Hyazinth Sievering über die "Emsländische Grammatik" von Hermann Schönhoff von 1908. | 20.09.2013 |
Aus der
"Emsländischen Grammatik" von 1908
Allerdings beklagt der Autor schon
vor über hundert Jahren den Zerfall unseres heimischen Plattdeutsch: "Gemeinsam
mit den ostfriesischen Mundarten ist dem Emsländischen eine große Altertümlichkeit des
Wortschatzes eigen, der ja freilich seit Durchführung des Schulzwanges und der
hochdeutschen Predigt bedenklich abnimmt, auffallend lichtet sich seit der Mitte des 19.
Jahrh. die Zahl der Adverbien - eine Erscheinung, die das Emsland freilich mit
westfälischen Mundarten teilt."
Man mag sich fragen, was heute,
ein Jahrhundert nach der Niederschrift der aus dem Vorwort zitierten Zeilen, von der dort
beschriebenen Sprache noch übrig ist. Möglicherweise sind diese Zeilen auch ein Anlass,
seinen eigenen Sprachgebrauch zu überdenken und sich zu fragen, ob man nicht mittlerweile
aus Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit zu viele original plattdeutsche Begriffe gegen
hochdeutsche ausgetauscht hat. Es gibt die Möglichkeit, sich selber ein Bild zu machen.
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Volkstümliche Kindergeschichte aus Ahlen vom entlaufenen
Pfannkuchen
Dor was'n old Wief wäen, de här säven Saotdöskers* hat.
Nu was se an't Pannkauken backen an un de Leste -dat was so'n Fetten wäen- de was ehr ut
de Panne sprungen, was over Däle löpp nao buten ut. Do was üm'n Haose tomöite kaomen.
- 'N Dag, Haose." - "'N Dag Pannkauken, wor kumms her?" frög de Haose.
"Ik bün 'n old Wief ut de Panne sprungen, säven Saotdöskers entlöpp. Nu will ik
di, Haose Quickstert, ok noch entlopen."
De Haose dor achter an un do as he dor 'n End achteran wäen
is, latt he'n lopen. He kann'n nich fangen.
Kummp üm'n Voss tomöite. "'N Dag Voss." -
"'N Dag Pannkauken. Wor kumms her?" fragg de Voss. - "Ik bün'n old Wief ut
de Panne sprungen, säven Saotdöskers, Haose Quickstert entlöpp. Nu will ik di, Voss
Dickstert ok noch entlopen." De Voss, de kann üm ok nich fangen.
Do kummp üm 'ne Kauh tomöite. "'N Dag Kauh." -
"'N Dag Pannkauken. Wor kumms her?" fragg de Kauh. - "Ik bün'n old Wief ut
de Panne sprungen, säven Saotdöskers, Haose Quickstert, Voss Dickstert entlöpp. Nu will
ik di, Kauh Striedeers ok noch entlopen." De Kauh, de kann üm ok nich kriegen.
Do kummp üm 'n Peerd tomöite.
"'N Dag Peerd." - "'N Dag Pannkauken.
Wor kumms her?" fragg dat Peerd. - "Ik bün'n old Wief ut de Panne sprungen,
säven Saotdöskers, Haose Quickstert, Voss Dickstert, Kauh Striedeers entlöpp. Nu will
ik di, Peerd Wieteers ok noch entlopen." Un do, dat Peerd achterher, kann üm ok nich
kriegen.
Do kummp üm 'n Schwien tomöite. "'N Dag Schwien."
- "'N Dag Pannkauken. Wor kumms her?" fragg dat Schwien. - "Ik bün'n old
Wief ut de Panne sprungen, säven Saotdöskers, Haose Quickstert, Voss Dickstert, Kauh
Striedeers, Peerd Wieteers entlöpp. Nu will ik di, Olle Huagnua ok noch entlopen."
Dat Schwien di dor achteran to
happken, happkede üm half up. Dat annere Half kröp
in'n Grund un dor öilt** de Schwiene nu noch nao. Nao den halven Pannkauken.
** öilen = wühlen
Wer sich für unsere heimische
Sprachform interessiert und sich auch mit deren Veränderungen im Laufe der Zeit befassen
möchte, wird in diesem Buch eine Unmenge an Material finden. Die Tatsache, dass alle
Begriffe und Texte in Lautschrift wiedergegeben werden, mag auf den ersten Blick
erschwerend wirken. Wenn man sich allerdings schon mal mit dem Wandel der Aussprache
unseres Plattdeutschen nur in den vergangenen fünf Jahrzehnten befasst hat, ist man dem
Autor sehr dankbar, dass er auf diese Weise die Sprechweise der Menschen zu Kaiser
Wilhelms Zeiten für uns konserviert hat.