18.10.2011: Larissa Cosentino berichtet von der Frankfurter Buchmesse 2011 |
Larissa Cosentino: Als Autorin zum ersten Mal auf der Buchmesse
Über sieben Brücken musst Du
gehen, hieß es einmal in einem Lied von Peter Maffay... Nun, im Falle der
Frankfurter Buchmesse würde es wahrscheinlich so lauten: ...durch unzählige Hallen
musst Du traben! Ja, das wäre eine passende Beschreibung! Wer glaubt, er sei schon
fast am Ziel, in dem Augenblick, da er das Messegelände betritt, der irrt sich. Als ich
mich schon kurz nach meiner Ankunft, trotz sorgfältig ausgedruckter Hallenpläne, auf den
Info-Stand stürzte, um ein wenig beschämt meine Orientierungslosigkeit zuzugeben,
erklärte mir eine freundliche Dame: hier rechts, an der Rolltreppe vorbei und dann
eineinhalb Kilometer gerade aus... Am Besten Sie fragen dann dort noch einmal...
Aha... Eineinhalb Kilometer? Noch einmal fragen? Gut, na dann nichts wie los, schließlich
habe ich Termine! Die Flure, so stellte ich fest, haben den Charme eines Flughafen
Terminals... Nein... Flughäfen heut zu Tage haben sogar ein angenehmeres
Ambiente... Endlos lang sind die Flure, bis man endlich das erste Buch zu Gesicht bekommt.
Es lauert an einer Kreuzung hinter einer Vitrine und scheint einem zuzurufen: Doch,
doch! Du bist schon richtig! Dies ist eine Buchmesse!
Die ersten Tage sind für sogenannte Fachbesucher reserviert. Wie ich es erwartet habe
obwohl ich doch insgeheim hoffte, dass dem nicht so wird geht es auch kaum um
Inhalte und um Bücher an sich. Hier interessieren sich nur wenige für das geschriebene
Wort. Es geht um Begriffe wie Marketingstrategie, Verwertbarkeit eines Produktes,
Marktforschung, Trendsetting, Rechteverwertung... Was auch immer... Autoren sind eher
Störfaktoren, es sei denn, sie haben eigene Ideen, wie man die Verwertbarkeit eines
Buches optimieren kann. Sehr schön... Auch darauf war ich vorbereitet, zumindest
bilde ich mir das ein.
Die interessanten Ansprechpartner, die ich besuchen will, habe ich inzwischen gesichtet,
so langsam brauche ich die gut verteilten Info-Stände nicht mehr, um die richtigen Hallen
zu finden... Ich mache also echte Fortschritte! Ich bewege mich außerhalb der Stände der
Großverlage und Konzerne und treffe dann tatsächlich auch die Menschen, mit denen ich
mich in der Kürze der Zeit wundervoll austauschen kann. Dafür bin ich hier, jetzt fange
ich an, die Messe zu genießen, wenn auch die stickige Luft einem langsam zu schaffen
macht...
...Wer, wie ich, ab und an ein wenig frische Luft
schnuppern muss, findet früher oder später den Weg zur Terrasse. Noch schnell eine der
Tageszeitungen geschnappt, die einem überall gratis angeboten werden, und ab nach
draußen, auf eine Bank, auf der Suche nach Entspannung. Ja, hier auf der Terrasse trifft
man auch andere Autoren, man tauscht sich aus, lacht gemeinsam über die Erfahrungen und
ja: hier redet man auch über Bücher und deren Inhalte! Na geht doch! Von der angenehmen
Terrasse zur Ehrlichkeit verführt, meinte eine sehr freundliche Verlegerin, was längst
klar war: Wenn man schon eine Weile in dieser Branche arbeitet, liest man nicht mehr
so gerne. Ich zitiere sie und benenne sie natürlich nicht, denn Ehrlichkeit sollte
ja nicht bestraft werden! Sei aber an dieser Stelle gesagt, dass nicht jeder in der
Verlagsbranche so denkt. Ich habe auf der Messe auch tolle Verleger kennen gelernt.
Die Gespräche, die ich führen wollte, habe ich geführt. Nachdem ich als Besucherin
schon die Wiener Buchmesse kenne, war ich zum Glück vorab sehr vorsichtig. Lesungen und
Signierstunden wollte ich auf keinen Fall machen. Vielleicht beim nächsten
Mal!, war der Gedanke, aber erstmal schauen, wie es auf der Frankfurter Buchmesse so
abläuft... Siehe da, nicht viel anders als in Wien! Natürlich gibt es für bereits
berühmte Schriftsteller oder Autoren großer Verlage, schöne, ein wenig abgelegene
Bühnen, wo sie ihre Lesungen halten können. Die meisten Autoren quälen sich jedoch am
Rande der Gänge und des Gedränges, bemühen sich dort um Konzentration, um doch noch
irgendwie ihre Texte halbwegs gut rüberzubringen, während die potentiellen Leser sie im
Vorbeigehen gerade mal eines kurzen Blickes würdigen. Trotz der vielen Menschen, bleiben
die Stühle vor diesen Lesungen zum Teil leer. Ich hörte, wie ein Paar sich über die
Lesungen unterhielt. Die Frau sagte: Sie lesen aber auch wirklich alle
schlecht! Der Mann nickte verächtlich... Ich kann nur sagen: Zum Glück habe ich
mir das nicht angetan! Vorlesen kann ich zwar gut immerhin nehme ich gerade
Hörbücher auf, in Kürze biete ich sogar dazu ein Gratis-Download auf meiner Homepage
an aber unter diesen Bedingungen stelle ich mir das furchtbar vor! Kontakt zu den
Lesern kann man so nicht wirklich finden und wenn dann nur durch Zufall... Ich weiß
jetzt: Facebook, Foren und kleine Lokale, in denen ich Lesungen halten kann, werden in
Zukunft die Plattformen und Orte sein, wo ich meinen Lesern begegnen will! Signierstunden
auf Buchmessen könnte ich mir vorstellen, Lesungen aber nur wenn der Rahmen stimmt, und
darüber erkundige ich mich in Zukunft sicherlich ganz genau! Als Neuling muss man sich
erst orientieren, das habe ich gemacht... Auftrag erfüllt!
Ich gehe mit einem richtig guten Gefühl in den
Samstag hinein. Heute ist Publikumstag! Jetzt aber, verwandle ich mich einfach mal vom
Autor zurück zur Leseratte und will auf Entdeckungstour gehen! Wow! Schock! Überfüllt
ist es! In manchen Hallen ist kein Durchkommen mehr! Die Islandhalle ist absolut
überlaufen. Auch wenn ich sonst nicht darunter leide, habe ich einen leichten Anflug von
Klaustrophobie, aber noch überwiegt die Neugierde... Ich gehe weiter. Island ist dieses
Jahr Gastland und wer auch immer derjenige war, der die Islandhalle gestaltet hat, er hat
sich etwas ganz Besonderes, Künstlerisches ausgedacht. Es ist ziemlich dunkel hier, die
Menschen taumeln an immens großen Leinwänden vorbei, die kreuz und quer in dieser Halle
hängen. Auf diesen Leinwänden werden Bilder überdimensionaler Bücherregale projiziert,
leider aber auch bewegte Bilder von Flüssen oder ist es das Meer? Keine Ahnung, mir wird
schwindlig! Wo sind eigentlich die Bücher? Ach, da... Zu viel Andrang, da komme ich nicht
mehr hin... und wer liest schon gerne im Halb-Dunkeln? Ab und an werde ich angerempelt, es
scheint hier jedem ein wenig schwindlig zu werden...
Ich bin dann mal weg...
In der Presse liest man heute, Islands Auftritt sei absolut gelungen... Ja...
Künstlerisch wertvoll war er... aber ob der Auftritt gelungen ist, liegt im Auge des
Betrachters. Vermutlich bedeutet in diesem Zusammenhang das Wort gelungen auch: Es wurden
gute Verträge abgeschlossen.
Island hat mich schon immer fasziniert, ich hätte gern mehr gesehen und erfahren. Ich
bereue es jetzt, mir nicht an den Fachbesuchertagen Zeit für Island genommen zu haben. Da
waren ja weitaus weniger Menschen unterwegs, da wäre das einengende Gefühl wohl noch
eher erträglich geblieben... Die frische Luft ist einmal mehr verlockend...
Endlich draußen sieht man viele bunte, lustig verkleidete
Gestalten herum tanzen. Ich lasse mich von zwei netten Mädels aufklären, denn eines
weiß ich sicher: Karneval gibt es um diese Jahreszeit nicht! Diese verkleideten Menschen
sind Manga-Fans, die in die Kostüme ihrer Helden schlüpfen, um gemeinsam zu feiern. Eine
erstaunliche Community, die natürlich aus Japan stammt. Kalt ist es hier
draußen und manche der Kostüme bieten ihren Trägern nur wenig Stoff... Ich bin mir
sicher, einige dieser Fans liegen jetzt mit einer ordentlichen Verkühlung im Bett, aber
ich bin mir ebenso sicher, sie bereuen diesen Tag nicht. Für mich waren sie ein Highlight
der Messe. Weiter so, ihr Manga-Fans, ich fand euch toll!
Weg hier, genug von allem, auch wenn ich einige Hallen nicht einmal betreten habe... Es
sind hier einfach zu viele Menschen... Ich schiebe mich durch die überfüllten Gänge in
Richtung Ausgang, es fällt mir ein Buch ins Auge... über das Emsland... Ein Bild eines
frisch gepflügten Ackers auf dem Buchdeckel... Menschenleer... Ja, da wäre ich jetzt
gern... Ich setze mich kurz zum Verleger und dem Autor... Der perfekte Abschluss zur
Messe.
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Larissa Cosentino