Auch Göbbels wollte Deutschland kriegstüchtig sehen

Zehntausende Menschen sind am Samstag gegen Rechts auf die Straße gegangen, u. a. auch in Leer. Das ist gut so. Und dabei will man auch gar nicht wissen, welche Positionen der Mitdemonstrant sonst so vertritt. Der Konsens ist, dass es gegen rechts geht.

In Hannover entschied man sich dafür, keine Vertreter der CDU sprechen zu lassen, weil die CDU ja gerade im Bundestag einen migrantenfeindlichen Antrag eingebracht hatte und dabei auf die Zustimmung der rechten AFD gerechnet hatte. Diese Entscheidung der Veranstalter ist nachvollziehbar.

Ein Blick in die Vergangenheit hätte die Veranstalter vielleicht daran erinnern können, dass sowohl der 1. Weltkrieg als auch der 2. Weltkrieg nicht vom Himmel gefallen sind, sondern beiden nicht nur eine Rechtsentwicklung voran ging, sondern auch eine Massenmobilisierung für den Krieg. In beiden Fällen ging es um die Gefahr, die aus dem Osten für Deutschland ausginge. Im 1. Weltkrieg war es Russland, weil es dem von Österreich angegriffenen Serbien beistand. Im 2. Weltkrieg behaupteten die Nazis zunächst, von Polen angegriffen worden zu sein, um danach Russland anzugreifen, wo die jüdisch-bolschewistischen Untermenschen verortet wurden.

Göbbels schrieb 1944 in der Nazi-Zeitschrift „Das Reich“ Deutschland sei „Kriegstüchtig wie nur je“. Heute hat Deutschland einen Kriegsminister, der Deutschland wieder kriegstüchtig machen will. Weil das Soldatsein von Erwachsenen in richtiger Erkenntnis nicht als normaler Beruf anerkannt wird und nicht genug Soldaten angeworben werden können, werden vom deutschen Militär so viele Minderjährige als Kindersoldaten angeworben, wie noch nie.

Wenn also die Militarisierung der Gesellschaft sowohl eine Quelle als auch eine Folge von rechten und faschistischen Entwicklungen ist, fragt man sich doch, warum ein Kriegsminister Pistorius, der die Kriegstüchtigkeit Deutschlands fordert und damit in historischer Analogie ein Haupttreiber für die Rechtsentwicklung in Deutschland ist, ein Hauptredner bei einer Demonstration gegen Rechts sein kann. [jdm]