FDP-Chef Christian Lindner mag gesellschaftspolitisch noch etwas mit der liberalen Tradition seiner Partei zu tun haben. Wirtschafts- und finanzpolitisch stellt er seine Partei als kleine Schwester der AFD auf. Wie diese versucht er den Ideen des Vordenkers des Neoliberalismus’ Friedrich-August von Hayek zur herrschenden Politik zu verhelfen. Das jedenfalls ist Lindners Gastbeitrag beim Handelsblatt zu entnehmen.

Praktische Vertreter von Hayeks Politik sind und waren: Chiles Diktator Augusto Pinochet, Großbritanniens Zerstörerin des Sozialstaates Margret Thatcher, Brasiliens ehemaliger Präsident Jair Bolsonaro, der wegen seiner Putschgelüste derzeit Probleme mit der Justiz hat und Argentiniens derzeitiger Präsident Javier Milei, der zurzeit den argentinischen Staat zerstört, die gesamte Infrastruktur privatisiert und den Rest einschließlich der eigenen Währung von US-Konzernen übernehmen lassen will. Natürlich ist auch die Politik der EU ein einziges neoliberales Projekt, aber die oben Genannten sind die radikalsten Vertreter dieser Theorie.

Hayek pochte darauf, dass jeder Einzelne selbst für sein Schicksal verantwortlich sei – unabhängig von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und auch in Zeiten sozialer und wirtschaftlicher Krisen. Sozialdemokratisch und christlich-sozial geführte Wohlfahrtsstaaten waren ihm zuwider. Dagegen bewunderte er autoritäre Staaten wie Chile unter dem Diktator Pinochet, der die Wirtschaftsfreiheit schützte und Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung brutal im Keim erstickte. In neofaschistischen Kreisen gilt Hayek als Brücke zum liberalen Lager, wie sich hier mit Lindners Aussagen ja auch zeigt. Alice Weidel, die Vorsitzende der AFD war lange Mitglied der rechten Denkfabrik Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft. {Quelle)

Lindner drückt seine Bewunderung für den „Anarchokapitalisten“ Milei so aus: „Die drängendsten Probleme Deutschlands sind das lähmende Regulierungsdickicht, die überbordende Bürokratie und der zu groß gewordene Staat. Javier Milei und Elon Musk bieten zwei internationale Beispiele, wie diese Probleme angegangen werden. … Wir können und wir sollen nicht alles übernehmen. Davon lernen sollten wir schon. Javier Milei ist seit Dezember 2023 Präsident Argentiniens. Nach Jahrzehnten des Missmanagements reformiert er Volkswirtschaft und Staat. Er verkleinert den dysfunktionalen Staat und setzt auf Freiheit. Die Anzahl der Ministerien wurde halbiert. Öffentliche Ausgaben werden konsequent gekürzt. Staatliche Unternehmensbeteiligungen sollen umfassend zurückgefahren werden. Die Zahl der Behörden und Beamten soll signifikant gesenkt werden. Für viele Teile der Wirtschaft werden Regulierungen radikal abgebaut und der Wettbewerb gestärkt.“

Lindner bringt damit sein eigenes Programm auf eine einfache Formel: Alles privatisieren! Keine Regeln für die Wirtschaft! Keine Sozialpolitik!

Milei ist gelinde gesagt ein Zerstörer seines Landes. Weil das nicht überall gut ankommt, versucht Lindner sich deshalb von ihm zu distanzieren. Aber auch diese Distanzierung kommt als Lobrede auf Milei (und Elon Musk) daher: „Es stimmt: Sowohl Milei als auch Musk vertreten teilweise extreme, abwegige und bisweilen sogar bestürzende Ansichten und tragen diese mit provokanten Aktionen in die Öffentlichkeit. Dennoch wage ich zu sagen: Hinter den Provokationen von Milei und Musk steckt dennoch eine disruptive Energie, die Deutschland fehlt.“

Auf einer KfW-Seite wird „disruptiv“ so erklärt: „Das Wort Disruption kommt aus dem Englischen. „To disrupt“ bedeutet unterbrechen“ oder „zerstören“. Disruptive Innovationen werden häufig als „zerstörerisch“ beschrieben, weil sie alte Geschäftsmodelle oder Technologien ersetzen.“

Lindner möchte den deutschen Sozialstaat – und soweit es um Arbeits- und Umweltschutzrecht geht auch den Rechtsstaat – zerstören. [jdm]