Klimakatastrophe – Ein Pfui-Wort?
Auf der Podiumsdiskussion der FDP im Gasthaus Westhus in Dörpen am 05.10.07 zum Thema „Wie sichern wir unsere Energieversorgung im Emsland?“ plädierte Diplom-Ingenieur Hans-Joachim Meier von der VGB Power Tech e.V., einem Fachverband der Betreiber von Kraftwerken mit einer Gesamtleistung von 485.000 Megawatt, für die Modernisierung des Kohlekraftwerksbestandes. Darunter verstand er vor allem die Steigerung des Wirkungsgrades der Kraftwerke und perspektivisch die Entwicklung von Verfahren zur CO2-Abscheidung.
Dr. Christel Happach-Kasan, FDP-MdB und Sprecherin ihrer Fraktion zum Thema "Erneuerbare Energie", bezeichnete das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 einen Anteil an der Energieerzeugung von 20% durch erneuerbare Energiequellen zu erreichen, als sehr ehrgeizig. Sie forderte das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) zu verändern, insbesondere sollten die Verbrennung von biologischen Reststoffen gefördert werden und Biogasanlagen verstärkt mit Kraft-Wärme-Kopplung ausgestattet werden. Die Förderung von Geothermie sollte abgeschafft werden; der Photovoltaik (Stromerzeugung durch Sonnenlicht) wies sie die Rolle einer exotischen Nischentechnik zu und die Förderung durch das EEG könne man allenfalls unter dem Aspekt der Industrieförderung akzeptieren.
Der Dörpener Bürgermeister Hermann Wacker berichtete, er habe bei der Besichtigungsfahrt des Gemeinderates zu einem Kohlekraftwerk in Bergkamen ein sauberes Gelände gesehen, auf dem von einer Verschmutzung durch Emissionen nichts zu merken gewesen sei. Gleichwohl sei noch keine Entscheidung gefallen. Als Kommunalpolitiker müsse man offen reagieren, wenn von einem Investor das Angebot käme, in seiner Gemeinde 1 Mrd. €uro zu investieren. Wichtig für ihn sei vor allem, dass die Arbeitsplätze bei Nordland gesichert würden. Das CO2-Problem könne in Dörpen nicht gelöst werden. Der FDP-Landtagskandidat äußerte sich ähnlich; die Energiekosten seien für eine Papierfabrik ein entscheidendes Kriterium.
Die Vertreter der Bürgerinitiative kritisierten noch einmal die unzureichende Informationspolitik durch die Gemeinde. Aussagen der Investoren könne man entnehmen, dass das Angebot nicht von den Investoren gekommen sei, sondern dass emsländische Politiker von sich aus Dörpen als Standort angeboten hätten. Die Gefährdung des Klimas mache ein Umsteuern auf andere Energieträger dringend. Diese müssten durch gesetzliche Vorgaben schneller genutzt werden, bzw. ihre Einsatzfähigkeit durch umfassendere Forschung beschleunigt werden. Es müsse mittelfristig ein Ausstieg aus der Kohlewirtschaft erfolgen.
In der Diskussion leugneten die beiden Hauptreferenten vor allem, dass es Alternativen für eine Energieerzeugung durch andere Energieträger gebe. Das Thema des Klimaschutzes wurde vollkommen ignoriert; Dr. Christel Happach-Kasan verwahrte sich sogar gegen die Verwendung des Begriffes "Klimakatastrophe", weil damit das Schreckgespenst einer alternativlosen Situation heraufbeschworen werde, die dem Menschen keine Wahlmöglichkeit mehr lasse. Damit sollten nur politische Süppchen gekocht werden. Es habe immer schon Klimaveränderungen gegeben; welche quantitative Bedeutung die CO2-Erzeugung dabei habe, sei noch nicht geklärt. Gegen den Vorwurf des BI-Vertreters, sie vertrete damit Positionen des Präsidenten Bush, der dafür weltweit Kritik erntete, wehrte sie sich allerdings vehement und empfand diesen Vergleich offensichtlich als ehrenrührig.
Die Befürworter des Kohlekraftwerks argumentierten immer mit Einzelaspekten ohne sie in Zusammenhang mit ihren eigenen Argumenten an anderer Stelle zu bringen. Mit dieser zusammenhanglosen Stückwerk-Methode lässt sich alles unterstützen.
Beispiele:
Diplom-Ingenieur Hans-Joachim Meier begrüßte die Modernisierung des Kohlekraftwerksparkes mit dem Argument, Deutschland müsse Vorreiter sein. Man könne nicht erwarten, dass andere, ärmere Länder, in Effizienzsteigerungen investierten, wenn die reichen es nicht tun würden. Als es um erneuerbare Alternativen ging, hieß es plötzlich, Deutschland verliere seine Konkurrenzfähigkeit bei erhöhten Strompreisen und verwies auf Dänemark, dass nach dem Ausstieg aus der Kohleverbrennung Aluminiumwerke verloren habe. Bei erneuerbaren Energien darf Deutschland also plötzlich kein Vorreiter mehr sein und zu allem Überfluss wurde noch als abschreckendes Beispiel ein Land vorgeführt, dass den Ausstieg aus der Kohle offensichtlich sehr gut verkraftet hat.
Dr. Christel Happach-Kasan forderte Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) für Biogasanlagen. Biogasanlagen sind CO2-neutral. Der Forderung nach KWK bei allen Kraftwerken konnte sie zwar verständnisvoll nickend zustimmen, gab aber zu bedenken, das sei wegen der mangelnden Infrastruktur für die Wärmenutzung nicht realisierbar. Das ist richtig; aber warum fordert sie nicht entsprechende gesetzliche Vorgaben? Lösung: Ihre Forderung nach KWK für Biogasanlagen war nur eine Forderung nach staatlichen Subventionen für deren Bau; einschränkende Verpflichtungen für die Konzerne sind ihre Sache aber nicht.
Alle Diskutanten machten sich ständig globale Sorgen, ob Deutschland auch genug mit Energie versorgt werde, ob Deutschland nicht zu sehr vom Weltmarkt abhängig werde, wenn vermehrt auf Gas oder gar Photovoltaik in die südlichen Ländern gesetzt werde. Themen, die von Dörpen aus nicht gelöst werden können? Anscheinend doch. Nur bei der Bedeutung des CO2-Ausstoßes eines Kraftwerkes in Dörpen hieß es: Das Klimaproblem können wir von Dörpen aus nicht lösen!
Fazit: Die Energiewirtschaft möchte weiter machen, wie bisher, weil so ihre Profite gesichert sind. Zugeständnisse an die drohende Klimakatastrophe werden nur gemacht, soweit sie staatlich verordnet werden. Dann werden sie aber als eigenes verantwortungsvolles Handeln verkauft, so wie bei der Installierung der Rauchgasfilterung aufgrund staatlicher Vorgaben in den siebziger und achtziger Jahren geschehen.
Die Vertreterin der FDP war an Energiealternativen nur soweit interessiert, wie es sich um eine Subventionierung von landwirtschaftlichen Betrieben oder der Industrie handelt. Die Gefährdung des Klimas ist für sie ein Sonntagsredenthema.
Die örtlichen Politiker sind sicher an der Sicherung von Arbeitsplätzen und allgemein der wirtschaftlichen Entwicklung im Emsland interessiert. Sie machen es sich aber zu einfach, wenn sie die Argumente der Investoren, die nur ihren Profiten verpflichtet sind, zu ihren eigenen machen. Sie machen es sich auch zu einfach, wenn sie sich einer Verantwortung für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen einfach durch Verweis auf ihre "nur" lokale Verantwortung entziehen.
jdm