Dersum: Entscheidung zu Mastställen wurde vertagt |
Ems-Zeitung vom 21.02.2003
Dersum: Entscheidung zu Mastställen wurde vertagt
Überraschendes Abstimmungsergebnis im Gemeinderat
Dersum (ma) Mit einem überraschenden Abstimmungsergebnis endete die
öffentliche Sitzung des Dersumer Gemeinderates im Jugendheim. Vor über 30 Zuhörern
beschloss das Gremium mit sieben Ja Stimmen und drei Enthaltungen, den Antrag des
Landwirts Heinrich Hackmann Terhorst nicht sofort zu bejahen, sondern darüber in der
kommenden Sitzung erneut zu beraten.
Es war das CDU Ratsmitglied Franz Loth, das beantragt hatte, über diesen Antrag
erst in der kommenden Sitzung abzustimmen". Dabei monierten gleich mehrere
Gemeinderatsmitglieder, dass sie noch nicht alle Kriterien beleuchten" konnten.
Auch der von der Kreisverwaltung ausgearbeitete Orientierungsrahmen für die
planungsrechtliche Steuerung von Tierhaltungsanlagen", der bereits auf der
Bürgermeisterdienstversammlung am 27. November 2002 vorgestellt worden war, liegt den
Gemeinderatsmitgliedern nach eigenen Aussagen überhaupt nicht vor.
Dabei zeigte die Debatte auch, dass es innerhalb der CDU sehr unterschiedliche Meinungen
gibt. CDU Ratsherr Hermann Ross betonte: Die Vertagung hilft uns nicht weiter."
Und Hans Hannen ergänzte: Wir müssen auch an die kleinen Landwirte denken."
Bürgermeister Schwarte, der ebenfalls für eine Vertagung" gestimmt hatte,
wies auf das bereits gezeigte Entgegenkommen des Dersumer Bauern hin. So will Heinrich
Hackmann-Terhorst zwei Hähnchenmastställe mit insgesamt 60152 Plätzen sowie vier
Futtersilos und entsprechenden Zusatzeinrichtungen bauen. Der erste Antrag sah einen
Standort nahe der Wohnsiedlung Wehrtannen", so der Ratsvorsitzende. Es sei ihm dann
gemeinsam mit dem Landkreis und dem Landwirt gelungen, ein neues, entlegeneres Grundstück
westlich des "Dersumer Schlotes" zu finden.
Vor der Sitzung des Gemeinderates fand im Rahmen der Einwohnerfragestunde eine rege, aber
sachliche Diskussion statt. Hubert Brand von der Bürgerinitiative Contra
Geflügelmastställe" ging dabei ebenfalls auf den Orientierungsrahmen"
des Landkreises ein. Er bezog sich auf Paragraph 36 des Baugesetzbuches. Brand stellte die
Behauptung auf, dass die Grenze der Viehdichte von zwei Großvieheinheiten pro Hektar
bereits überschritten sei.
Der Sprecher der Bürgerinitiative kündigte bereits an, dass sich noch weit mehr
als 300 Dersumer Bürger" (wir berichteten) per Unterschrift gegen den Bau
weiterer Geflügelmastställe in Dersum" aussprechen werden.
Bürgermeister Schwarte und auch Samtgemeindedirektor Hermann Korte wiesen mehrfach darauf
hin, dass die Gemeinde den bisherigen Anträgen rechtlich zustimmen musste. Korte fügte
sogar hinzu: Durch die Mastställe wird die städtebauliche Entwicklung in Bezug auf
neue Wohn und Gewerbeflächen nicht beeinträchtigt." Andere Kommunen, die diese
Zustimmungen verweigert hätten, würden später regresspflichtig.
Kommentar: Gemeinderat Dersum zu Mastställen
Dünnes Eis
Von Hermann Josef Mammes
Die Bürgerinitiative Contra Geflügelmastställe" hat einen ersten Teilerfolg
erreicht. Der Dersumer Gemeinderat hat sich überraschend Bedenkzeit erbeten, um über den
Antrag eines Landwirts zum Bau von zwei Geflügelmastställen zu entscheiden.
Egal, wie das Votum des Dersumer Gemeinderates ausfällt, es scheint endlich Bewegung in
die Sache zu kommen. Es war offensichtlich einmal mehr der Druck des kleinen Mannes
auf der Straße", der die Politiker zum Einlenken bewegt hat. Dabei muss den Gemeinde
und Stadtratspolitikern zugute gehalten werden, dass ihre Möglichkeiten sehr begrenzt
sind. Sie bewegen sich auf sehr dünnem Eis.
Und auch der Orientierungsrahmen für die planungsrechtliche Steuerung von
Tierhaltungsanlagen" des Landkreises birgt zwar möglicherweise rechtliche Chancen,
aber er ist noch längst kein rechtlich bindender Maßnahmenkatalog. Der "schwarze
Peter" bleibt damit in der Hand jedes einzelnen Gemeinde bzw. Stadtratsmitgliedes.
Die Lösung aus dieser Zwickmühle kann nur der Gesetzgeber schaffen. Umso bedauerlicher
ist es, dass hiesige Bundespolitiker gerade der großen Parteien sich entgegen
ursprünglichen Ankündigungen zu diesem Thema merklich zurückhalten..
Aus der Ems-Zeitung vom 21.02.2003