Bürgergeld: Merz und CDU verbreiten Fakes
Die Tagesschau berichtet auf ihrer Internetseite über eine Studie des IFO-Instituts unter dem Titel „Wenn Mehrarbeit sich nicht lohnt“ und tut so, als ob dies ein Beitrag zur Diskussion über die populistische These der CDU sei, dass Bürgergeldempfänger zu faul zum Arbeiten seien. Dabei geht es in der Studie darum, dass in bestimmten Situationen eine Lohnerhöhung durch Sozialabgaben zum großen Teil aufgefressen werden kann, was tatsächlich ein (seltenes) Problem ist, aber mit dem Thema Bürgergeld nichts zu tun hat.
Hartz IV – ob als ALG II oder als Bürgergeld betitelt – wurde eingeführt, um durch die weitgehende Abschaffung der Leistungen für Arbeitslose (Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe) die Arbeiter unter Druck zu setzen, schlechte und schlecht bezahlte Jobs auszuhalten. Jedem Arbeiter, dessen Firma pleite geht, droht mittelfristig dass er seine Ersparnisse für den Lebensunterhalt verbrauchen muss, ohne dass ihm Hilfe zuteil wird. Das Ergebnis wird in vielen Fällen sein, dass er sich in unterqualifizierten Jobs abmüht – Hauptsache es kommt etwas Geld herein. Jeder Arbeitnehmer ist damit erpressbar geworden.
Deutschland gilt mittlerweile als Billiglohnland, das über diese unfaire Wettbewerbsverzerrung Vorteile im Exportgeschäft hatte und über das sich die Nachbarstaaten schon lange beklagt haben. Hartz IV hat die Tarifbindung erodiert und die Gewerkschaften geschwächt. Für die CDU und die FDP ist das noch nicht genug. Sie versucht mit einer Mischung aus rechter Hetze gegen eine Minderheit à la AFD und einem Extrabonus für die Arbeitgeber die soziale Lage noch einmal zu verschärfen.
Die unbewiesene Behauptung, dass das Bürgergeld dazu führt, dass Arbeit nicht angenommen wird oder sogar aufgegeben wird, führt auch Friedrich Merz in seinen Fake-Reden an. Dass der so genannte Arbeitnehmerflügel der CDU durch seinen Vorsitzenden Karl-Josef Laumann diesem Vorstoß von Merz die Zustimmung erteilt hat, zeigt eigentlich nur, dass es die CDU-Sozialausschüsse nur noch nominal, aber nicht real, gibt. Auf ihrer Homepage heißt es „Wir sehen uns als Wächterin der christlichen Soziallehre in der Politik“: Etikettenschwindel allenthalben!
Prof. Dr. Stefan Sell hat in einem Blog-Beitrag diese Erzählung der CDU (wieder einmal) auseinander genommen. Aber für die rechten Populisten zählen Fakten sowieso nicht – die Hetze gegen die Armen hat über die Jahrhunderte immer funktioniert und mit Hilfe der Blöd-Zeitung versucht die CDU auch heute damit zu punkten.
Im 16. Jahrhundert wurden Arme, sofern sie nicht eindeutig krank oder kriegsversehrt waren, als diejenigen verachtet, die a) ihr Vermögen verschleudert hätten, b) die nicht sesshaft werden wollten und c) Gauner und Huren. Viel weiter ist die CDU heute noch nicht.
Ergänzt wird die Erzählung von den faulen Arbeitslosen noch von der Mär, die die Tagesschau heute pushen wollte, dass Bürgergeldempfänger mehr Geld bekommen, als Arbeitende. Tatsache ist, dass jemand, der sehr wenig verdient, zusätzlich Bürgergeld bekommen kann, um das Lebensminimum zu erreichen. Diesen so genannten Aufstockern wird dabei nicht der ganze Lohn angerechnet, sondern es bleibt ein Grundfreibetrag und ein Erwerbstätigenfreibetrag anrechnungsfrei.
Normalerweise wird beim Bürgergeld der Bedarf errechnet. Bei einer allein stehenden Person sind dies seit diesem Jahr 563 Euro im Monat. Hinzu kommt die Miete, deren Höchstgrenze jeweils lokal, meist landkreisweit, festgelegt wird. Abgezogen wird von dem Bedarf das eigene Einkommen, z. B. eine Unfallrente. Ist der Aufstocker erwerbstätig, wird allerdings nicht der ganze Lohn abgezogen, sondern nur ein Teil. Denn 100 € vom Lohn bleiben als Grundfreibetrag unberücksichtigt. Und für den Teil vom Lohn von 200 bis 520 € bleiben jeweils 20 % als Erwerbstätigenfreibetrag unberücksichtigt, bei dem Teil vom Lohn von 520 bis 1000 € bleiben 30 % unberücksichtigt, darüber hinaus 10 %. Das heißt, jemand der arbeitet, bekommt immer mehr Geld als ein nicht arbeitender Bürgergeldempfänger. Und gerade in dem Bereich mit diesen niedrigen Einkommen, machen diese100 oder 300 € mehr sehr viel aus.
In dem Beispiel in der Grafik arbeitet die Bürgergeldempfängerin als Putzfrau für 611,83 €. Wegen der Freibeträge werden ihr aber nur 400,28 € als Lohn angerechnet, so dass sie 211,55 € mehr in der Tasche hat, als wenn sie nicht arbeiten würde.
Der Vorstoß von Merz und seinem Laumann ist zudem noch besonders unredlich, weil derzeit so viel Menschen wie noch nie erwerbstätig sind. Bei den Bürgergeldempfängern handelt es sich fast ausschließlich um Menschen, die sich in einer besonderen Notlage befinden, weil sie aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung nicht voll arbeiten können (aber noch nicht als erwerbsgemindert gelten), die allein erziehend sind, die aktuelles Opfer von Massenentlassungen nach Betriebsschließungen sind oder nur Teilzeit arbeiten können, weil sie Angehörige zu pflegen haben. Für den Börsenzocker und Hobbypiloten Friedrich Merz , der 2006 sogar dagegen klagte, dass er als Bundestagsabgeordneter seine Nebeneinkünfte offen legen sollte, spielen solche Lebenslagen natürlich keine Rolle. Für ihn ist nur wichtig, dass die Arbeiter so eingeschüchtert sind, dass sie ja keine Ansprüche stellen. [jdm]