Biomassekraftwerk Papenburg will Bahnschwellen verbrennen |
Biomassekraftwerk Papenburg will Bahnschwellen verbrennen
Im deutsch-niederländischen Grenzgebiet in Niedersachsen werden neben Biomasseheizkraftwerke zunehmend auch Müllverbrennungsanlagen installiert. Die dünne Besiedlung beidseitig der Grenze wirft die Frage auf, woher der Müll kommt, denn nach Ansicht von Fachleuten ist ein weiter Transportweg wirtschaftlich nicht zu vertreten. Hierüber sollte eine Veranstaltung der Grünen im Emsland Auskunft geben. Doch schnell wurde der Abend vom Thema Biomasseverbrennung beherrscht, denn das in Papenburg ansässige Biomassekraftwerk der Firma Prokon Nord hat nun einen Versuchsbetrieb zur Verbrennung von Bahnschwellen aufgenommen.
Im Papenburger Kraftwerk wird nach dem Prinzip der zirkulierenden Wirbelschichtfeuerung
gearbeitet. Dabei können 20 Megawatt elektrische Leistung erzeugt werden. Die elektrische
Jahresleistung beträgt nach Angaben der Planer ca. 160 Gigawattstunden. Die Anlage
erfüllt die Anforderungen der 17. Bundesimmissionsschutzverordnung (BimSchV), und dürfte
damit auch teerölimprägnierte Bahnschwellen verbrennen. Aufgrund von Bürgerprotesten
ließ sich Prokon jedoch vor dem Betriebsstart im Jahre 2003 auf die Verpflichtung ein,
keine Bahnschwellen einzusetzen. Doch der Altholzmarkt ist aufgrund der großen Nachfrage
umkämpft und die EU rechnet weiterhin mit einer enormen Steigerung des Biomassebedarfs
bis 2010. Experten schätzen, dass sich der Holzbiomassebedarf in Deutschland bis dahin
mehr als verdoppeln wird.
Das lässt nach alternativen Brennstoffen Ausschau halten. Und Bahnschwellen sind nicht
nur kostenlos zu beziehen; ihre Entsorgung wird sogar noch bezahlt. Bevor Prokon jedoch um
eine endgültige Entbindung von der einmal gegebenen Zusage nachfragt, soll eine Testreihe
beweisen, dass die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden.
Andre Hamers, Geschäftsführer von Prokon Nord, bestätigte während der Podiumsdiskussion den angelaufenen Versuchsbetrieb. Man werde einen Anteil von 10 bis 100 % an Bahnschwellenholz erproben. Laut Mitteilung der Stadt Papenburg hat deren Verwaltung einem Versuchsbetrieb über drei Monate zugestimmt, und selbst die Grünen in Stadt und Landkreis gaben hierzu ihr Einverständnis; wohl auch ein Erfolg der intensiven Lobbyarbeit von Prokon, die vornehmlich aus Medienberichten über positiv gestimmte Politiker nach deren Besuch in der Anlage besteht.
Anders geht Hamers dagegen mit Kritikern um. Der Bürgerinitiative gegen Müllverbrennung im Landkreis Bentheim warf er Erpressung vor, sie habe durch öffentlichen Druck auf die Gemeindeverwaltung Emlichheim dafür gesorgt, dass die dortige Prokon-Biomasseanlage nicht das mit Holzschutzmitteln verunreinigte A4-Holz verbrennen dürfe. Der Vertreter der Bürgerinitiative wies diesen Vorwurf zurück und sprach von legitimer Öffentlichkeitsarbeit, die sogar erreicht habe, dass bei der letzten Kommunalwahl eine neue politische Vereinigung die meisten Wählerstimmen in der Gemeinde erhalten habe. Zudem seien Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Prokon-Mitarbeiter aufgekommen, nachdem der Geschäftsführer der Altholzfirma Biro, die ebenfalls zu Prokon gehört, der Lokalzeitung Grafschafter Nachrichten erklärt habe, in Emlichheim gesammelten Bahnschwellen würden für das Prokon-Kraftwerk in Papenburg akquiriert und zuvor von einer Spezialfirma in Bremen zerkleinert. Dabei dürften doch laut Vertrag auch in Papenburg keine Bahnschwellen verbrannt werden.
Hamers bestritt, dass sein Mitarbeiter diese Aussage getätigt habe; die Lokalzeitung bleibt jedoch bei Ihrer Darstellung. Zudem habe der Biro-Geschäftsführer auf einen Mangel an Altholz hingewiesen, weshalb zukünftig sogar im Werk Emlichheim Bahnschwellen eingesetzt werden müssten.
Auch die Holzwerkstoffindustrie kommt bei Hamers nicht gut weg. Sie setze belastetes
Holz z. B. in Spanplatten ein, versucht er die Aufmerksamkeit der Kritiker von sich
abzulenken. Dies sei viel schlimmer als die ordnungsgemäße Verbrennung des Materials.
Die Papenburger Biomasseanlage sei dagegen ein grünes Kraftwerk im besten
Sinne.
Außerdem enthalte sogar Frischholz aus dem Wald Quecksilber, Bahnschwellen seien eben nur
stärker belastet. Überall dürften sie im Freien gelagert werden, so sei es auch am
Papenburger Bahnhof zu sehen. Sobald die Schwellen jedoch auf dem Gelände von Prokon
ankämen, müssten sie in einer Halle gelagert werden. Ungerecht ist die Welt.
Dr. Hans Müller, 23.02.2007