In der Emszeitung vom 3. Juni 2020 war ein Bericht über die Ausstellung „Franz Radziwill“ im Landesmuseum Oldenburg zu lesen – Titel des Artikels „Magier und Mitläufer – Franz Radziwill und das Dritte Reich? Oldenburger Ausstellung umgeht fällige Debatte“.

Der Artikel stellt nicht die Kunstkritik in den Mittelpunkt, sondern es wird ein Vergleich angedeutet mit Emil Nolde, dessen „zweifelhaftes Verhalten im Dritten Reich“ mit entsprechenden wissenschaftlichen Forschungsergebnissen in den letzten Jahren aufgearbeitet wurde. Im Fall Radziwill belasse es das Oldenburger Museum bei einer freundlichen Hommage – eine Unterlassungssünde, so der Autor.

„Die Retrospektive ‚Franz Radziwill′ widmet sich dem gesamten Leben und Wirken Franz Radziwills, so auch Radziwills Rolle während der NS-Zeit“, antwortet das Landesmuseum auf unsere Bitte um Stellungnahme zum NOZ-Artikel. Zum Nachweis verweist die Pressestelle auf einen virtuellen Ausstellungsrundgang (ab Minute 28) mit dem Museumsdirektor Rainer Stamm.

Das Video ist empfehlenswert – egal ob man sich nun eine Meinung über die Berücksichtigung von Radziwills Verhalten in der NS-Zeit bilden oder sich mit der Ausstellung und der Kunst befassen möchte. Lediglich die Kameraführung schafft es nicht immer, eine uneingeschränkte Betrachtung der Bilder zu gewährleisten, weil Spiegelungen auf Glasflächen entstehen.

Kunstkritiken sind (nicht mehr als) Meinungen. Eine Meinung kann sich jedoch jeder Interessierte selber bilden, wofür ein persönlicher Besuch im Museum nicht mal mehr erforderlich ist – die neuen Medien bieten Möglichkeiten, das Informationsangebot in Ruhe am PC zu nutzen. Auf der Homepage des Landesmuseums können Sie sich mit der Maus einfach durch die Ausstellung bewegen. Dadurch kann auch die Distanz der weniger kunstinteressierten „Normalbürger“ zum Ausstellungsbetrieb sinken und Hemmschwellen für einen persönlichen Museumsbesuch können gesenkt werden.

Ergänzend findet man auf der Homepage des Landesmuseums weitere Links zu Ausstellungskritiken, so von der FAZ (Zugang beschränkt) und der Taz (Aufruf frei). Verwundern mag hierbei, dass die linksliberale Taz offenbar kein Problem mit der angeblich mangelhaften Darstellung der NS-Zeit hat. „Und obwohl die Nazivergangenheit des Künstlers seit ein paar Jahren als beforscht gelten kann, ist gerade jetzt noch mal eine ausgesprochen gute Zeit für die biografische Auseinandersetzung mit dem Künstler“, schreibt der Autor und lobt das Museum für die hierzu zusätzlich in einer Vitrine ausgestellten Dokumente.

Übrigens wird das Landesmuseum den NOZ-Bericht an seine Pressewand anbringen, wird mitgeteilt. Ob es die negative Kritik auch als Link auf die Homepage schafft, bleibt abzuwarten. [HM]