Wenn Trippeln, Scharren und Kratzen zu hören sind, ist es
schon zu spät. So wie bei Familie Thiel in Bissendorf bei Osnabrück.
Immer so um Mitternacht wird es lebhaft auf dem Dachboden:
Ich hörs scharren, ich hörs krabbeln wie
eine ganze Meute, die da oben rumrennt. Und es hört auch ewig nicht auf.
Ich hab jede Nacht nur ca. zwei Stunden Schlaf, das ist richtig heftig.
In ihrer Not haben die Thiels Deutschlands einzigen
Siebenschläfer-Jäger gerufen. Konrad Brockmann fängt die Nager und setzt
die geschützten Tiere dann irgendwo 20 Kilometer entfernt wieder aus.
Doch zunächst klärt Brockmann, ob die Hausbewohner nicht womöglich von
Ratten oder Mardern geplagt werden. Und der ehemalige Kreisjägermeister
kennt die Tiere so genau, dass er auch ihre Geräusche nachmachen kann:
Der Siebenschläfer macht zum Beispiel das Geräusch:
ein bisschen Laufen - dieses Trippel,Trippel - und dann eben das
typische scharrende, kratzende Geräusch - kratz, kratz. Und wenn die
Leute sagen: Mensch genau, das ist es, dann kann ich sagen: Guck, das
ist ein Siebenschläfer, eindeutig, denn sehen können wir die Tiere
nicht.
Siebenschläfer sind etwa so groß wie Eichhörnchen,
haben große dunkle Knopfaugen, weiches grau-braunes Fell und einen
buschigen Schwanz. Sie gehören zur Familie der Bilche, der zum Beispiel
auch die Haselmaus angehört. Und Siebenschläfer gelten als regelrecht
gefräßig. Genau das macht sich Siebenschläfer-Fänger Konrad Brockmann
zunutze. Mit Bananen- oder Birnenstückchen versucht er die Tiere in die
30 Zentimeter lange Drahtröhren zu locken. Doch auf dem Dachboden der
Thiels hat das bislang noch nicht funktioniert. Alle aufgestellten
Fallen - bisher leer. Ein letzter Anlock-Versuch:
Ich gebe jetzt hier Honig auf die Nüsse, Nüsse haben
sie nicht angerührt. Es ist wahrscheinlich, dass sie an den Honig auch
nicht herangehen. Aber man sollte nichts unversucht lassen. Und da
versuchen wir's jetzt als allerletztes mit Honig, und dann sehen wir
mal.
Vermutlich
haben die Siebenschläfer bereits Junge - und sind jetzt noch
misstrauischer als sonst. Dem vielen Kot nach zu urteilen: 50 bis 60
Tiere. Hier in Osnabrück und der näheren Umgebung ist der Siebenschläfer
eine Plage. Doch bundesweit geht seine Zahl zurück. Deshalb wurde er
auch
zum Wildtier des Jahres auserkoren. Der Mensch hat seine
Lebensräume drastisch beschnitten. Beispiel die heutigen Nutzwälder mit
monotonen Fichtenbeständen. Siebenschläfer aber brauchen Mischwälder,
naturnah mit Totholz und ganz unterschiedlicher Schichtung, erläutert
Helmut Schmitz, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde in Osnabrück:
Das heißt, dass ein Wald besteht aus Altbäumen, aus
mittlerem Bestand und aus Jungbestand, also in allen Ebenen bis in die
Krautschicht hinein begrünt ist, dass die Siebenschläfer, die gute
Kletterer sind, auch die Höhlen in dem Altbaumbestand erreichen können.
Wenn sie dann also unten nur einen ausgeräumten "gefegten" Wald haben,
ist der Bilch nicht in der Lage, diese Höhlen zu erreichen, die
normalerweise im Altbaumbestand sind.
Helmut Schmitz vermutet, die Tiere seien auf natürlichem
Wege eingewandert - weil Osnabrück ihnen nun mal viel naturbelassenen
Lebensraum biete:
Und wir hier im
Stadtgebiet von Osnabrück sehr gute Laubwälder noch haben. Eigentlich
die richtigen Voraussetzungen für die Bilche, die geschichtete Wälder
brauchen mit Laubwaldbeständen in warmer Lage, und das findet sich da,
und wir sind froh, dass wir so was im Stadtgebiet haben.
Siebenschläfer-Jäger
Konrad Brockmann hat dagegen eine andere Theorie:
Sie sind halt eben ausgebüchst im Zoo, es soll 1952
gewesen sein. Einer erzählt, es seien zwei Pärchen gewesen, andere
sagen: drei Pärchen, die sich irgendwo eine Bleibe gesucht haben und
dann eine Population aufgebaut haben.
Woher die Tiere
ursprünglich kommen, ist den Thiels aber eigentlich egal. Sie wollen
noch ein paar Tage abwarten, ob nicht doch einer der Siebenschläfer in
die Falle tappt. Sonst wird Nager-Experte Brockmann zu einem - auch für
die Hausbewohner - übelriechenden Mittel greifen: Weinessig. Beißende
Essigsäure hat nämlich schon so manchen der flinken Kletterer verjagt.
Daniela Thiel:
Entweder vertreibt er
sie oder er fängt sie weg. Hoffentlich. Hoffentlich bald, ich möchte
wieder schlafen können.