Urangeschäfte zwischen dem russischen Atomkonzern Rosatom und der Brennelementefabrik Lingen
Das russische Fachtschiff „Mikhail Dudin“ sollte laut der Marine-Website Vesselfinder am Sonntagabend um 20 Uhr in den Hafen von Rotterdam einlaufen. Es hat angereichertes Uran für die Brennelementefabrik Lingen an Bord. Die Lingener Antiatomgruppen standen ab Montagmorgen für eine Dauermahnwache vor der Brennelementefabrik Lingen (Am Seitenkanal 1), anwesend dabei auch der Träger des Alternativen Nobelpreises, Vladimir Slivyak. Er arbeitet für die in Russland verfolgte Umweltorganisation Ecodefense. Doch plötzlich änderte das Schiff das Fahrziel und drehte nach Dunkerque (Dünkirchen) in Frankreich ab.
Das Schiff befördert Uran der russischen Firma Rosatom. In Dunkerque wurde die Fracht auf LKW verladen. Sie ist jetzt unter Polizeischutz auf der Straße unterwegs. Heute morgen meldete das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, die Uran-LKW (4 LKW. weiße Zugmaschinen, mit Planen und Gefahrstoffsymbolen ) hätten gestern Nacht in Void-Vacon (FR) geparkt und seien auf dem Weg Richtung Deutschland. Vermuteter Grenzübertritt sei gegen 10 Uhr bei Saarbrücken.
In Lingen soll das Uran von Rosatom von Advanced Nuclear Fuels (ANF) aufgearbeitet werden. Von dort werden Atomkraftwerke in aller Welt beliefert, allen voran die französischen. ANF gehört zum französischen Framatome-Konzern und damit zum derzeit zweitgrößten Stromkonzern, der EDF, weltweit. EDF-Aktien werden seit Juli 2022 vom Staat gekauft, weil EDF überschuldet ist.
Auch die französische Regierung redet viel davon, dass Frankreich sich von russischen Energielieferungen unabhängig machen möchte und unterstützt Sanktionen. Aber gleichzeitig begibt das Land sich immer tiefer in die atomare Abhängigkeit und deckt in Russland seinen Uranbedarf.
Derzeit ist die Hälfte der französischen Atomkraftwerke wegen entdeckter Risse im Kühlkreislauf und weil wegen des Pegeltiefstandes in den Flüssen das Kühlwasser fehlte nicht am Netz. Im Sommer wurden Umweltauflagen gelockert, um weitere Abschaltungen wegen fehlendem Kühlwasser zu verhindern.
Frankreich musste riesige Mengen Strom aus Deutschland und Spanien einführen, was hier wiederum zu Höchstpreisen an der Strombörse führte. Das füllte die Kassen der Energiekonzerne und leerte die Kassen auch der deutschen Stromkunden. Im Winter wird es in Frankreich voraussichtlich zu Blackouts kommen, weil Spanien seit Juni schon allen verfügbaren Strom nach Frankreich liefert und nicht mehr zulegen kann.
Wenn am 1. Oktober also ab 13:00 Uhr in Lingen gegen die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke demonstriert wird, stehen auch die Uranlieferungen aus Russland für die Brennelementefabrik im Fokus.
Von Lingen aus werden die europäischen Atomkraftwerke mit Brennelementen versorgt. Dass im Zuge der durch die Sanktionen verursachten Energiekrise auch desolate Atomkraftwerke ans Netz gehen, erhöht die Gefahr, die von diesen AKWs ausgeht. Der Atommüll wird gelagert werden müssen – auf Kosten der Steuerzahler und von Menschen in der Nachbarschaft der Atommülllager, die nichts damit zu tun haben – wie jetzt an der deutsch-schweizerischen Grenze geplant, oder wie eventuell in einem Salzstock im Emsland.
Dass die Gas-Sanktionen gegen Russland die Abhängigkeit von Russland nicht einmal verringern, sondern nur auf eine besonders gefährliche Energieform verlagern, ist der Treppenwitz der Geschichte. Aber das kennen wir ja schon von den Gaslieferungen selbst: Erdgas wird durch besonders schmutziges (wegen der klimaschädlichen und umweltzerstörenden Produktion) und teures Fracking- und Flüssiggas ersetzt. [jdm]