Naturschutz gegen Freilandversuche mit gentechnisch veränderte Speisekartoffeln |
Bundesamt für Naturschutz gegen Freilandversuche mit
gentechnisch veränderten Speisekartoffeln
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat weitere
Feldversuche mit gentechnisch veränderten Kartoffeln der BASF Plant Science an Standorten
in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Bayern und im emsländischen Werpeloh
genehmigt. Missverständliche Formulierungen des BVL und der BASF Plant Science lassen
dabei den Eindruck entstehen, das Bundesamt für Naturschutz (BfN) habe den Versuchen
zugestimmt. Dem widerspricht das Amt.
BASF teilte in einer Presseinformation mit: Nach übereinstimmender Beurteilung des
Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, des Bundesamtes für
Naturschutz, des Bundesinstitutes für Risikobewertung und des Robert-Koch-Institutes sind
keine schädlichen Einwirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt zu erwarten.
BVL-Pressesprecher Jochen Heimberg bestätigt die Darstellung von BASF Plant Science:
Das BVL kommt in seiner Sicherheitsbewertung zu dem Schluss, dass von dem
Freisetzungsversuch bei Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen keine schädlichen
Einflüsse auf Menschen und Tieren sowie für die Umwelt zu erwarten sind.
Und weiter: Die Entscheidung des BVL erging im Benehmen mit dem Bundesamt für
Naturschutz, dem Bundesinstitut für Risikobewertung und dem Robert-Koch-Institut.
Falsche Schlüsse könnte dabei die Formulierung im Benehmen auslösen. Dies
Formulierung ist jedoch keineswegs gleichbedeutend mit im Einvernehmen wie
fälschlich angenommen werden kann. Jochen Heimberg bestätigt auf Nachfrage den
Unterschied: Einvernehmen bedeutet in der Rechtswissenschaft, dass vor einem
Rechtsakt das Einverständnis einer anderen Stelle vorliegen muss. Ist dagegen eine
Entscheidung lediglich im Benehmen mit einer anderen Stelle zu treffen, so bedeutet dies,
dass dieser Stelle lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist, ohne dass ein
Einverständnis erforderlich wäre.
Im BfN lehnt man die Darstellung ab und hat beim BVL darum gebeten, im
Genehmigungsbescheid auf diese Formulierung zu verzichten sowie den Dissens darzustellen,
jedoch bisher ohne Erfolg.
Andreas Krug, Abteilungsleiter im BfN, formuliert die Position des BfN eindeutiger:
Die Beurteilung der Freisetzung war zwischen den Behörden unterschiedlich. In
unserer Stellungnahme hatten wir nur unter bestimmten Auflagen und Abständen zugestimmt.
Diese wurden vom BVL nicht in den Genehmigungsbescheid übernommen, so dass wir dem
Bescheid nicht zugestimmt haben.
Die neuen Kartoffeln sollen gegen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule resistent sein.
Erreicht wurde die besondere Widerstandsfähigkeit der Pflanzkartoffeln biotechnologisch
durch den Einbau von Genen einer mexikanischen Wildkartoffel, die sich als besonders
resistent gegen die Fäulnisbildung erwiesen hat. Da die Wildkartoffel selber jedoch sehr
klein ist, kann sie nach Darstellung von BASF Plant Science wirtschaftlich nicht genutzt
werden. Deswegen habe man die Resistenzgene mit dem Schutzmechanismus auf Kartoffeln
übertragen, die durch eine ausreichende Größe im kommerziellen Anbau einsetzbar seien.
Durch eine herkömmliche Kreuzung der Wildkartoffel mit ertragsreichen Pflanzkartoffeln
könne eine Übertragung der Resistenzeigenschaften nicht erreicht werden.
Umweltschützer sehen dagegen jedoch die Möglichkeiten der klassischen Züchtung noch
nicht ausgeschöpft und fordern die Aussetzung entsprechender Versuche. Henning
Stradthoff, Gentechnikexperte bei Greenpeace Deutschland, sieht bei einem späteren
Produktionseinsatz zudem die Gefahr der Vermischung von herkömmlichen und gentechnisch
veränderten Kartoffeln. Wer Lebensmittelpflanzen gentechnisch verändert, der
riskiert, dass damit die Nahrungskette verunreinigt wird. Dies gilt auch für
Kartoffeln, begründet er seine Ablehnung. Anbieter von Speisen auf Kartoffelbasis
könnten dann nicht mehr sicher sein, dass ihre Produkte frei von gentechnischen
Veränderungen sei. Folglich lehnt Greenpeace die BASF-Versuche ab.
Hans Müller, Neudörpen