Politiker mit Hörschaden
Man hat das Gefühl, dass die Nato-Politiker eine kollektive Taubheit erfasst hat. Russland hat immer wieder gesagt, es habe kein Interesse daran, die Ukraine zu überfallen. Putin hat vor dem Deutschen Bundestag Vorschläge für eine europäische Friedensordnung und allseitige Zusammenarbeit gemacht. In Davos hat er vor dem Verfall des globalen Sicherheitssystems gewarnt. Und obwohl er in Berlin sogar deutsch gesprochen hat, hört ihn keiner. Gebetsmühlenartig wird von westlichen Politikern wiederholt, man werde einen Angriff auf die Ukraine nicht unbeantwortet lassen. Russland wird also ständig davor gewarnt, etwas zu tun, was es gar nicht tun möchte. Und was es möchte, wird ständig überhört.
Russland hat immer wieder gesagt, es fühle sich von der Nato bedroht, weil immer mehr Nato-Truppen direkt an seinen Grenzen stationiert werden. Und wenn Bestrebungen der Nato dahin gehen, dass die Ukraine als Feindstaat zu Russland aufgerüstet werden soll und zu einem Mitglied der Nato gemacht werden soll, wird die Bedrohung für Russland immer stärker.
Der Anschluss der Krim an Russland war ja schon dieser Logik entsprungen. Die Ukraine wurde seinerzeit gedrängt, sich gegen Russland – trotz oder eher wegen der engen Wirtschaftsbeziehungen zu Russland – zu positionieren. Russland stand in Gefahr, seinen Schwarz-Meer-Hafen Sewastopol zu verlieren und somit schutzlos von der Nato-Marine bedroht zu werden. Der russische Staat nahm daher den Wunsch der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung der Krim gerne wahr und nahm die Krim in den russischen Staat auf. Die Krim gehörte übrigens bis 1954 zu Russland und wurde sozusagen im Rahmen einer Gebietsreform der Ukraine angeschlossen.
Die Ems-Zeitung befeuerte diese Taubheit unserer Außen- und Rüstungspolitiker heute mit einem unsäglichen von der dpa gelieferten Diagramm, dass man getrost in die Rubrik „mit Statistik lügen“ legen kann. Da werden die militärischen Fähigkeiten der Ukraine und Russlands miteinander verglichen. Der Vergleich geht natürlich zu Ungunsten der Ukraine aus. Damit soll die Lüge von der Aggression Russlands gegen die Ukraine gestützt werden.
Dabei geht es in der so genannten Ukraine-Krise gar nicht um die Ukraine, sondern um eine mögliche Auseinandersetzung zwischen der Nato und Russland. Und hier sieht der Kräftevergleich ähnlich aus, wie zwischen Russland und der Ukraine – nur dass im Diagramm hier die Nato durch die langen Balken dargestellt wird.
Russland ist aber als Atommacht nicht so leicht angreifbar. Und durch die Entwicklung der neuen Hyperschallwaffen hat Russland zudem bei der Abwehr von Raketenangriffen der Nato derzeit hier einen leichten Vorteil. Deshalb versucht die Nato nach alter Kalte-Kriegs-Manier durch militärische Angriffe von ihren Satrapenstaaten Russland militärisch zu beschäftigen und wirtschaftlich zu schädigen. (Übrigens: der Westen tituliert Staaten, die nicht von ihm, sondern von anderen abhängig sind gern als Satrapenstaaten. Ein Satrap war im antiken Perserreich ein Statthalter. Die von den USA und Europa abhängig gemachten Staaten werden dagegen gern als „sich entwickelnde Demokratien“ bezeichnet.)
Russland hat mit China vereinbart, sich politisch und wirtschaftlich gegenseitig zu stützen. Dabei sind das sozialistische China und das wildwest-kapitalistische Russland alles andere als natürliche Partner. Die Aggression durch die Nato zwingt die Länder aber zusammen. Die Kriegsstrategie der Nato wird letztlich zu Lasten Europas gehen: wenn es gut geht, wird sie nur wirtschaftlichen Schaden anrichten und wenn es schlecht geht, sind große Teile Europas nicht mehr bewohnbar. [jdm]