Larissa Cosentino berichtet über eine Demonstartion gegen Strompreiserhöhungen in der bulgarischen Stadt Plovdiv- 24.02.2013 |
Bulgariens Beppe Grillo verzweifelt gesucht.
Mit seiner Partei, Movimento 5 Stelle, mischt Beppe Grillo bei den bevorstehenden Wahlen,
die politische Landschaft Italiens auf. Ganz gleichgültig ob man seine Ansichten teilt
oder nicht, es spielt sogar keine Rolle, ob er gewinnt: Er bringt einen frischen Wind, der
dort seit etlichen Jahren fällig war... Während Italien nächste Woche wählt, haben die
Demonstranten in Bulgarien ihre Regierung dazu gebracht abzudanken. Nichts Neues für mich
als Italienerin, denn unsere Politiker pflegten auch oft abzudanken, wenn es bremslich
wurde
Ich
stehe da, schieße ein Paar Fotos und versuche zu verstehen, was die Menge brüllt
Ich verstehe Maffia, ich verstehe Verstaatlichung (ich verstehe auch Kokain, doch da habe
ich mich wohl verhört
). So weit ist klar, dass sie den Strom wieder verstaatlichen
möchten, weil sie sich erhoffen, er wäre dann wieder leistbarer. Gleichzeitig werfen sie
den Regierenden Maffia-ähnlichen Machenschaften vor
Diese sind ja nun vorerst weg,
bis zu den baldigen vorgezogenen Wahlen zumindest
Da ich die Sprache nur sehr schlecht beherrsche, ist es für mich schwer mitzubekommen,
was um mich geschieht. Ein kleiner Junge steht mit seinen Eltern neben mir, er versteht
offensichtlich die Sprüche, aber er begreift sie auf seine Art: er fängt an mitzusingen,
wohl gefällt ihm der Rhythmus der Parolen. Die Eltern schmunzeln, bringen das Kind aber
zum schweigen und ziehen weiter.
Tauben fliegen über die Menge, weiß sind sie nicht, doch die Menschen sind friedlich trotz ihres Zorns. Wie kann es auch anders sein, bei einer solch beruhigenden Kulisse? Sie marschieren an Parks vorbei, an der Moschee, an thrakischen Ausgrabungen. Plovdiv ist eine Stadt der Kunst und der Geschichte, nicht des unkontrollierten Zorns. Der Weg ist umsäumt von Polizisten und Journalisten, die teilweise sogar von den Balkons herab filmen und fotografieren.
Vor dem Gebäude der EVN, dem regionalen Stromanbieter aus Österreich, wird die Demo ein wenig lauter. Mir fallen zunächst die Polizisten auf: Sie sind in voller Montur, aber sehr gelassen. Sie kennen ihre Landsleute, wenn sie sich nicht sorgen, brauche ich es auch nicht und kann in Ruhe beobachten. Die für die Dienstautos der EVN reservierten Parkplätze stehen leer, was kaum verwunderlich ist, immerhin wurden dort vor einigen Tagen zwei Autos niedergebrannt doch dies geschah in der Nacht, tagsüber bleiben die Gemüter ruhiger.
Mein Blick fällt auf die EU Fahne, die zusammen mit der Bulgarischen am Gebäude angebracht ist. An diesem fast windlosen Tag hängt sie träge herunter, sie wirkt müde, kraftlos. Sie steht vor einer Aufgabe, die sie sich selbst gestellt hat und der sie offensichtlich nicht gewachsen ist. Das Bulgarische Volk hat viele Hoffnungen mit dieser Fahne verbunden. Nun stehen sie da, mit Rechnungen in der Hand, die sie mit ihren niedrigen Löhnen unmöglich bezahlen können.
Es wird sich jedoch sobald nichts ändern. Die regierende GERB Partei hat
gerade abgedankt, doch sie braucht sich im Grunde nur zurückzulehnen und abzuwarten. Von
vielen Freunden hörte ich bereits, es gäbe ohnehin keine politische Alternative, denn
vor einem Links-Ruck haben sie Angst, zu frisch ist hier noch die Spur der kommunistischen
Diktatur. Die Demokratie ist hier noch zu jung, um eine 5-Sterne Bewegung
hervorzubringen. Italien hat lange drauf gewartet, möge Bulgarien sich nicht so lange
gedulden müssen. Es war heute ein windloser Tag, doch auch hier wird irgendwann ein
frischer Wind wehen.