
Die Anwohner werden in den nächsten Tagen ein entsprechendes amtliches
Informationsschreiben der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim erhalten und können
sich dann mit dem beigefügten Berechtigungsschein pro Haushalt eine Packung Jodtabletten
kostenlos bis zum Jahresende aus einer Apotheke in ihrer Nähe abholen, erläuterte
Landrat Hermann Bröring das Verfahren.
Aufgefordert werden Personen aus der Stadt Lingen mit allen Ortsteilen sowie die Gemeinden
Messingen, Brümsel, Lünne, Heitel und Leschede, Emsbüren, Elbergen, Gleesen, Berge,
Mehringen, Listrup und Ahlde aus dem Landkreis Emsland sowie Nordlohne, Rükel, Lohne,
Kichhof und die Siedlung Nordhorner Straße aus dem Landkreis Grafschaft Bentheim. Sie
erhalten neben dem Abholschein weitere Informationen, so auch eine aktualisierte Fassung
der Notfallschutzbroschüre.
Personen über 45 Jahren sollen im Ernstfall keine Jodtabletten einnehmen, da sich mit
steigendem Lebensalter das Risiko von schädlichen Nebenwirkungen erhöht. Bei allen
anderen löst die Einnahme eine Jodblockade aus, die Gesundheitsschäden durch
radioaktives Jod vermeiden hilft. Der richtige Zeitpunkt für die Einnahme der
Jodtabletten und das betroffene Gebiet werden im Ereignisfall durch die
Katastrophenschutzbehörden bekannt gegeben. Jodtabletten sollen nicht vorsorglich
eingenommen werden, da es dadurch zu Gesundheitsschäden kommen könnte.
Für betroffene Gebiete über 10 Kilometer rund um das Kernkraftwerk würden je nach
Gefahrenlager weitere Jodtabletten zentral in der Feuerwehrtechnischen Zentrale in Sögel
vorgehalten. Im Bedarfsfall werden so Tabletten in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern
ausgegeben werden können.
Neben Niedersachsen werden auch Schleswig-Holstein und Hamburg in diesen Tagen mit der
Verteilung beginnen. Die Bevölkerung in Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
wurde bereits mit Jodtabletten ausgestattet. Dort hatten sich rund 15 Prozent der
angeschriebenen Personen mit dem Medikament ausgestattet.