Am Donnerstag brachte die Ems-Zeitung einen Bericht über den Besuch des Präsidenten des Steuerzahlerbundes Reiner Holznagel in der Redaktion. Mit dem Etikettenschwindel durch seinen Namen macht dieser Kampfbund gegen den Sozialstaat schon seit Langem Politik – natürlich steuerlich begünstigt vom Staat.

In der EZ fiel Holznagels Kritik an der Landesgartenschau oder dem Grand Voyage Diner in Papenburg eher verhalten aus. Das waren ja auch Projekte einer CDU-Stadtverwaltung und er befand sich ja auf Einladung von deren Bundestagsabgeordneten im Emsland.

Eindeutig negativ fiel sein Votum gegen die kommunale Unterstützung für Dorfläden aus. Und das verwundert nicht: Der Steuerzahlerbund ist trotz seines Namens keine Lobby von Steuerzahlern, sondern eine Vereinigung von mittelständischen Unternehmern, die seit jeher gegen jede Form von Sozialpolitik Front macht. Laut Wikipedia gibt der BdSt an, dass seine Mitglieder zu 60 bis 70 Prozent aus Unternehmen des gewerblichen Mittelstands bestünden, die übrigen Mitglieder seien in ihrer Mehrheit Privatpersonen.

Eine sozialstaatliche Sicht des Staates sieht die Aufgabe des Staates laut Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes auch in der Daseinsvorsorge. Dazu gehören alle für ein menschliches Dasein als notwendig erachteten Güter und Dienstleistungen.

Zu dieser Grundversorgung gehören die Bereitstellung von öffentlichen Einrichtungen für die Allgemeinheit, also Verkehrs- und Beförderungswesen, Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, Müllabfuhr, Abwasserbeseitigung, Bildungs- und Kultureinrichtungen, Krankenhäuser, Friedhöfe, Schwimmbäder, Feuerwehr usw. Man kann auch von der Bereitstellung einer Infrastruktur sprechen. Viele dieser Dinge wurden vom Staat direkt (Straßenbau, Polizei, Gerichte) von staatlichen oder öffentlich-rechtlichen (Bahn, Post, Fernsehen) oder kommunalen Einrichtungen (Wasserwerk, ÖPNV, Schulen) geleistet.

Und genau das ist das Hauptkampfgebiet des „Steuerzahler“bundes: Im neoliberalen Sinne soll der Staat sich aus allem heraushalten und alle Dienstleistungen privatisieren. Die Steuerpolitik ist für den Steuerzahlerbund nur der Etikettenschwindel, um für sein Agieren gegen das Sozialstaatsprinzip einfach gestrickte Zustimmung einzusammeln. Dazu plündert der Verein die jährlichen Berichte der staatlichen Rechnungshöfe, um mit einzelnen fehlgelaufenen und von den Rechnungshöfen kritisierten Staatsausgaben gegen Staatsaufgaben allgemein zu agitieren (z.B. in „Mario Barth deckt auf“). Lohnerhöhungen im Öffentlichen Dienst sind dem Steuerzahlerbund immer zu hoch; Sozialgesetze aller Art sowieso zuwider. Der Steuerzahlerbund prangert staatlichen und kommunalen Wohnungsbau an, wo er kann.

Aber hat man je gehört, dass er sich ernsthaft zu den horrenden Kosten bei Stuttgart 21, beim Berliner Flughafen, bei den Rüstungsausgaben oder auch nur bei der Privatisierung der Autobahnen bzw. bei deren Bau geäußert hätte? Da kommen nur allgemeine Warnungen, wie „Gerade bei komplexen Bauvorhaben zeige sich, dass die Kosten im Verlauf der Planung in die Höhe schießen.“ Aber die neue Autobahngesellschaft wurde vom Steuerzahlerbund begrüßt.

Der Steuerzahlerbund ist eine Kampforganisation gegen das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes und seine Aussagen sollten auch so verstanden werden. Der Organisation Attac wurde vor kurzem die Anerkennung der Gemeinnützigkeit entzogen. Aber der nichtsnutzige Steuerzahlerbund darf seinen Mitgliedern für den Mitgliedsbeitrag immer noch Spendenbescheinigungen ausstellen. Das ist ein Skandal – auf Kosten der Steuerzahler.

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