Akademieabend der HÖB zum Thema "Energiepolitik der Zukunft" am 15.11.2007 |
Energie der Zukunft nicht möglich mit Betriebswirtschaftlern
Unter dem Titel "Energiepolitik der Zukunft" lud die
Historisch-Ökologische Bildungsstätte Papenburg zu einem Akademieabend mit
Volkswirtschaftler Prof. Dr. Böhringer (Uni Oldenburg) und Mathematiker,
Volkswirtschaftler und Philosoph Dr. Luhmann vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt
und Energie ein.
Dass Betriebs- und Volkswirtschaftler nicht wirklich Wissenschaftler, sondern Lobbyisten
auf hohem Niveau sind, zeigte sich - ähnlich wie auf der JU-Veranstaltung in Dörpen am
19.10.2007- auch auf dieser Veranstaltung.
Prof. Böhringer stieg in sein Referat mit einer richtigen Erkenntnis ein: "Wir haben
kein Energieressourcenproblem, sondern ein Umweltressourcenproblem". In seinen
folgenden Ausführungen brachte er das Kunststück fertig, zu berichten, dass der
Emissionsrechtehandel nicht richtig funktioniere, weil die Emissionsrechte von der
Bundesregierung quasi verschenkt wurden und trotzdem zum Schluss zu kommen, dass eben
dieser Handel für eine Obergrenze bei der CO2-Erzeugung durch fossile Kraftwerke sorgen
werde. Wenn das Kraftwerk in Dörpen gebaut werde, werde anderswo in der EU ein anderes
nicht gebaut und umgekehrt. Dabei hatte er vorher anhand anschaulicher Diagramme noch
bewiesen, dass der Emissionsrechtehandel in seiner jetzigen Form auf den Klimaschutz
ungefähr die gleiche Auswirkung hat wie der Handel mit Sammelbildchen.
Dies gelang ihm, weil er konsequent jeden Blick auf die Klimagefährdung ausblendete und
nur die betriebswirtschaftliche Situation der Konzerne im Blick hatte.
Dr. Luhmanns Ausgangspunkt dagegen war das von der UN-Klimakonferenz proklamierte Ziel der
Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 Grad. Daraus folgere, dass die fossilen
Brennstoffe so weit wie möglich in der Erde verbleiben müssten. Nur Erdgas komme als
Übergangslösung in Frage, weil es wegen seines hohen Wasserstoffgehaltes in Kombination
mit Kraftwärmekopplung in seiner Klimaschädlichkeit begrenzt sei.
Bei dem Emissionsrechtehandel handele es sich um eine rein liberalökonomische Steuerung,
die nur eine Mengensteuerung ermögliche, wenn er denn funktionieren würde. Der Staat
habe keinerlei Einfluss auf die Zusammensetzung des Energiemixes. Und gerade dieser sei
entscheidend, wenn man den Weg in die Klimakatastrophe verhindern wolle. Es müsse also
Gesetze geben, die direkt für die Begrenzung des Einsatzes fossiler Brennstoffe wirkten.
Die wenigen unzulänglichen Bestimmungen, die bereits existierten, würden von der
"Politik" nicht umgesetzt.
Für den Freihandelsexperten Böhringer war natürlich jede ordnungspolitische Lösung
tabu. Und um den Blick vollkommen zu vernebeln, behauptete er, es sei klimapolitisch
sowieso egal, was wir in dem ach so kleinen Europa machten, angesichts der großen
klimapolitisch bedeutsamen Entwicklung in Asien und Amerika. Und da war das, was hier in
Dörpen geplant ist, gar nicht mehr benennbar.
Das war natürlich Wasser auf die Mühlen einiger Gemeindevertreter Dörpens, die sich in
der Diskussion zu Wort meldeten. Um die Teilhabe an der klimapolitischen Unvernunft des
Dörpener Gemeinderates noch weiter zu verniedlichen, brachten sie z. B. ein, dass das
Abbrennen der Urwälder in Dritte-Welt-Ländern wesentlich zur Klimaentwicklung
beitrügen. Wenn also Weltkonzerne in Indonesien für den europäischen und amerikanischen
Markt Urwälder zerstören, ist das ein Freibrief für Dörpener Gemeindeväter an der
Klimakatastrophe kräftig mitzuwirken?
Eine besorgte Wortmeldung aus dem Publikum wies auf den derzeit geringen Anteil der
Erneuerbaren Energien am Gesamtaufkommen der Energieerzeugung hin. Dr. Luhmann habe aber
diese als Mittel zur Verhinderung der Klimakatastrophe skizziert. Rede man nicht somit
über Nebensächlichkeiten?
Dr. Luhmann verstand diese Frage als einen Ausdruck von Hoffnungslosigkeit. Er sehe die
Hoffnung auf eine Lösbarkeit der Klimafrage aber nicht in einem linearen Ausbau der
Erneuerbaren Energien, sondern in der dynamischen Entwicklung dieser Techniken. Europas
Rolle als entwickelte Industrieregion sei es, ausgehend von dem Wissen um die riesigen
Potentiale der Erneuerbaren Energien und um die verhängnisvolle Rolle der fossilen
Energieträger, diese umwälzenden Techniken zu entwickeln und damit, auch als Vorreiter,
eine weltweite Umorientierung in der Energieerzeugung zu bewirken.
jdm