Margret Koers’ neuer Roman greift emsländische Geschichte auf
Als das „Hexenschwert“ Goose Sienken köpfte


Meppen. „Goose Sienken“ wird sie im Volksmund genannt, und es ist zu hören, sie sei eine Hexe. Das ereignisreiche Leben der jungen Anna Gesina Fenslage, die 1807 mit zweiundzwanzig Jahren als letzte Verurteilte öffentlich in Meppen hingerichtet worden ist, thematisiert die Meppenerin Margret Koers in ihrem neuen Buch „Hexenschwert“.
Ihre Geschichte beginnt die Autorin sechzehn Jahre vor der Geburt der eigentlichen Protagonistin und erzählt das Schicksal ihres Vaters und dessen erster Frau. Anna Gesina selbst kommt auf Seite 54 der 200 Seiten starken Erzählung zur Welt. Dennoch ist der Einstieg über ihre Familiengeschichte klug gewählt – gerade vor dem Hintergrund, dass dieses Buch ganz offensichtlich recherchierte emsländische Geschichte mitsamt einer Beschreibung der Lebensumstände der Menschen vermitteln möchte.

Diese im Grunde lobenswerte Intention macht jedoch gleichzeitig die Schwachstelle des Buches aus. „Historischer Roman“ steht unter dem Titel auf dem Cover. Problematisch scheint diese Bezeichnung, wenn sich, wie hier, immer wieder szenische, dialogische Darstellungen mit abhandlungsähnlichen Absätzen über die emsländische Geschichte abwechseln. Sie reißen den literarisch interessierten Leser gleichsam aus seinem Lesefluss heraus.

Ohne Zweifel bietet „Hexenschwert“ andererseits dem geschichtlich ambitionierten Rezipienten eine Fülle an Informationen zur emsländischen und Lokalgeschichte. Nicht nur die erwähnten Stellen während des Fließtextes seien hier angesprochen. Besonders der noch einmal knapp 200 Seiten starke Anhang mit Hintergrundinformationen aus der Recherchearbeit der Autorin sowie Karten, Bildern und Abdrücken von Originaldokumenten ist hervorzuheben.

Lust auf Geschichte machen sicherlich die Hinweise darauf, wie man sich auf die Spuren Goose Sienkens begeben kann: Die Autorin benennt Ortsbegebenheiten, die man heute noch ähnlich vorfindet, Straßenverläufe und Gebäude. Das lädt zum Aufsuchen ein und tröstet über manche literarische Schwäche hinweg.

Die stärkste Szene des Romans gelingt Koers am Ende im Wechsel der personalen Erzählerperspektive zu Goose Sienken selbst, mit der man gemeinsam den letzten Weg zur Hinrichtungsstätte antritt. Verzweiflung und Furcht sind hier eindrücklich künstlerisch in einen inneren Monolog umgesetzt.

Keine Hexerei
Deutlich wird, dass eigentlich kein Grund besteht, Goose Sienken als Hexe zu bezeichnen: Sie stirbt durch das Schwert – das „Hexenschwert“ – wegen Brandstiftung, ihr toter Körper landet anschließend auf dem Scheiterhaufen. Ein paar Rufe aus der gaffenden Menge, sie sei eine Hexe, klingen wenig überzeugend. Ihr Schicksal ist vielmehr das einer Frau, die unter der häuslichen Gewalt ihres jähzornigen Mannes zu leiden hat. So hat sie nicht nur das entbehrungsreiche Leben in einer jungen Moorkolonie zu erdulden, sondern legt auf Befehl ihres Gatten ein Feuer, das die Bauernschaft Fullen niederbrennt, und geht auf Diebestour. Sie gehorcht aus Angst, wird erwischt, verurteilt, gehenkt – mit Hexerei hat das wenig zu tun.

Erhältlich ist „Hexenschwert“ für 14,90 Euro in den Geschäftsstellen der Emszeitung, der Meppener und der Lingener Tagespost.

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Das Todesurteil gegen Goose Sienken wird für das Stadtfest nachgestellt. Foto: Manfred Fickers

Quelle: fho,FHO/Meppener Tagespost
03. September 2010 18:52 Uhr


Aus http://www.emslage.de/verein/kirche_kirchweg.html:

Gegenüber dem Esterhof biegt der Fullener Kirchweg nach links ab und führt durch die Tannen des Esterfeldes in das heutige Emstal hinunter. Dabei kommt man noch jetzt durch die alten Emsdünen, von denen aus man früher auf die Stadt Meppen schauen konnte. Hier, wo das Wasser einer kleinen Quelle (so heißt es im Volksmund) den Weg benetzt, ist die Kindsmörderin und Brandstifterin Goose Sienken am 10. April 1807 im Angesichte des Dorfes Groß Fullen hingerichtet worden. Zahlreiche Zuschauer waren herbeigeströmt, um den Tod durch Schwert und Scheiterhaufen, die letzte öffentliche Hinrichtung im Amte Meppen, mitzuerleben.

Goose Sienken, eigentlich Gesina Brink, verheiratet mit Herm Fenslage aus Hebelermeer, stammte aus Versen (hierzu gibt es mittlerweile anderslautende Meinungen). Sie soll eine Schönheit gewesen, aber nicht zuletzt durch den Einfluss ihres Mannes immer mehr auf Abwege geraten sein. Es wird von ihrer Neigung zum Stehlen berichtet. Auch hat sie ihr zweites Kind bald nach der Geburt erwürgt und im Stroh ihres Bettes versteckt. Am 18. Mai 1806 zündete sie, nachdem der gleiche Versuch in Versen fehlgeschlagen war, in Groß Fullen während des Hochamts Ahlers Scheune an (Schulte-Ahlers). Bei dem starken Ostwind breitete sich das Feuer schnell aus, so dass 22 Wohnhäuser und 5 Scheunen den Flammen zum Opfer fielen. Bei der Flucht durch den Roggen wurde Goose Sienken von Rudolf Eilers erkannt, so dass sie verhaftet und verurteilt werden konnte. Über ihren Mann heißt es: "Der Urheber und Teilnehmer ihrer Verbrechen ward auf 30 Jahre zum Zuchthause verdammt, in welchem er später sein schandbares Leben endete (vgl. Diepenbrock, S. 551).