Sonntag, den 25. Februar 2007 / Der Wecker Seite 10

"Geflüchtet vor dem Schmutz"

 

Hermann Bruns aus Kluse hat lange nahe
 eines Kohlekraftwerks gelebt.
"Die Bürger in Dörpen ahnen
gar nicht, was da auf sie zukommt", sagt er
.

 

Von Edgar Behrendt 

EMSLAND.

Hermann Bruns aus Kluse weiß, wovon er spricht: "Meine Frau und ich sind aus Herne geflüchtet, weil wir einfach nicht mehr mit dem ganzen Schmutz leben wollten", sagt der 66 Jährige. Jahrzehntelang hat der gelernte Bergmann in der Nachbarschaft eines Kohlekraftwerks gelebt. Und jetzt, wo er als Rentner ins Emsland gezogen sei, blühe ihm das gleiche Schicksal tatsächlich auch hier.

"Natürlich geht es hier nicht um mich", stellt Bruns fest. Entscheidend seien all' diejenigen, die mit einem Kohlekraftwerk in ihrer Nachbarschaft leben müssten.

 "Das Volk muss gefragt werden", fordert Bruns der den Eindruck gewonnen hat, dass hinter den Kulissen längst Fakten geschaffen worden seien.

 Woran es ihm mangelt, ist die öffentliche Diskussion. "Wenn später alles steht, werden die Leute erst sehen, was das für Monumente sind", sagt er. Dann sei es zu spät. "Meilenweit wird das Kohlekraftwerk  zu sehen sein", ist sich der Westfale sicher. Und das, so habe er in Gesprächen mit Tourismusfachleuten erfahren, werde mit großer Sorge verfolgt. "Es wird so kommen, dass die Touristen durch das Emsland durchfahren", befürchtet Brnns.

Denn den Anblick von dampfenden Kühltürmen und mehr als 200 Meter hohen Schornsteinen würden sich Urlaubshungrige wohl nicht wirklich für das Emsland wünschen.

"Steuergelder sind schön und gut, aber man muss sich doch fragen, ob dies hier der richtige Standort ist", sagt der Rentner, der sich im Sinne der Bürger engagieren möchte. Zu gegebener Zeit möchte er "alle an einen Tisch holen", damit gemeinsam diskutiert werden könne, ob ein solches Projekt in Dörpen gewollt sei oder nicht.

Bruns ist sich sicher, dass zurzeit kaum jemand eine echte Vorstellung davon habe, was ein Kraftwerk diesen Ausmaßes für das nördliche Emsland in der Realität bedeuten würde.

 „Da werden vier, fünf Züge und jede Menge Bin­nenschiffe jeden Tag Dör­pen ansteuern", prognosti­ziert er. Tagtäglich seien Reinigungsfahrzeuge un­terwegs, um den Dreck von den Straßen zu bekommen.

Bruns' Meinung nach soll­ten sich die Entscheidungs­träger einmal ein Kohle­kraftwerk an anderer Stel­le anschauen, um zu sehen, „was da auf uns zu­kommt". Eine Fahrt zum Bergwerk nach Kamp Lintfort hat er schon orga­nisiert. Auch zu einer Tour zum Kraftwerk nach Herne wäre Bruns gerne bereit.'

 

 

Kraftwerk für Kohle in Dörpen

 

Für die emsländische Ge­meinde Dörpen war es ein Paukenschlag, als das Projekt auf einer Presse­konferenz am 13. Februar vorgestellt wurde. Sollte ein in Auftrag gegebenes Gutachten zu einem posi­tiven Ergebnis kommen, möchte ein unbekannter Investor nahe der Papier­fabrik Nordland ein Koh­lekraftwerk bauen.

 

Mit der Gemeinde ist be­reits ein Kaufoptionsver­trag für eine Fläche von 35 Hektar unterschrieben worden. 15 Hektar hatten sich bereits in Gemeinde­besitz befunden, weitere 20 Hektar wurden Land­wirten abgekauft.

 

Die Steinkohle soll zum einen mit Binnenschiffen über den Dortmund‑Ems­Kanal und zum anderen mit der Bahn nach Dör­pen transportiert werden.

 

Das Projekt soll rund eine Milliarde Euro verschlin­gen. Es ist mit einer Bau­zeit von vier Jahren zu rechnen. Spätestens 2014 will der Betreiber ans Netz. Die Zahl der dauer­haft entstehenden Ar­beitsplätze soll bei bis zu 300 liegen.

Bürgermeister Hermann Wacker geht davon aus, dass der Bau des Kohle­kraftwerkes in der Ge­meinde Dörpen einen wirtschaftlichen Boom auslösen wird. „Dann wä­ren rund 1000 Monteure hier", prognostizierte er auf der Pressekonferenz.