Atommüll-Alarm in Wahn|Sonntagsreport vom 27.08.2006

Atommüll-Alarm in Wahn

Landrat kritisiert Suche nach Endlager / Noch keine Felduntersuchungen

• Wahn (hsz) Der Salzstock in Wahn zwischen Wippingen und Börger kommt weiter als alternativer Standort für das geplante Atommüll Endlager in Gorleben in Betracht. Das geht aus einem Zwischenbericht der vom Bundeswirtschaftsministerium mit der Prüfung beauftragten Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover hervor. Angesichts von Medienberichten äußerten Atomkraftgegner, die Landtagsgrünen und der emsländische Landrat Hermann Bröring (CDU) massive Kritik am Suchverfahren. GBR Referatsleiter Volkmar Bräuer wies die Kritik jedoch zurück: „Die Alarmstimmung ist völlig unberechtigt. Die Kenntnisse über Salzstrukturen haben sich seit 1995 nicht geändert." Damals habe die Bundesanstalt auf der Basis von Literatur und Archivmaterial eine Studie zur Eignung von Salzformationen erstellt. Seit einigen Wochen liege nun auch ein Zwischenbericht vor, in dem Tongesteine für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle bewertet würden. Damit solle eine bestehende Lücke gefüllt werden.

Die Endfassung der Expertise werde voraussichtlich zum Ende des Jahres veröffentlicht. „Wir sind bislang aber nicht aufgefordert worden, Felduntersuchungen durchzuführen", betonte Bräuer. Im Bundesumweltministerium sieht man derweil keinen Anlass, die politische Marschrichtung zu ändern. „Der Zwischenbericht liegt uns nicht vor", sagte ein Ministeriumssprecher. Es werde eine ergebnisoffene Endlagersuche geben, für die noch die gesetzliche Grundlage geschaffen werden müsse. In diesem Rahmen würden in Frage kommende Standorte miteinander verglichen. Nach dem BGR Zwischenbericht liegen rund drei Viertel der potenziell geeigneten Endlagerstandorte in Niedersachsen. Dabei handelt es sich neben dem Salzstock in Wahn um weitere Salzformationen in Bad Zwischenahn im Kreis Ammerland, in Gülze Sumte bei Lüneburg sowie in Waddekath bei Wittingen. In Betracht kommt demnach auch ein breites Band von Tongesteinsformationen, das sich von der Grafschaft Bentheim und dem Emsland über Osnabrück bis in die Region Hannover erstreckt. Außerhalb Niedersachsens befinden sich lediglich Bereiche im Münsterland, im Nordosten, auf der Schwäbischen Alb und im Allgäu.

Landrat Hermann Bröring wendete sich vehement gegen die Suche nach einem Endlager in der Region. Diese stehe „für eine Diskussion nicht zur Verfügung", sagte er zur möglichen Prüfung des Salzstocks in Wahn. Der Landrat warf Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, Milliarden für ein Gutachten zu verschleudern, obwohl die Entscheidung für ein Endlager in Gorleben längst gefallen sei.

Kritik aus einer anderen Perspektive äußerten die Landtagsgrünen. „Hier wird eine ganze Region in Angst und Schrecken versetzt. Das nutzt nur denjenigen, die eine neue Endlager Standortsuche für den deutschen Atommüll verhindern und an Gorleben festhalten wollen", sagte der atompolitische Sprecher der Grünen Fraktion, Andreas Meihsies. Er forderte Umweltminister Gabriel auf, sofort seine Vorstellungen zu einem Auswahlverfahren auf den Tisch zu legen. Meihsies: „Es muss endlich Schluss sein mit der heimlichen Vorauswahl von Atommüllendlagern." Die Bürgerinitiative Lüchow Dannenberg bezeichnete die zur Diskussion stehenden Standorte unterdessen als „genauso ungeeignet wie das lange favorisierte Zwischenlager Gorleben". Es gebe weltweit kein „Endlagerungsmedium", das den stark strahlenden und heißen Atommüll sicher abschließen könne.


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