Nachbarschaftliche Hilfe? Hetze gegen Migranten zeigt Wirkung
Einstürzende Brücken, marode Schulen, bankrotte Kliniken, eine marode Infrastruktur, zu wenig Wohnungen und zu hohe Mieten, eine marode, nicht funktionierende Bahn oder die mit der Aufrüstung verbundene Kriegsgefahr und De-Industrialisierung sind – wenn man Zeitung liest oder die Tagesschau verfolgt – dem Anschein nach kein Problem. Das Problem sind offensichtlich nur die Menschen, die vor den Kriegen, die der politische Westen entfacht hat, flüchten: die Migranten.
Dass die SPD/FDP/Grüne/CDU/CSU mittlerweile fast alle migrantenfeindlichen Positionen der AFD übernommen hat spielt trotz der ganzen Demonstrationen, zu denen genau diese Parteien nach dem Bericht über das Treffen der Rechtsextremen in Potsdam aufgerufen hatten, keine Rolle.
Und diese erbarmungslose Hetze gegen Migranten, z. B. eines Friedrich Merz, zeigt dann auch ganz konkrete Resultate im Verhalten gegenüber den Flüchtlingen. Ich betreue einen in Papenburg lebenden psychisch erkrankten Mann aus Guinea. Er lebt in einer Einzelwohnung und kann sich mit niemandem einen Internetanschluss teilen. Für die Kontaktpflege ist auch für ihn das Internet extrem wichtig. Er lebt von den Asylbewerberleistungen und kann sich deshalb keinen eigenen Internetvertrag leisten.
Wie auch bei anderen Menschen bat ich die Nachbarin, die mir mit einem kläffenden Hund auf dem Arm misstrauisch öffnete, ihm doch gegen einen Obolus von 10 € einen Gastzugang zu ihrem W-LAN zur Verfügung zu stellen. Dass Menschen Angst haben, damit liefen sie Gefahr, dass ihre privaten Angelegenheiten gehackt werden könnten oder dass sie für Kosten des W-LAN-Mitbenutzers haften müssen, ist normal. Diese Nachbarin hatte aber einen ganz anderen Grund, den Zugang zu verweigern. „Da bin ich prinzipiell dagegen. Wieso kann er sich das Internet nicht leisten. Die Asylbewerber kriegen doch mehr Geld vom Staat, als alle anderen!“
Ich frage, wo sie das denn her hat. Auf dem Konto meines Betreuten spiegelt sich das nicht wider. Der Regelsatz, von dem alles (Lebensmittel, Bekleidung, Strom, Handy, Reparaturen, usw.) außer Miete bezahlt werden muss, für einen allein stehenden Asylbewerber beträgt 460 €, ein allein stehender Bürgergeldempfänger hat einen Regelsatz von 563 Euro. Die Gegenfrage der Nachbarin: „Und woher haben die dann alle die schicken Autos? Und wir fahren mit einer alten Kiste.“ Mir sind unsere afrikanischen Mitbürger bisher nur dadurch aufgefallen, dass sie E-Roller benutzen.
Ich klingelte dann an der Tür des Hauses auf der anderen Seite. Hier öffnete eine Spanierin, die mein Anliegen freundlich, aber verständnislos anhörte, bis sie ihre Tochter herrief, die dann übersetzte. Nach Klärung der technischen Details, sagte sie, klar, das könne sie machen und sie stellte dann gleich auf dem Handy meines Betreuten die W-LAN-Verbindung her. Er solle erst mal probieren, ob der Empfang auch klappt, dann könne man weiter sehen. Ich hinterließ meine Handynummer und verabschiedete mich dankend. Und war froh, dass die Sprachbarriere diese Frau daran hindert, von deutschen Medien und deutschen Presseerzeugnissen darauf geeicht zu werden, dass ihr hilfebedürftiger Nachbar das größte Problem in Deutschland darstellt. [jdm]