Der Spruch „Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst verboten.“ erweist sich möglicherweise in Berlin wieder mal als richtig. Parallel zur Bundestagswahl fand im Bundesland Berlin ein Volksentscheid darüber statt, ob die großen Wohnungsbaukonzerne der Stadt enteignet werden sollen. Die Befürworter des Volksentscheids haben nachgewiesen, dass die Entschädigung erschwinglich ist. Das Modell geht davon aus, dass die dafür erforderliche langfristige Kreditaufnahme durch die Mieteinnahmen getilgt wird.

Nichts anderes machen auch die Wohnungsbaukonzerne, die sich ihre Häuser ständig gegenseitig abkaufen oder sich gegenseitig schlucken. Nur dass die Konzerne ständig satte Zuschläge draufsatteln, weil sie ihre überzogenen Renditeerwartungen bezahlt sehen wollen.

Sowohl die Grünen, als auch die SPD in Berlin haben den Volksentscheid nicht unterstützt. Jetzt hat die Mehrheit der Wähler das anders gesehen. Wir können jetzt gespannt sein, mit welchen Tricks die Grünen und die SPD versuchen werden, den Immobilienkonzernen zu Diensten zu sein. Franziska Giffey, die Spitzenkandidatin der Berliner SPD und mit 21,4 Prozent der Stimmen Gewinnerin der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, ist eine Gegnerin der Initiative. „Durch Enteignung lösen wir kein Problem und setzen ein ganz schwieriges Signal“, sagte sie laut Tagesschau.de noch am Tag vor der Wahl. „Ich möchte nicht in einer Stadt leben, die das Signal sendet, hier wird enteignet.“

Interessant war heute abend, dass mehrere Online-Artikel verschiedener Zeitungen in der Google-Suche die Überschrift hatten „Grüne und SPD wollen Volksentscheid ernst nehmen“, aber nach dem Anklicken der Artikel kam jeweils unter der Überschrift: „Vonovia warnt nach Berliner Volksentscheid vor Hängepartie“ die Aufforderung des Immobilienkonzerns Vonovia «konstruktivere» Lösungen zu erarbeiten. Anscheinend hatte der Nachrichtenmonopolist dpa kalte Füße bekommen, dass ursprünglich die Wortmeldungen popeliger Politiker veröffentlicht wurden und nicht die Stimme des Meisters zitiert worden war. Denn im Kapitalismus gilt immer noch: Wohnungspolitik wird von den Konzernen gemacht, und nicht vom Mieter-Volk oder ihren gewählten Vertretern. [jdm]