Prozess um Lübcke-Mord: Verflechtungen von Verfassungsschutz und Neonazis sollen außen vor bleiben
Die Ems-Zeitung schrieb in ihrem dpa-Bericht „Auge in Auge mit dem mutmaßlichen Mörder“ vom 17.06.2020, der mutmaßlich rechtsextremistisch motivierte Mord an dem Regierungspräsidenten Walter Lübcke habe vor gut einem Jahr Schockwellen in Deutschland ausgelöst.
Das habe ich anders in Erinnerung. Mir ist in Erinnerung geblieben, dass die Presse im Gegenteil sehr verhalten reagiert hat und sogar über Suizid spekuliert wurde. In der NOZ wurde zunächst auf der Seite für Vermischtes berichtet. Die „Schockwellen“ wurden eher durch die Hinweise und Berichte von antifaschistischen Gruppen angeschoben.
Die Ermittlungsbehörden präsentierten mit dem Täter Stephan Ernst dann auch in bekannter Manier wieder einen Einzeltäter. Mittlerweile ist klar, dass Ernst zum selben Netzwerk von Neonazis gehört, das auch für die NSU-Morde verantwortlich war und das durch die Verweigerung der Aufklärung durch die Ermittlungsbehörden bis heute verdeckt wird. Der Verfassungsschutz und das LKA versuchen im Fall Lübcke wieder, diese Verbindungen klein zu reden und zu verwischen.
Ernst sei angeblich wegen seiner plötzlichen Friedfertigkeit vom Radar des Verfassungsschutzes verschwunden, heißt es. Dabei haben Recherchen der antifaschistischen Plattform „EXIF“ Ernst bei verschiedenen Neonazi-Veranstaltungen identifiziert. Und auch der zweite Angeklagte sollte sogar vom Verfassungsschutz als V-Mann angeworben werden. Ernst und das dahinter stehende Neonazi-Netzwerk wurden höchstwahrscheinlich über die V-Leute durch den Verfassungsschutz letztlich finanziell und logistisch gefördert.
Das soll alles nicht öffentlich thematisiert werden und deshalb wird die öffentliche Empörung über den „Hass und die Hetze“ des Rechtsextremismus (so Herr Westdörp in seinem Kommentar) so zelebriert. Das soll heißen: Wir sind die Guten, die Rechten sind die Bösen und der Staat hat nichts damit zu tun.
Der Staat und seine führenden Politiker haben aber damit zu tun und den Rechtsextremismus stark gemacht: Durch die Förderung neonazistischer Netzwerke durch den Verfassungsschutz, durch die (nur durch Merkels Willkommen 2015 unterbrochene) Beschwörung einer Gefahr der Überfremdung und das Unsichermachen aller Lebensbereiche durch den neoliberalen Abbau der Daseinsvorsorge. [jdm]