Mitgliederbegehren in der SPD

Ohne durch einen Beschluss seiner Partei, der SPD, dazu befugt zu sein, hat Kanzler Schröder alle sozialen Sicherungssysteme für Arbeitnehmer zur Disposition gestellt. Dagegen organisieren SPD-Mitglieder (unter ihnen zwölf SPD-Abgeordnete) den Widerstand innerhalb ihrer Partei. Sie wollen, dass die Parteimitglieder über einen derart dramatischen Politikwechsel mit entscheiden dürfen. Sie stellen deshalb ein Mitgliederbegehren zur Abstimmung: eine im Statut vorgesehene Form der Willensbildung in dieser Partei.

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten Müntefering "fühlt sich dadurch hintergangen. ...Das Begehren bringt uns an den Rand der Handlungsunfähigkeit und gefährdet unsere Regierungsfähigkeit." Diese Krokodilstränen drücken aus, dass die Regierungsfähigkeit der SPD/Grüne-Regierung mittlerweile mit dem erfolgreichen Raub an den Arbeitslosen und Sozialversicherten in diesem Land steht und fällt.

Die mutigen Organisatoren des Mitgliederbegehrens ( u. a. Christine Lucyga, Florian Pronold, Ottmar Schreiner, Sigrid Skarpelis-Sperk, Rüdiger Veit, Klaus Wiesehügel, Waltraud Wolff) fordern:

  1. Keine Kürzungen bei Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe und Krankengeld. Stattdessen Wiedereinführung der Vermögensteuer und keine Steuersenkungen für Reiche durch eine Zinsabgeltungssteuer und weitere Senkungen des Spitzensteuersatzes.
  2. Bei den Arbeitnehmerrechten darf es keine Rückschritte geben. Erhalt der Kündigungsschutzrechte.
  3. Öffentliche Investitionen in Umwelt, Bildung und Forschung.
  4. Ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft, das gleichen Lohn für gleiche Leistung schafft. Weitere Initiativen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  5. Ein Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit und eine Umlagefinanzierung der Wirtschaft für ein ausreichendes Ausbildungsangebot. Mehr Geld für Schulen und Hochschulen.
  6. Eine Gemeindefinanzreform, die den Kommunen langfristig und konjunkturunabhängig mehr Spielraum für Zukunftsinvestitionen gibt. Deshalb eine erneuerte Gewerbesteuer, die alle Unternehmen und Selbständigen nach ihrer tatsächlichen Leitungsfähigkeit erfasst.
  7. Keine Militäreinsätze außerhalb des Völkerrechts. Eine friedliche europäische Außenpolitik, die Krieg nicht als Mittel der Politik sieht. Eine soziale, ökologische und faire Weltwirtschaftsordnung durchsetzen.

Das alles sind Forderungen, die eine "Parlamentarische Linke in der SPD" durchaus unterstützen können müsste - zumal auch den Gewerkschaften endlich dämmert, was Schröders Pläne für ihre Mitglieder bedeuten. Stattdessen üben sich die Vorsitzenden (Müller und Erler) dieser Pseudolinken in Mobbing gegen ihre Parlamentskollegen und Vorlegen eines sogenannten Kompromisses, der "mit Kenntnis Schröders und Münteferings entstanden" ist.

Dieser sogenannte Kompromiss sieht nur zeitliche Verschiebungen der schlimmsten Auswirkungen der schröderschen asozialen Maßnahmen vor. Ziel ist nicht der Erhalt sozialer Schutzrechte von Arbeitnehmern, sondern die Schwächung des Widerstandes gegen den Pakt der SPD-Regierung mit den Unternehmern gegen die Arbeitnehmer. Immerhin haben auch die Mitglieder der PL, Wieczorek-Zeul und Bulmahn, Posten in der Bundesregierung. Dass sie nur den Protest abwürgen wollen, geben die PL-Chefs auch zu: Ziel ihres Papiers sei ein "möglichst breiter Konsens in der SPD über die Reformen, damit die Partei regierungsfähig" bleibe.

Dass CDU und FDP Schröder mittlerweile Schützenhilfe gegen die Initiatoren des Mitgliederbegehrens zugesagt haben und jeden Sozialabbau mittragen wollen, müsste einem Sozialdemokraten die Schamesröte ins Gesicht treiben. Die Anzahl der Unterschriften unter das Mitgliederbegehren wird zeigen, wieviel Sozialdemokraten überhaupt noch ein Schamgefühl besitzen.

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