Klimakatastrophe kontra Arbeitsplätze | Ems-Zeitung vom 08.10.2007

Klimakatastrophe kontra Arbeitsplätze

Kohlekraftwerk Thema bei FDP-Energiekongress - Wacker: Auch Nordland muss ums Überleben kämpfen

hjh DÖRPEN. In einem waren sich sowohl Zuhörer als auch die Podiumsgäste beim Ener-giekongress der FDP-Kreistagsfraktion in Dörpen einig: Die Versorgung der Bevölkerung mit Strom und Wärme darf am Ende nicht zulasten der Natur in ärmeren Ländern gehen. Wie diese Herausforderung zu meistern ist, darüber schieden sich allerdings in der teils lebhaft geführten Aussprache die Geister.

Wichtigster Zankapfel war dabei das geplante Kohlekraftwerk in Dörpen. Was den einen als probates Mittel zur Sicherung der Stromversorgung und zugleich von Arbeitsplätzen erschien, bedeutete für die anderen das wissentliche Herbeiführen einer Klimakatastrophe.

Mit Bürgermeister Hermann Wacker saß als Vertreter der Gemeinde ein Disku-tant auf dem Podium, der einem Kohlekraftwerk positiv gegenübersteht. „Nordland ist eine starke Fabrik, aber auch sie muss ums Überleben kämpfen", so Wacker. Daher sei es ein wichtiges Ziel für die Gemeinde, dass die dortigen Arbeitsplätze sicher blieben. „Wenn wir in Dörpen 52 Prozent Wirkungsgrad und Sicherheit für die Arbeitsplätze haben, dann haben wir etwas erreicht", positionierte sich der Bürgermeister.

Auch der FDP-Landtagskandidat Heinrich Ganse-forth konnte der Kohlekraft mit Blick auf die Versorgungssicherheit einiges abgewinnen. Kohle gebe es in vielen Ländern der Erde. Beim Erdgas hingegen drohe die Abhängigkeit von einem Land, bei dem sich stets die Frage der Liefertreue stelle. Wie auch Wacker betonte er: „Es ist in Dörpen noch nichts entschieden." Es müsse allerdings in der Frage des Kraftwerkes „sehr sorgfältig abgewägt" werden.

Den Ausstieg aus der Kohlekraft forderte indes Jan Deters-Meißen von der Bürgerinitiative (BI) Saubere Energie. Er war im Verlauf der Veranstaltung für den Sprecher der BI, Horst Albers, auf das Podium nachgerückt. „Das muss nicht sofort sein, es muss aber auch nicht ganz langsam gemacht werden", forderte er die Politik zum Handeln auf. Als einen der entscheidenden Aspekte, die gegen ein Kraftwerk in Dörpen sprechen, führte er den zu erwartenden Kohlendioxid-Ausstoß an. „Es ist bewiesen, dass C02 das Klima verändert." Nach dem Motto „Global denken, lokal handeln" sagte der Wippinger: „Wir dürfen so nicht weitermachen."

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Christel Happach-Kasan ging in ihrem Vortrag speziell auf regenerative Energien ein. Im Zuge der anschließenden Diskussion sprach sie sich vehement dagegen aus, den Begriff Klimakatastrophe zu verwenden. Dies sei Spielen mit den Ängsten der Menschen, um eigene Ziele durchzusetzen. Dabei gebe es seit Jahrtausenden Änderungen des Klimas. Zudem sei es nicht klar, welchen Anteil daran der C02-Ausstoß habe. „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen", forderte sie.

Keine aktuelle Alternative zur Stromerzeugung aus Kohle konnte indes Referent Hans-Joachim Meier vom Verein „VGB PowerTech" ausmachen. „Kohlekraftwerke sind zum jetzigen Zeitpunkt für die zuverlässige und wirtschaftliche Stromerzeugung unerlässlich", so der Diplom-Ingenieur. Zugleich machte er deutlich, dass weltweit alte Kraftwerke durch effizientere neue ersetzt werden müssten.

Kritik an der Konzeption der FDP-Veranstaltung übte in einem Wortbeitrag Zuhörer Nikolaus Schütte zur Wick, der der Bürgerinitiative angehört. Mindestens ein Vertreter des BUND hätte seiner Ansicht nach zusätzlich dem Podium angehören müssen. Zudem warf er dem Referenten Hans-Joachim Meier eine einseitige Information der Zuhörer vor. An Bürgermeister Wacker gerichtet ,verwies er auf Unterschriftenaktion und erklärte: „Sie müssen die Ängste der Bürger ernst nehmen."

Hermann Wacker, Dörpener Bürgermeister: "Wir haben in Bergkamen keine Dreckschleuder gesehen." Jan Deters-Meissner (rechts) von der Bürgerinitiative machte das Verschenken von CO2-Emissionszertifikaten für die Attarktivität von neuen Kohlekraftwerken verantwortlich. Moderator Hans-Michael Goldmann (links) bot der BI Gespräche an. Mit fachvorträgen beleuchteten (von links) Hans-Joachim Meier und Christel Happach-Kasan das Thema Energieerzeugung. heinrich Ganseforth, FDP-Landtagskandidat: "Das Wohl der Bürger ist entscheidend."


Biomasse als Energieträger noch ausbaufähig
Der Verein „VGB PowerTech" erwartet einen Zuwachs in der Stromerzeugung bis zum Jahr 2030 um 85 Prozent. Der wichtigste Energieträger bleibt nach Berechnungen der VGB die Kohle, die zugleich als preisstabilster Energieträger gilt. Zur C02-Abscheidung gibt es zurzeit drei Techniken, von denen laut Hans-Joachim Meier nur eine tatsächlich zur Verfügung steht. Der Anteil der erneuerbaren Energien am gesamten Verbrauch liegt in - Deutschland zurzeit bei 5,8 Prozent. Laut Dr. Christel Happach-Kasan ist die Biomasse dabei wichtigster Energieträger. Potenziale liegen in der Erhöhung der Produktion, verbesserter Technik, Kraft-Wärme-Kopplung und der zusätzlichen Nutzung von Reststoffen.

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