Grünen fehlt bei Plänen zur Schuldenbremse noch Geld für mehr Bespitzelung durch Geheimdienste

Der Theaterdonner bei den Kriegsparteien CDU/SPD/Grünen geht weiter. Wer hätte es früher erwartet, dass ausgerechnet die Grünen bemängeln, dass CDU und SPD zu wenig für die Geheimdienste eingeplant haben. Das Ergebnis wird sein, dass für Krieg und Bespitzelung noch mehr Geld eingeplant wird und die Investitionen in die Infrastruktur so behandelt werden, wie von Anfang an geplant: als Streusandbüchse, um den Wählern Sand in die Augen zu streuen.

Was Blackrock-Merz unter Sozialpolitik versteht, hatte er ja schon im so genannten Kanzler-Duell im Fernsehen gesagt. Im Sondierungspapier steht lapidar "Wir wollen eine große Pflegereform auf den Weg bringen." Merz meint damit eine verpflichtende private Pflegeversicherung. Erinnern Sie sich noch an den Pflege-Bahr, der 2012 beschlossen wurde? Diese Schnapsidee der FDP hat sich als Lachnummer herausgestellt.

Noch schlimmer als bei der Riesterrente kommt für die Versicherten außer Beitragszahlungen nichts heraus. Oder hat Ihnen schon irgendein Bekannter erzählt, wie segensreich sich sein Pflege-Bahr-Vertrag für die Pflegesituation in der Familie herausgestellt hat? Segensreich war diese Versicherung nur für die Versicherungskonzerne. Und mit dieser Idee möchte Merz den Menschen verpflichtend das Geld aus der Tasche ziehen, um es den Finanzkonzernen zu schenken. [jdm]

Schwarz-rotes Sondierungspapier: Aufrüstung, Subventionen aller Art für die Unternehmen und soziale Kälte

Das Sondierungspapier der CDU/CSU und SPD deutet die gesellschaftliche Eiszeit an, die auf uns zukommt. Darüber, dass festgelegt wird, dass unbegrenzt Schulden für die weitere Aufrüstung aufgenommen werden sollen, haben wir bereits berichtet; auch darüber, dass die Schuldenaufnahme in Höhe von 400 Mrd. € für das Sondervermögen Infrastruktur keineswegs bedeutet, dass mehr in die verlotterte Infrastruktur investiert werden soll.

Die Industrieförderung besteht darin, den Konzernen Subventionen zuzuschustern und das unternehmerische Risiko durch den Staat abzunehmen. Energieintensiven Branchen soll der Strompreis verbilligt werden, es sollen wieder neue Gaskraftwerke gebaut werden (20 GW), wobei abzuwarten bleibt, was mit der Überarbeitung der Kraftwerksstrategie alles so gemeint ist. Milliarden an Steuergeldern sollen der Industrie über das European Chips Act und IPCEI-Projekte gegeben werden.

Gleichzeitig wird versprochen, die breite Mittelschicht durch eine Einkommensteuerreform zu entlasten und die Pendlerpauschale erhöhen. Unternehmen sollen durch eine Unternehmenssteuerreform auch weniger Steuern zahlen

Wo soll das Geld herkommen? Von den Arbeitern. Diese sollen am Tag länger arbeiten und flexibel einsetzbar sein, sie sollen am Lebensende länger arbeiten. Und vor allem sollen sie gezwungen werden, jeden Job anzunehmen. Dazu wird das Bürgergeld mal wieder umbenannt und so gestaltet werden, dass es keine soziale Sicherheit mehr bietet. Das Sanktionssystem soll wieder ausgebaut werden. Auch wenn es verklausuliert wie eine Reform ausgedrückt wird, so sprechen es die CDU-Vertreter in den Fernsehinterviews offen aus: das Bürgergeld soll abgeschafft werden.

Die sozialpolitische Wohltat der Mütterrente soll von den Rentenbeitragszahlern finanziert werden. Nur die Einbeziehung von neuen Selbständigen in die Rentenversicherung ist eine kleine vernünftige Sache. Der Wohnungsbau soll wieder nur durch Subventionen an die Konzerne gefördert werden. Ein echter Sozialer Wohnungsbau durch den Staat findet weiterhin nicht statt.

Klimaschutz wird zwar wortreich beschworen, aber praktisch vereinbart wird der Schutz des Verbrennermotors. Energiepolitisch werden zwei tote Pferde geritten: der Fusionsreaktor und das Wasserstoffnetz.

Beschworen wird die Entbürokratisierung - ein Stichwort, bei dem jeder immer gern mitgeht. Aber praktisch meinen die zukünftigen Regierenden damit den Abbau von Schutzrechten aller Art.

Ach ja: Unter dem Stichwort "Desinformation zurückdrängen" soll der Digital Service Act (DSA) umgesetzt werden, der die Internetfirmen verpflichten soll, eine Zensur auf privatrechtlicher Ebene durchzuführen.

Noch mal ach ja: Näheres zum Thema Migrationspolitik der zukünftigen Koalitionäre erfahren Sie bei der AFD.

Fazit: CDU/CSU und SPD haben sich gedacht, das was Trump in großer Macho-Pose in den USA durchsetzt, können wir mit europäischem Demokratiegeschwafel auch hier mal langsam angehen. [jdm]

CDU/SPD/Grüne planen Grundgesetzänderung für unbegrenzte Aufrüstung, aber Investitionen auf Sparflamme

Die Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne sprechen derzeit darüber, gegen jede demokratische Spielregel in Rekordtempo den bereits abgewählten Bundestag über Verfassungsänderungen abstimmen zu lassen. Die Verfassung, die durch die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat vor kurzfristigen tagesaktuellen Änderungswünschen geschützt ist, soll eine dauerhafte Grundlage für unser Gemeinwesen darstellen.

Die CDU/SPD/Grünen pfeifen darauf. Sie verkaufen ihre Verfassungsänderungen als nötig, um angeblich Geld für die deutsche Infrastruktur zu mobilisieren. Aber genau darum geht es nicht; das ist nur ein Feigenblatt, das den wahren Grund verstecken soll.

Die Schuldenbremse, die die Neuverschuldung des Staates verhindern soll, wird nämlich nicht abgeschafft. Es wird nur in das Grundgesetz hineingeschrieben, dass für die Rüstung unbegrenzt Schulden gemacht werden dürfen.

Das Sondervermögen für die Infrastruktur soll als einmalige Sache im Grundgesetz verankert werden. Die Schuldenbremse soll aber erhalten bleiben. Bei 400 Mrd. €, die in 10 Jahren ausgegeben werden sollen, sieht die Sache mit 40 Mrd. € pro Jahr schon gar nicht mehr so pompös aus. Der Bundeshaushalt enthält sowieso normalerweise ca. 70 Mrd. € für Investitionen. Möglicherweise plant die CDU mit diesem Coup nicht die Investitionen zu steigern, sondern unter Verweis auf das Sondervermögen zu senken.

Wer also dem Sondervermögen Infrastruktur zustimmt und von Brücken träumt, die repariert werden, wird vielleicht enttäuscht, weil die CDU plant, viel weniger zu investieren. Es gibt in den Absprachen der Kriegsparteien keine Hinweise darauf, dass dies nicht passieren kann.

Mit Zweidrittel-Mehrheit will also der alte abgewählte Bundestag dem neuen Bundestag Ketten anlegen, wie er in den nächsten Jahren haushalten soll:  Das Geld des Staates und damit der Bürger – die Milliardäre zahlen ja keine Steuern – soll unbegrenzt für Waffen ausgegeben werden. Aber Geld für Schulen, Straßen oder Krankenhäuser wird unter Verweis auf die Schuldenbremse und das Sondervermögen Infrastruktur nicht bereit gestellt.

Die wahnwitzige Aufrüstung ist übrigens keine Investition im volkswirtschaftlichen Sinn, sondern volkswirtschaftlich so sinnvoll, als wenn der Staat das ganze Geld in Luxusyachten investieren würde. Aber die hohe Kreditaufnahme wird eine Erhöhung des Zinsniveaus nach sich ziehen. Und damit vermutlich das Aus für viele Menschen bedeuten, die davon träumen, ein eigenes Haus zu bauen.

Die AFD und die Linken prüfen aus völlig unterschiedlichen Gründen Klagen gegen das undemokratische Vorgehen von CDU/SPD/Grüne. Aber bis darüber entschieden wurde, sind vermutlich längst die Fakten geschaffen worden.

Die derzeitigen Töne aus den Kriegsparteien, dass aus ihren Reihen die Zustimmung zu diesem Vorgehen fehlen könnte, sind reine Show. Einige glauben wohl tatsächlich, es sei z. B. für die Länder etwas zu gewinnen; doch den meisten Politikern der Kriegsparteien CDU/SPD/Grüne geht es nur um etwas Theaterdonner.

Für die SPD, deren Mitglieder an der Basis immer noch auf das sozialpolitische Gewissen der „Arbeiterpartei“ vertrauen, wird es in der neuen Koalition nichts mehr geben, was sie gestalten könnte. Mit den beiden Klauseln (Verschuldung nur für Aufrüstung und Sondervermögen Infrastruktur) hat sie der CDU alle Macht gegeben, ihre neoliberale Zerstörungspolitik à la Milei und Trump durchzuziehen. [jdm]

Hey deutsche Regierung, wie blöd ist das denn?

Engel Aloisius ist schuld: Der deutschen Regierung fehlte einfach die göttliche Eingebung

Erst erklärte der US-Präsident in Gegenwart des deutschen Bundeskanzlers, dass er die Eröffnung von Nord Stream II verhindern werde und der deutsche Kanzler Scholz wagte es nicht, dem Präsidenten zu sagen, dass es sich um ein deutsches Industrieobjekt handelte, von dem er sich fern halten sollte.

Dann ließen die USA die Pipeline sprengen und die deutsche Regierung wagte es nicht, den Sabotageakt zu untersuchen und beschuldigte – um die USA nicht nennen zu müssen – wahlweise die russische Regierung oder ukrainische Hobbytaucher.

Ergebnis der Sprengung war die Verschlechterung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen und eine Energiepreiskrise, die die deutsche Exportbranche lähmte und derzeit wegen der hohen Energiepreise zu einer schleichenden Deindustrialisierung Deutschlands führt. Deutschland kauft jetzt teures Frackinggas aus den USA, baute einen Gasterminal für Flüssiggas und verabschiedete sich von moderaten Energiepreisen und von bisher geltenden Umweltstandards einschließlich der Klimaziele.

Und jetzt schreibt die Financial Times darüber, dass ein Konsortium unter Führung von amerikanischen Unternehmen versucht, die Pipeline wieder in Betrieb zu nehmen. Demnach plant das Konsortium eine Vereinbarung mit Gazprom nach einem Wegfallen von Sanktionen gegen das staatliche russische Unternehmen. Es gehe darum ein Ende des Krieges in der Ukraine zu vermitteln und gleichzeitig die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland zu vertiefen.

Danach wollen die US-Amerikaner Deutschland mit russischem Gas versorgen. Damit wäre dann die Energieversorgung in Europa in den Händen der Amerikaner, die dabei natürlich auch ihren Schnitt machen würden. Laut der Zeitung „Bild am Sonntag“ reiste Trumps Botschafter für Sonderaufgaben, Richard Grenell, mehrmals zu Geheimgesprächen in die Schweiz. Am Sitz der Betreibergesellschaft von Nord Stream 2 im Kanton Zug soll er die Möglichkeit einer russisch-amerikanischen Vereinbarung ausgelotet haben.

Die Reparaturkosten werden auf 500 Millionen Euro geschätzt, was im Vergleich zu den acht Milliarden Euro Baukosten von Nord Stream 2 kaum der Rede wert ist.

Diese Berichte sind zwar alle noch nicht offiziell bestätigt, aber es sieht so aus, dass Deutschland sich von den USA seine Gasversorgung hat sprengen lassen, damit die USA sie übernehmen, um das Gas mit einem Aufschlag nach Deutschland verkaufen können.

Vermutlich war das nicht anders möglich: Denn wir wissen ja, dass der Engel Aloisius, vormals Gepäckträger Alois, seinen Auftrag, der Regierung einen Brief mit der göttlichen Eingebung zu bringen, bis heute nicht ausgeführt hat, weil er „allein, nach seiner alten Gewohnheit … mit dem Brief zuerst ins Hofbräuhaus (ging), wo er noch sitzt.“ [jdm]

Vor 80 Jahren – März/April 1945: Räumung, Befreiung und Massenmord – Das Ende der Emslandlager – Vortrag von Kurt Buck

Lager II (Aschendorfermoor)
Lager II (Aschendorfermoor) Der rote Standortpfeil zeigt den Standort Oldenburger Straße

Im April 1945 befreiten britische, kanadische und polnische Einheiten u.a. mehrere Kriegsgefangenenlager in der Grafschaft Bentheim und im Emsland. Sowohl die Soldaten wie auch die Kriegsgefangenen dokumentierten die letzten Kriegstage und die ersten Tage und Wochen in Freiheit, sei es in Tagebüchern, filmisch oder in späteren Erinnerungsberichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Während andere Lager aufgelöst und die Gefangenen auf Märsche geschickt wurden, übernahm im Strafgefangenenlager Aschendorfermoor der angebliche Hauptmann Willi Herold das Kommando und richtete in den letzten Kriegstagen ein Massaker an.

In einer Veranstaltung der VHS Papenburg in Kooperation mit Dokumentations- und Informationszentrum (DIZ) Emslandlager berichtet Kurt Buck in einem Vortrag über die Zeit "Vor 80 Jahren - März/April 1945: Räumung, Befreiung und Massenmord - Das Ende der Emslandlager".

Die Veranstaltung findet am Donnerstag, 6. März 2025, um 19:30 Uhr in der Volkshochschule Papenburg, Hauptkanal rechts 72, 26871 Papenburg, Raum V 1.06, Saal (barrierefrei), statt.

Um Anmeldung wird gebeten unter 04961/9223-17. Den Betrag von 10 EURO zahlen Sie bitte an der Eintrittskasse, die um 19 Uhr öffnet. [jdm/Grafik: lizenzfrei]

CDU/Grüne/SPD: Für Rüstungsmilliarden den Wähler austricksen

Die Schuldenbremse, die der Bundestag am 29. Mai 2009 mit Zweidrittelmehrheit in die Verfassung geschrieben hat, war ein Sieg des Neoliberalismus. Gerade waren die Banken nach der Weltfinanzkrise von 2007–2008 mit Hunderten von Milliarden Euro vom Staat gerettet worden. Die Schuldenbremse sollte verhindern, dass eventuell auch die Arbeiterklasse auf die Idee kommen könnte, der Staat könne sich mal für bessere Schulen, bessere Infrastruktur oder soziale Sicherheit oder Wohnungen verschulden.

CDU und FDP als Haupttreiber dieser Entwicklung beharren auf der Schuldenbremse, weil sie Ansprüche der Bürger immer noch abwehren wollen. Jetzt aber möchten die Europäer den Befehlen der USA gehorchen, noch mehr für die Rüstung auszugeben, wobei bis zu 6% des Bruttosozialproduktes im Gespräch sind. Von den Rüstungsausgaben Europas profitiert vor allem die US-Rüstungsindustrie, aber auch die deutsche, wie Rheinmetall, das ein Allzeithoch an der Börse zu verzeichnen hat. Frankreich wirbt dafür, eine europäische Atomstreitmacht aufzubauen.

Kein Mensch glaubt ernstlich, dass Russland die Nato angreifen würde. Russland ist nicht in der Lage, die Ukraine zu „besiegen“, warum also sollte das Land auf die Idee kommen, die Nato anzugreifen. Erklärtes Ziel des Angriffs auf die Ukraine war es immer, sich die Nato vom Leib zu halten. Aber Rüstungsmilliarden versprechen einfach Superprofite, die nirgendwo anders realisiert werden können.

Bei der Aufrüstung fällt den Kriegstreibern von der  CDU/SPD/Grünen ihr neoliberales Credo zur Schuldenbremse auf die Füße. Die CDU möchte am liebsten einfach ein neues Sondervermögen – also ein ausgelagertes Schuldenkonto – auflegen, das nur für die Rüstung verwendet wird. Grüne und SPD haben die Nase voll davon, immer wieder mit den Gesetzen zu jonglieren und möchten die Schuldenbremse teilweise aufheben. Die Bundesbank soll dafür Vorschläge machen.

Weil im neuen Bundestag keine verfassungsändernde Mehrheit mehr durch die Kriegsparteien vorhanden ist, planen die Kriegsparteien einen gesetzlich zwar möglichen, aber gegen den Geist der Demokratie verstoßenden Coup. Sie wollen mit der Zweidrittelmehrheit des alten Bundestags, der sich eigentlich schon in der Auflösung befindet, die Verfassung für ihre Form der Staatsverschuldung für die Rüstung ändern.

Und weil sie schon mal dabei sind, sollen die neuen Schulden für die Aufrüstung 400 Mrd. € betragen. Zur Gesichtswahrung wird auch über ein „Sondervermögen“ für die Infrastruktur in etwa gleicher Höhe gesprochen.

Die Linken haben angekündigt, dass sie kein zusätzliches Sondervermögen für die Bundeswehr, möglicherweise aber eine Lockerung der Schuldenbremse für Investitionen mittragen wollen. Damit signalisieren sie, dass auch im neuen Bundestag eine Änderung der Schuldenbremse möglich ist. Da die CDU und die Grünen sich vor allem für die Beschaffung von Waffen interessieren, könnte es spannend werden, ob die Linken bei ihrer Ablehnung weiterer Rüstungsmilliarden bleiben oder mit der Begründung, Geld für Investitionen locker zu machen, kompromisslerisch bei einem Rüstungsdeal mitmachen. [jdm]

Erinnerung: Am Freitag Vortrag über das Moorsoldatenlied

Am Freitag, 28. Februar 2025, um 19:00 Uhr, hält Fietje Ausländer im Stadtmuseum Meppen, An der Koppelschleuse 19 a, in Meppen, einen Vortrag über das Lied der Moorsoldaten. Der Eintritt beträgt 6 €.

Mit vielen Audio- und Videodokumenten, Fotos, Illustrationen und Texten soll an diesem Abend an die faszinierende Geschichte der Lagerhymne aus Börgermoor erinnert werden. Der Referent greift dabei auf die große Sammlung zurück, die zum Lied im Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager in Papenburg aufbewahrt wird.

Bitte melden Sie sich für diese Veranstaltung unter Telefon 05931 153 278, per Email unter s.lorenz@meppen.de oder über das Kontaktformular auf der Website des Museums verbindlich an. [Newsletter DIZ]

Kompetenz = Wissen x Fähigkeit x Erfahrung – Richtig ist, was funktioniert und was nicht umbringt

Ulrich Scholz

Kompetenz im Alltag
Die Gleichung im Titel des Artikels ist eine Kurzform des pädagogischen Prinzips, nach dem an unseren Schulen heute unterrichtet wird. Lehren ist nicht mehr nur die Vermittlung von Wissen, dessen Lernen man in einem Test überprüft. Vielmehr geht es darum, das erlernte Wissen zu verstehen. Dazu braucht der Lernende die Fähigkeit, es situationsgerecht anzuwenden. Die wird wiederum durch Wiederholung sichergestellt. Die Erfahrung, dass das eigene Denken richtig ist, führt zu der Erlangung von Kompetenz, die nachhaltig ist. Im Täglichen begegnen wir diesem Prinzip besonders, wenn es um das Umgehen mit technischen Gerät geht.

Ein klassisches Beispiel ist der Erwerb des Führerscheins. Man büffelt die Theorie, die bei der Prüfung in schriftlicher Form abgetestet wird. In Fahrstunden erlernt man die Fähigkeit, die Theorie situationsbezogen anzuwenden. Am Ende steht die Fahrprüfung, die, mit einem bisschen Glück, bestanden wird. Hat man damit die Kompetenz erlangt, ein Auto situationsgerecht zu bewegen? - Natürlich nicht. Es fehlt die Erfahrung. Die bekommt man nur über die Zeit und viel Fahrpraxis. Sind Kompetenzerlangung in der Schule und beim Autofahren vergleichbar? – Auf der untersten Ebene des Formalen, ja. Für das Erlernen und Anwenden von Mathematikregeln wie die Prozentrechnung oder die Grammatik einer Sprache gilt die Kompetenzgleichung genauso wie für das vorschriftsmäßige Führen eines Autos. Die Vergleichbarkeit kommt formal zum Ausdruck, indem Kompetenz und Komponenten als ein Produkt dargestellt werden. Wenn in einer Multiplikation ein Faktor gegen Null geht, geht das Ergebnis gegen Null. Lässt sich die Logik dieser Gleichung auf alle Kompetenzen in der Schule, im Beruf, in der Politik, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft anwenden? – Ich meine, Nein.

Die Kompetenzlüge
Trotzdem tut man so, als ob es möglich wäre. Damit suggeriert man, dass es ein objektives Wissen gäbe, ein allgemeingültiges Verständnis desselben und zieht Erfahrungen heran, die es scheinbar bestätigen. In der Wissenschaft nennt man diese Denkweise zirkuläre Schlüsse. Sie gelten als „unanständig“). Man unterschlägt, dass Wissen aus Informationen besteht, deren Auswahl, bei allem Bestreben, objektiv zu sein, wegen der persönlichen und kulturellen Prägungen sowie unterschiedlicher Interessen immer subjektiv ist. Man erklärt diese Informationen zu Fakten und sieht nicht, dass sie allein durch ihre Auswahl dazu gemacht werden (Lat. factum = gemacht). Auf diese Weise kam und kommt es immer wieder zu Bewertungen, die nicht gerechtfertigt sind. Ein Beispiel ist die Kritik an Regierungsmitgliedern der Ampel-Regierung. Man zog ihre Fach-Kompetenz in Zweifel, weil sie ja keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen konnten. Dazu sei bemerkt, dass in jedem Ministerium ein Stab von qualifizierten Mitarbeitern sitzen, die ihren Minister beraten und Entscheidungen vorbereiten.

Die Inkompetenz, die man ihnen vorwerfen muss, ist eine weitverbreitete. Es ist das Blindsein gegenüber der eigenen Blindheit. Sie sehen nicht die Subjektivität ihres eigenen Denkens und noch schlimmer. Sie erklären ihre Sichtweise und damit ihr Handeln als alternativlos. Damit blockt man die demokratische und ergebnisoffene Diskussion um die großen Themen unserer Zeit wie Corona, Klima, Energie, Migration und Krieg. Meinungsfreiheit und nicht zuletzt das Finden des „richtigen“ Weges, der nicht umbringt (physisch, existenziell und geistig), werden dem Dogma der eigenen „Objektivität“ geopfert.

Sie werden jetzt vielleicht einwenden, dass in unserer Gesellschaft die Pluralität von Sichtweisen sehr wohl gepflegt wird. Im Bundestag wird diskutiert. In Polit-Talkshows bieten Medien eine Plattformen für Diskussionen. Lehrer in Schulen bemühen sich, in Unterrichten zu Geschichte, Politik und Gesellschaft Schüler zur Diskussion anzuhalten. Man diskutiert an Stammtischen und in der Familie. Alle diese „Demokratieübungen“ lassen eines außeracht. Das gelernte Dogma im Denken.

Menschenwürdige Kompetenz
Einer der prominentesten Philosophen des 20. Jahrhundert schreibt dazu:
„Aber mein Weltbild habe ich nicht, weil ich mich von seiner Richtigkeit überzeugt habe, auch nicht, weil ich von seiner Richtigkeit überzeugt bin, sondern weil es der überkommende Hintergrund ist, auf welchem ich zwischen wahr und falsch unterscheide.“ Und weiter: „Wir lernen die Praxis des empirischen Urteilen nicht, indem wir Regeln lernen. Es werden uns Urteile beigebracht und ihr Zusammenhang mit anderen Urteilen. Ein Ganzes von Urteilen wird uns plausibel gemacht.“ (Paul Waztlawick „Wirklichkeitsanpassung oder angepasste Wirklichkeit“ aus dem Buch „Einführung in den Konstruktivismus“ Seite 94)

Wittgensteins Beobachtungen werden erschreckend deutlich, wenn sie die Geschichtsbücher unserer Kinder lesen. Als Vertretungslehrer in diesem Fach hatte ich mir vorgenommen, dieses Denkschema aufzubrechen. Die Gelegenheit bot sich, als das Thema Russland war. Als ich die Kinder fragte, was sie über Russland wissen, bekam ich die Stereotype des Zeitgeistes. Putin, der im Wahn eines neuen Zaren, seine Nachbarn überfallen hatte und jetzt uns alle in Europa bedroht. Ich habe ihnen eine Karte von Russland gezeigt, um die Größe des Landes und Entfernungen deutlich zu machen, die von Moskau aus regiert werden muss. Ich habe ihnen die Geschichte des letzten Zaren Nikolaus II erzählt, von den gesellschaftlichen Verhältnissen in Russland, von Lenin und von der Revolution. Bilder von der Ermordung der Zarenfamilie hatte sie sehr bewegt. Ich habe ihnen die Ideen von Marx erklärt, die sie als gerecht empfanden. Zum Schluss habe ich ihnen einen Cartoon-Clip von Peter und der Wolf gezeigt und ihnen den Komponisten Prokofjew vorgestellt, einem Russen, der in der Ukraine geboren wurde. Am Ende der Vorstellung hatte ich ihnen angeboten, anstelle einer verlangten Klausur (wegen der Note) zu zweit eine Präsentation zum Thema Russland zu geben. Zwei Mädchen fragten mich, ob sie über Putin vortragen dürfen. Natürlich durften sie. Der Vortrag zeigte, dass sie Informationen recherchiert hatten, die ein anderes Wissen und eine andere Sichtweise über Putin und Russland erzeugt hatte. Eine Klassenkameradin mit russischen Wurzeln hat sich anschließend bei ihnen bedankt. Sie fühlte sich als Russin verstanden und angenommen. Da ich in der Klasse auch Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Philosophie unterrichtet habe, waren natürlich die aktuellen Ereignisse um den Ukrainekrieg immer wieder ein Thema. Die Diskussionen darüber waren aber nicht mehr dogmatisch, sondern zweifelnd.

Liegt hier nicht die Kompetenz, die einer Demokratie Sinn im Inneren und Einfluss im Äußeren verschafft? – Den Zeitgeist und sich selbst immer wieder zu hinterfragen und seine Handlungen danach auszurichten, ob sie für das Wohl aller „funkionieren“, was ausschließt, dass sie mich und andere umbringen. [Ulrich Scholz]

Ergebnisse der Bundestagswahl in Wippingen

So wählten die Wippinger:

 SPD6311,98 %
 CDU27552,28 %
 GRÜNE305,70 %
 FDP152,85 %
 AfD9017,11 %
 Die Linke336,27 %
 Tierschutzpartei10,19 %
 dieBasis00,00 %
 Die PARTEI10,19 %
 FREIE WÄHLER50,95 %
 PIRATEN10,19 %
 Volt00,00 %
 PdH00,00 %
 MLPD00,00 %
 BÜNDNIS DEUTSCHLAND10,19 %
 BSW112,09 %
Wahlberechtigte724 
Wähler/-innen52672,65 %
ungültige Stimmen00,00 %
gültige Stimmen526100,00 %

Die Wahlbeteiligung liegt bei: 72,65 %.

[jdm/Quelle]

Heute Bundestagswahl

v. l. : Kordula Johanning, Stefan Haasken, Johannes Grote, Antonius Richert

650.000 Wahlhelfer werden bundesweit für eine Bundestagswahl gebraucht. Sie sorgen für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl. Sie überprüfen die Wahlberechtigung anhand des Wählerverzeichnisses, geben Stimmzettel aus und vermerken die Wahlteilnahme im Wählerverzeichnis. Auch der Einwurf des Stimmzettels ist erst möglich, wenn der Wahlhelfer die Wahlurne für den Einwurf freigegeben hat. Zu guter Letzt unterstützen die Ehrenamtlichen bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlbezirk. Hierzu gehört insbesondere die Auszählung der Stimmzettel.

In Wippingen waren heute in der Nachmittagsschicht tätig: auf dem Foto v. l. : Kordula Johanning, Stefan Haasken, Johannes Grote, Antonius Richert.

Im Treff konnten die Wähler sich nach der Wahl bei einem Kaltgetränk mit anderen austauschen. Ab 18 Uhr werden hier die Ergebnisse auf den Monitor geholt.

Die Wahlergebnisse können ab 18 Uhr eingesehen werden bei https://www.wahlen-im-emsland.de/ oder https://wahlen.statistik.niedersachsen.de/BW2025/ oder auf dieser privaten Seite https://www.wahlrecht.de/news/2025/bundestagswahl-2025.html. [jdm]

Wahlprogramme kurzgefasst

SPD: Aussetzen der Schuldenbremse nur für die Aufrüstung, Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland; langfristig die weitere Erhöhung des Rüstungsetats, Unterstützung für Sanktionen gegen Russland, Asylrecht einschränken, Sanktionen für Bürgergeldempfänger, US-Frackinggas statt russischem Erdgas

CDU: Steuersenkungen für Reiche, Aussetzen der Schuldenbremse nur für die Aufrüstung, Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine,  Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland; langfristig die Hälfte des Staatsetats für Rüstung ausgeben, Unterstützung für Sanktionen gegen Russland, Wiedereinführung der Wehrpflicht, Krankenkassenleistungen auf Basisleistungen beschränken, Asylrecht fast ganz abschaffen, Bürgergeld abschaffen, Atomkraftwerke wieder anfahren, US-Frackinggas statt russischem Erdgas, Deutsche Bahn zerstückeln

FDP: Steuersenkungen für Reiche, Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland; langfristig die Hälfte des Staatsetats für Rüstung ausgeben, Unterstützung für Sanktionen gegen Russland, Krankenkassenleistungen einschränken, Rentenabsicherung durch Aktienrente ersetzen, Asylrecht fast ganz abschaffen, Bürgergeld abschaffen, Atomkraftwerke wieder anfahren, US-Frackinggas statt russischem Erdgas, Deutsche Bahn zerstückeln

AFD: Steuersenkungen für Reiche, Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland; langfristig die Hälfte des Staatsetats für Rüstung ausgeben, Wiedereinführung der Wehrpflicht, gegen Sanktionen gegen Russland und für Verhandlungen, Asylrecht abschaffen, Bürgergeld abschaffen und Sanktionen gegen Arbeitslose, Sozialrecht nach völkischen Kriiterien gestalten, Atomkraftwerke wieder anfahren, gegen Mietpreisbremse

Grüne: Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine, Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland; langfristig die Hälfte des Staatsetats für Rüstung ausgeben, Unterstützung für Sanktionen gegen Russland, Asylrecht einschränken, Klimaschutz vor allem durch CO2-Bepreisung, US-Frackinggas statt russischem Erdgas

Linke: Wiedereinführung der Vermögenssteuer und Sondersteuer für Superreiche, Unterstützung für Sanktionen gegen Russland, Zustimmung für Waffen für die Ukraine, Asylrecht vollständig erhalten, Erhöhung des Mindestlohns, Erhöhung des Bürgergelds und von Grundsicherung im Alter, Klimaschutz, Sozialer Wohnungsbau durch den Staat

Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Wiedereinführung der Vermögenssteuer und Sondersteuer für Superreiche, gegen Sanktionen gegen Russland und für Verhandlungen, gegen alle Waffenlieferungen, Asylrecht einschränken, Erhöhung des Mindestlohns, Erhöhung des Bürgergelds und von Grundsicherung im Alter, Sozialer Wohnungsbau durch den Staat [jdm]

Damit Erziehung, Bildung und Demokratie gelingen können: Sich bemühen, den anderen zu verstehen und sich selbst in Frage zu stellen

Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht durch Hiobsbotschaften aus unseren Schulen aufgeschreckt werden, Gewalt durch Schüler gegenüber Lehrern und manchmal auch umgekehrt, ein dramatischer Leistungsabfall bei den Schülern, Burnouts bei Lehrern und ein sich immer mehr ausbreitender Unwille, den einstigen Traumberuf ein ganzes Berufsleben lang ausüben zu wollen. Ich möchte diese Hiobsbotschaften um meine Beobachtungen aus zehn Jahren als Seiteneinsteigerlehrer mit eine grundsätzliche Beobachtung ergänzen. Es gibt eine latente Aversion bei Schülern gegenüber Schule, die ursächlich ihr passives und aktives Verweigerungsverhalten erklärt und in der Folge Lehrern immer wieder die Motivation nimmt, ihrer Erziehungs- und Bildungsaufgabe mit Freude nachzukommen. Die Verantwortlichen auf allen Ebenen versuchen, dagegenzuhalten.

Mehr Schulbegleiter für Problem-Kinder, mehr Schulpsychologen an den Schulen, strengere Schulordnungen, konsequentere Durchsetzung, Einbeziehung der Eltern bei der Disziplinierung ihrer Kinder u.a. sollen einen reibungslosen Unterricht sicherstellen. Sogar die Forderung nach Einrichtung eines Sicherheitsdienstes an Schulen wird laut. Sie mögen im Einzelfall ihre Wirkung tun, sind aber nur Symptombekämpfung. Gilt es doch, den Kindern das Schulleben so „schmackhaft“ zu machen, dass sie gerne kommen und lernen wollen. In diesem Sinne sind Schulleitungen bemüht, die Hygienefaktoren zu verbessern. Dazu gehören u.a. kleinere Klassenstärken, Mitspracherecht der Schüler bei der Unterrichts- und Arbeitsplatzgestaltung, WIR-Veranstaltungen und nicht zuletzt ein reichhaltiges Kantinenangebot (spätere Schulbeginn-Zeiten und längere Pausen zwischen Unterrichten gehören leider nicht dazu). Nun ist bekannt, dass Hygienefaktoren nicht im Positiven wirken, sondern nur im Negativen. Wenn sie nicht zufriedengestellt werden, ist man unzufrieden, schimpft und geht hin, weil man muss. Es gibt ja schließlich eine Schulpflicht. Ihre Erfüllung bedeutet aber nicht, dass Kinder und Jugendliche motiviert werden zu lernen und zu leisten. Da fehlt etwas.

Dieses Fehl erzeugt nicht nur die Unruhe an unseren Schulen, sondern pflanzt sich fort, im Berufsleben bis hin zum demokratischen Verhalten in unserer Gesellschaft. Schließlich sind die Schüler von heute die Arbeitnehmer, Chefs und Politiker von morgen. Was fehlt ist Beziehungsfähigkeit, die mehr ist als die Ausrichtung auf Funktionalität in der Schulausbildung und im Wirtschaftssystem und nicht zuletzt auf demokratische Normen. In meinem Buch „Menschenführung“ schlage ich diesen Bogen an konkreten Beispielen. Was sich ändern muss und wie man dieses Fehl an unseren Schulen zum Besseren ändern kann, darüber soll es in diesem Artikel gehen.

In meiner letzten Verwendung als Offizier war ich Dozent für Führung und Management an der Führungsakademie der Bundeswehr. Meine Eröffnungsveranstaltung zum Thema „Führungsstile“ begann ich mit der Frage: Was ist der richtige Führungsstil? – Nachdem alle bekannten Führungsstile genannt und diskutiert wurden (kooperativ, autoritär, laissez faire u.a.), kam dann die erlösende Antwort: Es kommt darauf an. Man diskutierte trefflich Situationen, die die Relativierung deutlich machten. Auf die menschliche Seite dieser Frage kam kaum jemand. Ich habe ihnen dann einen Clip vorgestellt. Die französische Geigerin Marina Chiche spielte das Stück von Massenet „Meditation“. Im Anschluss habe ich gefragt, was sie wahrgenommen hatten. Man war verunsichert und fragten sich (und mich), was ich hören wollte. Schließlich ist der Lehrgang prüfungsrelevant. Ich war ihr Beurteilender. Irgendwann trauten sie sich. Sie äußerten Gefühle zur Musik, zur Atmosphäre der Umgebung und nicht zuletzt der Mimik und Gestik der hübschen Geigerin. Die Gefühle, die sie äußerten, waren überhaupt nicht einmütig. Einige hatten sich in ihr Gefühl hineinfallen lassen, andere waren skeptisch. Was hat das mit meinem Job als U-Boot Kommandant zu tun oder Staffelchef einer Tornado-Staffel? – Die Frage, die dieses Beispiel aufwirft, ist, was haben menschliche Gefühle mit der Funktionalität des Jobs zu tun? – Meine Antwort: Das eine ist ohne das andere nicht möglich. Dabei geht es nicht mehr nur um Zielerreichung, sondern um das Gefühl des anderen, als Mensch mit seinen Nöten und Gefühlen wahrgenommen zu werden. Der abgedroschene Begriff „bedingungslose Liebe“ passt hier sehr schön. Die allein schafft die Basis für Lernen und Leisten. Ohne sie wird Lernen und Leisten zu einem Dressurakt. Wie man den im Alltag transportieren will, geht nicht über Checklisten. Auch das noch so ausgefeilte Lehrerstudium hilft da nicht weiter, um zum Ausgang des Themas zurückzukommen. Hier sind ein paar Beispiele von Menschenführung aus meinem Alltag als Vertretungslehrer, wie ich sie verstehe.

Wenn ein Schüler zu spät kommt, dann gibt es keinen Eintrag ins Klassenbuch und eine Predigt. Ich sage ihm: Schön, dass Du da bist. Wenn ein Schüler im Unterricht heimlich isst, dann frage ich ihn, ob er schon gefrühstückt hat. Die Antwort ist meistens: Nein. Ich frage die Klasse, wer noch Hunger hat. Finger gehen hoch. Ich unterbreche den Unterricht und mache eine Ess-Pause.

Wenn Schüler im Mathe-Unterricht nach vier zurückgelegten Unterrichtsstunden „abbrechen“, lege ich einen Clip auf. Einen Flashmob mit „I wanne marry you“ von Hugo Mars. Ich tanze dazu. Im nu tanzt die ganze Klasse. Mit meinem Verhalten stelle ich die Regeln des Systems in Frage und damit meine Autorität als Lehrer. Was ich gewinne, ist menschliche Zuneigung.

Von Kindern Einsicht in Schule und deren Normen zu erwarten oder gar sie über ein Disziplinierungssystem zu zwingen zu leisten ist vergebliche Mühe. Was sie erreicht, ist bedingungslose Liebe. Wenn diese Beziehung greift, kann man Schüler mit den pädagogischen Fähigkeiten eines Lehrers leicht zum Lernen, Leisten und Befolgen von Regeln bewegen. Und nicht nur das. Es besteht die Chance, dass sie diese Einstellung für das weitere Leben im Privaten, im Beruf und nicht zuletzt als Staatsbürger in der Demokratie übernehmen. Gewalt an Schulen, Intoleranz in der Gesellschaft und nicht zuletzt Kriege würden der Vergangenheit angehören. Das gilt für den Umgang mit renitenten Schülern, mit unbequemen Mitarbeitern und unfähigen Vorgesetzten, mit dem politischen Gegnern einschließlich der AfD und nicht zuletzt mit aggressiven Nachbarn wie Herrn Putin. Wer gelernt hat, den anderen zu verstehen und sich selbst in Frage zu stellen, der hat begriffen, dass das Problem nicht der andere ist, sondern immer nur man selbst. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Schriftliches Stammeln

Nach dem Lesen des heutigen NOZ-Kommentars „So darf es nicht weitergehen!“ in der Ems-Zeitung stelle ich mir den Schreiber als einen empörten puterroten Mann vor, dem vor lauter Empörung nur noch gestammelte Satzfetzen aus dem Mund kommen.

Zumindest handelt es sich um schriftliches Stammeln. „Wann kommen alle demokratischen Parteien zur Besinnung? So kann es nicht weitergehen. So darf es nicht weitergehen. Jetzt muss gehandelt werden.“ Lauter sinnlose Empörungssätze, die sogar am Stammtisch als nervig inhaltsleer betrachtet werden würden.

Damit reiht sich Clasen aber in den allgemeinen Empörungsmodus ein. Vor ein paar Tagen wurden noch die Demos gegen Rechts hoch gelobt; jetzt heißt es plötzlich „Statt gemeinsam mit Linksaußen auf die Straße zu gehen, sollten die Spitzen von SPD und Grünen einen Beitrag dazu leisten, die Gemüter zu beruhigen.“ Ganz ruhig, Brauner, möchte man da sagen.

Abgesehen davon, dass es unter den Geflüchteten auch Traumatisierte und Kranke gibt und hier keine Rufe nach Rache, Ausweisung und geschlossenen Grenzen helfen, sondern eine bessere Versorgung für die Betroffenen, verliert Clasen auch keinen Ton darüber, warum Deutschland so viele Flüchtlinge hat.

Der Attentäter in München ist aus Afghanistan. Da sollte sich doch etwas in der Erinnerung rühren! Kann es sein, dass der Werte-Westen zwei Jahrzehnte in diesem Land herumgebombt (z. B. Oberst Klein) und herumgeschossen hat? Kann es sein, dass die USA und Deutschland, sowie der Werte-Westen ein vollkommen zerstörtes Land hinterlassen haben, so dass die Menschen nach Europa flüchten mussten, wenn sie nicht verhungern oder erschossen werden wollten?

Kann es sein, dass die USA und Deutschland einen demokratischen Aufstand in Syrien sofort durch Waffenlieferungen an islamistische Aufständische zu einem Bürgerkrieg gemacht haben? Kann es sein, dass Deutschland dabei war, als Syrien über 15 Jahre durch Sanktionen in ein Land verwandelt wurde, in dem es keine Lebensgrundlagen für die Menschen mehr gibt, so dass die Menschen nach Europa flüchten mussten?

Kann es sein, dass dadurch, dass Deutschland zusammen mit den USA in der Ukraine den Minsker Friedensprozess in der Ukraine hintertrieben hat und stattdessen die Ukraine mit NATO-Waffen aufgerüstet hat, der Krieg in der Ukraine ausgelöst wurde und die Ukrainer das Land verlassen, um nicht Opfer des Krieges zu werden oder als Soldat in den Tod geschickt zu werden?

Nicht geschlossene Grenzen fehlen uns, sondern eine grundsätzliche Friedensbereitschaft Deutschlands. Und die ist ja nicht in Sicht angesichts der Aufrüstung Deutschlands zu einem kriegstüchtigen Land. [jdm]

Drei Parteien planen eine Umverteilung nach oben und vier Parteien haben den Normalverdiener im Blick

Studie von ZEW

Das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim hat in Zusammenarbeit mit der Süddeutschen Zeitung in einer Studie untersucht, wie sich die Vorschläge der Parteien in den Wahlprogrammen auf die privaten Haushalte in Deutschland auswirken. Diese betreffen die Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag, die Vermögensteuer, das Bürgergeld, den Mindestlohn und Pläne für ein Klimageld. Die Analyse konzentrierte sich auf Vorschläge, deren Wirkung für einzelne Haushalte bezifferbar ist.

Das Ergebnis ist nicht überraschend, aber in seiner Eindeutigkeit dann doch unerwartet. Die Vorschläge von CDU, FDP und AFD bewirken bestenfalls keine Einkommenssenkungen bei den Einkommen bis 30.000 € im Jahr, aber riesige Einkommensgewinne für Einkommen ab 100.000 €/Jahr. Die Vorschläge der FDP bedeuten für Alleinerziehende mit einem Kind in der Einkommensklasse bis 30.000 € im Jahr sogar drastische Einkommenssenkungen von 2451 €/Jahr, wogegen Alleinerziehende mit einem Einkommen ab 60.000 €/Jahr 2925 € mehr bekommen; wer 120.000 € verdient bekommt sogar 8079 € mehr. Bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern stehen bei den FDP-Vorschlägen einer Einkommenssenkung bei den Wenigverdienern in Höhe von sogar 3148 €/Jahr  bei den Reichen  Mehreinnahmen von 7913 €/Jahr  gegenüber.

Die AFD- und CDU-Vorschläge sehen bei den Einkommen bis 30.000 € keine oder fast keine (max. 1,1 %] Einkommenserhöhungen vor, aber bei den Einkommen über 250.000, also auch den Millionären 5,1 % (CDU) und 7,7 % (AFD) mehr Geld vor.

Moderater sehen die Vorschläge von SPD, Grünen und BSW aus. Hier sehen die drei Parteien für Einkommen bis 20.000 € mehr Geld vor. Einkommen von 30.000 €/Jahr sollen von 3,7 bis 5,1 % mehr verfügbares Einkommen haben. Mit zunehmendem Einkommen sinkt der Zuwachs und für Einkommen ab 250.000 € /Jahr sehen alle drei Parteien eine Einkommenssenkung um 2,5 bzw. 3,2 % vor.

Die Vorschläge der Linken unterscheiden sich deutlich von allen anderen Parteiprogrammen. Hier sollen die Einkommen von Menschen mit den niedrigsten Einkommen um 22,9 % steigen. Danach sinkt die Prozentzahl auf immerhin noch 7,9 % Einkommenszuwachs für Einkommen von 50.000 €/Jahr und schließlich auf 2,3 % bei Einkommen bis 250.000 €/Jahr. Nur Einkommen darüber sollen mit -28,6 % belastet werden.

Zur besseren Übersicht sei auf die Abbildung 1 auf Seite 14 verwiesen. Diese Grafik zeigt bei CDU, FDP und AFD immer größer werdende Balken, je höher das Einkommen ist.

Bei SPD, Grünen und BSW beschreibt die Balkenhöhe einen Buckel, der sich bei den mittleren Einkommen von 40.000 bis 60.000 € findet.

Die Grafik der Linken fällt mit ihrer Einkommensgestaltung von viel Geld für kleine Enkommen bis wenig für große Einkommen völlig aus dem Rahmen der untersuchten Parteien.  Hier muss sogar eine andere Skala verwendet werden, weil die Zahlen sonst kaum darstellbar sind.

Empfohlen seien noch die Fallbeispiele ab Seite 46. Sie machen besonders deutlich, dass die Steuer- und Sozialpolitik von CDU, AFD und FDP ausschließlich den sehr gut Verdienenden zu Gute kommt. Das ist bei der FDP als „Partei der Besserverdienenden“ nicht überraschend. Aber bei der AFD, die sich immer als Arbeiterpartei gibt, wird so sehr deutlich, dass es sich um einen Etikettenschwindel handelt.

Aber auch die Zahlen der CDU sind so eindeutig auf Einkommenszuwächse bei den sehr Reichen ausgerichtet, wie man es bei einer sich als Volkspartei ausgebenden Partei nicht erwartet hätte. Die CDU-Wähler und Parteimitglieder, die ja in der Regel nicht zu den Großverdienern gehören, dürften wohl noch nicht ganz registriert haben, dass mit Friedrich Merz jetzt ein Millionär die Richtung der Parteipolitik bestimmt.

Welche Ausmaße die Umverteilung hin zu den Reichen bei den drei rechten Parteien annimmt, macht vor allem die Abbildung 42 auf Seite 55 deutlich. Diese drei Parteien wollen die Staatseinnahmen um 47 Mrd. € (CDU), 97 Mrd. € (AFD) bzw. 116 Mrd. € (FDP) senken. SPD, BSW und Grüne wollen geringfügige Mehreinahmen von 1 bis 4 Mrd. € für den Staat. Nur die Linke möchte 46 Mrd. € mehr unter anderem durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Millionäre und Milliardäre einnehmen. [jdm]

Erst wählen, dann die anderen treffen

Anlässlich der Bundestagswahlen am 23.02.25 öffnen wir den Treff um 11 Uhr. Wir laden die ganze Gemeinde herzlich ein, nach der Wahl auf ein Kaltgetränk vorbei zu kommen. Am Abend werden die Auszählungen dann live mitverfolgt. Wir freuen uns auf einen bunten Austausch!  [Gretel Frericks]

Innenministerin Behrens will neue Berufsverbote in Niedersachsen einführen

Genau wie ihre KollegInnen in anderen Bundesländern plant die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens eine Neuauflage des „Radikalenerlasses“. Aber wie wir es bei den jetzigen geschichtsvergessenen Politikern gewohnt sind, etwas schlimmer als früher.

Behrens lebt – wie ihre AmtskollegInnen - in einer Wahnwelt, die aus hybriden Bedrohungen aller Art besteht. Gemeint sind damit alle Meinungsäußerungen, die der Regierungspolitik zuwider laufen. In dieser Wahnwelt laufen einzelne Beamte herum, die die Stabilität und Handlungsfähigkeit der demokratischen Institutionen und Mechanismen untergraben, die westliche Wertegemeinschaft diskreditieren und Bündnisse wie die EU sowie die NATO schwächen.

Zum Vorwand nimmt Behrens den Kampf gegen Rechts. Das neue Disziplinarrecht für Beamte hebelt Grundrechte der Beschäftigten aus. Künftig soll eine Behörde selbst entscheiden können, einen ihrer Beamten wegen verfassungsfeindlichen Verhaltens aus dem Dienst zu entfernen. Der bisherige Weg, dafür ein Verwaltungsgerichtsverfahren anzustrengen, soll entfallen.

Die Niedersächsische Initiative gegen Berufsverbote kritisiert in einer Pressemitteilung: “Die geplanten Änderungen bedeuten einen Abbau von Rechtsstaatlichkeit und verletzen demokratische Grundrechte. Einschränkungen des Datenschutzes, dubiose Begrifflichkeiten wie „Verfassungsfeindlichkeit“ oder auch die Umkehr der Beweislast bei angeblichem Fehlverhalten ermöglichen Behördenwillkür und Missbrauch.“

Tatsächlich richtet sich der Blick der Behörden keineswegs gegen rechts. In Bayern wird der Klimaaktivistin Lisa Poettinger eine Referendariatsstelle als Lehrerin verwehrt.  Laut der Zeitung „Junge Welt“ bezieht sich das zuständige Kultusministerium in seiner Begründung auf die »Tätigkeit und Mitgliedschaft in extremistischen Organisationen«, womit das »Offene Antikapitalistische Klimatreffen München« gemeint sei, eine Gruppe, die die Klimafrage ausdrücklich mit der sozialen Frage verbinde und entsprechend als Klassenfrage begreife. Insbesondere die Bezeichnung der in München stattfindenden Automesse IAA als ein »Symbol für Profitmaximierung auf Kosten von Mensch, Umwelt und Klima« in einem damaligen Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) führte das Ministerium in seinem Bescheid an die Betroffene als einen Grund an. Der Begriff der Profitmaximierung sei demnach »kommunistischer Ideologie« zuzuordnen, die mit der »freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar« sei.

Der Linken-Bundestagskandidat Gabriel Bruckdorfer hat laut SZ nach eigenen Angaben aufgrund seines politischen Engagements in der Partei seinen Nebenjob an der Augsburger Universität verloren.

Die Initiative gegen Berufsverbote erinnert an den Beschluss des Niedersächsischen Landtags vom 15.12.2016, der die Praxis der Berufsverbote als „unrühmliches Kapitel der Geschichte Niedersachsens“ verurteilt habe. "Der Landtag hat sich bei uns Betroffenen ausdrücklich für das erlittene Unrecht entschuldigt und uns „Respekt und Anerkennung“ ausgesprochen." Behrens war damals schon Landtagsabgeordnete und dürfte dem Beschluss selbst zugestimmt haben. Aber sie kann sich bestimmt nicht mehr erinnern. Das Erinnerungsvermögen bei Berufspolitikern leidet ja – wie allgemein bekannt ist - extrem unter der politischen Tätigkeit.

Behrens befindet sich mit ihrer Berufsverbotspolitik in einer langen unrühmlichen Ahnenreihe:

  • Karlsbader Beschlüsse von 1819 [mit „Maßregeln wider die Gebrechen der Universitäten, Gymnasien und Schulen, und wider die dabei angestellten Lehrer“]
  • Preußische Notverordnung von 1849 gegen unzuverlässige Elemente,
  • Sozialistengesetze von 1878 gegen sozialdemokratische, sozialistische und kommunistische Umtriebe
  • Berufsverbote von 1933 [„Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933]
  • Adenauer-Erlass“ von 1950 [„Beschluss der Bundesregierung 19. September 1950 zur Verfassungstreue der öffentlich Bediensteten in der Bundesrepublik Deutschland“].
  • Berufsverbote von 1972 [Beschluss der Regierungschefs der Bundesländer und des Bundeskanzlers Willy Brandt vom 28. Januar 1972] [jdm]

Demonstrationen gegen Rechts – In Hannover mit dem Propagandisten für Deutschlands Kriegstüchtigkeit

Auch Göbbels wollte Deutschland kriegstüchtig sehen

Zehntausende Menschen sind am Samstag gegen Rechts auf die Straße gegangen, u. a. auch in Leer. Das ist gut so. Und dabei will man auch gar nicht wissen, welche Positionen der Mitdemonstrant sonst so vertritt. Der Konsens ist, dass es gegen rechts geht.

In Hannover entschied man sich dafür, keine Vertreter der CDU sprechen zu lassen, weil die CDU ja gerade im Bundestag einen migrantenfeindlichen Antrag eingebracht hatte und dabei auf die Zustimmung der rechten AFD gerechnet hatte. Diese Entscheidung der Veranstalter ist nachvollziehbar.

Ein Blick in die Vergangenheit hätte die Veranstalter vielleicht daran erinnern können, dass sowohl der 1. Weltkrieg als auch der 2. Weltkrieg nicht vom Himmel gefallen sind, sondern beiden nicht nur eine Rechtsentwicklung voran ging, sondern auch eine Massenmobilisierung für den Krieg. In beiden Fällen ging es um die Gefahr, die aus dem Osten für Deutschland ausginge. Im 1. Weltkrieg war es Russland, weil es dem von Österreich angegriffenen Serbien beistand. Im 2. Weltkrieg behaupteten die Nazis zunächst, von Polen angegriffen worden zu sein, um danach Russland anzugreifen, wo die jüdisch-bolschewistischen Untermenschen verortet wurden.

Göbbels schrieb 1944 in der Nazi-Zeitschrift „Das Reich“ Deutschland sei „Kriegstüchtig wie nur je“. Heute hat Deutschland einen Kriegsminister, der Deutschland wieder kriegstüchtig machen will. Weil das Soldatsein von Erwachsenen in richtiger Erkenntnis nicht als normaler Beruf anerkannt wird und nicht genug Soldaten angeworben werden können, werden vom deutschen Militär so viele Minderjährige als Kindersoldaten angeworben, wie noch nie.

Wenn also die Militarisierung der Gesellschaft sowohl eine Quelle als auch eine Folge von rechten und faschistischen Entwicklungen ist, fragt man sich doch, warum ein Kriegsminister Pistorius, der die Kriegstüchtigkeit Deutschlands fordert und damit in historischer Analogie ein Haupttreiber für die Rechtsentwicklung in Deutschland ist, ein Hauptredner bei einer Demonstration gegen Rechts sein kann. [jdm]

AFD -Vorstellungen von Tarifverhandlungen: Kollektives Betteln statt Streikrecht

 Die AFD und das kollektive Arbeitsrecht

Im Sozialbereich ist mit den veröffentlichten Konzepten klar, dass die AFD nicht die Arbeiter und Wenigverdiener im Blick hat, sondern die Reichen reicher machen möchte: die Rente soll durch die Aktienrente geschwächt werden, alle sollen länger bis zur Rente arbeiten, sie ist gegen eine Mietpreisbremse, gegen Strom- und Gaspreisbremsen, gegen die Erhöhung des Mindestlohns und fordert die Auflösung der Arbeitsagentur und verschärfte Sanktionen gegen Arbeitslose. Das DIW stellte 2023 fest, dass die Hauptleidtragenden der AFD-Politik ihre eigenen Wähler seien.

Was sagt die AFD aber zum Arbeitsrecht, also dazu, welche Rechte Arbeitnehmer haben sollen?

Dazu hat die AFD bisher keine Programme verabschiedet, so dass man sich bei der Beurteilung dieser Frage nur auf ihre Veröffentlichungen aller Art verlassen kann. Das Hugo-Sinzheimer-Institut für Arbeits- und Sozialrecht hat in einer Studie Bundestagsreden, Anträge und Gutachterauslassungen im Bundestag, aber auch Programmentwürfe, Reden und Pressemitteilungen von AFD-Politikern ausgewertet.

Sie kommt dabei zu dem Schluss, dass die AFD sich formal positiv zur Mitbestimmung und zur Tarifautonomie äußert und so das Bild der „Partei für die Arbeiter“ kultiviert. Aber immer wenn dieses Bekenntnis konkret wird, handelt sie gegen diese Rechte. So benutzte sie im Bundestag ihr Bekenntnis zur Tarifautonomie vor allem dazu, um sich gegen Mindestlohnerhöhungen und Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen auszusprechen. Sie begründete dies dann damit, dies verstoße gegen die Tarifautonomie, die man den Tarifpartnern allein überlassen müsse. Obwohl sie sich mit markigen Worten für eine Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge in der Pflege aussprach, lehnte sie im Bundestag einen Gesetzentwurf für bessere Löhne in der Pflege ab.

Die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Betrieb sieht die AFD ausschließlich bei den Betriebsräten angesiedelt. Diese müssten im Konsens mit den Arbeitgebern im Interesse des Betriebes tätig werden. Dass Arbeitnehmer auch ganz andere Interessen haben können als die Arbeitgeber, wird von der AFD geleugnet. Wenn Betriebsräte gegen den Arbeitgeber aktiv werden, liegt das nach Ansicht der AFD nur an den Gewerkschaften, die den Klassenkampf schüren würden.

Die AFD möchte den Einfluss der Gewerkschaften in den Betrieben zurückdrängen. Als Hauptmittel hat sie dazu die Tarifverträge ausgesucht. Im derzeitigen Tarifrecht sind es die Gewerkschaften, die mit den Arbeitgebern Tarifverträge aushandeln. Diesen Tarifvorbehalt gibt es aus gutem Grund: Ohne die Kampfkraft der Gewerkschaften „verlören die Arbeitnehmer an kollektiver Verhandlungsmacht, sobald sie sich nicht mehr mit Arbeitnehmer*innen anderer Betriebe zusammenschließen, um zu versuchen, den strukturellen Nachteil gegenüber der Arbeitgeberseite auszugleichen.“

Die AFD möchte die Tariffähigkeit der Betriebräte erreichen. Was sich mit dem unbedarften Blick als eine Art basisdemokratische Idee verstehen ließe, ist in Wahrheit die tarifpolitische Entwaffnung der Arbeitnehmer. Dies würde die Konkurrenz zwischen Belegschaften verschiedener Betriebe verschärfen. Statt Streit um höhere Löhne, käme es zu einem Unterbietungswettbewerb. Erschwerend kommt hinzu, dass laut dem Betriebsverfassungsgesetz Betriebsräten die Organisierung von Streiks verboten ist. Das dürfen nur Gewerkschaften. Betriebsräte hätten aber auch überhaupt keine Ressourcen, um einen Streik durchführen zu können.

Das Ergebnis wäre, dass es keine Flächentarifverträge mehr geben würde und das Streikrecht faktisch nicht mehr vorhanden wäre. Das Bundesarbeitsgericht stellte aber schon 1980 in einem Grundsatzurteil fest, dass Tarifverhandlungen ohne Recht auf Streik nicht mehr seien als „kollektives Betteln“.

Die Studie stellt zusammenfassend fest, die Analyse der konkreten Positionen der AFD zum kollektiven Arbeitsrecht zeige, dass es sich bei der AFD mitnichten um eine Arbeiterpartei handele. [jdm]

Buchvorstellung im Heimathaus Twist: Plädoyer für eine Erinnerungskultur

Heimathaus Twist: v. l.  Hermann Krüssel, Margret Koers, Günter Kathmann
v. l. Hermann Krüssel, Moderatorin Margret Koers, Günter Kathmann

Am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, dem 27. Januar, stellten Hermann Krüssel und Günter Kathmann im Heimathaus Twist ihr Buch „Dät wuss du nich wäten! – Oder doch?“ vor. Laut Untertitel geht es um die Lager und Friedhöfe von Fullen und Versen, sowie um ein Plädoyer für eine Erinnerungskultur.

Die Erinnerung an die Emslandlager fokussiert sich stark auf die Lager in den Orten Börgermoor und Esterwegen, sowie auf den KZ-Friedhof in Bockhorst an der B401. Das hat historische Gründe: in Börgermoor entstand das Moorsoldatenlied, das Buch „Die Hölle im Moor“ berichtete schon 1936 über Börgermoor und das KZ Esterwegen wurde durch seinen Insassen Carl von Ossietzky bekannt. In Papenburg entstand das Dokumentations- und Informationszentrum und in Esterwegen die Gedenkstätte Esterwegen.

Die Rolle der anderen 13 Lager im Emsland ist den meisten Menschen nicht klar. Das liegt zum Teil daran, dass diese im Laufe der Nazi-Herrschaft immer mal wieder ihre Funktion wechselten. Mal waren sie Strafanstalten der Justiz, in die die Gestapo und die Gerichte die Opfer des Faschismus schickten, mal waren sie Kriegsgefangenenlager, mal waren sie Arbeitslager.

Aber zum Teil ist das Unwissen auch das erfolgreiche Ergebnis von gezielten Versuchen in der Nachkriegszeit, die Untaten in diesen Lagern vergessen zu machen. Vom Lager Fullen ist heute nichts mehr zu sehen und auf dem Lagerfriedhof in Fullen ist kaum etwas davon zu bemerken, dass hier 136 namentlich bekannte und ca. 1.500 unbekannte sowjetische Kriegsgefangene sowie ein unbekannter Albaner bestattet liegen. Eine Rasenfläche mit einzelnen Grabsteinen erinnert eher an einen aufgelassenen Friedhof in einer beliebigen Stadt, der jetzt als Park dient. Eine ähnliche Anmutung gibt es auf dem Lagerfriedhof Versen. Auf dem ehemaligen Lagergelände existiert heute die JVA, was allein schon den Kurzschluss zulässt, dass das vorher bestehende Emslandlager in Versen wohl auch der Rechtspflege diente.

Für Krüssel als gebürtigen Fullener und Kathmann als Versener auf dem Tuntel, also in unmittelbarer Nähe geboren, ist diese Situation so nicht hinnehmbar. Für Kathmanns Beschäftigung mit dem Naziregime war der Wuppertaler Auschwitzprozess gegen Gottfried Weise wohl eine Art Initialzündung. Kathmann berichtete, wie er den Prozess Mitte der 1980er Jahre beobachtet habe. Bewegt erinnerte sich Kathmann in Twist an die im Prozess genannten Greuel des SS-Aufsehers, der als Wilhelm Tell von Auschwitz bekannt war. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte einen Prozess gegen Weise jahrelang vereitelt bis sich ein junger Staatsanwalt doch der Sache annahm. Weise sei zwar zu lebenslänglich verurteilt worden, habe sich aber durch Flucht und den Beschluss des damaligen nordrhein-westfälischen Innenministers Franz-Josef Kniola auf Haftverschonung aus gesundheitlichen Gründen der Strafe entziehen können. Für ihn sei ein solches Umgehen mit den Verbrechen der Nazis nicht hinnehmbar.

Hermann Krüssel führte die Beschäftigung mit der Geschichte der beiden Lager in seiner Heimat zur Beschäftigung mit den Zeugnissen der internierten italienischen Soldaten. Auf dem Lagerfriedhof Fullen waren vor ihrer Umbettung ursprünglich 751 italienische Militärinternierte bestattet.

Das Buch stützt sich vor allem auf die Tagebücher und Berichte der Italiener. Aber auch Berichte der anderen Opfergruppen werden von Krüssel auf Bezüge zu Fullen und Versen hin ausgewertet. Deshalb besteht das Buch zum großen Teil aus der Darstellung des Aufenthaltes dieser Menschen in den Lagern. Dann wieder wird der Blick angehoben und es folgen Berichte darüber, wie und warum die Opfer in die Fänge der Nazis gerieten, z. B. als der deutsche Militärkommandeur in den Niederlanden nach einem Attentat in Putten auf ein Wehrmachtsauto alle 900 männlichen Bewohner in das KZ Neuengamme deportieren und das Dorf abbrennen ließ.

Das erklärte Ziel des Buches ist es, auch eine Außensicht der Lager durch die Bewohner der Umgebung darzustellen. Dass ist aber nur teilweise gelungen und kann auch kaum noch gelingen, weil Zeitzeugen in der Regel höchstens Kindheitserinnerungen beitragen können oder als Zweitzeugen von Berichten der Älteren dienen können. Dokumente aus der Zeit gibt es kaum. Es wurde weder innerhalb noch außerhalb der Lager fotografiert. Und bei den Berichten der Erstzeugen aus zweiter Hand ist neben einer Ungenauigkeit der Erinnerung auch zu berücksichtigen, wie Verschweigen und Selbstrechtfertigung die Berichte beeinflusst haben.

Kathmann beschrieb, dass es außerhalb der Lager wohl Exekutionsplätze gegeben habe. Es gibt aber nur Andeutungen darüber, z. B. dass von dort Schüsse zu hören gewesen seien oder in den Erinnerungen der internierten Italiener über die im Lager umlaufenden Gerüchte. Kathmann fand eine Beschreibung eines solchen Exekutionsplatzes in einem anderen KZ und daraufhin „wenn der Blick einmal geschärft ist“ im Eingangsbereich der Friedhöfe halbkreisförmige Wälle, die den genannten Beschreibungen ähnelten. Beweise gibt es nicht.

Bei der Darstellung der verhinderten Lynchjustiz an den Lagerleiter in Fullen, Feldwebel Gehring, fällt es schwer, Krüssels in Twist geäußerte Bewertung zu glauben, Gehring sei zwar Täter, aber auch ein Opfer der Nazis gewesen, weil er ja keinen anderen Job gefunden habe. Hier führte Krüssel als Beleg eine Aussage der Tochter des Lagerleiters an.

In den letzten Kriegstagen gab es Angriffe auf die vorrückenden kanadischen und britischen Panzer, die von diesen dann mit Beschuss der Dörfer beantwortet wurden. Solches geschah auch in Versen. Es werde allgemein behauptet, dass diese deutschen Angriffe von SS-Leuten zu verantworten seien. Kathmann glaubt aber Beweise gefunden zu haben, dass es sich um Wehrmachtsangehörige gehandelt habe und dass die Geschichte von den SS-Angriffen der Entlastung der Wehrmacht dienen solle.

Insgesamt ist das Buch ein Lesebuch über die beiden Lager mit vielen Beschreibungen von Einzelschicksalen und Begebenheiten. Es ist zu würdigen, dass sehr viel Recherche-Arbeit in dem Buch steckt und es besonders schwierig ist, angesichts der dürftigen Quellenlage eine stringente Darstellung zu erstellen. Die Autoren haben mit vielen Zweitzeugen Kontakte gehalten und gesprochen, um nicht nur die verstreut verschriftlichten Erinnerungen zusammenzuführen, sondern auch besser einordnen zu können. Gerade durch diese Struktur wird deutlich, dass es eine Geschichte der Opfer ist, die kaum einer kennt. Die Geschichte der Täter ist hinlänglich dokumentiert.

Die Autoren haben angedeutet, dass sie bei dieser Arbeit so viel Material gefunden haben und für sie Neues entdeckt haben, dass sie schon ein weiteres Buch vorbereiten. Darauf darf man durchaus gespannt sein. [jdm]

CDU/CSU-Wahlprogramm auf die ehrliche, aber brutale Art

Um zu verstehen, was die CDU in ihrem Bundestagswahlprogramm so fordert, ist es hilfreich, das Wahl-Programm In Leichter Sprache  zu lesen. Diese Form wendet sich an Menschen, deren Behinderung ihnen das Lesen von komplexen Texten unmöglich macht. Texte in Leichter Sprache müssen notgedrungen auf Schnörkel verzichten.

In der Politik sind diese Schnörkel aber unverzichtbar, um zu verstecken, was man eigentlich plant. In dieser Fassung wird lustig eine schlankere Verwaltung versprochen, aber gleichzeitig werden ein neues Amt und ein neues Ministerium eingeführt. Die Unternehmen und Waffenproduzenten sollen Geld bekommen, aber das Bürgergeld soll abgeschafft werden. Steuern sollen nicht erhöht werden, aber es werden lustig Versprechungen für höhere Ausgaben gemacht.

Zur Gesundheitspolitik, zur Landwirtschaft und zur Wohnungspolitik gibt es nur Schnörkel und keine konkreten Aussagen. Was ja auch eine Aussage ist.

Das CDU/CSU-Wahlprogramm in leichter Sprache macht dem Leser unfreiwillig, aber brutal klar, was auf ihn und Deutschland zukommt. Es lohnt sich absolut, den Text zu lesen.

Wir haben die Kernsätze von jedem Brimborium, der auch in diesem Text noch zu finden ist, gereinigt:

  • Wir schaffen die Höchst-Arbeitszeit von 10 Stunden Arbeit am Tag ab. In Zukunft soll es nur noch eine Höchst-Arbeitszeit für die Woche geben. Dann kann die Arbeit an manchen Tagen länger dauern als 10 Stunden.
  • Wir gründen ein neues Amt. Das Amt hilft ausländischen Fach-Kräften, nach Deutschland zu kommen und hier zu arbeiten.
  • Wir gründen ein neues Ministerium für neue Technik. Das Ministerium wird Bundes-Digital-Ministerium heißen.
  • Wir brauchen weniger Personal in der Verwaltung vom Bundestag und in den Ministerien.
  • Wir senken Steuern für Unternehmen.
  • Wir behalten die Schulden-Bremse im Grund-Gesetz.
  • Deshalb wollen wir keine Vermögens-Steuer.
  • Wir schaffen das Bürgergeld ab. Bürgergeld bekommen Menschen, die nicht arbeiten können und die kein Arbeitslosen-Geld bekommen. Stattdessen gibt es die Neue Grundsicherung. Wer die Neue Grundsicherung vom Staat bekommt, muss sich anstrengen, Arbeit zu finden. Wenn es Arbeit gibt, darf man die Arbeit nicht ablehnen. Sonst bekommt man weniger Geld aus der Neuen Grundsicherung.
  • Wir gründen die Frühstart-Rente. Frühstart-Rente heißt: Der Staat gibt Kindern und Jugendlichen jeden Monat 10 Euro. Der Staat zahlt das Geld aber nicht aus.
  • Wir helfen der Ukraine im Krieg gegen Russland. Wir liefern Geld, Hilfe für die Menschen und Waffen.
  • Wir führen wieder eine Wehrpflicht ein.
  • Wir wollen ein Gesellschafts-Jahr einführen. In dem Jahr sollen junge Menschen etwas für die Gesellschaft tun.
  • Wir geben immer genug Geld für die Bundeswehr aus.
  • Wir brauchen Unternehmen, die Waffen herstellen. Die Waffen sollen in Europa hergestellt werden. Wir stärken diese Unternehmen.
  • Wir bauen einen Schutz-Schirm vor Raketen auf.
  • Wir schaffen das deutsche Liefer-Ketten-Gesetz ab. Das Gesetz sagt: Unternehmen müssen erklären, wie ihre Produkte hergestellt werden. Wird bei der Herstellung die Umwelt verschmutzt? Wie sind die Arbeits-Bedingungen von den Menschen? Müssen für das Produkt Kinder arbeiten? ... Wir wollen weniger strenge Regeln in Deutschland machen.
  • Wir wollen das Klima schützen. Das Klima ändert sich. Die Menschen verbrennen Kohle, Öl und Erd-Gas. Dabei entstehen schädliche Abgase. Diese Abgase machen das Klima immer wärmer. Das ist nicht gut.  Deshalb dürfen nur noch wenige Abgase entstehen.... Firmen bekommen das Recht, eine bestimmte Menge Abgase zu machen. Sie können dieses Recht aber auch an andere Firmen verkaufen. Dann lohnt es sich für die Firmen, Abgase zu sparen.
  • Ein Gesetz soll in wenigen Jahren neue Autos mit Diesel-Motor oder Benzin-Motor verbieten. Dieses Gesetz schaffen wir ab.
  • In Zukunft sollen mehr verschiedene Bahn-Unternehmen die Bahn-Strecken nutzen können. Dann haben die Kunden und Kundinnen mehr Auswahl.
  • Wir ändern die Gesetze zum Daten-Schutz. Daten-Schutz regelt zum Beispiel, wofür persönliche Daten im Internet genutzt werden dürfen. Persönliche Daten sind zum Beispiel der Name und die Adresse. Und andere Informationen, die zu einer bestimmten Person gehören. Wir erlauben, die Daten für Forschung und Wirtschaft zu nutzen.
  • Wir machen Gerichts-Verfahren schneller. Dann bekommen Täter und Täterinnen schnell eine Strafe.
  • Wir setzen die elektronische Fuß-Fessel öfter ein.
  • Wir überwachen gefährliche Orte mit Video-Kameras. Wir setzen auch Computer-Programme ein, die Gesichter erkennen können.
  • Die Internet-Anbieter müssen deshalb IP-Adressen speichern. Mit IP-Adressen erkennt man, welche Computer oder Handys eine Internet-Seite aufgerufen haben.
  • Wir verbieten Cannabis wieder.
  • Wir nehmen niemanden mehr freiwillig in Deutschland auf. Auch keine Familien-Mitglieder von Menschen, die nur für eine bestimmte Zeit in Deutschland bleiben dürfen.
  • Wir wollen das Asyl-Recht in der Europäischen Union ändern. Die Asyl-Verfahren sollen außerhalb von Europa stattfinden.In anderen Ländern, in denen die Menschen in Sicherheit sind. Auch wer Schutz braucht, soll dann in diesen Ländern bleiben.
  • Wer in Deutschland leben will, muss sich integrieren. Das bedeutet: Er muss so leben, wie unsere Leit-Kultur das sagt.
  • Wir schaffen das Selbstbestimmungs-Gesetz wieder ab. [jdm]

Wenn die Tröte vom Kessel fliegt

Dampfpfeife
Ulrich Scholz

Weit bevor es Kaffeemaschinen gab, hat man Kaffee in einer Kanne aufgegossen. Das Wasser dazu wurde in einem Kessel zum Kochen gebracht. Dessen Gießöffnung wurde mit einer Tröte (Pfeife) verschlossen. Wenn das Wasser kochte, entwich der Überdruck im Kessel durch einen Spalt in der Tröte. Der durch den so erzeugten laute Pfeifton zeigte das Kochen des Wassers an. Wenn man den Kessel nicht schnell vom Feuer nahm, passierte es, dass der Überdruck die Tröte vom Kessel herunterschleuderte. Dieses Bild wird heute immer wieder gern als Metapher benutzt.

Wenn Menschen den psychischen und physischen Druck der Umstände nicht mehr ertragen können, kommt es zu Kurzschlusshandlungen. Die Tröte fliegt vom Kessel. Was kennzeichnet diese Umstände? – Angst. – Was kennzeichnet Kurzschlusshandlungen? – Flucht, Aggression oder Lähmung. – Es sind archaische Instinkte, auf Angst zu reagieren. Man läuft entweder weg oder, wenn das nicht möglich ist, greift man an. Das letzte Mittel ist dann sich totstellen. Nach Freud sind sie nach wie vor im Menschen präsent. Sie äußern sich kaum noch in reinster Form, sondern verkleiden sich in kulturelle Verhaltensnormen der jeweiligen Zeit. Ein Alltagsbeispiel soll das verdeutlichen.

Wenn ein Schuldner, der Angst vor der Insolvenz hat, seine Post nicht mehr öffnet, ist das Flucht. Wenn er den Ehepartner und seine Kinder wegen Nichtigkeiten anschreit, ist das Aggression, und wenn er sich jeden Abend betrinkt, ist das Lähmung. Die Tröte ist vom Kessel geflogen. Mit dieser Sichtweise werden Ihnen sicherlich eigene Beispiele einfallen.

Im Folgenden möchte ich den Fokus aufziehen und zwei aktuelle Beispiele aus Gesellschaft und Politik vorstellen, auf die die Kessel-Metapher ebenfalls anwendbar ist. Schülergewalt an unseren Schulen und die Bereitschaft, Kriege zu unterstützen und sogar führen zu wollen. In beiden Beispielen reagieren die Verantwortlichen scheinbar rational, sehen aber die eigentliche Ursache nicht. Angst. Man argumentiert und handelt wissenschaftlich, um Störer zu „reparieren“ bzw. juristisch/moralisch/militärisch, um Störer auszuschalten.

Schülergewalt

In meinem Buch „Menschenführung – Liebe, LaOla der Vernunft“ schildere ich u.a. meine Erfahrungen als Vertretungslehrer in Hamburg und Schleswig-Holstein. Ich habe an Gymnasien gearbeitet, deren Schüler aus gutbürgerlichen Familien kamen und an Gesamtschulen in sogenannten Brennpunkt-Stadtteilen mit einem großen Anteil von sogenannten Migrationskindern. Was alle Kinder gemeinsam hatten, waren Pubertät und die Prägung durch das Elternhaus. Letzteres war ausschlaggebend für ihr soziales Verhalten. Ich bin, wie jeder Lehrer, in Konflikte hineingelaufen. Wenn die Aggression von Kindern verbal war, habe ich weggehört und abgelenkt. Die Tröte sollte nicht vom Kessel fliegen. Ich habe dem Störer Wichtigkeit gegeben. Anstatt das Mathe-Thema durchzuziehen, habe ich ihn gefragt, woher er kommt. Albanien. Ich habe eine Karte und Bilder von seiner Heimat auf dem Smartboard eingeblendet und ihn gebeten, über sein Land zu erzählen. Er sprang an. Als er fertig war, gingen die Finger hoch. Andere Kinder wollten von ihrer Heimat erzählen. Wenn Konflikte unter Schülern ausbrachen, die manchmal auch drohten, in körperliche Gewalt auszuarten, habe ich Pause gemacht und die Streithähne gebeten, mit meiner Border Collie-Hündin Anni, die in meinen Unterrichten immer dabei war, auf den Sportplatz zu gehen und sie mit einem Ball zu bewegen. Wer sie an der Leine nach draußen und später wieder hineinführt, war nur ein kurzer Konflikt. Sie haben sich untereinander geeinigt. Ich bin natürlich mitgegangen. Sie waren begierig, meinen Anweisungen im Umgang mit dem Hund zu folgen und haben sich ohne Konflikt gegenseitig korrigiert. Sie begannen, mit mir zu kommunizieren und haben von zuhause erzählt und natürlich darüber, welche Lehrer sie mögen und welche nicht und warum. Physische Aggression habe ich nie erlebt. Sie wissen eigentlich, was sich gehört. Was sie bewegt hat, war vordergründig der Hund. Eigentlich war es die Erfahrung von bedingungsloser Liebe, von der sie nicht genug bekommen hatten.

Kinder brauchen keine Erziehung, sondern eine liebevolle Beziehung. Gilt nicht das Gleiche auch für Konflikte auf der politischen Ebene? – Wenn wir wollen, dass die anderen von ihrer Gewalt ablassen, dann ist Gegengewalt keine Lösung. Sie erzeugt kein Lernen, sondern entfacht immer nur noch mehr Feuer unter dem Kessel. Bedingungslose Liebe, die mit Empathie beginnt, ist der einzige Weg, der das Feuer unter dem Kessel zu einem produktiven Köcheln verwandeln kann. Produktives Köcheln heißt, die eigenen Wahrnehmungen und die des anderen gewinnbringend für alle kreativ zu nutzen. Gewinnbringend und kreativ heißt, Werte und Interessen aller im Sinne einer wahren Weltgemeinschaft voranzubringen. Das Zauberwort heißt Diplomatie. Die Kriege, die gerade geführt werden, sind ein Irrweg.

Kriege
In der Ukraine und in Palästina ist die Tröte vom Kessel geflogen. Rüsten und die Androhung von noch mehr Gewalt wird den Druck im Kessel noch weiter erhöhen. Es gibt keine Tröte mehr, die uns vor dem Überdruck warnt. Was jetzt nur noch hilft, um eine Explosion des Kessels verhindert, ist die Einsicht, dass Angst das Feuer ist, was den Druck hochtreibt. Angst vor Identitätsverlust eines Russen, der ein Kind seiner leidvollen Geschichte ist (Napoleon, Hitler). Angst eines Ukrainers, der sich durch die Übermacht seines russischen Nachbarn in seiner Existenz bedroht fühlt. Die Angst der Europäer, die ihre Demokratien durch das aggressive Verhalten der Russen bedroht fühlen, die Angst der Amerikaner, die ihre geo-strategischen Interessen durch ein starkes Russland gefährdet sehen und nicht zuletzt die Angst in Westasien, die im Wechselspiel der Aggressionen unter den regionalen Völkern zu einem „perpetuum bellum“ (nie endenden Krieg) pervertiert ist. Jede politische Lösung, die von allen wohlmeinenden angestrebt wird und zum Ziel hat, das Leiden aller betroffenen Menschen zu beenden, kann nur dann zum Erfolg führen, wenn man die eigene Wahr-Nehmung und die des Konfliktgegners als Angst- und damit als Aggressionsauslöser begreift. –

Die Lösung
Sie werden sich fragen, was die Gewalt an unseren Schulen mit den Kriegen der Neuzeit zu tun haben. Die lapidare Antwort ist, dass es gilt zu lernen, Angst in ihren destruktiven Ausprägungen als dominierende Bestimmtheit im eigenen Verhalten und im Verhalten anderer zu verstehen. Kinder, die sich gegen die Regeln unserer Kultur, politische Gegner auf der großen Weltbühne und nicht zuletzt wir alle brauchen diese Erfahrung, dass es ohne bedingungslose Liebe nicht geht. Vielleicht braucht es mehr Border Collies, um den Druck aus dem explodierenden Kessel herauszunehmen. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Eröffnung der Sonderausstellung „Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933 – 1945“

Die heutige Eröffnung der Sonderausstellung „Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933 – 1945“ in der Gedenkstätte Esterwegen traf auf so viel interessiertes Publikum, dass die Veranstaltung aus Platzgründen im Anschluss gleich in einer zweiten Schicht erneut stattfand.

Dr. Sebastian Weitkamp, Co-Gedenkstättenleiter
Dr. Sebastian Weitkamp

Co-Gedenkstättenleiter Dr. Sebastian Weitkamp stellte den Bezug der Ausstellung zu den Opfern in den Emslandlagern her. Die Gedenkstätte widme die Veranstaltung zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, der morgen stattfindet, jeweils einer Opfergruppe. In diesem Jahr stelle man mit der Sonderausstellung die Verfolgung und den Widerstand der Zeugen Jehovas in den Mittelpunkt. Weitkamp stellte das Schicksal der Familie Dickmann aus Dinslaken vor. Heinrich Dickmann wurde bereits im Juni 1935 wegen der Verweigerung des Hiltlergrußes verhaftet, zwei Wochen später wurde sein Bruder Friedrich wegen der Werbung für die Zeugen Jehovas verhaftet und zu 4 Monaten Haft verurteilt. Ein Mithäftling berichtete, wie Friedrich in Esterwegen mit Schlägen misshandelt wurde und sein Kopf mit dem Kopf eines anderen Häftlings zusammen geschlagen wurde. Ein Wärter habe es bei seinen Quälereien besonders auf Juden und Zeugen Jehovas abgesehen.

Der jüngere Bruder August Dickmann schließlich sei wegen Kriegsdienstverweigerung in das KZ Sachsenhausen gekommen. Heinrich Dickmann war schließlich über eine Internierung im KZ-Lager Walchum im KZ Sachsenhausen gelandet, wo er im September 1939 die Hinrichtung seines Bruders August mitansehen musste. Heinrichs Frau Änne Dickmann war für ihre religiöse Überzeugung fast acht Jahre im Konzentrationslager inhaftiert, von Oktober 1937 bis zum Februar 1938 war sie im Frauen-KZ Moringen.

Michael Tsifidaris

Der Sprecher der Zeugen Jehovas in Norddeutschland, Michael Tsifidaris, stellte in seiner Rede darauf ab, dass die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten ohne ethnische, politische, religiöse oder soziale Grenzen schon die ersten Christen zur Ablehnung jeder kriegerischen Gewalt geführt habe. Schon in der Römerzeit hätten sich die Christen in politischen Konflikten neutral verhalten. Sie seien aufgefallen, weil sie dem Kaiser nicht dienen wollten.

Das sei auch ein Wesensmerkmal der Zeugen Jehovas, die sich in Deutschland seit 1897 als Zeugen dem Urchristentum verpflichtet fühlten. Sie hätten den Hitlergruß abgelehnt, seien keine Parteimitglieder geworden, hätten sich gegen den Antisemitismus der Nazis gestellt und den Militärdienst verweigert. Die evangelische und die katholische Kirche hätten schon in der Weimarer Zeit das Verbot der Zeugen Jehovas gefordert, das dann die Nazis beschlossen hätten.

Auch heute würden die Zeugen noch verfolgt. In Russland sei ihre Organisation seit 2017 wieder verboten. In Deutschland werde sie als Sekte diffamiert, obwohl es sich bei ihrer Organisation wie bei den großen Kirchen um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele. Aber der Deutsche Bundestag habe sich im vergangenen Jahr für die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Nazizeit entschuldigt und beschlossen, den Opfern in Berlin ein zentrales Denkmal zu widmen.

Christoph Wilker, der Autor und Kurator der Ausstellung
Christoph Wilker

Christoph Wilker, der Autor und Kurator der Ausstellung, berichtete, dass es 1933 in Deutschland etwa 25.000 Zeugen Jehovas gegeben habe. Sie wurden noch als Bibelforscher bezeichnet -.eine Selbstbezeichnung, die 1931 von ihnen geändert wurde. 10700 Zeugen erlitten Verfolgung, 8800 wurden inhaftiert, 1149 wurden ermordet.

Diese kleine Gemeinschaft habe aber mit ihren Flugblattaktionen in den Jahren 1936 und 1937 „Propagandacoups, wie sie in diesem Umfang keine andere illegale Gruppe zustande brachte“, gelandet. Die Zeugen seien verfolgt worden, aber sie hätten auch Widerstand geleistet.

Wilker zählte fünf Konfliktbereiche mit den Nazis auf:

  1. seien sie allein wegen der Missionstätigkeit verfolgt worden
  2. habe ihr offener und Aufsehen erregender Widerstand zu Verhaftungswellen geführt
  3. sei der Führerkult abgelehnt worden, der sich durch den Deutschen Gruß oder Ergebenheitsadressen an Hitler manifestierte
  4. wurde die Verweigerung des Kriegsdienstes hart bestraft. Die weit überwiegende Mehrzahl der Todesurteile gegen Kriegsdienstverweigerer betraf Zeugen Jehovas.
  5. Die Ablehnung des Antisemitismus war nicht nur ein mutiges Bekenntnis, sondern wurde auch praktisch umgesetzt beim Schutz einzelner verfolgter Juden und als Thema und Anklage in der Öffentlichkeitsarbeit der Zeugen Jehovas.

Wilker zitierte Thomas Mann, der 1938 im Schweizer Exil über ein dort von Jehovas Zeugen über deren NS-Verfolgung herausgegebenes Buch schrieb: „Die Sprache versagt längst vor dem Gesinnungsabgrund, der sich in diesen Blättern auftut, welche von den entsetzlichen Leiden unschuldiger und ihrem Glauben mit Festigkeit anhangender Menschen berichten. […] mir scheint, einen stärkeren Appell an das Weltgewissen kann es nicht geben“

Schon 1934 schrieben aus allen Ortsgruppen Deutschlands Mitglieder insgesamt 1000 Briefe an Adolf Hitler, in denen sie die Verfolgung der Zeugen anklagten. Wilker bezeichnete diese Aktion als einen Akt kompromissloser Selbstbehauptung, der eine Verhaftungswelle auslöste.

Mit der Flugblattaktion vom 12.12.1936 protestierten die Zeugen Jehovas erneut gegen ihre Verfolgung und erklärten, sie würden sich nicht an das Verbot ihrer Organisation halten. Der Inhalt des Flugblattes war als „Resolution“ bei einem Kongress in Luzern verabschiedet worden. Martin Pötzinger gehörte zu den Organisator*innen für die Verbreitung in München. In seiner Wohnung stellte er 4000 Flugblätter her; weitere 10.000 kamen aus dem Ausland. Am 11.2.1937 wurde die Resolution in München und vielen anderen Orten im Reich nochmals verteilt.

Weil keine positive Antwort des Regimes kam, wurde am 20.6.1937 ein neues Flugblatt „Offener Brief“ mit mehr Details zur Verfolgung verteilt, obwohl inzwischen viele Zeugen Jehovas bereits inhaftiert waren. Die Münchnerin Elfriede Löhr organisierte die Aktion für ganz Bayern und betraute Anna Gerig mit der Koordination für München.

Verfolgte Familie Glasner

Wilker zog aus dieser Geschichte der Zeugen Jehovas den Schluss, dass es möglich war „Nein“ zu sagen und dass dies auch lohnenswert sei, wenn man nicht auf der Seite der Täter landen wolle.

Die Ausstellung zeigt mit vielen historischen Dokumenten die Entwicklung der Verfolgung und des Widerstands und stellt exemplarisch das Schicksal einzelner Personen und Familien vor. Sie ist noch bis 22. April 2025 zu sehen. Der Eintritt ist frei. [jdm]

ZDF-Fernsehgottesdienst aus Litauen zeigt Einsatzbereitschaft deutscher Panzer an der russischen Grenze

Das ZDF überträgt jeden Sonntag von 9.30 bis 10.15 Uhr einen Gottesdienst. Dabei wechseln sich katholische und evangelische Gemeinden ab. Die Gottesdienste werden aus Kirchengemeinden in ganz Deutschland sowie in Zusammenarbeit mit anderen Sendern wie dem ORF und dem Schweizer Fernsehen auch aus Österreich, der Schweiz und dem weiteren Ausland übertragen.

Am 4. Advent (22.12.2024) übertrug das ZDF einen Fernsehgottesdienst aus Rukla in Litauen, und zwar aus dem Lager der multinationalen Battlegroup (Kampfverband), die unter deutscher Führung steht, unter dem zynischen Motto "Friede auf Erden". Somit handelte es sich nicht um einen üblichen sonntäglichen Fernsehgottesdienst, sondern um eine extrem aufwendige Produktion, denn hierfür war Personal und Ausrüstung des Senders nach Litauen zu schaffen.

Genauere Angaben findet man hierzu auf dem Internetportal evangelisch.de. „Zwei Mal sind Erkundungsteams mit Vertretern der Militärseelsorge und des ZDF nach Litauen gereist, um sich mit den Verantwortlichen der Bundeswehr abzustimmen und einen geeigneten Raum zu finden..." Weiterhin erfährt man hier, dass 25 ZDF-Mitarbeiter vor Ort erforderlich waren und untergebracht werden mussten. Logistisch war zudem der Einsatz von Technik, Kamera, Licht und Ton, sowie eines großen Übertragungswagens zu bewältigen.

Uns haben in diesem Zusammenhang zunächst vornehmlich die hierbei insgesamt beim öffentlich-rechtlichen Sender ZDF entstandenen Kosten interessiert. Konkret haben wir beim ZDF angefragt, wann die Vorbereitungen begannen, wie viele Arbeitsstunden erforderlich waren und mit welchen internen Verrechnungskosten diese bewertet werden. Weiterhin hätten wir gern erfahren, wie viele Personen zur Vorbereitung und zur Durchführung des Gottesdienstes nach Litauen, aber auch hier in Deutschland zu Vorbesprechungen zu Bundeswehreinrichtungen reisten und welche Transportkosten für die erforderliche Ausrüstung entstanden sind und wie das Material transportiert wurde.

Die Antwort des ZDF fällt hierzu kurz und knapp aus: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu den Kosten für einzelne Sendungen nicht äußern.“

Zur inhaltlichen Gestaltung der Sendungen erfahren wir noch, dass der ZDF-Staatsvertrag die rechtliche Grundlage für die Übertragung der Fernsehgottesdienste darstellt. Danach seien den Kirchen angemessene Sendezeiten für Verkündigungssendungen zu gewähren. Die Auswahl der Gottesdienstorte werde von den kirchlichen ZDF-Senderbeauftragten übernommen. Das ZDF trage die rundfunkrechtliche und technische Verantwortung.

Eine Aussage zu den entstandenen Kosten haben wir also vom ZDF nicht erhalten. Unsere Frage, wie der Senderbeauftragte für ZDF-Gottesdienste die Standortauswahl begründet, beantwortete Pfarrer Stephan Fritz, der diese Position zurzeit innehat. Er erläutert, dass die evangelischen ZDF-Gottesdienste nicht nur das Leben in lebendigen Gemeinden in Stadt und Land zeigen, sondern auch das Engagement, das die evangelische Kirche für Menschen in Bereichen der sogenannten „Sonderseelsorge“ ausübe, und hierzu gehöre auch die Militärseelsorge. Da der letzte evangelische ZDF-Gottesdienst mit der Militärseelsorge bereits im Jahr 2011 war (s.a.u), entstand vor zwei Jahren der Gedanke zu einem ZDF-Gottesdienst mit dem Militärbischof. Unter den in Frage kommenden Gottesdienstorten fiel die Entscheidung auf Rukla in Litauen – insbesondere deshalb, weil hier die Bundeswehr in einem internationalen Kontingent im Einsatz sei und weil dessen Auftrag an Fragen rühre, die viele Menschen beschäftigten, so Fritz.

Letzteres sehen wir genau so. Die Frage der Kriegstüchtigkeit und der Auslandseinsätze ist durchaus von gesellschaftlicher Relevanz. Doch leider stellen innerhalb der Kirche die Befürworter der jetzigen Bundeswehr-Auslandseinsätze eine stärker werdende Mehrheit. Das war im Jahre 2010 noch anders, als die EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann in ihrer Neujahrspredigt den berühmten Satz sagte: „Nichts ist gut in Afghanistan“. Dafür hat sie allerdings viel innerkirchliche Kritik von Seiten der Militärseelsorge und konservativer Kreise bekommen, die damals in der Minderheit waren.

In diesem vom ZDF übertragenen Gottesdienst zeigt sich eine enge Verzahnung zwischen Staat und Kirche, die angesichts der eindeutigen Ausrichtung der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland auf eine Unterstützung der Kriegs-Eskalationspolitik der Bundesregierung und der Nato noch anrüchiger wirkt. Die Militärgeistlichen und der Gottesdienst werden zu einem Rad im Getriebe des militärischen Apparates der Bundeswehr. Niemand hat etwas dagegen, wenn Soldaten in ihrem Dienst ihre religiösen Bedürfnisse ausleben wollen. Die Übertragung dieses Gottesdienstes richtet sich aber nicht an die Soldaten, sondern an die religiöse Gemeinde in Deutschland, der mit einer Übertragung aus Litauen nahe gebracht werden soll, dass es normal ist, dass deutsche Soldaten 80 Jahre nach dem Ende des Überfalls Deutschlands auf russisches Territorium an den Grenzen zu Russland wieder in Stellung gehen. Die Frage, was zum heutigen Krieg in der Ukraine geführt hat, wird nicht erörtert, sondern es wird mit diesem Gottesdienst Propaganda für den Stellvertreterkrieg der NATO gemacht.

Dr. Theodor Ziegler, Mitglied des Ökumenischen Instituts für Friedenstheologie (OekIF), hat uns zu diesem Fernseh-Gottesdienst folgende Einschätzung gegeben:

Der ZDF-Fernsehgottesdienst am 4. Advent 2024 vom Bundeswehrlager Rukla in Litauen erinnert an eine ähnliche Veranstaltung während des Afghanistankriegs im Mai 2011 aus der Abflughalle des Flughafens Köln-Wahn. Umgeben von militärischem Gerät feiert auch der jetzige Militärbischof wieder mit in Camouflage gehülltem Militärpfarrer und OffizierInnen und SoldatInnen Gottesdienst.

Wie schon zu Zeiten des Kaiser- und des Hitlerreichs und der von ihnen ausgelösten Weltkriege scheinen Kirche und Militär weiterhin Hand in Hand zu arbeiten. Gewiss ist die Bundeswehr im Unterschied zu diesen Zeiten eine Parlamentsarmee und weiß somit die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich. Ob sich jedoch ihr Tun im Einsatzfalle mit der Botschaft ihres die Gewaltfreien und Pazifisten seligpreisenden Religionsstifters Jesus Christus verträgt, ist die große Frage. Was meinen die das Vater-unser Betenden im militärischen Feldlager mit den Bitten: "Dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden. ... Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen?"

Auf dem Feldaltar ist das Kreuz - eigentlich das Symbol des Gewaltverzichts Jesu - zu sehen und ebenfalls auf den bei Interview-Einblendungen sichtbaren Militärfahrzeugen und Panzern. Historisch betrachtet führt diese Verbindung auf die Legende um den römischen Kaiser Konstantin im Jahr 312 zurück, der sich mit dem magischen Zeichen des Christengottes den Sieg gegen seinen Konkurrenten Maxentius verschafft haben soll. Schon die mittelalterlichen Kreuzritter wählten das an einen Schwertknauf erinnernde Tatzenkreuz als Talisman. Und wenn auch auf der russischen Seite orthodox-christliche Geistliche ihre Soldaten begleiten, wem soll Gott dann beistehen?

Wäre es nach all den schrecklichen und immer zu unendlichem Leid führenden Kriegen nicht an der Zeit, sich auf die Ethik Jesu zu besinnen, anderen so zu begegnen, wie man es selbst von den anderen wünscht. Diese Goldene Regel (Mt 7,12) wird in dem politologischen Konzept der Friedenslogik in praktisches politisches Handeln umgesetzt. Die aus der badischen Landeskirche hervorgegangene und inzwischen bundesweite Initiative "Sicherheit neu denken" hat daraus konkrete Vorschläge und Szenarien für eine zivile Sicherheitspolitik entwickelt.

Diese am Evangelium orientierten Ansätze bekannt zu machen, bedeutete im Sinne Jesu "Salz der Erde und Licht der Welt" (Mt 5,13f) zu sein und würde die dringend nötige Zeitenwende zu einer friedenslogischen zivilen Sicherheitspolitik ermöglichen. Wo finden dafür sich in der Evangelischen Kirche Deutschlands und im ZDF tatkräftige UnterstützerInnen - vielleicht auch bei einem Fernsehgottesdienst?“ [HM/jdm]

Krähendemokratie – „Wenn alle das Gleiche denken, denkt niemand richtig“

Krähendemokratie
Ulrich Scholz

Prolog
Ein guter Freund erzählte mir seine Beobachtung der Kommunikation bei Krähen und deren Ähnlichkeit bei Menschen, wenn sie in der S-Bahn kommunizieren. Im Folgenden wage ich, diese Beobachtungen auf gesellschaftliche Verhältnisse zu übertragen. Es sind Gedanken der 2. Ordnung und nur EINE Sichtweise. Sie können es auch anders sehen. Es geht mir nicht darum, recht zu bekommen, sondern allein darum, sie Ihrer Sichtweise auszusetzen.

Meine Sichtweise
Wenn man in diesen Tagen durch die Natur läuft, begegnen einem häufig Krähen, die auf Bäumen oder Feldern sitzen und „Krah, Krah“ machen. Sie kommunizieren. Fragt sich, was. Wegen der Einsilbigkeit und Überlagerung von Rufen scheint nicht so sehr ein Arten-Empfänger gemeint zu sein. Bleibt nur der Sender selbst, dem es wichtig zu sein scheint, immer wieder „Krah, Krah“ zu machen. Ich rate. Es ist ein Rückversicherung. Ich bin auch eine Krähe und gehöre dazu.

Mir scheint, dass menschliche Kommunikation diese Art und Weise ebenfalls kennt und zwar nicht nur in Fan-Kurven oder bei Rockkonzerten.

Ob im Privaten, in der Politik oder in den Medien, es gibt Themen, die auf jeden Fall kontrovers diskutiert werden müssten, um gute Entscheidungen zu treffen. Sie gehören in den Bereich der 2. Ordnung, in der es kein Richtig oder Falsch geben kann, sondern immer nur Sichtweisen.

Die Art und Weise, wie in unserer Gesellschaft heute essenzielle Gesellschaftsthemen kommuniziert und diskutiert werden ( Corona, Klima, Trump, AfD, Putin), folgen der Logik der ersten Ordnung. Es gibt Richtig und Falsch. Dieses Verhalten widerspricht meinem Demokratieverständnis.

Wie die Erfahrung zeigt, wird bei diesen Themen nicht wirklich kommuniziert. Anstatt dem Andersdenkenden zuzuhören und ernst zu nehmen, macht man „Krah, Krah“. Nicht das Argument ist wichtig, sondern die Identifikation mit der eigenen Gruppe. Ich bin dafür/dagegen und gehöre zu „euch“. Krah, Krah. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Einladung zur Lesung aus dem Buch „Dät wuss du nich wääten!

Hermann Krüssel und Günter Kathmann haben zu den Emsland-Lagern in Versen und Fullen, sowie den KZ-Friedhöfen, recherchiert. Die Autoren stammen aus Versen und Fullen. In einer Arbeitsteilung versucht Krüssel in dem Buch darzustellen, wie die Internierten das Lagerleben erlebten und Kathmann nähert sich der Frage, welche Erinnerungen die Bewohner des Emslandes weitergegeben haben.

Am Montag, den 27. Januar 2025 um 19.00 Uhr findet im Heimathaus Twist, Flensbergstr. 11, Twist eine Lesung aus ihrem Buch „Dät wuss du nich wääten!“ statt. Anmeldung bei der Gemeinde Twist, Mario Korte: korte@twist-emsland.de oder 05936-933084 ist erwünscht.

Am 27. Januar 2025 jährt sich zum 80. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Der Gedenktag lädt ein, nachzudenken über Völkerhass und Krieg. Eine Befreiung aus barbarischer Machtausübung gab es auch in den 15 Emslandlagern. Zum Morgen des 6. April 1945 hielt ein in Fullen internierter italienischer Unterleutnant fest: „Ja, es war wahr! Die Deutschen waren geflohen, alle Gefangenen waren frei, endlich!“ [jdm]

Trump ist ein Ziegelstein der Enttäuschten im Fenster der Etablierten

Ulrich Scholz
Ulrich Scholz

Ein amerikanischer Blogger schrieb diese Worte, um den Wahlerfolg von Donald Trump zu erklären. Man könnte diese Erklärung auf den Erfolg der Rechtsparteien in Europa anwenden. Die meisten vorgetragenen Argumente in den verschiedenen sozialen Netzwerken kann man nachvollziehen. Sie getrennt nach Wirtschaft, Interessen und Werte vorzutragen, wird jedoch dem Problem nicht gerecht. Man kann man sie nicht voneinander trennen.

Aus der Familientherapie stammt der Satz „Wenn man ein Problem lösen will, muss man sich manchmal vom Problem lösen“. - In diesem Geist plädiere ich dafür, sich auf die Philosophie zu besinnen.

Aristoteles hat gesagt, dass es wichtig sei, in Allem das rechte Maß zu finden. Ich meine, dass das nicht nur für das eigene Leben gilt, sondern auch für Gesellschaften, insbesondere für die Politik.

Der neue Präsident wird mit seiner Mannschaft die nächsten 4 Jahre die Geschicke der Welt maßgeblich mitbestimmen. Die USA sind eine Hyperpower. Mit ihnen kann man in dieser Welt viel erreichen, gegen sie nicht viel. Mit den USA auf Konfliktkurs zu gehen, schadet unserer Wirtschaft, unseren Interessen und macht es uns fast unmöglich, unsere Werte weltweit zur Geltung zu bringen. Das heißt nicht, nicht Kritik zu üben und eigene Positionen zu korrumpieren. Für mich heißt es, Nähe zu suchen, das Gemeinsame in den Vordergrund zu rücken und vor Allem persönlichen Kontakt zu den Führungspersonen und ihren Beratern zu pflegen. Wenn man sich kennt und wertschätzt, ist die Chance auf Einflussnahme am größten.

Ein klassisches Beispiel ist der einstige US Präsident Reagan, dessen Wahl hier in Europa mit Mißtrauen kommentiert wurde. Ein ehemaliger Schauspieler in Western-Filmen sollte jetzt die Geschicke dieser Welt bestimmen. Der hatte die Sowjet Union das Reich des Bösen genannt und, von seinen Falken-Beratern„aufs Pferd gesetzt“, das Programm „Krieg der Sterne“ ins Leben gerufen. Satelliten gestützte Laserwaffen sollten die USA in die Lage versetzen, einen Nuklearangriff der Sowjetunion abzuwehren. 1986 traf Reagan zum ersten Mal mit dem damaligen Sowjetführer Gorbatschow in Reykjavik auf Island zusammen. Eine formale Begegnung endete in einem mehrstündigen Gespräch, an dessen Ende beide vor die Presse traten und verkündeten, sie wollten alle Atomwaffen abschaffen. Die beiden Führer der Weltmächte verstanden und vertrauten sich. Sie hatten das Verbindende in den Vordergrund gestellt und nicht das Trennende.

Wenn wir unserer Wirtschaft, unseren Interessen und nicht zuletzt unseren Werten dienen wollen, dann geht es bei der Mächtekonstellation auf der Welt nur über den friedlichen Ausgleich. Wer sein Maß aller Dinge kompromisslos vor sich herträgt, der darf sich nicht wundern, wenn die Lösung am Ende Krieg bedeutet. In diesem Sinne sind der Krieg in der Ukraine, in Palästina und nicht zuletzt die Konflikte im inneren unser Gesellschaften Ziegelsteine in unserer aller Fenster.

Wie wir miteinander umgehen ist das Problem, nicht die Durchsetzung der “richtigen“ Lösung. [Ulrich Scholz, erstveröffentlicht auf Ulrichs Newsletter]

Im Februar Seminar des HÖB in Kooperation mit dem DIZ/Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten

Flyer HÖB und DIZ

In einem Newsletter bezeichnet Kurt Buck, Vorstandsmitglied im AK für ein DIZ Emslandlager e.V., es als eine wichtige Grundlage für die weitere Arbeit des Vereins und des DIZ, dass im Dezember von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten (SnG) in Celle die Finanzierung der beiden Stellen von Tessa Hesener und Joscha Hollmann im DIZ auch 2025 in voller Höhe gesichert wird.

Im Jahr 2025 wird die erste Veranstaltung des DIZ das Seminar „Brüche und Kontinuitäten um 1945“ vom 14. bis 16. Februar in der HÖB sein. Das jährliche Seminar der Historisch-Ökologischen Bildungsstätte (HÖB) in Papenburg in Kooperation mit der Interessengemeinschaft niedersächsischer Gedenkstätten und Initiativen zur Erinnerung an die NS-Verbrechen (IG) hat mittlerweile schon Tradition. Die Teilnahmegebühr beträgt 95,00 Euro (einschl. Unterkunft und
Verpflegung).

Das Jahr 1945 wird oft als Stunde Null bezeichnet. Auf der anderen Seite haben viele Überlebende aus KZs und Gefängnissen des Nazi-Regimes erfahren, dass ehemalige Nazis auch in der Nachkriegszeit in Politik, Wirtschaft und Justiz weiter bestimmend tätig waren. Im Seminar sollen die zwei Tendenzen rund um das jahr 1945 diskutiert werden.

Die Interessengemeinschaft (https://gedenkstaetten-niedersachsen.de/) wurde vor genau 25 Jahren, im Januar 2000, als nicht-eingetragener Verein konstituiert, um u.a. die Zusammenarbeit der in der regionalen und lokalen Erinnerungsarbeit tätigen Einrichtungen und Initiativen zu intensivieren und deren Interessen zu vertreten. Das DIZ-Vorstandsmitglied Corinna Bittner, Co-Leiterin des HÖB-Seminars, ist Mitglied im siebenköpfigen Sprecher:innenrat. [jdm]

Repression gegen pazifistische Zeugen Jehovas in der Ukraine – Demnächst Sonderausstellung in Esterwegen zum Widerstand der Zeugen im Nationalsozialismus

Wie der ukrainische Friedensaktivist, Journalist und Vorstandsmitglied des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung Yurii Sheliazenkho auf Pressenza berichtete, wurde der Zeuge Jehovas Volodymyr Baranov vom Kiewer Bezirksgericht Darnitsky, Richterin Olha Prosalova, in Untersuchungshaft genommen. Das Gericht entschied in einer nichtöffentlichen Anhörung, dass er gegen eine Kaution von 180 000 UAH freigelassen werden kann.

Baranov wird wegen Ungehorsams (Artikel 402 des Strafgesetzbuches der Ukraine; das Verbrechen wird mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bestraft) angeklagt, nachdem er gewaltsam zu einer Militäreinheit in ДВРЗ gebracht wurde. Er ist seit 2002 getauftes Mitglied der Zeugen Jehovas. Fast 10 Mitglieder der Gemeinschaft warteten außerhalb des Gerichts auf den Ausgang des Prozesses. Die Dauer der Untersuchungshaft beträgt maximal 2 Monate und kann verlängert werden.

Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte hat einen Bericht veröffentlicht, in dem auf die Verletzung des Menschenrechts auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen hingewiesen wird – Inhaftierung, unmenschliche Behandlung und Folter von Kriegsdienstverweigerern.

In der Gedenkstätte Esterwegen wird am 26. Januar um 15 Uhr die Sonderausstellung „Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933-1945“ eröffnet. Die Zeugen Jehovas wurden im Nationalsozialismus bereits ab April 1933 schrittweise als Religionsgemeinschaft verboten. Mit großen Flugblattaktionen, wie sie in diesem Umfang kaum eine andere zu dieser Zeit illegale Gruppe zustande brachte, versuchten sie, sich zur Wehr zu setzen und auf das Verbot ihrer Gemeinschaft aufmerksam zu machen. Darüber hinaus wurden 20.000 Protestbriefe und -telegramme, auch aus dem Ausland, an die Reichsregierung versandt. Da die Zeugen Jehovas den Hitlergruß, den Eid auf den „Führer“ und den Kriegsdienst verweigerten, waren sie schlimmsten Repressalien ausgesetzt. Außerdem lehnten sie den staatlich angeordneten Antisemitismus ab. [jdm]

Nordische Revolution in Grönland?

Was machen die USA normalerweise, wenn sie die Ressourcen eines Landes haben wollen? Früher ließen sie einfach von ihnen ausgebildete und finanzierte Offiziere oder Königskinder putschen (Iran, Guatemala, Panama, Kongo, Griechenland, Kolumbien, Chile, usw.). Unter dem Beifall der westlichen „demokratischen“ Staaten. In diesem Jahrtausend wurde man etwas direkter, weil es keine Sowjetunion mehr als Gegenspieler gab: Afghanistan und Jugoslawien wurden einfach überfallen. Libyen auch. Afghanistan ist heute bitterarm und von einem der reaktionärsten Regime regiert. Libyen ist am Boden zerstört und ein permanenter Bürgerkriegsstaat. Jugoslawien erging es etwas besser. Nur Bosnien-Herzegowina und das Kosovo kommen nicht wieder auf die Füße.

In Ägypten und Syrien unterstützte man sofort gewalttätige Gruppen, so dass sich der „Arabische Frühling“ nicht zu einer demokratischen Bewegung entwickeln konnte. In Ägypten ließ man den gewählten, aber nicht genehmen, Präsidenten wegputschen. Immerhin ist das Land nicht in einem Bürgerkrieg versunken.

In Syrien wurde aus dem Arabischen Frühling ein Bürgerkrieg; die USA unterstützten jeden, der schießen konnte. Und heute wird das Land nominell von Islamisten regiert.

In der Ukraine und Georgien ließ man orange Revolutionen organisieren und finanzierte diese „regierungskritischen Bewegungen“ mit Milliarden Dollars. Das Ergebnis ist der derzeitige Krieg in der Ukraine. In Georgien und Moldawien sind die USA und die EU noch dabei, ähnliche Situationen herzustellen.

Wenn jetzt Trump davon träumt, Grönland den USA einzuverleiben, sollten dies Dänemark und die grönländische Regierung durchaus ernst nehmen. Eine Bewegung „Für den Anschluss an die USA – gegen die dänischen Kolonialisten“ lässt sich vom CIA bestimmt mit genügend Geld unter den 56.000 Einwohnern Grönlands initiieren. Wenn man dann noch einige Söldner während der "Nordischen Revolution" in Grönland herumschießen lässt, ist auch der Vorwand gefunden, um Grönland vor den angeblichen imperialistischen Gelüsten Russlands zu retten. Und Ei Pardautz: Schon stehen die Amis in Grönland rum und können sich die Bodenschätze langsam, aber sicher aneignen.

Ein blödsinniges Szenario? Immerhin ein erprobtes Szenario! Und immerhin ist der grönländische Ministerpräsident nach den Sprüchen von Trump nach Kopenhagen gereist. Besorgnis besteht. [jdm]

Wie FDP-Chef Lindner seine Partei zur kleinen Schwester der AFD macht

FDP-Chef Christian Lindner mag gesellschaftspolitisch noch etwas mit der liberalen Tradition seiner Partei zu tun haben. Wirtschafts- und finanzpolitisch stellt er seine Partei als kleine Schwester der AFD auf. Wie diese versucht er den Ideen des Vordenkers des Neoliberalismus’ Friedrich-August von Hayek zur herrschenden Politik zu verhelfen. Das jedenfalls ist Lindners Gastbeitrag beim Handelsblatt zu entnehmen.

Praktische Vertreter von Hayeks Politik sind und waren: Chiles Diktator Augusto Pinochet, Großbritanniens Zerstörerin des Sozialstaates Margret Thatcher, Brasiliens ehemaliger Präsident Jair Bolsonaro, der wegen seiner Putschgelüste derzeit Probleme mit der Justiz hat und Argentiniens derzeitiger Präsident Javier Milei, der zurzeit den argentinischen Staat zerstört, die gesamte Infrastruktur privatisiert und den Rest einschließlich der eigenen Währung von US-Konzernen übernehmen lassen will. Natürlich ist auch die Politik der EU ein einziges neoliberales Projekt, aber die oben Genannten sind die radikalsten Vertreter dieser Theorie.

Hayek pochte darauf, dass jeder Einzelne selbst für sein Schicksal verantwortlich sei – unabhängig von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und auch in Zeiten sozialer und wirtschaftlicher Krisen. Sozialdemokratisch und christlich-sozial geführte Wohlfahrtsstaaten waren ihm zuwider. Dagegen bewunderte er autoritäre Staaten wie Chile unter dem Diktator Pinochet, der die Wirtschaftsfreiheit schützte und Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung brutal im Keim erstickte. In neofaschistischen Kreisen gilt Hayek als Brücke zum liberalen Lager, wie sich hier mit Lindners Aussagen ja auch zeigt. Alice Weidel, die Vorsitzende der AFD war lange Mitglied der rechten Denkfabrik Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft. {Quelle)

Lindner drückt seine Bewunderung für den „Anarchokapitalisten“ Milei so aus: „Die drängendsten Probleme Deutschlands sind das lähmende Regulierungsdickicht, die überbordende Bürokratie und der zu groß gewordene Staat. Javier Milei und Elon Musk bieten zwei internationale Beispiele, wie diese Probleme angegangen werden. ... Wir können und wir sollen nicht alles übernehmen. Davon lernen sollten wir schon. Javier Milei ist seit Dezember 2023 Präsident Argentiniens. Nach Jahrzehnten des Missmanagements reformiert er Volkswirtschaft und Staat. Er verkleinert den dysfunktionalen Staat und setzt auf Freiheit. Die Anzahl der Ministerien wurde halbiert. Öffentliche Ausgaben werden konsequent gekürzt. Staatliche Unternehmensbeteiligungen sollen umfassend zurückgefahren werden. Die Zahl der Behörden und Beamten soll signifikant gesenkt werden. Für viele Teile der Wirtschaft werden Regulierungen radikal abgebaut und der Wettbewerb gestärkt.“

Lindner bringt damit sein eigenes Programm auf eine einfache Formel: Alles privatisieren! Keine Regeln für die Wirtschaft! Keine Sozialpolitik!

Milei ist gelinde gesagt ein Zerstörer seines Landes. Weil das nicht überall gut ankommt, versucht Lindner sich deshalb von ihm zu distanzieren. Aber auch diese Distanzierung kommt als Lobrede auf Milei (und Elon Musk) daher: „Es stimmt: Sowohl Milei als auch Musk vertreten teilweise extreme, abwegige und bisweilen sogar bestürzende Ansichten und tragen diese mit provokanten Aktionen in die Öffentlichkeit. Dennoch wage ich zu sagen: Hinter den Provokationen von Milei und Musk steckt dennoch eine disruptive Energie, die Deutschland fehlt.“

Auf einer KfW-Seite wird „disruptiv“ so erklärt: „Das Wort Disruption kommt aus dem Englischen. „To disrupt“ bedeutet unterbrechen“ oder „zerstören“. Disruptive Innovationen werden häufig als „zerstörerisch“ beschrieben, weil sie alte Geschäftsmodelle oder Technologien ersetzen.“

Lindner möchte den deutschen Sozialstaat – und soweit es um Arbeits- und Umweltschutzrecht geht auch den Rechtsstaat - zerstören. [jdm]