Über Tunscheren ist schon viel berichtet worden. Meistens befaßten sich solche Informationen jedoch mit dem Sinn des Brauchtums und dem Ausbringen einer solchen Tunschere. Heute soll die Herstellung einer Tunschere beschrieben werden, und zwar nach den Angaben und den praktisch vorgeführten Schritten von Wilhelm Fasthoff, der im Laufe der Zeit eine Vielzahl dieser schmucken Exemplare hergestellt hat und daher als ein "Meister seines Faches" bezeichnet werden kann. Er liefert seine Tunscheren weit über die Grenzen des Altkreises Bersenbrück hinaus. Seine Frau Waltraud hilft ihm, die fertig gekrüllten Tunscheren mit von ihr hergestellten Papierrosen und - schleifen auszuschmücken. Wer ein paar gemütliche Klönrunden, gelegentlich auch bei einem "Reuwenschlücksken" verbringen möchte, der sollte einmal Fasthoff Wilm über die Schulter schauen, wenn er allabendlich mit Engelsgeduld und mit großer Hingabe sein Handwerk pflegt. Im Dezember werden die etwa ein Meter langen Weidenstöcke an den Wegen und Rainen der Niederungsgebiete geschlagen. Sie müssen gerade gewachsen und etwa so dick wie ein Besen- oder Forkenstiel sein. Sie dürfen keine Äste aufweisen. Als erstes wird die Rinde entfernt. Dann werden diese Stöcke etwa bis Weihnachten zum Trocknen aufbewahrt. Früher legte man sie einfach hinter den Viehkessel. Sind die Stöcke zu trocken, so merkt man das beim Krüllen sofort, weil die Kräusel abbrechen. Das Krüllen wiederum gelingt nicht, wenn das Material zu feucht ist. Im letzteren Fall müssen die Stöcke nachgetrocknet werden. Für das Krüllen benötigt man ein scharfes Taschenmesser, auf dessen Klingenspitze man ein kleines Querholz steckt. Dieses soll bei der Krülltätigkeit die Führung übernehmen und die Gefahr des Abgleitens in die Hand oder in den Finger verhindern. Man legt den Stock am besten mit dem einen Ende auf den Schoß und mit dem anderen auf eine Tischplatte. Aus dem ersten Stock wird der sogenannte "Rock" hergestellt. Die Krüllen legt man zunächst vom Griff in Richtung Tischplatte. Dann wird vom anderen Ende in Schoßrichtung gegengekrüllt, und zwar bis zu diesen soeben angelegten Krüllen, die nun den gewünschten Bremseffekt haben. Ist der Stock nach längerer Arbeit schon beträchtlich abgeschält und verfügt man nun über genügend Locken im Rock, so wird der Stock etwa 20 cm über den Krükken abgeschnitten. Das gekürzte Stockende mit den Krüllen befestigt man jetzt auf einem Standbrett, in das man für diesen Zweck ein Loch in Stockstärke eingebohrt hat. An das obere Stockende nagelt man nun einen kantigen Holzklotz mit an allen Seiten gleichmäßig verteilten 6 bis 8 Bohrlöchern, in die wiederum aus weiteren Weidenstöcken hergestellte Krüllenbüschel eingefügt werden. Sind die Büschel dicht und groß genug, so ist von dem Holzklotz und auch von dem Ständerstock nichts mehr zu sehen. Nach dem Ausschmücken mit bunten Papierblumen und auch Schleifen erhält die Tunschere noch einen dem Anlaß des Ausbringens oder der Familie gewidmeten Spruch, der früher meistens der Bibel entnommen wurde. |
|
geändert:
19.11.2001
|