Biogasanlagen im Emsland - "Segen oder Armut" ?

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Eine Biogasanlage eröffnet durch das neue Energie-Einspeisungsgesetz (EEG) und durch die Änderung im Baugesetzbuch der Landwirtschaft Möglichkeiten, zusätzliche Einkommensquellen zu erschließen - dies auch im Emsland. Derzeit sind im Landkreis Emsland acht Biogasanlagen in Betrieb, zwei sind im Bau und acht im Antragsverfahren. Weitere Anträge werden gestellt und viele Anfragen zeugen von großem Interesse.

Das EEG garantiert für 20 Jahre eine relativ feste Vergütung, die von der Art der Fermente (NaWaRo-Bonus), von der Wärmenutzung (KWK-Bonus) von der Technik (Innovations-Bonus) und von der Größe der Anlage (KW el.) abhängig ist. Dabei sinkt die Grundvergütung um 1,5% pro Jahr, ein Verlust, der voraussichtlich durch bessere Technik und höhere Gasausbeuten mehr als wett gemacht wird.

Bei einer 500 KW-Anlage, die Nawaros und keine Abfälle einsetzt, kann die Stromvergütung Erlöse von über 600.000 € pro Jahr bringen.

Die Änderung des Baugesetzbuches ermöglicht es den Landwirten im Außenbereich eine Biogasanlage "privilegiert" zu bauen (§ 35 (1) Nr. 6 BauGB), die Größe ist auf 500 KW elektrische Leistung begrenzt. Das Privileg setzt jedoch Indizien wie Flächennutzung, Verwendung überwiegend eigener Betriebsmittel, die Bewirtschaftung auf Risiko des Landwirts u. a. voraus, die für die Biogasanlage genauso gelten wie für einen neuen Stall. Dies gilt auch für die ordnungsgemäße Verwertung der Gärreste, die genauso wie für Wirtschaftsdünger nachhaltig sicherzustellen ist. Da die Nährstoffsituation im Emsland bereits angespannt ist, wird der Druck durch Biogasanlagen, die mit Nawaros weitere Nährstoffe produzieren, weiter erhöht.

Die Wirtschaftlichkeit der Investitionsmaßnahme ist das Ziel, das bei allen Interessenten im Vordergrund stehen wird.

Die Investitionskosten liegen zwischen 3.000 und 4.000 € pro KW Anlagengröße, bei unserer 500 KW-Anlage beispielsweise bei rund 1,7 Mio €. Sie sind aufgrund steigender Nachfrage und größeren technischen Anforderungen in letzter Zeit erheblich gestiegen (ca. 20%).

Bei unserer Biogasanlage (500 KW) wollen wir mit folgenden Kosten rechnen:

  1. Die Kapitalkosten sind abhängig vom Zinsatz und der kalkulierten Nutzungsdauer bzw. Wiedergewinnungszeit für das eingesetzte Kapital. Bei 5 % Zinsen und 10 Jahren ergeben sich über den Annuitätenfaktor jährlich Kapitalkosten von ca. 200.000 €.
  2. Die Betriebskosten bemessen sich nach BHKW-Art und nach Fermenter-, Rühr- und Pumptechnik. Man kann durchaus mit 3,5 Cent je verkaufte KWh kalkulieren. Hinzu kommen Zündölkosten (Gasmotoren sind entsprechend teurer) für Zündstrahlmotoren. Gerade die Motoren haben einen hohen Wartungsaufwand. Wir rechnen insgesamt mit etwa 160.000 € im Jahr.
  3. Bei einer 500 KW-Anlage wird die tägliche Arbeitszeit 6 Stunden betragen, d.h. die Energiewirtschaft ist ein arbeitsintensiver Betriebszweig, ähnlich wie die Ferkelerzeugung oder die Milchproduktion. Bewertet mit 15 € je Stunde kann sich ein Betrag von 30.000 € für die jährlichen Arbeitskosten ergeben.
  4. Die Substrate verursachen Kosten bei der Bereitstellung. Dies sind bei den Nawaros mindestens die Kosten der Eigenproduktion. Bei Silomais liegen diese bei ca. 17,5 € pro t, Getreide wird für ca. 70 € die t produziert. Des Weiteren wird der entgangene Nutzen kalkuliert, da statt Nawaro auch eine Marktfrucht wie Körnermais angebaut werden kann. Der entgangene Nutzwert liegt bei über 6,-€ pro t Mais; die Kosten können auf 24,- € pro t steigen .Unsere Silomaisanlage braucht neben Gülle (3000 cbm) noch ca. 9000 t Mais, das kostet etwa 216.000 € im Jahr, wenn die Betriebsgesellschaft der zugehörigen Landwirte die Nawaros komplett selbst erzeugt und nicht zugekauft wird.
  5. Zu guter Letzt verursachen auch die Gärreste Verwertungskosten. Auf den eigenen Flächen sind diese Kosten bei der Erzeugung der Nawaros bereits berücksichtigt. Wir gehen aber davon aus, dass die Betriebsgesellschaft Flächen für eigenen Wirtschaftsdünger braucht und daher lediglich 100 ha für die Gärrestdüngung selbst vorhalten kann. Im Gärrest sind grundsätzlich die Nährstoffe enthalten, die als Substrate in die Biogasanlage eingebracht werden. Maßgeblich für die gesamtbetriebliche Nährstoffsituation ist der Qualifizierte Flächennachweis, der als limitierenden Faktor den Phosphatanfall ausweist. Er ist bei einer Silage-Gülle Anlage mit ca. 23.000 kg genauso hoch wie bei einer Getreide-Gülle Anlage. Bei einer durchschnittlichen Phosphatdüngung von 80 kg P pro ha werden ca. 290 ha Fläche für die Düngung benötigt. Kalkulationsgrößen bei uns im Emsland sind derzeit Kosten in Höhe von 6,- € pro cbm oder 180,-€ pro ha. Da unserer Biogasanlage 190 ha fehlen, errechnet sich ein Kostenbetrag von etwa 34.000,- € im Jahr. Es ist damit zu rechnen, dass aufgrund der Konkurenz zur Gülle und zu anderen Biogasanlagen diese Kosten steigen werden.

Die Wirtschaftlichkeit unseres Beispiels kann sich folgendermaßen darstellen: Der eigene Energiemais wird mit einem Ertrag von 45 t pro Hektar geerntet und bringt 180 cbm Biogas/ t. Damit liegt die Biogasausbeute etwa 20 % über den Versuchsergebnissen der Landwirtschaftskammer Weser-Ems der letzten Jahre.

Die Biogasanlage kann einen Unternehmensgewinn erwirtschaften von:

Erlös für ca. 3,7 Mio KWh Strom und 3 Mio KWh Wärmenutzung 620.000 €
+ Einsparkosten für Heizung 35.000 €
- Kapitalkosten 200.000 €
- Betriebskosten 160.000 €
- Arbeitskosten 30.000 €
- Substratbereitstellungskosten 216.000 €
- Gärrestkosten 34.000 €
= Gewinn pro Jahr (1. - 10. Jahr) 10.000 €

Ohne Wärmenutzung wirtschaftet die Anlage in unserem Beispiel mit Verlusten. Auch der Substratzukauf wird Geld kosten und kann den Gewinn reduzieren.

Ein Landwirt der für die Biogasanlage Energiemais anbaut, wird über die Erzeugungskosten (17,5 €) hinaus für ihn entgangene Erlöse im Vergleich zum Körnermais in Höhe von z.B. 6,- bis 7,- € pro t zusätzlich erwirtschaften wollen. Das heißt er muss in unserem Beispiel mindestens 24,- € pro t Silomais von der Biogasanlage fordern, sonst kann er besser Körnermais anbauen. Dies ist auch bei der Eigenproduktion auch als entgangener Nutzen eingerechnet. Inwieweit der "externe" Landwirt zusätzlich für das Risiko der vertraglichen Bindungszeit entlohnt werden muss, bleibt abzuwarten.

Nimmt der Energiemaiserzeuger zusätzlich Gärrest zurück, so kann dies weitere 4,- € pro t (180,- / 45 t Maisertrag) kosten; der Preis steigt auf über 28,- € pro t. Wird der Mais ab Stamm verkauft, so reduziert sich der Preis um die Ernte-, Transport und Einlagerungskosten ( 6 - 6,5 € die Tonne).

Der Anbau von Nawaros auf Stillegungsflächen rechnet sich natürlich anders. Hier werden die Erzeugungskosten ausreichen, soweit der Landwirt den Vorteil des Güllenachweises selbst nutzen kann.

Aufgrund der Nachfrage auf dem Nawaro-Markt und der dadurch entstehenden Konkurenz zum Futter- und Nahrungsmittelmarkt, ist mit Preissteigerungen zukünftig zu rechnen. Auswirkungen auf den Pachtmarkt für Flächen sind in Regionen, wo mehrere Biogasanlagen auf den Nawaroanbau unbedingt angewiesen sind, bereits deutlich erkennbar.

Derzeit entwickeln sich Konzepte und Anlagetechniken, die im Detail sehr unterschiedlich sind. So verschieden wie die einzelnen Anlagen und Standortbedingungen sind, so verschieden wird auch im Detail die Wirtschaftlichkeit zu rechnen sein.

Wir appellieren an Jeden, der in diesen Betriebszweig einsteigen will, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dabei können und wollen wir gerne behilflich sein.

 

Ihre Ansprechpartner sind:

Fritz Ellermann, Amt Grafschaft Bentheim in Neuenhaus, mailto:f.ellermann@lwk-we.de

Jan Wulkotte, Landwirtschaftsamt Emsland in Meppen, mailto:j.wulkotte@lwk-we.de

Uwe Bintz, Landwirtschaftsamt Emsland in Meppen, mailto:u.bintz@lwk-we.de