Atomkraft und Atomwaffen – der Wahnsinn geht weiter
Die Atomlobby versucht in letzter Zeit angesichts der Proteste gegen die Tatenlosigkeit gegen die Klimaerwärmung die Atomenergie als Alternative zur Verbrennung von fossilen Stoffen wieder ins Spiel zu bringen. Ihre sinnlose Entwicklung von neuen Reaktortypen wird dabei immer noch im Rahmen des Euratom-Vertrags von 1957 von unseren Steuergeldern bezahlt.
Gleichzeitig versucht die Atomlobby die Energiewende mit Schauermärchen schlecht zu reden. Es ist also Zeit, sich mal umzuschauen, ob Tschernobyl, Fukushima, Harrisburg, Hiroshima und Nagasaki irgendwelche Denkknospen bei den Politikern und Konzernchefs angeregt haben. Um es vorweg zu sagen: Die Antwort lautet nein.
- Trotz eines Endlagersuchgesetzes, dass die Suche nach einem sicheren Platz für den schier endlos strahlenden Müll aus den Atomkraftwerken auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen sollte, hat Bayern Ministerpräsident schon durch inniges Meditieren die Erkenntnis gewonnen, dass Granitgestein nicht zur Lagerung von Atommüll geeignet ist. Einfach weil es Granit in Bayern gibt und Bayern keinen Atommüll will. Was interessiert diesen Ministerpräsidenten da schon ein Gesetz!
- In Lingen wurden Risse an Rohren der Dampferzeuger entdeckt. Die entdeckten Risse wurden repariert. 6000 Rohre wurden als Stichprobe untersucht. Die weiteren 10.000 Rohre wurden nicht untersucht. Der Kurzschluss: Wenn 6000 Rohre fast alle heil sind, sind die 10.000 Rohre auch heil. Also wurde das Kraftwerk von Umweltminister Lies (SPD) ohne die weitere Prüfung wieder ans Netz gelassen, obwohl die Reaktorsicherheitskommission generell die Prüfung aller Rohre verlangt.
- Der Garchinger Forschungsreaktor FRM II wird seit 2004 mit hoch angereichertem Uran betrieben. Der Brennstoff mit einer Anreicherung von bis zu 93 % Uran 235 ist atomwaffenfähig und stellt ein erhebliches Proliferationsrisiko dar. Weil dies internationale Bemühungen zur Abrüstung und zur Nichtverbreitung von Atomwaffenmaterial untergräbt, wurde in der Betriebsgenehmigung des FRM II eine Umrüstung auf einen Brennstoff mit einer geringeren Anreicherung (unter 50 Prozent) bis Ende 2010 festgelegt. Diese Frist wurde vom Betreiber nicht eingehalten, der Reaktor läuft somit illegal ohne Betriebsgenehmigung. Die Genehmigungsbehörde, also das bayerische Umweltministerium, hat und will daraus keine Konsequenzen ziehen (und übrigens auch nicht den Atommüll aus diesem Reaktor bei sich vergraben lassen).
- Der Iran will wegen der Aufkündigung des Atomabkommens die Urananreicherung je nach technischem Bedarf schrittweise auf 5 bis 20 Prozent erhöhen. Derzeit gebe es jedoch noch keine Anweisungen für eine Anreicherung auf 20 Prozent, die für den medizinischen Reaktor in Teheran erforderlich sei. Für Atombomben die auf Uran basieren, wird wesentlich höher angereichertes Uran benötigt, meist mit mindestens 85 % Uran 235. Die Sanktionen der USA gegen Iran treffen das Land fast ungeschützt, weil die europäischen Konzerne sich an die US-Auflagen halten, um ihre Geschäfte mit den USA nicht zu gefährden. Der Kriegskurs der USA und die stillschweigende Unterstützung der Europäer sorgen somit für die mögliche Weiterverbreitung der Atombombe und für den nächsten Nahostkrieg.
- In den letzten Nahostkriegen, also in Libyen, Syrien, Irak, aber auch bei der Bombardierung Jugoslawiens, verwendete die USA Bomben mit Uranmunition. Hier handelt es sich um abgereichertes Uran, einem Abfallprodukt aus der Uranproduktion. Da es eine sehr schwere Substanz ist wird es vom Militär geschätzt. Ein einschlagendes Geschoss entwickelt eine Hitze von rund 10.000 Grad Celsius. Wenn es ein Ziel trifft, werden ca. 30% in Splitter umgewandelt. Die restlichen 70% verdampfen zu drei hochgiftigen Oxiden, darunter Uranoxid. Dieser schwarze Staub schwebt in der Luft und kann je nach Wind und Wetter große Entfernungen überwinden. Die Nano-Teilchen werden leicht eingeatmet und können jahrelang in den Lungen oder in anderen Organen verbleiben und Krebs erzeugen. Der serbische Anwalt Srđan Aleksić möchte aus diesem Grund die Nato verklagen.
- Bei den beiden belgischen Kernkraftwerken (KKW) Doel3 und Tihange2 unweit von Aachen bröselt der Beton. Trotz der Proteste der anliegenden Städte und sogar der deutschen Bundesregierung wurde im Juni 2019 die Erlaubnis gegeben, die AKWs nach kleinen Reparaturen weiter zu betreiben.
- Trotz der beiden Erdbeben vom 5. und 6. Juli 2019, die sich mit einer Stärke von 6,4 bzw 7,1 in Ridgecrest, etwa 200 km nördlich von Los Angeles, ereigneten, laufen die beiden über 30 Jahre alten Druckwasserreaktoren Diablo Canyon in dem erdbebengefährdeten Gebiet in 50 km Entfernung vom San Andreas Graben weiter. Der Betreiber PG & E befindet sich in der Insolvenz und ist schon deshalb ungeeignet, zwei alternde Atomreaktoren abzuwickeln, die auf einer seismischen Gefahrenzone errichtet sind. Das zweite kalifornische AKW, San Onofre, wurde 2013 stillgelegt, weil es sich insgesamt in einem schlechten Zustand befand. Dort lagern allerdings immer noch an die 60 Stahlbehälter zu je 54 Tonnen mit Atommüll.
- Im bitterarmen Bangladesh wird das Atomkraftwerk Ruppur für 12,65 Milliarden US-Dollar mit zwei Reaktoren mit einer Nennleistung von 1.200 MW gebaut. Da die Kosten durch Kredite der russischen Regierung finanziert sind, werden in den nächsten 30 Jahren weitere neun Milliarden an Zinszahlungen dazu kommen. Der ausgewählte Ort liegt in einer Schwemmebene. Der Fluss Padma, der das Atomkraftwerk kühlen soll, hat entweder zu viel Wasser, was Erosionen zur Folge hat, oder kaum Wasser, da Indien in der heißen Jahreszeit seinem östlichen Nachbarn durchdie Farakka-Staustufe das Wasser abdreht.
- Am 2. Februar 2019 suspendierten die USA den INF-Vertrag zum Verbot landgestützter substrategischer atomarer Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500km. Kurz darauf folgte Russland, weshalb viel drauf hindeutet, dass das Abkommen bald endgültig Geschichte sein dürfte. Die USA wollen aus dem Vertrag raus, weil er sie an einer Aufrüstung gegen China hindert. Sie schoben deshalb erfundene Vertragsverletzungen der Russen vor, um einen Kündigungsgrund zu haben.
- Und in der Eifel lagern nach wie vor Atombomben der USA. Dieses Atomwaffenarsenal wird derzeit von den USA modernisiert. Der letzte Bericht des Friedensforschungsinstituts SIPRI im Juni schätzte die Zahl der Atomwaffen auf knapp 14.000 weltweit. Das ist ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Aber alle Atommächte seien dabei, ihre Waffen zu modernisieren, wodurch die Bedrohung eher gestiegen als gesunken sei. [jdm]