Atommülllager: Standort wird politisch festgelegt, nicht nach wissenschaftlichen Kriterien
Das Suchverfahren für ein Atommüll-Endlager sollte so transparent vor sich gehen, dass jedem Menschen zum Schluss einsichtig ist, warum die Standortentscheidung so gefallen ist. Damit sollte dann Akzeptanz für die Entscheidung hergestellt werden.
Das bisherige Verfahren zeigt allerdings, dass dies gar nicht erst versucht wird. Die wissenschaftliche Grundlage für das Suchverfahren ist schon nicht gegeben, weil die Datenlage äußerst dürftig ist. Denn es werden nur die Daten, die bisher zufällig vorhanden sind gesichtet.
Aber die Auswertung der Daten ist auch vollkommen intransparent. Viele der geologischen Daten gehören privaten Firmen, die diese Geschäftsgeheimnisse nicht heraus rücken wollten. Das Geologiedatengesetz sollte hier abhelfen. Das hat diese Daten für die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die die wissenschaftliche Arbeit leisten soll, verfügbar gemacht. Aber da der Abschlussbericht (Zwischenbericht Teilgebiete genannt) schon am 1. September veröffentlicht werden soll, ist kaum anzunehmen, dass diese Unmengen an Daten wirklich bearbeitet werden konnten. Auch die Daten derjenigen, die sie nicht herausrücken wollen, werden angesichts von nötigen Anhörungen und sonstigen Verfahren wohl kaum in die Auswertung einfließen können.
Im Zwischenbericht Teilgebiete werden dann die möglichen Standorte genannt, ohne dass die Auswahl mit einer nachprüfbaren Begründung untermauert werden kann. Denn die Daten bleiben der Öffentlichkeit verborgen.
Um hier eine Pseudo-Öffentlichkeit herzustellen, wurde ein so genannter Datenraum eingerichtet. Hier werden alle Daten zu Überprüfung bereitgestellt – aber nur für 5 vom Nationalen Begleitgremium (NBG) benannte Experten!
Das NBG sollte eigentlich nur „begleitend“ das Suchverfahren überwachen, damit die Ziele des Standortauswahlgesetzes wirklich erreicht werden. Jetzt soll das NBG auf einmal die Rolle der Öffentlichkeit übernehmen. Das kann es natürlich nicht; aber durch diese Konstruktion richten sich plötzlich alle Forderungen der Öffentlichkeit an das NBG und nicht mehr an die eigentlich Verantwortlichen vom Atommüll-Bundesamt (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung [BaSE]).
Es gibt also niemanden mehr außer dem Präsidenten des Bundesamtes, der tatsächlich an ein transparentes Standortsuchverfahren glaubt. Deshalb bringen sich jetzt in den möglicherweise betroffenen Regionen alle in Stellung, um ihren Standort von vornherein auszuschließen.
Da viele Politiker in ihrer Karriere durchaus zu den heutigen Atommüllmengen beigetragen haben, fällt es ihnen nicht immer leicht, jetzt Argumente gegen ein strahlendes Mülllager in ihrem Hinterhof zu formulieren. Viele machen es einfach so, dass sie ein Solches erst einmal pauschal ablehnen. Das macht zum Beispiel unser Landtagsabgeordnete Bernd Busemann (CDU) so. Aber er weist laut Ems-Zeitung vom 13.07.2020 auch auf die geforderte Objektivität und Wissenschaftlichkeit hin.
Die Bayern und Baden-Württemberger haben sich schon durch die Ablehnung von Granit als Wirtsgestein in Stellung gebracht. Ähnliches versuchten jetzt die Ostfriesen. Die Landtagsabgeordnete Hanne Modder (SPD) verwies (nicht falsch) auf die Durchlöcherung der dortigen Salzvorkommen durch deren Nutzung für Salzkavernen.
So zeigt sich, dass der Standort letztlich wieder durch eine politische Entscheidung fern von jeder wissenschaftlichen Begründung festgelegt wird. Anders als bei „normalen“ Industrievorhaben gibt es aber kein Genehmigungsverfahren mit gesetzlich festgelegten Rechten von Anliegern und sonstigen Betroffenen, sondern einfach eine Bundestagsentscheidung. Also kann die nächste Standort-Fehlentscheidung kommen. Und währenddessen wird weiter munter Atommüll produziert.
Die Hinterlassenschaften der Energieerzeugung durch Atomspaltung sind noch nicht einmal ansatzweise beseitigt, da werden schon 2,7 Milliarden € aus dem EU-Haushalt für den Fusionsreaktor Iter ausgegeben. Die EU-Kommission will die Gelder für das Iter-Projekt, die gezähmte Wasserstoffbombe, in der Energie durch die Verschmelzung von Atomen erzeugt werden soll, auf 6 Milliarden Euro bis 2027 verdoppeln.
Einfach mal die Welt retten, indem keine Milliarden Lohnsteuer-€ an die Konzerne verschenkt werden: auf diese Idee kommen die von den Energiekonzernen gesponserten Politiker einfach nicht. [jdm]