Meyer-Werft: Erhalt der Arbeitsplätze ja; und sonst?
Am „Runden Tisch“ mit Vertretern von Werftleitung, Betriebsrat und IG Metall sowie Europa-, Bundes- und Landtagsabgeordnete, Kreispolitiker und Bürgermeister aus dem Emsland und Ostfriesland wurde laut Ems-Zeitung öffentliche Solidarität mit der Meyer-Werft geübt.
Laut Ems-Zeitung ist anscheinend die größte Sorge der CDU, dass die Meyer-Werft durch eine direkte Beteiligung des Landes Niedersachsen und des Bundes von jeweils 200 Millionen Euro ein „Staatsbetrieb“ werden könnte. Das deckt sich mit den Vorstellungen von der FDP, die sich gegen eine Staatsbeteiligung zur Rettung der Werft ausspricht. CDU und FDP haben offensichtlich Angst vor dem Beweis, dass es ohne den Staat nicht geht. Es soll unbedingt die Fiktion eines Familienbetriebes aufrechterhalten werden.
Wenn Staatsgelder an Industriekonzerne fließen, soll dies nur in Form von Subventionen laufen, ohne dass der Staat aus der Investition Rechte herleiten darf. So geschah dies bei der Förderung der Ansiedlung von einer Batterieproduktion oder bei den großzügigen Staatsgeschenken an Tesla. Die deutsche KfW hat sogar den Bau eines Schiffes für die Royal Caribbian Cruise Line auf der Meyer Werft in Turku/Finnland mit einem günstigen Kredit subventioniert, also der Meyer-Werft Geld geschenkt, um damit indirekt einen US-Konzern zu subventionieren.
Für eine finanzielle Hilfe des Landes möchte die Grüne Landtagsfraktion die konsequente Umsetzung des Masterplans Ems, die Abschaffung von Werkverträgen und die Ausrichtung hin zu einer nachhaltigen Schifffahrt. Das ist schon mal gut. Der Staat könnte seine Direktbeteiligung tatsächlich für eine Mitsprache nutzen – wenn es denn die ideologischen Scheuklappen der neoliberalen Politiker erlauben würden.
Der einzige Grund, warum die Meyer-Werft gerettet werden sollte, liegt in der Erhaltung von Arbeitsplätzen.
Kein Grund sind die immer wieder gerühmten „Ingenieursleistungen“. Diese sind zwar bewunderungswürdig und erregen durchaus Erstaunen. Aber sie ändern nichts daran, dass die Meyer-Werft ein höchst umweltschädliches Produkt – die Kreuzfahrtschiffe – produziert. Und auf der Suche nach neuen Kunden versucht sie wohl auch, eine Mega-Yacht mit dem Namen Ulyssia an Land zu ziehen, mit der Superreiche in einer schwimmenden Stadt durch die Welt ziehen können – die Welt braucht das nicht. Im Kapitalismus wird alles, was verkauft werden kann, auch produziert – egal ob es sich um Waffen handelt oder um Spielzeug für dekadente Reiche.
Für die Produktion der Meyer-Werft wurde die Ems zu einem toten Fluss durch die Baggerungen und Aufstauungen. Eine Verlagerung der Produktion an die Küste ist jetzt in der Krise natürlich kein Thema. Aber das hätte in der Vergangenheit, als Meyer gut verdiente, ein Thema sein müssen. Wir haben erlebt, dass über die Nordsee und die Ems ganze Module von anderen Standorten nach Papenburg gezogen wurden, um dort verbaut zu werden. Umgekehrt hätte es laufen müssen: aus Papenburg hätten Module an die Küste verschifft werden müssen, um dort zusammengebaut zu werden.
Das hätte dem Land Niedersachsen die Milliarden Euro erspart, die für die Meyer-Werft in den Sand der Ems gesetzt wurden. Und das hätte die Ems geschützt.
Die Meyer-Werft hat aus Dankbarkeit dem Land gegenüber ihren Firmensitz nach Luxemburg verlegt (wo nur fünf Angestellte aus dem Einkauf sitzen) um Steuerzahlungen an ihren Gönner zu verhindern. Jetzt soll der Sitz zurückverlegt werden, damit der Staat wieder spenden kann. Es gilt also wieder der Satz: „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.“
Meyer hat sich nicht nur gegenüber dem Staat und der Natur rücksichtslos verhalten. Um ein gutes Verhältnis zum Betriebsrat zu behalten, wurden gern deren Vorsitzende in verantwortliche Managerposten übernommen. Einem kämpferischen Betriebsrat, wie dem Betriebsratsvorsitzenden Ibrahim Ergin 2015, wurde dagegen gekündigt. Der Umgang mit den tausenden Werkvertragsarbeitern wurde bekannt, als 2013 zwei Leiharbeiter in ihrer überfüllten Unterkunft verbrannten. Meyer lehnte zunächst jede Verantwortung ab. Leiharbeit und Werkverträge unterminieren die Solidarität der Beschäftigten. Dass auch Leiharbeiter sich bei Verlust ihres Arbeitsplatzes in ihrer Existenz bedroht fühlen, spielt in der Diskussion keine Rolle. Betriebsrat und Gewerkschaft bestehen nur auf dem Erhalt der Meyer-Belegschaft; den Rotstift müsse man bei den 6.000 bis 7.000 Fremdbeschäftigten ansetzen. [jdm]