Screenshot Werbespot Deutsche bahn
Werbespot der Deutschen Bahn „Die Bahn fährt immer“

Die Preise der deutschen Bahn werden steigen. Vor allem die sogenannten Flex-Preise sind davon betroffen. Das sind die Karten, die früher vor der Privatisierung der Bahn, die normalen Karten waren: man kauft eine Karte und fährt mit dem Zug, der einem passt. Wer sicher gehen wollte, dass er einen Platz im Zug bekommt, konnte einen Platz reservieren.

Jeder Geschäfts- oder Privatreisende konnte so privat oder beruflich flexibel reagieren. Man ging zur Bahn, wenn man fertig war und nahm den nächsten Zug.

Heute kann sich das niemand mehr leisten und deshalb kauft jeder die sogenannten Spar- und Supersparangebote. Man hetzt also zu dem Zug, den man gebucht hat, um sich dann am Bahnhof die Füße platt zu stehen, weil der Zug später kommt oder ausfällt. Die Platzkarte verfällt in der Regel, weil der Waggon nicht da ist, ein anderer Zug ersatzweise fährt oder überhaupt alles umgedreht wurde.

Um von, sagen wir, Bad Hersfeld nach Dörpen zu kommen, muss ein Bahnfahrer eine gewisse Abenteuerlust, Flexibilität und vor allem Zeit mitbringen – natürlich bei starren Vorgaben der Bahn. 8 Stunden sind da schnell mit der Bahn verbracht.

Die Bahn aber hat als Trost für solche Erlebnisse die gute Nachricht, dass die neue ICE-Verbindung über Frankfurt Süd, Karlsruhe und Straßburg den Betrieb aufnimmt und Sie in 8 Stunden von Berlin nach Paris kommen. Es kommt noch besser: „Auf besonders beliebten Verbindungen im Inland will die Bahn mehr Züge einsetzen. Sechs zusätzliche sogenannte Sprinter fahren ohne Zwischenhalt in rund vier Stunden zwischen der Hauptstadt und der Mainmetropole (Frankfurt). Die Sprinter sind, wenn pünktlich, rund 20 Minuten schneller auf der Verbindung unterwegs als die regulären Fernzüge,“ schreibt die NOZ.

NOZ-Kommentator Lucas Wiegelmann findet die neuen Preise frech, was sicher stimmt. Wiegelmanns Lösung für die Bahnmisere ist jedoch ein Plädoyer für ein Weiter so. Denn er glaubt, die Bahn handele so, weil sie ein Quasi-Monopolist sei. Vor der Umwandlung der Deutschen Bahn 1994 in eine Aktiengesellschaft war sie ein Staatsunternehmen und ein tatsächlicher Monopolist. Damals hieß der Werbespruch der Bahn „Alle reden vom Wetter. Wir nicht. wir fahren immer.“ Das fand niemand lustig, sondern alle einfach richtig. Erst die Umwandlung in eine AG führte dazu, dass die Bahn Gewinne für die Aktionäre erwirtschaften sollte mit der Perspektive, die Aktien an Investoren zu verscherbeln. Seitdem wurde alles, was der Infrastruktur diente, planmäßig zerstört. Bahnstrecken wurden stillgelegt, Ausweichgleise abgebaut, Bahnhöfe platt gemacht. Die Immobilien wurden verkauft, um damit die Bilanzen der Bahn aufzufrischen.

Der Regionalverkehr wurde ausgegliedert, wird jetzt von Landesbetrieben geführt und immer wieder entsprechend der neoliberalen Doktrin neu ausgeschrieben, wobei sich absurderweise häufig neben den Gleisen auch die Züge in Staatsbesitz befinden, die dann an private Betreiber verliehen werden, die dann im Auftrag des Landes die Züge betreiben. Diese staatlich subventionierten Bahngesellschaften sind dann die „Wettbewerber“, von denen sich der NOZ-Kommentator mehr wünscht – um den Quasi-Monopolisten Deutsche Bahn zu verbessern.

30 Jahre wurde alles getan, um die Bahn dem Markt auszuliefern. 30 Jahre wurde die Bahn damit kaputt gemacht. Und es finden sich trotzdem immer wieder die Leute, die fordern, diesen Weg müsse man noch stärker verfolgen, weil dann alles besser werde. Neoliberale ideologische Scheuklappen lassen eine Wahrnehmung der Realität gar nicht mehr zu. [jdm]