„Ein unbefriedigender Status Quo ist eine Alternative zur Eskalation“

Johannes Varwick, (Foto: Ralf John)

Am Freitag, 30.09.2022, brachte der Deutschlandfunk ein Interview mit Johannes Varwick, Professor für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Anlass waren die Dekrete mit denen die Donbassrepubliken zu russischem Territorium gemacht werden.

Varwick plädiert dafür, endlich durch Verhandlungen einen Ausweg aus dem Krieg zu finden. Der eifernde Reporter konnte es anscheinend nur schwer ertragen, dass Varwick unabhängig davon, ob Russland das Völkerrecht bricht oder nicht, darauf beharrte, dass man die reale Situation wahrnehmen müsse, ohne diese als Recht anzuerkennen, um einen Ausweg aus dem Krieg zu finden. "Wir müssen kompromissfähig sein, sonst werden wir diesen Krieg nicht einfrieren können. ... Ein unbefriedigender Status Quo ist eine Alternative zur Eskalation." Die Alternative zu einer Verhandlungslösung sei eine Eskalation, die nicht im Interesse der Deutschlands sein könne und auch nicht im Interesse der Menschen in der Ukraine. Die Eskalation könne im Atomkrieg münden, was keiner wolle.

Ähnlich hatte sich Angela Merkel am Dienstagabend bei einer Rede vor der Bundeskanzler-Kohl-Stiftung geäußert. Sie verpackte ihre Empfehlung laut einem Bericht von NTV vom 28.09.2022 in ein Lob von Helmut Kohl: "Sie denke, Kohl würde heute 'alles daran setzen, die Souveränität und die Integrität der Ukraine zu schützen und wiederherzustellen', sagt Merkel. Zugleich habe er in derartigen Fragen von Krieg und Frieden nie 'den Tag danach' aus dem Blick verloren. Auf heute übertragen würde Kohl 'parallel immer auch das im Moment so Undenkbare, schier Unvorstellbare mitdenken - nämlich wie so etwas wie Beziehungen zu und mit Russland wieder entwickelt werden können', sagt Merkel. Und beides natürlich niemals in einem deutschen Alleingang. ... Man sollte seine (Putins) Worte ernst nehmen', habe sie gesagt. Angesichts der jüngsten Entwicklung wolle sie das ergänzen: 'Worte ernst zu nehmen, sie nicht von vornherein damit abzutun, sie seien nur ein Bluff, sondern sich ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen, das ist beileibe kein Zeichen von Schwäche oder Beschwichtigung, sondern ein Ausweis politischer Klugheit - einer Klugheit, die dazu beiträgt, Handlungsspielräume zu erhalten oder, mindestens so wichtig, sogar neue zu erarbeiten.' [jdm, Foto von Ralf John/Wikipedia]

Für immer ein (offenes) Geheimnis

Derzeit weiß niemand, wer die Anschläge auf die russischen Erdgaspipelines in Auftrag gegeben bzw. durchgeführt hat. Die Beschuldigungen der polnischen und ukrainischen Regierung, Russland habe seine eigenen Pipelines zerstört, haben keine innere Logik. Russland hatte noch vor zehn Tagen für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 geworben.

Angesichts der mageren Ergebnisse von Scholz’ Betteltour bei den Diktaturen des Nahen Ostens war es nicht gänzlich unwahrscheinlich, dass die russischen Gaslieferungen wieder einen Verhandlungsdraht zwischen Deutschland und Russland hätten schaffen können. Für Deutschland wird es mit dem Gasmangel jetzt ernst. Die Hintertür einer Einigung mit Russland ist erst einmal verschüttet.

Biden hatte im Februar 2022 beim Besuch von Scholz laut Rheinischer Post-Online gesagt: „Wenn Russland tatsächlich die Ukraine angreift, Panzer und Truppen über die Grenze marschierten, ‚dann wird es Nord Stream nicht mehr weiter geben’. Dies habe er mit Scholz vereinbart. ‚Ich kann ihnen versprechen, wir werden das so handhaben’, sagt der US-Präsident.“

Der polnische EU-Abgeordnete Radosław Sikorski, ein ehemaliger Außenminister und keineswegs unbedeutend, hat sich wohl verplappert, als er auf Twitter zu einem Foto von aufsteigendem Gas in der Ostsee schrieb „Thank you USA“, und damit die USA als Täter beschrieb. Nun weiß Sikorski wahrscheinlich auch nicht mehr als andere.

Der Spiegel berichtete, die Bundesregierung sei bereits vor Wochen vom US-Geheimdienst CIA vor möglichen Anschlägen auf Gaspipelines in der Ostsee gewarnt worden. Wir alle wissen, dass eine Warnung der CIA immer eher ein Versprechen ist, dass sie etwas plant.

Man könnte darauf gespannt sein, mit welchen „Werten“ die USA diesen Terroranschlag rechtfertigen würden, aber die Information über die Hintergründe werden wir erst erfahren, wenn vielleicht in 30 Jahren die entsprechenden CIA-Akten von der Geheimhaltung befreit werden. Vorher wird niemand etwas erfahren. [jdm]

Gefahr des Atomkriegs erhöht – Bundesregierung steckt den Kopf in den Sand

Putin sagte in seiner Rede, in der er die Teilmobilmachung bekannt gab, auch: „Es geht auch um nukleare Erpressung. Ich spreche … auch von den Äußerungen einiger hochrangiger Vertreter führender Nato-Länder über die Möglichkeit und Zulässigkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen – Atomwaffen – gegen Russland. Denjenigen, die solche Behauptungen über Russland aufstellen, möchte ich in Erinnerung rufen, dass auch unser Land über verschiedene Militärmittel verfügt, von denen einige Komponenten fortschrittlicher sind als die der Nato-Länder. Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht ist, werden wir natürlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Russland und unser Volk zu verteidigen. Dies ist kein Bluff.“

Laut der Ems-Zeitung sieht sich die Bundesregierung „nicht zu einer Neueinschätzung der atomaren Bedrohungslage veranlasst.“ Die USA sehen das anders und haben „schwere Konsequenzen“ angekündigt.

Es wird also jetzt ernsthaft über einen Atomkrieg gesprochen, wobei die Bundesregierung sich einfach taub stellt und einfach behauptet „Wird schon nicht so schlimm.“

Dabei hat die Nato schon seit Jahren ihre Atomwaffenstrategie umgestellt von der einfachen Abschreckungsformel, dass der Einsatz von Atomwaffen die Vernichtung beider Kontrahenten bedeutet, hin zu der Entwicklung von taktischen Atomwaffen. Darum ging es im Kern auch bei den Auseinandersetzungen um die Pershing-Raketen in den 70er/80er Jahren. Damals konnte diese Entwicklung aufgehalten werden.

Aber seit ca. 10 Jahren hat die Nato Atomwaffen in Dienst gestellt, die einen begrenzten Atomschlag möglich machen sollen. Dabei geht es nicht darum, dass sie weniger zerstörerisch sind, sondern schneller beim Gegner einschlagen, bevor dieser reagieren kann.

NTV berichtete im Oktober 2020 von geheimen Nato-Übungen, in denen genau dieser Atomwaffeneinsatz geprobt wurde. NTV schrieb: „Die deutsche Luftwaffe trainiert mit Nato-Partnern die Verteidigung des Bündnisgebiets mit Atomwaffen. So hat dpa-Informationen zufolge in dieser Woche eine geheime Bündnisübung mit dem Namen "Steadfast Noon" begonnen. Dabei wird unter anderem der Einsatz von Jagdbombern trainiert, die im Kriegsfall mit Nuklearwaffen bestückt werden könnten. Ein Schauplatz der Übung ist in diesem Jahr der Fliegerhorst Nörvenich in Nordrhein-Westfalen. Er gilt als möglicher Ausweichstandort für die taktischen US-Atomwaffen vom Typ B61, die nach offiziell unbestätigten Angaben im rheinland-pfälzischen Büchel lagern.“

NTV resümierte 2020: „Militärexperten rechnen damit, dass es nun zu einem neuen Rüstungswettlauf kommen könnte. Die USA arbeiten so bereits an einem neuen mobilen bodengestützten Mittelstreckensystem, das in Zeiten des INF-Vertrags illegal gewesen wäre. Es soll nach derzeitiger Planung ausschließlich konventionelle - das heißt nicht-atomare - Sprengköpfe transportieren. Ob es dabei bleibt, ist allerdings unklar.“

Bundeskanzler Scholz spricht bei der russischen Teilmobilmachung von einem „Akt der Verzweiflung“ und wertet sie als Zeichen der Schwäche. In seinem Pressestatement in New York redet Scholz von dem Ukrainekrieg in einer Floskelsprache, als ob es um irgendein untergeordnetes Problem auf dieser Welt gehe.

Angesichts der Kenntnis der Nato-Strategie, die sich auf den taktischen Einsatz von Atomwaffen stützt, und den massiven Waffenlieferungen an die Ukraine und der von den USA gesteuerten Kriegsführung der ukrainischen Armee, könnte ein „verzweifelter“ und „schwacher“ Präsident Putin wirklich auf die Idee kommen, selbst Atomwaffen einzusetzen. Oder ist Scholz so locker drauf, weil er weiß, dass die Nato die Atomwaffen zuerst einsetzen möchte? Da nicht zu glauben ist, dass Scholz ein solches Verbrechen plant, bleibt nur die andere Variante: Unverantwortliche Dummheit.

Der Sanktionskrieg gegen Russland zerstört nur unsere Wirtschaftskraft; die weitere Befeuerung des Ukrainekriegs kann uns ins atomare Inferno stürzen. Um dies zu verhindern, müssen sofort Verhandlungen aufgenommen werden, dürfen keine Waffen mehr geliefert werden und muss es zu einer Sicherheitspartnerschaft mit Russland kommen. Das sind angesichts der atomaren Bedrohung Mindestforderungen. [jdm]

Österreichische Zeitung beschreibt Weg zum Ukrainekrieg – die dortigen Grünen wollen das zensieren

Das Magazin ÖSTERREICH SICHER erscheint viermal pro Jahr als Printausgabe und "geht gratis an 250.000 Haushalte in Österreich, an alle Dienststellen der Polizei und des Bundesheeres, an Führungskräfte, an alle Bürgermeister der Gemeinden in ganz Österreich sowie Landesregierungen und liegt bei Partnern der Aktion 'Gemeinsam.Sicher' zur Entnahme auf. Die Ausgaben von ÖSTERREICH SICHER kann man auf der Webseite im PDF-Format durchblättern und auch downloaden", aber die aktuelle Ausgabe ist nicht zu finden. Warum?

Weil dort ein Artikel "Das üble Spiel der Großmächte - Die Welt als Königsgambit - Der Ukraine-Krieg ist die Geschichte eines vermeidbaren Krieges" erschienen ist. Der Artikel beschreibt, wie es zu dem Ukrainekrieg gekommen ist und welche Rolle die USA dabei spielen. Der Artikel vergleicht den Ukrainekonflikt mit einem Königsgambit, wobei das Schachbrett die Weltpolitik ist und Europa ganz sicher keinen König auf dem Schachbrett darstellt, sondern eine untergeordnete Figur, die im Interesse der USA geopfert wird.

Außerdem enthält der Artikel eine Chronologie, wie es zum Ukrainekrieg kam. Der Artikel spricht pessimistisch von einer unumkehrbaren Pattsituation, enthält aber am Ende doch einige Lösungsoptionen für den Krieg, die aus bisherigen Krisensituationen abgeleitet werden.

Für die österreichischen Grünen war eine öffentlich geäußerte Meinung, die der EU-Nato-Erzählung vom Krieg für "Freedom and Democracy" widerspricht, nicht erträglich. Die grüne Abgeordnete des österreichischen Nationalrats, Eva Blimlinger, startete eine Anfrage an den Innenminister, ob er die einzelnen Aussagen des Artikels auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft habe und überhaupt, wie so ein Artikel in einer staatlich finanzierten Zeitung erscheinen kann. Man darf gespannt sein, ob der Innenminister den Mut aufbringt, den Wahrheitsgehalt der Aussagen zu bestätigen. Schon Carl von Ossietzky, der als Folge seines Martyriums im KZ Esterwegen verstorben ist, konnte ein Lied von der Zensur durch die Kriegstreiber singen. Wer den Krieg will, mag sich nicht mit anderen Sichtweisen auseinandersetzen. [jdm]

Aufruf und Veranstaltung des DGB zum Antikriegstag 2022

Der DGB-Aufruf zum Antikriegstag 2022 steht unter dem Motto: "Für den Frieden! Gegen einen neuen Rüstungswettlauf! Die Waffen müssen endlich schweigen!"

Im Aufruf mahnt der DGB an, dass sich die Sicherheitsdebatte in der Folge des Ukraine-Kriegs immer stärker auf den Einsatz militärischer Mittel der Friedenssicherung verenge. Der DGB möchte mit den Aktionen und Kundgebungen am diesjährigen Antikriegstag vor einer weiteren Militarisierung der Debatte warnen. "Der Ukraine-Krieg darf uns nicht zu dem Irrglauben verleiten, Frieden ließe sich mit Waffen schaffen. Hinzu kommt, dass jeder Euro, der zusätzlich für Aufrüstung ausgegeben wird, an anderer Stelle zu fehlen droht."

Der DGB setzt sich für eine europäische und internationale Friedensordnung ein, die auf den Menschenrechten und den Prinzipien der Freiheit, der Selbstbestimmung und der sozialen Gerechtigkeit beruht.

Er fordert eine kooperativ ausgerichtete Sicherheitspolitik, die weit über militärische Friedenssicherung hinausgeht. Zivile Instrumente der Diplomatie, der Entwicklungszusammenarbeit und einer fairen Handelspolitik, der humanitären Hilfe und der Konfliktprävention, müssten deutlich aufgewertet werden.

Der DGB wendet sich gegen einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf. Gerade der Ukraine-Krieg zeige, wie wichtig es sei, am Ziel einer weltweit kontrollierten Abrüstung festzuhalten. Die Festlegung der Bundesregierung, den deutschen Rüstungshaushalt dauerhaft auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO oder darüber hinaus aufzustocken, lehne er entschieden ab. Außerdem fordert der DGB die Bundesregierung auf, mit dem angekündigten Rüstungsexportkontrollgesetz umgehend für eine deutliche Beschränkung von Waffenexporten zu sorgen.

Atomwaffen müssten weltweit geächtet werden. Alle Nuklearmächte modernisieren derzeit ihre Atomwaffenarsenale. Die Bundesregierung wird aufgefordert, an dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel eines atomwaffenfreien Deutschlands festzuhalten, aus der nuklearen Teilhabe auszusteigen und die Lagerung von Atomwaffen in unserem Land zu beenden. Das bedeute auch, dass Deutschland dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten müsse.

Der DGB Kreisverband Nördliches Emsland veranstaltet zum Antikriegstag eine Mahnveranstaltung am Sonntag, den 4. September um 18 Uhr auf der Begräbnisstätte Esterwegen. [jdm]

Gastbeitrag im Spiegel: CETA hebelt Demokratie aus

Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck haben in Kanada versprochen, dass das Freihandelsabkommen CETA möglichst bald ratifiziert werden solle. Über die Aushebelung der Demokratie durch dieses Abkommen hat Hallo-Wippingen schon seit Jahren berichtet, zuletzt am 16. März 2022.

In der Opposition hatten sich die Grünen noch (zum Teil) gegen CETA ausgesprochen. Der Spiegel brachte jetzt einen Gastbeitrag des grünen Agrarpolitikers und MdBs Karl Bär, den er zusammen mit der ehemaligen Vorsitzenden der kanadischen Grünen, Elizabeth May, verfasste, in dem er den von 2009 bis 2014 verhandelten Vertrag als völlig aus der Zeit gefallen bezeichnet, weil vor allem kein Bezug zum Pariser Klimaabkommen gegeben ist.

Die AutorInnen kritisisieren besonders, dass im Rahmen des Abkommens vereinbarte Ausschüsse und Kooperationsforen neue Gesetze einer Handelsverträglichkeitsprüfung unterziehen, noch bevor Parlamente und Presse sie diskutieren können. Ceta stelle den internationalen Handel über die Interessen der Menschen, den Schutz der Umwelt und demokratische Prozesse. [jdm]

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 5/5 Angriff auf China – Welche friedlichen Perspektiven gibt es?

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren. Im zweiten Teil beschrieben wir, wie die Übernahme der ehemaligen Ostblock-Staaten und der Umbau der Wirtschaftspolitik in den westlichen Staaten den Kapitalismus stabilisierten. Im dritten Teil stellten wir die Kriege der letzten 25 Jahre dar und Chinas Versuche, einer wirtschaftlichen und politischen Isolierung entgegen zu arbeiten. Im vierten Teil ging es um die Konfrontation mit Russland.

Das eigentliche Ziel hinter der Konfrontation mit Russland ist die Niederringung Chinas. Hier arbeiten die USA schon länger mit einer Sanktionsstrategie, die das Klima vergiftet. Mit militärischen Provokationen wird ebenfalls versucht, Spannungen zu erzeugen. Deutschland hat schon im August 2021 die Fregatte Bayern in das Südchinesische Meer geschickt.

Die USA haben als Haupthebel die Insel Taiwan auserkoren. Regelmäßig berichtet unsere Presse von einer angeblichen Verletzung der Flugüberwachungszone Taiwans durch chinesische Flugzeuge. Flugüberwachungszonen werden von Staaten einseitig definiert, um frühzeitig über Militärflugzeuge in ihrem Hoheitsgebiet Bescheid zu wissen. Sie haben keinerlei völkerrechtliche Relevanz. Die taiwanesische Zone ragt bis weit in das Festland Chinas hinein. Demnach verletzt jeder innerchinesische Flug über Chinas Provinzen an der Küste die Flugüberwachungszone Taiwans, was völkerrechtlich Humbug ist. Als Beleg für die Aggressivität Chinas wird diese sinnlose Behauptung aber immer wieder neu aufgestellt und von der westlichen Presse unkritisch berichtet.

Taiwan wird von China als untrennbarer Teil des Landes betrachtet. Umgekehrt hat die taiwanesische Kuomintang-Regierung sich als alleinige Regierung Chinas betrachtet und auf der Einheit von Taiwan und Chinas Festland bestanden. Völkerrechtlich wurde 1971 die Volksrepublik als UN-Mitglied anerkannt und Taiwan aus der UNO ausgeschlossen. Angesichts der Realitäten hat Taiwan den Anspruch ganz China zu vertreten aufgegeben.

Für China ist die Koexistenz mit Taiwan auch mit seinem anderen gesellschaftlichen und politischen System möglich. Das sieht übrigens auch die größte Oppositionspartei Taiwans so. Taiwan und China sind wirtschaftlich und auch personell verflochten. Taiwanesen werden von China als Staatsbürger Chinas angesehen. Diese Rechte nutzen viele Taiwanesen für ihre persönlichen Beziehungen und für ihre Geschäfte.

Anstatt diese Koexistenz, wie sie heute besteht, zu erhalten, versuchen die USA Taiwan zu ihrer Aufmarschbasis analog zum Vorgehen in der Ukraine zu machen.

Aktuell warnen die USA täglich vor einem Überfall Chinas auf Taiwan. Der Besuch von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, sollte an der Ein-China-Politik rütteln und Unsicherheit erzeugen. Es handelte sich nur um eine diplomatische Verletzung des Völkerrechts, war aber geeignet zu provozieren. Als Taiwanese sollte man sich angesichts des großen Freundes USA vielleicht schon heute eine Auswanderungsmöglichkeit suchen. Denn die Warnungen der USA vor dem Krieg sollten realistischer als Versprechen der USA gelesen werden, so lange zu provozieren, bis China sich ihnen militärisch entgegen stellt. Es ist zu hoffen, dass die chinesische Regierung kaltblütiger als die russische Regierung bleibt.

Dr. Dimitrios Patelis, Philosophieprofessor an der Technischen Universität Kreta, spricht angesichts dieser Entwicklungen davon, dass wir uns seit dem Überfall auf Jugoslawien bereits in einem Dritten Weltkrieg befinden (Beilage zu Marxistische Blätter 4/2022). Es seien fast alle Staaten der Erde beteiligt. Nur dass dieser Weltkrieg sich nicht in einer kurzen Phase von wenigen Jahren ereignet, sondern sich über Jahrzehnte hinzieht. Aber die Zahl der Opfer und die Brutalität dieses Krieges sind nicht geringer.

Wer glaubt, der Krieg sei zu Ende, wenn der Westen seine unipolare Welt erschaffen habe, kennt den Kapitalismus nicht. Er wird weiter wachsen müssen, egal auf wessen Kosten. Professor Patelis antwortet auf die Frage, ob wir angesichts dieser düsteren Prognose nicht in einer Sackgasse steckten, mit einem „ja, aber“. Zu diesem ganzen militärischen Wahnsinn käme ja noch die ökologische und Klimakatastrophe hinzu. Dennoch zeige die Geschichte, dass mit „jeder neuen Welle von Weltkriegen, in denen sich die Widersprüche des Weltkapitalismus entluden, auch immer neue Wellen revolutionärer Prozesse … heranreiften. … Es ist zu erwarten, dass die Zuspitzung der Situation, die Verschlechterung der Lebensverhältnisse von den Bevölkerungsmassen in verschiedenen Regionen der Welt nicht unendlich lange hingenommen wird, sondern dass ihr Widerstand dagegen wachsen muss und wird.“

Patelis’ Hoffnung wäre also eine „klassische“ Hoffnung auf eine demokratische Revolution der Opfer imperialistischer Politik.

Eine andere Hoffnung auf eine friedliche Zukunft vertreten Wissenschaftler, die das Wachstum und den Zwang zum Wachstum als Ursache von Krieg und Umweltzerstörung betrachten. Sie wollen das Wachstum direkt angehen und beenden. Hierfür gibt es dann nicht nur politische Forderungen (Revolution), sondern durch Stärkung lokaler Strukturen und Versorgungskreisläufe, Bestandserhalt und einer De-Globalisierung soll jeder sich in die Veränderung einbringen. Vertreter einer solchen Perspektive, der Postwachstumsökonomie, ist Prof. Dr. Niko Paech. Diese Wirtschaft soll ohne Wachstum des Bruttoinlandsprodukts über stabile, wenngleich mit einem vergleichsweise reduzierten Konsumniveau einhergehende Versorgungsstrukturen verfügen. Die Schonung natürlicher Ressourcen geht einher mit einer Verminderung der Kriegsgefahr. [jdm]

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 4/5 Russland ausschalten, um China zu treffen

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren. Im zweiten Teil beschrieben wir, wie die Übernahme der ehemaligen Ostblock-Staaten und der Umbau der Wirtschaftspolitik in den westlichen Staaten den Kapitalismus stabilisierten. Im dritten Teil stellten wir die Kriege der letzten 25 Jahre dar und Chinas Versuche, einer wirtschaftlichen und politischen Isolierung entgegen zu arbeiten

China gibt durch seine Wirtschaftskraft anderen Staaten des Südens die Möglichkeit, sich dem Zugriff der Nato-Staaten zu entziehen. Deshalb wird China als Gegner gesehen. Russland spielt in diesem Kampf des Westens gegen China eine besondere Rolle.

Der russische Präsident Jelzin und seine Freunde haben sich in den 1990ern bei der Liquidierung des Sozialismus in Russland von den USA beraten lassen und die Schocktherapie in Russland angewendet. Manager öffentlicher russischer Unternehmen sollten alles privatisieren, darunter die Energiekonzerne Gasprom und Yukos, und viele weitere Unternehmen zu Geld machen. Das, was von den USA als Demokratie verkauft wurde, war eine große Enteignung der russischen Menschen. Einzelne russische Manager eigneten sich die Unternehmen mit Korruption und westlichen Krediten an. Statt Demokratie entwickelte sich die Oligarchie. Zum Ausverkauf an westliche Firmen kam es dann aber nicht mehr. Präsident Wladimir Putin nutzte seine staatliche Macht dazu, die Oligarchen zu bremsen und sie gewissen Spielregeln, man könnte auch sagen, dem Recht, zu unterwerfen. So konnte Russland seine wirtschaftliche Talfahrt zumindest stoppen.

Russlands Oligarchen waren mit ihrer Existenz als Ausbeuter der Rohstoffe des Landes eigentlich zufrieden. Putins Konsolidierungspolitik machte das Land nach dem Chaos durch den vom Westen beratenen Jelzin sicherer. Russland glaubte, jetzt ein guter Partner für den Westen und speziell für die EU sein zu können, wie Putins Rede am 25.09.2001 vor dem Bundestag zeigte. Aber für die USA waren Kooperationen Russlands mit der EU aus einem doppelten Grund nicht erwünscht. Erstens wollte man verhindern, dass mit dem technologischen Potential der EU und der Rohstoffbasis Russlands, ein Konkurrent zu den USA geschaffen würde. Und seit mindestens zehn Jahren wollen die USA Russland am besten wie Jugoslawien in Einzelteile zerlegen, um direkt an Chinas Grenzen vorstoßen zu können. Die Angebote Putins, auf dem Weltwirtschaftsforum und bei anderen Gelegenheiten wiederholt, wurden stets ausgeschlagen.

Für den Kampf gegen Russland spielte die Ukraine in den Planspielen der USA eine besondere Rolle. George Friedman, ist der Chef von Strategic Forecasting Inc. (abgekürzt Stratfor), ein führender privater US-Think Tank, der u.a. Analysen zur Geopolitik erstellt. Während einer Pressekonferenz beim Chicago Council on Global Affairs (2015) legte er die US-amerikanische globale Strategie besonders auch in Bezug auf Europa und Deutschland sehr klar und deutlich offen. Und er sagte, welche Rolle die Ukraine für die USA spielt, um eine Zusammenarbeit von Deutschland und Russland zu verhindern. Der Plan ist aufgegangen.

2014 wurde in der Ukraine der Maidan-Putsch inszeniert. Und damit wurde für Russland endgültig deutlich, dass eine Partnerschaft von der Nato nicht gewünscht war. Die Ukraine drohte zum Aufmarschgebiet der Nato zu werden. Nato-Atomraketen direkt an den Grenzen zu Russland wurden greifbare Realität. Zudem war der Zugang Russlands zum Schwarzen Meer gefährdet.

Die ideologische Basis von Putins Partei unterschied sich kaum von der Ideologie der konservativen und liberalen Parteien im Westen. Seine Angebote zur Partnerschaft wurden aber von diesen westlichen „Bruder“-Parteien zurückgewiesen. Die russische Politik musste diesen Widerspruch erklären können. Als Verteidiger der Marktwirtschaft und der Durchsetzung des Kapitalismus in Russland stand Putins Regierungspartei als Erklärungsmuster nur die Ideologie zur Verfügung, die bei imperialistischen Auseinandersetzungen stets zu Hand ist: der Nationalismus. Auch innerhalb der EU sehen wir diese Tendenzen, Benachteiligungen im Rahmen der EU nicht als Ausfluss der kapitalistischen Ausbeutungsmechanismen zu deuten, sondern als Benachteiligung der eigenen „Nation“.

Die Ukraine war bis 2014 noch ein mehrheitlich russlandfreundliches Land und wurde von den, von den USA finanzierten und gepushten, Putschregierungen ebenfalls durch Rückgriff auf nationalistische Propaganda in Frontstellung gegen Russland gebracht. Das Land wurde dadurch gespalten; die Ostprovinzen (der Donbass) erklärten sich für selbständig; die ukrainische Regierung führte gegen ihre östlichen Landesteile einen siebenjährigen Krieg mit ca. 14.000 Toten. Von der Propaganda der ukrainischen Regierungen und Parteien wurde der Nazi und Hitlerpartner Bandera zum geschichtlichen Helden der Ukraine aufgebaut.

Russland erklärte zwar seine Solidarität mit dem Donbass, hatte aber gleichzeitig Sorge wegen der dort verbreiteten Nostalgie für die Sowjetunion. Russland nahm es letztlich hin, dass das Minsker Abkommen von der Ukraine vollkommen ignoriert wurde. Die Krim wurde in die russische Föderation aufgenommen, um den Zugang zum Schwarzen Meer zu sichern. Die so genannte Krim-Annektion ist nicht mehr und nicht weniger völkerrechtswidrig, wie die Abtrennung des Kosovo von Serbien, die mit Nato-Bomben durchgesetzt wurde. Auf der Krim hat sich die Bevölkerung aber in einer Volksabstimmung eindeutig dafür ausgesprochen.

Die Ukraine wurde seit 2014 – obwohl nicht in der Nato – von den USA militärisch ausgerüstet und an die Strukturen der Nato angepasst. Das westliche Sanktionsregime der Jahre seit 2014 hat das Klima zu Russland ständig weiter vergiftet. Wer sich zurück erinnert, wie entspannt die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland davor gestaltet war, muss daran verzweifeln, wie ohne offensichtlichen Grund die Beziehungen zu Russland auf Betreiben der USA ständig verschlechtert wurden. Mit dieser äußeren Spannung waren auch Reaktionen innerhalb der beteiligten Staaten verbunden. In Russland wurde die klerikal-nationalistische Haltung immer mehr zur beherrschenden Ideologie. Die Ukraine ist heute eine neoliberale Diktatur, die die faschistischen Kollaborateure der Deutschen im 2. Weltkrieg zum Vorbild erhebt. Wirtschaftlich werden beide Staaten von einer Gruppe von unermesslich reichen Oligarchen beherrscht.

Das Russland diese Situation dadurch „entspannt“ hat, dass es in die Ukraine einmarschierte, war ein Fehler, den viele – auch der Autor dieser Zeilen – Putin nicht so schnell zugetraut hätten. Es hätte noch weitere Chancen gegeben, die westliche Konfrontationspolitik zurück zu drängen. Die Situation war für Russland militärisch noch nicht so bedrohlich, wie sie es heute ist. Es scheint so zu sein, dass jemand, der sich einer nationalistischen, chauvinistischen Ideologie bedient, um seine Ziele zu erreichen, schließlich selbst dieser Ideologie aufsitzt und glaubt, zuschlagen zu müssen.

Im Westen ist die Feindschaft mit Russland zur Staatsdoktrin geworden; wer nicht in das Kriegsgeheul mit einstimmt, wird zum Outsider bestimmt. Das gilt sogar für den neoliberalen Vorkämpfer gegen den deutschen Sozialstaat, Gerhard Schröder.

Da Russland ein wichtiger Rohstofflieferant ist und als Atommacht auch militärisch trotz der begrenzten Ressourcen ein Riese ist, spielt es in der Expansionsstrategie des Westens eine große Rolle als eine Sperre, die man überwinden muss. [jdm] Fünfter Teil: Angriff auf China - Welche friedlichen Perspektiven gibt es?

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 3/5 Eine Kette von Kriegen seit 1992

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren. Im zweiten Teil beschrieben wir, wie die Übernahme der ehemaligen Ostblock-Staaten und der Umbau der Wirtschaftspolitik in den westlichen Staaten den Kapitalismus stabilisierten.

Die wirtschaftliche Einverleibung der ehemals sozialistischen Staaten und die neoliberale Ausrichtung der westlichen Staaten an einem unbeschränkten Markt mit Sozialabbau und Privatisierungen hatten den Westen vor einer Wirtschaftskrise gerettet. Hier waren jetzt Grenzen erreicht, doch das ständige Wachstum war weiter erforderlich. Die Globalisierung dieses freien Marktes mit Exportüberschüssen gegenüber abhängigen Staaten sollte das ewige Wachstum garantieren.

Umso empfindlicher reagierte der Westen auf jeden Versuch, sich der Ausbeutung zu entziehen. In Jugoslawien mit seinem Selbstverwaltungssozialismus war die Wirtschaftskrise auch angekommen und sie führte zu Auseinandersetzungen zwischen den Teilrepubliken. Die Nato nutzte diese Situation in den 1990er Jahren, um in Jugoslawien einen Testballon starten zu lassen, ob es dem Westen möglich ist, einfach einen Staat nach seinen Wünschen zu gestalten. Deutschland erkannte die Unabhängigkeit Kroatiens sofort an (was genauso rechtswidrig war, wie die Anerkennung der Unabhängigkeit des Donbass in der Ukraine durch Russland) und leitete damit die Zerschlagung Jugoslawiens ein. Die Nato und auch Deutschland scheuten nicht vor dem ersten kriegerischen Überfall in Europa nach 1945 zurück.

Seit 2001 wurden im Nahen Osten alle Länder, die sich aus der Abhängigkeit des Westens erheben wollten, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung mit Krieg oder mit Regime-Changes überzogen. Um den widerständigen Iran zu schädigen, wurde der Irak unter Saddam Hussein von den USA für einen Krieg gegen den Iran aufgerüstet. Im zweiten Schritt wurde der Irak selbst zerstört.

Bei den so genannten Farbrevolutionen in Libyen, Ägypten, Syrien und Tunesien, wo sich demokratische Bewegungen für Veränderungen im Land einsetzten, wurden diese von den USA und wechselnden Koalitionen von Nato-Staaten mit geheimdienstlichen Mitteln durch gewalttätige Gruppen instrumentalisiert, um Vorwände für militärische Interventionen zu schaffen. Diese brachten für die Bevölkerungen nur Enttäuschungen, noch reaktionärere Regime und Kriege. Unter dem Vorwand Demokratie und Wohlstand zu bringen, zerbombte die westliche „Gemeinschaft“ ein Land nach dem anderen, um deren Wirtschaft und Bodenschätze übernehmen zu können.

Die Unabhängigkeit, nach der diese Länder gestrebt hatten, war nicht immer eine, die den Menschen ein besseres Leben gebracht hätte, sondern meist hätte sie nur der einheimischen Bourgeoisie geholfen. Aber dieses Streben stand dem Expansionsdrang des Westens im Weg, deshalb musste es bekämpft werden. Demokratische Bewegungen in der Welt haben keine Chancen mehr, weil die westlichen Staaten jede dieser Bewegungen sofort für ihre Interessen instrumentalisieren.

Die Kriegsführung der Nato hat sich analog zur Wirtschaftsentwicklung verändert. Alle Kriege des Westens waren multinational, auch im Jemen herrscht derzeit kein Bürgerkrieg, sondern neben Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und dem Iran, sind Ägypten und die Nato-Staaten, auch Deutschland, zumindest mit Waffenlieferungen beteiligt. Die Kriege wurden mit Hilfe von Technik industrialisiert und zum Teil ferngesteuert. Eine Arbeitsteilung zwischen Aufklärern, Drohnenführern am Joystick, und von der IT gesteuerten Soldaten vor Ort war selbstverständlich. Zum Teil waren die Soldaten Söldner von Privatarmeen. Im Irak ganz aktiv war die US-Söldnertruppe Academi, die damals noch Blackwater USA hieß. Aktuell gibt es beim Minusma-Einsatz der Deutschen in Mali Auseinandersetzungen mit der dortigen Regierung, weil privat angeheuerte Sicherheitskräfte aus der Elfenbeinküste den Minusma-Soldaten zuarbeiteten und nicht offiziell als Soldaten angemeldet wurden.

Der Krieg selbst ist ein Riesengeschäft. Das, was früher als „militärisch-industrieller Komplex“ bezeichnet wurde, ist mittlerweile in den USA deutlich erkennbar als der Teil des Staates, der den Reststaat in der Hand hat, nicht umgekehrt.

Die Hoffnung, Libyen, Syrien und Afghanistan als Rohstofflieferanten vereinnahmen zu können, hat sich den Nato-Staaten nicht erfüllt. Man hat nur erreicht, dass diese Länder als „Failed States“ vollständig ruiniert sind, was den Westen aber nicht weiter stört. Im Gegenteil: Afghanistan wird durch fortgesetzte Sanktionen der USA an einer Erholung vom 30jährigen Krieg gehindert. In Libyen werden die Clans weiter aufeinander gehetzt. Syrien wird von allen Seiten weiter als Kriegsschauplatz benutzt. Die US-Armee ist trotz Beschlüssen des irakischen Parlamentes, das Land zu verlassen, immer noch dort.

Der Westen hat sein Ziel, die Wirtschaft entsprechend der technologischen Möglichkeiten weiter zu expandieren, nicht aufgegeben. Als größtes Hindernis für das unendliche Wachstum, haben die Nato und die USA China als „strategischen Rivalen“ erkannt. Das Ziel der USA ist es, China als Konkurrenten auszuschalten und eine unipolare (monopolare) Weltordnung zu schaffen. Und die EU-Staaten in der Nato haben sich dieses Ziel auf ihrem letzten Gipfel in Spanien auch zu Eigen gemacht.

China wurde als der alternative Pol der Nato ausgemacht, dem man mit aller Macht diese Position streitig machen muss. Eine friedliche Koexistenz ist dem Westen nicht möglich, weil  der westliche Kapitalismus zum Überleben die permanente Ausdehnung, das unendliche Wachstum, braucht.

China ist hier in einer anderen Position und bietet die Kooperation an, was es mit der Road and Belt-Initiative (Neue Seidenstraßen-Initiative) auch praktiziert. China ist zwar Teil des kapitalistischen Weltmarktes und unterliegt auch den Zwängen des Kapitalismus. Aber im Inneren hat es sich auch viele Prinzipien des Sozialismus bewahrt. Dazu gehören die weiter geltende Vergesellschaftung des Bodens und der Bodenschätze. Der Staat hat das Primat über die Wirtschaft behalten und kann gesellschaftlich erarbeiteten Reichtum auch nach gesellschaftlich erwünschten Vorgaben oder schlicht den Vorgaben der Regierung in bestimmte Bereiche lenken, wie z. B. in das Programm zur Bekämpfung der Armut, in die Entwicklung von benachteiligten Regionen des Landes oder in die Infrastruktur. Im Westen scheitern solche Projekte immer wieder an dem Primat des Profites, dem Shareholder-Value.

Chinas Angebote zur Kooperation werden von vielen Staaten angenommen, um sich selbst dadurch Handlungsspielraum gegenüber den USA und dem industrialisierten Norden zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit solcher unterschiedlicher Staaten, wie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS-Staaten) ist nur möglich, weil das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten gilt und den Staaten freier Handlungsspielraum geschaffen werden soll.

Die Road and Belt-Initiative ist keine caritative Einrichtung Chinas, sondern eine langfristige wirtschaftliche Kooperation mit all seinen Schwierigkeiten. Der Grundsatz der Nichteinmischung führte bei verschiedenen Projekten z. B. in Myanmar, aber auch in Brasilien dazu, dass die Infrastrukturprojekte von der dort unterdrückten Bevölkerung als Kumpanei mit den Machthabern betrachtet wurde, oder in anderen Einzelfällen zur Teilhabe an der örtlichen Korruption. Das führte dort zu einem schlechten Ansehen Chinas. In Afrika ist Chinas Ansehen dagegen sehr gestiegen, gerade weil die Projekte nicht mit ausbeuterischen Auflagen wie beim IWF üblich, versehen sind. Grundsätzlich problematisch ist, dass die Kooperation Chinas auch auf Wachstum setzt. Angesichts einer endlichen Erde und angesichts von Klimakatastrophe, der Krise der Gesundheitssysteme und der Übernutzung von begrenzten Ressourcen ist dies auf Dauer keine Lösung. Aber die Staaten des globalen Südens verweisen in diesem Zusammenhang auf ihren generellen Nachholbedarf. Positiv wiederum ist, dass China bei den Projekten auf die neueste Technik setzt, um negativ wirkende Technikschritte zu überspringen.

China, für das diese Kooperationen angesichts der Drohungen der Nato überlebenswichtig sind, ist aus Sicht des Westens doppelt gefährlich: China wird als Konkurrent betrachtet und es hilft anderen Ländern etwas Unabhängigkeit gegenüber den USA und Westeuropa zu bekommen bzw. zu bewahren.

Dass sich die Staaten des Südens die Formen ihrer Ausbeutung nicht mehr von den US-dominierten Organisationen Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) vorschreiben lassen müssen, gefällt den Weltkonzernen und somit den USA und der EU nicht. [jdm] Zur Folge 4 "Russland ausschalten, um China zu treffen

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 2/5 Zusammenbruch des Sozialismus im Ostblock und Privatisierungen im Inneren als Rettungsanker

Photo courtesy of National Nuclear Security Administration / Nevada Field Office
Atombombentest 1954.

In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht und dass wir uns vielleicht schon im 3. Weltkrieg befinden. Im Ersten Teil hatten wir beschrieben, dass die Situation nicht mit 1914 vergleichbar ist, weil die multinationalen Konzerne nicht mehr im Rahmen der Nationalstaaten miteinender konkurrieren, sondern aufgrund der technischen Entwicklung in der Lage wären, die Welt zu beherrschen und das auch brauchen. Der Kapitalismus braucht das permanente Wachstum, das an Grenzen gestoßen ist.

Beginnend mit der Ölkrise der 1970er Jahre zeichnete sich in den 1980er Jahren eine weltweite Wirtschaftskrise ab, die ausgelöst wurde, weil der kapitalistische Markt stagnierte. Typische Zeichen waren ein Preisverfall, Firmenpleiten und Rückgang des Exports.

Der Zusammenbruch der sozialistischen Staaten bot dem Westen dann aber unverhofft die Möglichkeit, aus dieser Krise heraus zu kommen. Ein riesiger Markt eröffnete sich im ehemaligen Ostblock. Alles was diese Länder an Produktionsmitteln hatten, wurde eingestampft und durch eigene Technik ersetzt. Ein riesiges Heer an billigen Arbeitskräften und die Rohstoffreserven standen zur Ausbeutung bereit.

Diese Zeit ist aber vorbei und das Wachstum gen Osten beendet. Die westlichen ehemaligen Ostblockstaaten sind mittlerweile eingemeindet. Russland hat sich wirtschaftlich stabilisiert und stand nicht mehr ohne weiteres für die grenzenlose Ausbeutung bereit. Vielmehr hatte sich hier – zunächst mit Hilfe des Westens – eine eigene Oligarchie entwickelt, die die Ressourcenausbeutung des Landes selbst betrieb, ohne das Land wirklich wirtschaftlich zu entwickeln. Jetzt gibt es für die westlichen Oligarchen einen Widerspruch zwischen den Möglichkeiten, die der technische Fortschritt böte, und den tatsächlichen Expansionsmöglichkeiten.

Eine zweite Möglichkeit, der Krise zu entkommen, eröffneten sich die Konzerne, indem sie zunächst in ihrem eigenen Herrschaftsgebiet expandierten. Dazu diente die neoliberale Doktrin, die den Markt als die Instanz betrachtet, die quasi alles automatisch richtig lenkt. Der Staat sollte sich aus allem heraushalten. In Deutschland wurde mit den Hartz IV-Gesetzen die Arbeiterschaft entmachtet, indem ein riesiger Billiglohnsektor geschaffen wurde und die Macht der Gewerkschaften zu Lohnverhandlungen deutlich verringert wurde. Die öffentliche Daseinsvorsorge wurde dem Zugriff der Konzerne durch Privatisierungen freigegeben. Sogar in den USA, wo schon immer Privateigentum vor Staatseigentum ging, fand man mit der Privatisierung des Strafvollzugs und militärischen Teilfunktionen noch Bereiche, die von den Konzernen übernommen worden sind.

In Deutschland war die Deutsche Post eines der ersten Opfer dieser Politik. Die Privatisierung der Bundesbahn blieb auf halber Strecke stehen, weil die Bahnchefs den Bahnbetrieb schon für die Vorbereitung des Verkaufs an der Börse auf profitable Bereiche reduzierten, was aber angesichts der gesellschaftlichen Funktion der Bahn zuviel Unruhe im Wahlvolk brachte. Aber aufgegeben haben die Privatisierer nicht: die FDP betreibt mit Unterstützung der Grünen in der jetzigen Bundesregierung die Trennung von Netz- und Bahnbetrieb; in Berlin betreiben die Grünen im Senat die Privatisierung der S-Bahn.

Die kommunalen Wohnungen wurden in den letzten 30 Jahren – zu zum Teil nur durch Korruption erklärbaren, unterirdisch niedrigen Preisen –an die neuen Immobilienkonzerne verscherbelt. Der größte „deutsche“ Immobilienkonzern Vonovia gehört dabei folgenden Anteilseignern (in der Reihenfolge der Anteile): Norges Bank Investment Management,10,8%; APG Asset Management NV, 3,90%; The Vanguard Group, Inc., 3,04%; Fidelity Management & Research Co. LLC, 2,42%; BlackRock Advisors (UK) Ltd., 2,14%; BlackRock Fund Advisors, 1,70%; FIL Investment Advisors (UK) Ltd., ,36%; MFS International (UK) Ltd., 1,29%; DWS Investments (UK) Ltd., 1,23%, Deka Investment GmbH, 1,20%.

Aktuell ist auch das Gesundheitswesen im Blickfeld der Privatisierer: Nach der Übernahme des US-Gesundheitskonzerns One Medical durch Amazon warnen Kinder- und Jugendärzte vor einem Einstieg von Beteiligungsfirmen in die deutsche Gesundheitsversorgung. „Wir haben die Sorge, dass das zu uns rüberschwappt, dass sich Investoren etwa über Medizinische Versorgungszentren (MVZ) breitmachen wollen und die ärztliche Versorgung an sich reißen“, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), laut einer Meldung der Ems-Zeitung vom 29.07.2022. Alle Bundesländer, auch Niedersachsen, haben Zentralisierungspläne für ihre Krankenhauslandschaften. Dabei werden im zweiten Schritt einerseits zentralisierte Krankenhäuser direkt verkauft, wie das Uni-Klinikum Gießen/Marburg. Andererseits kaufen sich die Konzerne die stillgelegten Krankenhäuser für billiges Geld, um dort nur die hochpreisigen Bereiche der Medizin ohne die Grundversorgung zu betreiben.

Die Versuche, die Rente durch eine private kapitalgedeckte Rentenversicherung zu ersetzen, sind in Deutschland mit den Stichworten Riester- und Rürup-Rente umrühmlich verbunden. Der vor allem von der FDP betriebene Versuch der Privatisierung der Pflegeversicherung mit einem ebenso unrühmlichen Namen: Pflege-Bahr. In dieses Kapitel gehören auch die Abschaffung von Leistungen der Krankenversicherung bei der Zahnversorgung, Augenversorgung und durch Eigenbeteiligungen, womit sich neue Geschäftsfelder für die Versicherungskonzerne eröffneten.

Die Welle der Privatisierungen von Wasserwerken ist abgeebbt, weil die Städte schon sehr schnell gemerkt haben, dass sie praktisch ihre Seele verkauft haben bzw. hätten. Die Stadt Papenburg hat ihre beiden Schwimmbäder verkauft und will sie jetzt – nachdem sie zuletzt mehr geschlossen, als geöffnet waren – zurück kaufen. Über den Rückkaufpreis wird die Öffentlichkeit natürlich nicht informiert.

Schweden merkt zurzeit, dass die Privatisierung des Schulsystems mit sehr vielen Problemen behaftet ist; das Schulsystem wird nicht billiger, aber die Spaltung der Gesellschaft wird gewaltig angeschoben.

Diese Liste von Privatisierungsvorhaben ließe sich beliebig lange fortsetzen. Aber für den Expansionsdrang der Konzerne sind diese „internen“ Expansionsmöglichkeiten nicht ausreichend. Die Konzerne brauchen die unbeschränkte weitere Ausdehnung auf dem Weltmarkt.

Die verschiedenen Freihandelsverträge dienten ebenso diesem Ziel der Expansion. Aber manche Staaten verweigern sich diesen Verträgen. Oder schließen untereinander solche Verträge, was den westlichen internationalen globalisierten Konzernen nicht gefällt, weil sich hier Konkurrenz bilden kann. Um hier das Heft in der Hand zu behalten, wurden die USA, die Nato und einzelne westliche Länder, vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien, nach außen immer aggressiver. Obwohl mit der Auflösung des Warschauer Paktes die Nato ihren Gegner verloren hatte, rüstete sie seit Ende der 1990er Jahre stetig und kräftig auf. Der Weg in den 3. Weltkrieg wurde bereitet. [jdm/ Photo courtesy of National Nuclear Security Administration / Nevada Field Office]. Zum dritten Teil: Eine Kette von Kriegen seit 1992

Ukraine-Krieg oder schon 3. Weltkrieg? – 1/5 Nicht mit 1914 vergleichbar

Atombombentest Bikini Atoll am 26 März 1954.

Der griechische Philosoph Dimitrios Patelis spricht davon, dass wir uns schon im 3. Weltkrieg befinden. Die Regierungen der Nato erklären, es gehe nur um den Kampf gegen das Böse in Person von Putin und die Verteidigung des Opfers, der Ukraine. Andere Zusammenhänge gebe es nicht. Manche wiederum vergleichen die Situation mit der von 1914, als die imperialistischen Mächte sich gegenseitig im 1. Weltkrieg an die Kehle gingen. In einem fünfteiligen Essay versuchen wir darzustellen, worum es im Ukraine-Krieg derzeit geht.

Die von den Regierungen der USA, der EU- und Nato-Staaten und deren Medien kampagnenhaft verbreitete Deutung des Krieges lautet, die Ukraine, ein unschuldiger Staat, der auf gutem Weg zu seiner Unabhängigkeit und seiner Souveränität war und dafür seine eigenen Bündnisse suchte und seine Verteidigungsfähigkeiten aufbauen wollte, wurde plötzlich von einem brutalen Aggressor überfallen. Seitdem herrsche Blutvergießen.

Eine andere Deutung einer Minderheit ist, es gebe einen Krieg zwischen imperialistischen Mächten wie 1914. Man verurteilt diesen Krieg, weil man als Pazifist gegen Krieg ist. Vor 100 Jahren war die Arbeiterbewegung gegen die Kriege zwischen Deutschland und den anderen Mächten, weil die Arbeiterklasse mit dem Konkurrenzkampf der Konzerne des Kapitals nicht zu tun habe.

Diese heutige Minderheitsmeinung trennt sich wiederum in zwei Gruppen. Die erste lehnt einfach den Krieg Ukraine-Russland ab und befasst sich nicht weiter mit den Ursachen. Sie lehnt aber Waffenlieferungen ab, weil diese den Krieg weiter entfachen.

Die Dicke Bertha 1914 vor Lüttich - Der Mörser war auf dem Kruppschen Schießplatz im Emsland getestet worden

Und die zweite Minderheitsmeinung stellt sich auf die Seite des Angegriffenen, also die Ukraine, und will der Ukraine mit allen Mittel helfen, auch mit Waffen. Aus dieser Richtung stammen die neuen Waffenexperten wie Anton Hofreiter von den Grünen, die sich jetzt als astreine Kriegstreiber etabliert haben. Schon 1914 ließen sich große Teile der Sozialdemokraten und der Gewerkschaftsbewegung in ihren jeweiligen Ländern für die Kriegsziele einspannen, indem sie ihr Land jeweils als Opfer des anderen Aggressors sahen.

Der Vergleich mit der Situation von 1914 ist aber nicht ausreichend. Wir haben es heute nicht mit verschiedenen gleich starken Mächten zu tun, die sich um einen größeren Anteil an den Reichtümern der Erde balgen. Damals waren die nationalen Märkte an ihre Grenzen gekommen und konnten sich nicht mehr entwickeln. Es ging den Mächten darum, ihre nationalen Märkte zu erweitern und das ging nur um den Preis, die Konkurrenten militärisch zu schlagen, um deren Geschäftsgebiete zu übernehmen und eigene Waren zu exportieren und Produktionsstätten zu installieren. Dass allein durch die Zerstörungen des Krieges neue Nachfrage erzeugt wurde, war ein erwünschter Nebeneffekt.

Heute haben wir wegen der technologischen Entwicklung eine andere Situation. Die Industriemonopole sind universal angelegt. Mit Hilfe der Kommunikationstechnologie, Weltraumtechnik, Bio- und Nano-Technologie wären diese Konzerne in der Lage, sich unendlich auszudehnen und sämtliche wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Produktionsprozesse unter ihrer Leitung zu übernehmen. Die Konzerne gehören zwar schwerpunktmäßig Anteilseignern aus den USA und der EU, aber es sind ebenso institutionelle Besitzer aus allen Ländern der Erde, auch aus Russland, China, Südamerika und dem Nahen Osten vertreten.

Schlagzeile The Guardian: Enthüllt: Die "schwindelerregenden" Gewinne des Ölsektors von 3 Milliarden Dollar pro Tag in den letzten 50 Jahren

Die USA und die Nato-Staaten haben sich die Interessen der oligarchischen Unternehmen zu Eigen gemacht; man könnte auch sagen, die Oligarchen bestimmen die Politik dieser Länder. „The Guardian“ berichtete am 21.07.2022, dass eine Analyse auf Daten der Weltbank basierend festgestellt hat, dass die Ölindustrie in den letzten 50 Jahren täglich (!) 2,8 Milliarden Dollar an Reingewinn erbracht hat. "Es geht um eine riesige Menge Geld", sagte einer der Autoren. "Mit all diesem Geld kann man jeden Politiker und jedes System kaufen, und ich glaube, das ist auch geschehen. Es schützt [die Produzenten] vor politischer Einmischung, die ihre Aktivitäten einschränken könnte".

Stellvertretend für die multinationalen Konzerne, die die Herrschaft über die Welt antreten wollen, sehen sich die westlichen Staaten unter Führung der USA als den einzigen Pol in der Welt, der für dessen Leitung bestimmt ist. Diese Führung ist ihnen in Teilgebieten der Erde auch jeweils schon gut gelungen. Ideologisch abgesichert wird dieser Herrschaftsanspruch durch die neoliberale Doktrin, dass der Markt allein alles regeln könne. Hinzu kommen ein amerikanisches Sendungsbewusstsein als von Gott erwählte Nation und die Instrumentalisierung der westlichen einseitigen Vorstellungen von Demokratie und Menschenrechten. Demokratie und Menschenrechte erschöpfen sich in formaler Einhaltung von Wahlen und formaler Gleichbehandlung von Menschen unabhängig von Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit. Die Rechte auf Gesundheitsvorsorge, auf Teilhabe an den geschaffenen Werten in der Produktion als Arbeitnehmer oder auf eine öffentliche Daseinsvorsorge sind in diesem Menschenrechtskanon nicht vorgesehen.

Die weltweite Herrschaft der Konzerne ist schon weit gediehen; Microsoft, Google, Facebook und Amazon und ähnlich strukturierte Konzerne wie Netflix oder Eventim beherrschen die Kultur zum großen Teil. Die Presseorgane und Kulturinstitutionen passen sich deren Stil der Verwertung von Kultur an.

Die Organisation der Produktion wird von der Kommunikationstechnologie bestimmt. Tesla, Uber und die anderen Konzerne der so genannten Sharing Economy verändern das Arbeitsleben. Die Arbeiter, die die Werte erzeugen, haben kaum noch Einfluss auf die Arbeitsbedingungen. Gewerkschaftsrechte werden weltweit abgebaut; in Deutschland hat zuletzt die Vorgängerregierung (Große Koalition) den Konzernen das Gewerkschaftseinheitsgesetz geschenkt, das eine bürokratisierte Gewerkschaftsbewegung vor kämpferischen Mitgliedern und Konkurrenten schützt. Und die Zeitungen und Sender der mittlerweile multinationalen Pressekonzerne haben diese Gesetzesänderung einhellig unterstützt, genau wie sie sich während der Corona-Epidemie einhellig zu Sprechern der Regierungspolitik gemacht haben und genauso, wie sie jetzt einhellig die Sanktionspolitik der Regierung unterstützen und –wiederum – kampagnenartig mit Forderungen nach Waffenlieferungen den Krieg in der Ukraine befeuern. Auch hier hat sich die nicht monopolisierte Presse, wie z. B. ARD und ZDF, dem Vorbild der Konzernpresse angeschlossen.

Diese Monopole werden weltweit von einer Finanzoligarchie mit Hilfe von neuen Kapitalformen und Krediten gesteuert. Die „deutschen“ Konzerne gehören auch längst nicht mehr einzelnen Großaktionären, ganz zu schweigen von einzelnen Unternehmerpersönlichkeiten, sondern Finanzkonzernen und Schattenbanken, wie BlackRock, Vanguard, State Street & Co., Dimensional Fund, T. Rowe Price, Perkins usw., die Oligopole darstellen. Diese Oligopole sind selten Einzel-Mehrheitseigner von Konzernen, sondern haben nur einige Prozente der Anteile; sie stellen in ihrer Gesamtheit aber die Mehrheit und bestimmen das Geschäft. Regionale und persönliche Gegebenheiten spielen keine Rolle mehr, sondern gehandelt wird nur nach überzogenen Renditeerwartungen.

Und so müsste es nach den zugrunde liegenden Triebfedern des Kapitalismus einfach weiter gehen. Aber hier stößt das Kapital an Grenzen, die es nicht akzeptieren kann. Es wird mit den vorhandenen Produktionskapazitäten mehr produziert, als verkauft werden kann. Die Ware wird somit wertlos. Das führt im Kapitalismus zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch.

Demnächst 2. Folge: Zwei Rettungsanker [jdm/Foto Wikipedia gemeinfrei Hermann Rex (gest. 1937), Photo courtesy of National Nuclear Security Administration / Nevada Field Office]

Hunger mit System

Der Ukraine-Krieg verstärkt die dramatischen Ernährungskrisen im Globalen Süden. Ihre Ursachen liegen jedoch tiefer.

Im Zuge der Liberalisierung wurden viele Anbauflächen an private InvestorInnen verkauft oder verpachtet. Spekulation wurde Teil des täglichen Brotes. Mehr im Artikel auf Medico International ... . [medico international]

Nato will Chinas Erfolge militärisch bekämpfen

Der Nordatlantik-Pakt, kurz Nato genannt, nennt sich selbst ein "Verteidigungsbündnis". Wieso dieser Pakt seine Schiffe und Kriegsflugzeuge in Asien kreuzen und fliegen lässt, statt im Nordatlantik, ist ein Rätsel. Auf ihrem Gipfel in Madrid hat sie China als "systemische Herausforderung" bezeichnet. Der Begriff "systemischer Rivale" wurde vermieden. China erzeuge strategische Abhängigkeiten in nicht-militärischen Bereichen. Klar muss man - meint die NATO - dagegen militärisch vorgehen.

Auf dem G7-Gipfel hatte Biden ein weltweites Infrastrukturprogramm verkündet. Die westlichen Staaten kopieren damit das "Neue-Seidenstraßen"-Programm Chinas, das für viele Staaten eine gute Alternative zu den unterdrückenden "Hilfe"-Strategien des Weltwährungsfonds und der Welthandelsorganisation, sowie der westlichen Staaten darstellt, weil es nicht in die Partnerländer hineinregiert und nicht verlangt, dass diese Länder sich den neoliberalen Forderungen nach Privatisierung und schutzloser Auslieferung an den Weltmarkt unterwerfen. Man darf gespannt sein, wie die westlichen Staaten auch ihr jetzt verkündetes Infrastrukturprogramm nutzen, um die Unterwerfung der restlichen Welt zu verstärken.

Die NATO-Staaten und die Mainstreampresse der EU hatten die verstärkte Konfrontationlinie im letzten Monat mit erneuerten Vorwürfen an China wegen angeblicher Unterdrückung der Uiguren in der Provinz Xinjiang vorbereitet. In einem Interview des VW-Rechtsvorstands Manfred Döss mit der Neuen Zürcher Zeitung stellt dieser fest: "Ich kann für das Werk in Urumtschi sagen, dass uns keine Hinweise vorliegen, dass Zwang auf die Werktätigen ausgeübt wird". Der Grünen-Europaparlamentarier Bütikofer, ein notorischer Rufer nach Sanktionen gegen China, hatte den VW-Konzern aufgefordert, sich aus China zurückzuziehen. [jdm]

G7-Staaten: Mit Sanktionen in die Klima- und Hungerkatastrophe

UNICEF sammelt Geld für die Opfer des Erdbebens in Afghanistan, um den Menschen, die sich in einer katastrophalen Lage befinden, zu helfen. Das Land wird nach 30 Jahren Krieg von einem autoritären Regime regiert, was die Situation nicht besser macht. Zur Hungersnotregion wurde das Land jetzt nicht durch das Erdbeben, sondern dazu haben die USA das Land durch ihre Wirtschaftssanktionen gemacht. Die USA erkennen die Taliban-Regierung nicht an, haben die Devisenreserven des Landes beschlagnahmt (sprich geklaut) und verhindern mit Sanktionen gegen jeden, der mit dem Land wirtschaftlich verkehrt, dass das Land mit dem Ausland Handel treiben kann und seine Wirtschaft wieder aufbauen kann. Und auch das, was erlaubt ist, wird von potentiellen Handelspartnern nicht gemacht, aus Angst eine Regel der USA zu übertreten und somit selbst Sanktionsopfer zu werden.

Sanktionen treffen nur in seltenen Ausnahmefällen diejenigen, die offiziell Ziel der Maßnahmen sind. Opfer sind immer die armen Menschen in den jeweiligen Ländern, nie die reichen und herrschenden Kreise.

Auch die Sanktionen gegen Russland, die der Westen verhängt hat, haben bisher in keiner Weise dazu beigetragen, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Wirtschaft Russlands hat sich als viel resistenter erwiesen, als es sich die westlichen Regierungen erhofft haben. Die nicht mit der NATO assoziierten Staaten machen bei den Sanktionen nicht mit, so dass Russlands Wirtschaft sich zum Teil sogar unabhängiger von westlichen Einflüssen machen konnte und neue Handelspartner gefunden hat. Der Westen hat heute nicht mehr die wirtschaftliche Macht, den Ländern der Welt ein Verhalten zu diktieren - schon gar nicht einem so großen Staat wie Russland.

Opfer dieser Sanktionen sind aber weltweit die Menschen, die von ihren normalen Arbeitseinkommen leben müssen.

Russland hat seine Erdgaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 gedrosselt. Gazprom hatte Siemens-Turbinen zur Reparatur nach Kanada geschickt und jetzt lässt im Rahmen der Sanktionen Kanada die Turbinen nicht nach Russland verschiffen. Wenn Habeck davon spricht, Russlands Gründe seien vorgeschoben, dann ist das falsch. Hier hat der Westen Russland eine Grube gegraben und ist selbst hineingefallen. Deutschlands Gasversorgung ist jetzt gefährdet. Die arbeitenden Bürger werden durch höhere Preise dafür bluten. Und für die Armen in unserem Land wird die Heizung nicht mehr bezahlbar. Für die Sippe der Berufspolitiker in Berlin und für die Aktionäre der Rüstungs-, Energie-, Lebensmittel- und Düngemittelkonzerne, ist dies kein Problem. Sie können leicht dazu aufrufen, für den Krieg zu frieren. ("Gold gab ich für Eisen" war der entsprechende Werbespruch im 1. Weltkrieg)

Und diese Selbstschädigung durch die Sanktionen gilt noch für viele weitere Bereiche: Die Abwertung des Rubels durch den Ausschluss aus dem Swift-Zahlungssystem konnte Russland nach wenigen Tagen schon wieder abfedern. Die Umstellung auf Zahlungen in Rubel hat allein schon einen Kursgewinn für den Rubel gebracht. Aber auch, dass die Senkung der Ölimporte nach Westeuropa durch größere Lieferungen z. B. an Indien aufgefangen wurden, hat dazu beigetragen. Europa bezieht das russische Öl jetzt wesentlich teurer über Indien.

Aluminium, Nickel, Kobalt und andere Metalle sind lebenswichtig für die Autoindustrie. Es kommt zum großen Teil aus Russland. Stahlnägel für die Palettenindustrie kommen auch nur aus Russland. Der fehlt es zudem an Holz. Und es fehlen auch die 10 Mio Paletten, die direkt von Russland importiert wurden. Und es fehlen die 9,55 Mio Paletten aus Polen und dem Baltikum, das auf Holz aus Russland angewiesen ist.

Düngemittel aus Russland und Weißrussland fehlt jetzt auch. China und Russland haben zudem ihrerseits den Düngemittelexport eingestellt, um angesichts der drohenden Nahrungsmittelverknappung ihre eigene Landwirtschaft vorrangig zu bedienen. Die Düngemittelpreise sind deshalb explodiert und die westlichen Düngemittelkonzerne nutzen ihre neue Monopolstellung, um mit prächtigen Preisaufschlägen die Gewinne in die Höhe zu treiben. Ergebnis: Bauern müssen mehr zahlen, die Lebensmittelpreise steigen dann noch mal extra kräftig und die Landwirtschaft in den armen Ländern des Südens fährt Missernten ein, weil sie Düngemittel schlicht nicht bezahlen kann. Die westlichen Sanktionen bewirken somit millionenfaches Hungersterben in der Welt.

Die Stilllegung des Öltransportes per Pipeline aus Russland wirkt wie ein direktes Unterstützungsprogramm für die griechischen Großreeder, die russisches Öl jetzt über die Meere schippern. Das Öl wird dadurch teurer mit den genannten Folgen für die arbeitenden Menschen, die diese höheren Preise zahlen müssen bzw. sie eben nicht mehr zahlen können.

Als Kompensation der fehlenden Energieträger plädiert die westliche Politikerkaste für mehr Energie aus Kohlekraftwerken und aus Atomkraftwerken. Abgesehen davon, dass damit die Energie für Mobilität und Heizung nicht kompensiert werden kann, ist damit auch die Hoffnung auf einen Stopp der Klimaerwärmung hinfällig.

Die Chefs der G7-Staaten, die sich jetzt in einem Schloss treffen und sich dabei weiträumig mit einem beispiellosen Polizeiaufgebot und dem Aussetzen demokratischer Regeln vor dem niederen demonstrierenden Volk schützen lassen und die Natovertreter, die sich in Spanien mit einem ebensolchen Aussetzen demokratischer Rechte vor ihrem Volk schützen lassen, fahren die Welt so oder so oder doppelt an die Wand: Hungersnöte und Klimakatastrophe werden voraussichtlich durch den atomaren Winter des Atomkriegs beendet werden - wenn, ja wenn der Westen nicht endlich die Waffenlieferungen in die Ukraine einstellt und Verhandlungen für einen Frieden beginnt. [jdm]

Frieden und Gerechtigkeit

Die UN-Studiengruppe „Wissenschaft und Ethik des Glücks“, deren Mitglieder renommierte WissenschaftlerInnen und hohe Politiker sind, tagte am 6./7. Juni in Rom/Vatikanstadt. Resultat ist ein entschiedener Appell für einen „Verhandlungsfrieden“ und sofortigen Stopp der Waffenhandlungen. Die FriedensforscherInnen gehen davon aus, dass am Ende eines nicht endenden Krieges in der Ukraine dieselben Kompromisse stehen werden, die schon am Anfang im Raum standen. Dann aber nach noch mehr Zerstörung und Tod.

Außerdem widerlegen die Expertinnen faktisch die vier zentralen Behauptungen, mit denen eine Fortführung des Krieges gerechtfertigt und Verhandlungen verweigert werden. Auf der Homepage von "Emma" können Sie den leicht gekürzten Originaltext ihres Appells an die direkt und indirekt Kriegsführenden lesen.

Auf Change.org können Sie den von Emma initiierten Appell an Bundeskanzler Scholz, die Eskalationsspirale zu durchbrechen und den Krieg nicht durch Waffenlieferungen an die Ukraine zu eskalieren, weiterhin unterstützen. [jdm]

Assange: Britische Innenministerin genehmigt Auslieferung an USA

Heute, kurz vor Ablauf der Entscheidungsfrist, hat Innenministerin Priti Patel im Namen der britischen Regierung die Auslieferung von Julian Assange an die USA genehmigt. Er soll dort nach dem aus dem Ersten Weltkrieg stammenden Spionagegesetz angeklagt werden. Er könnte zu insgesamt absurden und mehr als lebenslangen 175 Jahren Haft verurteilt werden. Wikileaks tweetete eine kämpferische Botschaft, in der angekündigt wird, in Berufung zu gehen, wofür Assange zwei Wochen Zeit hat. Ob die Punkte im Einspruch am Londoner High Court erneut verhandelt werden können, entscheidet dann ein einzelner Richter. Wann diese Entscheidung fällt, ist einmal mehr unklar, während der Untersuchungshäftling Assange seit über drei Jahren in Belmarsh, dem „englischen Guantánamo“, eingesperrt bleibt. Mehr auf den Nachdenkseiten... .[Nachdenkseiten]

Neue Linie der Nato im Ukraine-Krieg?

Screenshot Jens Stoltenberg bei Kultaeranta Talks

In einem Podiumsgespräch in der Reihe Kultaranta Talks des finnischen Präsidenten am 12.06.2022 äußerte sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (ab der 32. Minute) etwas anders als in der Vergangenheit zur Frage eines möglichen Friedens in der Ukraine.

Er sagte, der Frieden sei möglich, wenn erstens Russland den Krieg beende und zweitens, wenn die Ukraine den Krieg am Verhandlungstisch beende. Die Frage sei, welchen Preis die Ukraine bereit sei, zu zahlen. „Wie viel Territorium, wie viel Unabhängigkeit, wie viel Souveränität sind sie bereit, für den Frieden preiszugeben?“. Die Nato habe die Aufgabe, die Ukraine für diesen Prozess zu stärken. Die Nato werde aber, um eine Eskalation zu vermeiden. nicht in die Ukraine gehen.

Das hörte sich schon deutlich anders an, als die Äußerungen der Deutschen von der Leyen und Baerbock, die Russland besiegen wollen.

Hier zeigt sich womöglich eine gewisse Kriegsmüdigkeit im Westen. War anfangs plötzlich das ganze bürgerliche Lager kriegsbegeistert und bereit, die eigenen Lebensgrundlagen für den Moloch Krieg zu opfern, so ist jetzt Ernüchterung eingetreten, weil man langsam spürt, was es bedeutet, wenn der Staat sein Geld für Waffen statt soziale Sicherheit, Bildung und Infrastruktur ausgibt. Und abgesehen von den Nato-Staaten und ihren engsten Verbündeten gibt es weltweit keine Unterstützung für die Eskalationstrategie des Westens.

Aber auch das Verhalten der Ukraine passt nicht zu der medialen Heldenverehrung. Innerhalb der Ukraine sind die letzten Demokratiereste beseitigt worden, der Häuserkampf lässt sich nicht mehr als Heldenmut verkaufen, sondern wird erkannt als das, was der Krieg immer ist: Menschen sinnlos in den Tod zu schicken. Ukrainische freiwillige Soldaten fühlen sich im Stich gelassen und als Kanonenfutter gebraucht. Täglich sterben mindestens 100 ukrainische Soldaten einen sinnlosen Tod und auf der russischen Seite etwa ebenso viele.

Auch das Malen des bösen Russen als vergewaltigende Bestie hat nach der Enthüllung über die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Lyudmyla Denisova einen Dämpfer bekommen. Sie beschrieb detailliert Gräuelgeschichten von Massenvergewaltigungen an Frauen und Kindern. In einem Fall erzählte sie, dass russische Soldaten einen einjährigen Jungen zu Tode vergewaltigt hätten. Weil sie so viele Details erzählte, wollten Journalisten mehr darüber erfahren und recherchierten – und stellten fest, dass alle Erzählungen ausgedacht waren. Denisova verteidigte sich damit, dass sie so militärische Unterstützung für die Ukraine organisiert habe. In Italien sei die Partei "Fünf Sterne" gegen Waffenlieferungen gewesen. Nach ihrer Rede vor dem Ausschuss für internationale Angelegenheiten im italienischen Parlament gab es Unterstützung für die Ukraine und ein Parteiführer sagte, dass er unter anderem die Lieferung von Waffen unterstützen würde.

Das ukrainische Parlament hat sie dennoch entlassen; nicht wegen dieser Gräuelgeschichten, sondern weil sie lieber im Westen herumtourte, als mit Russland und Weißrussland humanitäre Korridore und Gefangenenaustausche zu verhandeln. [jdm]

Klaus von Dohnanyi

Klaus v. Dohnanyi ist zurzeit in den Medien stark präsent mit seinem Buch "Nationale Interessen". Die Interessen der USA beschreibt er sehr gut - die Europäer sollten ihre eigenen Interessen denen der USA nicht unterordnen, was zurzeit praktisch der Fall ist.

Dies ist alles nicht neu, aber dass es ein konservativer SPDler so schreibt, ist schon beachtenswert. Das liegt vielleicht auch an seinem Ansatz, der die kapitalistische Konkurrenz - die im Fall Ukraine zur Eskalation geführt hat - grundsätzlich nicht in Frage stellt, sondern im Gegenteil die europäischen - eigenen (nationalen) - Interessen in den Vordergrund stellt. Das ist nicht grundsätzlich friedensschaffend, in diesem Fall aber schon. Auf Telepolis wurde Dohnanyi zu seinem Buch und zum Ukraine-Krieg interviewt (3 Teile). Hier sind die Links: Dohnanyi-Interview Erster Teil, Zweiter Teil, Dritter Teil. [HM/jdm]

Krieg, Spekulation und eine gerupfte Friedenstaube

Noch ist kein Liter Öl, kein Kubikmeter Gas weniger nach Europa geflossen. Trotzdem werden Preisanstiege mit einer Verknappung auf dem Markt in Folge des Ukraine-Kriegs begründet. Auch das dreckige teure Frackinggas aus den USA wird nur in geringen Mengen mehr als vorher bezogen.

Die Preise haben sich an den Tankstellen trotzdem entwickelt, als ob die Energie nicht mehr verfügbar wäre. Tatsächlich wird mit diesen Rohstoffen nur spekuliert und die Energiekonzerne verdienen sich zur Zeit dumm und dusselig.

Mehl, Getreide und Speiseöl fehlen in den Geschäften. Auch hier soll der Ukrainekrieg als Ursache herhalten. Tatsächlich ist durch den Krieg noch kein Korn weniger geerntet worden. Preisanstieg und fehlendes Angebot sind auch hier nur auf die Spekulation zurück zu führen, an der sich in diesem Fall auch die Verbraucher in bescheidenem Umfang mit den Hamsterkäufen zu beteiligen versuchen.

Wer sich von den offiziellen Verlautbarungen sein Gehirn nicht verkleistern lässt, sondern sein eigenes Gedächtnis bemüht, wird sich erinnern, dass der Preisanstieg schon vor dem Ukrainekrieg ein Thema war. Bei Häuslebauern, Autokäufern und Mietern dürfte das diesbezügliche Gedächtnis besonders gut funktionieren. Seit der Bankenkrise vor 15 Jahren haben die Notenbanken Geld ohne Ende in den Markt gepumpt, um die Banken als Motoren jeder Spekulation zu retten und den Markt vor dem Zusammenbruch zu retten. Geld ist so billig, wie noch nie, aber die Rohstoffe und Produkte lassen sich nicht so, wie das Geld, einfach vermehren. Es besteht also ein Missverhältnis.

Allerdings liegt das Geld nicht bei den Verbrauchern, sondern bei den Oligopolen, wie den Finanzkonzernen und Schattenbanken, wie BlackRock, Vanguard, State Street & Co., Dimensional Fund, T. Rowe Price, Perkins usw.. Und diese kaufen kein Öl, um mit dem Auto von A nach B zu fahren, sondern sie spekulieren mit den Rohstoffen.
Und mit jedem Kauf und Verkauf wird es für den Verbraucher teurer. Und das war schon vor dem Ukrainekrieg so.

Der Ukrainekrieg ist ein exzellenter Vorwand, um diese Mechanismen zu verstecken. Aber im nächsten Jahr wird sich auch die Minderproduktion auswirken. Und es wird sich auswirken, dass die Führung unseres Staates, also die Bundesregierung - gestützt von den Kopfnickern der Übergroßen Koalition im Bundestag aus CDU/CSU/SPD/FDP/Grünen im Bundestag - beschlossen hat, dass  jeder Haushalt in Deutschland durchschnittlich mehr als 4.000 Euro pro Jahr für Panzer, Kriegsschiffe und Haubitzen bezahlen soll. Da verpufft die Energiepauschale in Höhe von 300 € sehr schnell.

Der Grüne Hirtreiter hat sich ja bekanntermaßen zum Waffenexperten entwickelt, der grüne Wirtschaftsminister Habeck glaubt, wir müssten nur die Heizung um ein Grad herunter drehen und die grüne reisende Kriegstreiberin Baerbock weiß, dass wir alle verzichten wollen. Dabei verzichten wir alle erstens für die Superprofite der Finanzoligopole und zweitens für das Anheizen eines Krieges, der nicht nur die Ukraine zerstört, sondern auch unsere Sicherheit zerstört. Dieses Jahr werden der Friedenstaube zu Ostern alle Federn gerupft.[jdm]

Egal was passiert – immer dieselben Antworten

Man könnte auf die Idee kommen, bei den Politikern der EU und der NATO handele es sich um ganz einfach programmierte Roboter. Sie wandeln jede Nachricht über den Krieg in der Ukraine in den einfachen Satz um „Der Russe ist böse“ und dann fordern sie neue Sanktionen und beschließen Waffenlieferungen in die Ukraine. Ein anderes Reiz-Reaktions-Schema ist nicht vorgesehen. Und so wie eine Maschine nie fragt, wofür das Ganze gut sein soll, so können die Regierungen in der Nato/EU so etwas auch nicht fragen.

Dabei sind die Toten aus Butscha eine logische Folge des Krieges. Und dieser Krieg muss sofort beendet werden und nicht weiter angefacht werden.

Möglicherweise sind diese Toten Opfer eines ganz normalen Kriegsgeschehens. Es gibt Berichte, dass ein völlig unübersichtlicher Kampf statt gefunden hat.

Möglicherweise sind die Toten Opfer einer russischen Soldateska, die sich als besonders brutal erwiesen hat. Es gibt Berichte, dass Verbände des als brutal berüchtigten tschetschenischen Militärs Kadyrow in Butscha waren.

Möglicherweise sind die Toten Opfer eines Rachefeldzugs von ukrainischen Kämpfern, die Kollaborateure bestraft haben. Es gibt Berichte, dass weiße Armbinden von Ukrainern als Beweis einer Zusammenarbeit mit russischen Truppen betrachtet wurden.

Möglicherweise sind die Toten Statisten in einer grausamen Inszenierung. Die russische Regierung behauptet dies und wir haben erlebt, dass der Rechte Sektor schon auf dem Maidan 2014 eigene Demonstranten hinterrücks erschossen hat, um Märtyrer zu produzieren. Außerdem haben die USA schon vor dem Krieg Milliarden Dollar in das Land gepumpt und die CIA als Märchenerzählerin ist hinlänglich bekannt (Brutkastenlüge Irak, Hufeisenplan und Fußballspiele mit abgeschnittenen Köpfen im Jugoslawienkrieg, immer neue Geschichten über Chemiewaffen bei anderen in Syrien, vom Westen finanzierte Weißhelme als humanitäre Helden, die sich als Unterstützer der Al Kaida-Kämpfer herausstellen usw.).

Es gibt allen Grund, den verschiedenen Berichten als sich gegenseitig denunzierende Lügen zu misstrauen. Das einzige was sicher ist, ist, dass diese Menschen tot sind und dass dies eine Folge des Krieges ist.

Alle, die jetzt ihre Versionen des Hergangs und ihre Lügen verbreiten, tun dies, um den Krieg zu verlängern. Russland möchte den Krieg nicht beenden, ohne seine deklarierten Ziele zu erreichen, die ukrainische Regierung hat auf diesen Krieg schon seit 2014 hingearbeitet (und führt nebenbei bemerkt schon seit sieben Jahren Krieg gegen zwei abtrünnige Provinzen), die USA arbeiten seit spätestens 1999 an einer Konfrontation mit Russland und wollen den Krieg auf keinen Fall beenden. Und die Regierungen der EU-Staaten nutzen den Krieg, um ihre gigantischen Aufrüstungspläne zu realisieren.

Wenn Baerbock also mit der für die Grünen üblichen moralischen Empörung und einer Gewissheit, die vollkommen unabhängig von tatsächlichem Wissen ist, von russischen Kriegsverbrechen spricht, dann handelt sie wie die oben erwähnten Roboter. Sie kann nichts anderes. Diese Unfähigkeit sei ihr gegönnt, aber leider kann diese Haltung nicht zu einem Frieden führen. Und allein das sollte der Maßstab sein.

Denn wir wollen erstens nicht als Kollateralschaden in einem – leider - aus Versehen losgetretenen Atomkrieg verdampfen. Und wir wollen zweitens nicht durch die absurden Sanktionsforderungen, die heute wieder Fahrt aufnahmen, unsere eigene Wirtschaft und unseren Wohlstand zerstören lassen. Dass derzeit die Klimakatastrophe einfach weiter ihren Lauf nimmt, stört anscheinend niemanden mehr.

Ob die Kriegsministerin Christine Lambrecht auch nur ein Politikerroboter ist, kann derzeit nicht beurteilt werden. Sie hat sich manchen Forderungen nach Waffenlieferungen widersetzt – allerdings teils mit absurden Begründungen (alle eigenen Schützenpanzer seien in Nato-Verpflichtungen eingebunden). Und ihre Forderungen nach Sanktionen sind seltsam unbestimmt. Das könnte ein Zeichen von Vernunft sein, wie er Automaten nicht eigen ist. Aber wenn sie der Vernunft – also einem Kriegsende – tatsächlich dienen wollte, müsste sie schon deutlicher machen, was es für Europa und die Ukraine bedeutet, wenn weiter alle Arten von Waffen in die Ukraine gepumpt werden.

Der bayrische Ministerpräsident Söder meinte übrigens, Lambrecht blamiere „Deutschland vor der Ukraine und unseren westlichen Partnern“. Seine Sorgen möchte man haben. [jdm]

Militärexperte Ulrich Scholz im Interview mit der Ems-Zeitung

Die Ems-Zeitung (NOZ) führte heute ein Interview mit dem ehemaligen Planungsstabsoffizier im Nato-Hauptquartier Ulrich Scholz. Er sieht durchaus Möglichkeiten für einen Kompromiss, der zum Frieden in der Ukraine führen könnte. Denn Putin sei keineswegs verrückt, sondern ein nüchterner Denker. Der Oberstleutnant a.D. ist der Meinung, dass Putin keinen Konflikt mit der Nato will, weil er wisse, dass das viel zu gefährlich sei. Deshalb seien die baltischen Staaten auch nicht in Gefahr. Für einen Frieden müsse der Westen dem russischen Präsidenten nun entgegenkommen. [jdm]

EU-Aufrüstungspläne bestanden schon lange vor dem Ukraine-Krieg

Mit der neuen EU-Eingreiftruppe und dem „Strategischen Kompass“ hat die EU ein ganzes Bündel an Maßnahmen zum Ausbau der militärischen und rüstungsindustriellen Fähigkeiten der Union beschlossen.

Die Planungen dafür laufen schon länger (Hallo-Wippingen berichtete z.B. am 16.07.2019). Mit PESCO hat die EU schon seit 2017 eine Planung aufgelegt, um die EU in ein militärisches Bündnis zu verwandeln. Dabei wird auch mit anderen Staaten kooperiert, insbesondere den USA, Kanada und Norwegen. PESCO war u. a. eine Selbstverpflichtung zu ständig steigenden Militärausgaben.

Das Programm war nicht unbedingt populär und wurde in der Öffentlichkeit immer wie ein kompliziertes Spezialistenthema behandelt. Jetzt angesichts des Ukraine-Kriegs haben die EU-Regierungen die Gunst der Stunde genutzt und sie verkaufen das Programm als Notwehr gegen Russland. Und sie treffen damit auf eine europäische Mainstream-Presse, die sich geradezu in Kriegsbegeisterung überschlägt.

Infantile Kriegbegeisterung in der Ems-Zeitung vom 30.03.2022

Als Beispiel mag die dpa-Meldung auf der heutigen Titelseite der Ems-Zeitung dienen, die zum Fremdschämen für die ganze Redaktion einlädt und von vielen Zeitungen gebracht wurde: Eine Siebenjährige sammelte Geld für ukrainische Soldaten. Peinlicher und dümmer geht es nicht mehr.

Gleichzeitig gibt es auf der Berliner Parlaments-Bühne außer den Linken keine Politiker mehr, die sich dieser grenzenlosen Aufrüstung widersetzen. Die Grünen Sara Nanni, Sprecherin für Sicherheitspolitik, und Jürgen Trittin, Sprecher für Außenpolitik, begrüßen in einer gemeinsamen Erklärung den Aufrüstungsplan geradezu begeistert.

Weil die Pläne zur Aufrüstung der EU schon länger existieren, kann man davon ausgehen, dass der Ukraine-Krieg nichts damit zu tun hat. Also warum das Ganze?

Die heutige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat 2019 von der „Wiederkehr der Konkurrenz großer Mächte“ gesprochen, in der Deutschland und die EU „nicht neutral“ bleiben könnten, schließlich seien sie „Teil dieses Konkurrenzkampfs“.

Die Grundmelodie des Kapitalismus heißt „Wachse oder weiche“. Wachsen können die großen Wirtschaftsmächte – jedenfalls, wenn sie kapitalistisch verfasst sind – nur auf Kosten der anderen Mächte. Die USA sehen schon länger ihre Wirtschaftsmacht schwinden. Ihre wirtschaftliche Macht beruht immer mehr darauf, dass sie Besitzer der Leitwährung Dollar sind. Diese wird mit der zunehmenden Entwicklung anderer Mächte langsam weniger mächtig. Nicht nur China, auch andere nichtwestliche Staaten, wie Russland, aber auch Brasilien, Indien, Vietnam, Südafrika und viele andere Staaten bekommen mehr Gewicht und sind der Ausbeutung durch die USA immer weniger schutzlos ausgeliefert.

Die USA und die Nato haben mit ihren verschiedenen Kriegen in der Welt immer wieder gezeigt, dass sie Staaten, die nicht willfährig sind, zerstören können. Aber gleichzeitig haben diese Kriege auch gezeigt, dass die USA keine Kriege mehr gewinnen können, also diese Staaten nicht mehr beherrschen können.

Die EU als Partner der USA ist in der Zwickmühle: Sie, beziehungsweise ihre stärksten Staaten Frankreich und Deutschland, möchten beim weltweiten Konkurrenzkampf selbst mitmachen und dabei auch der Konkurrenz zur USA, die ja auch besteht, etwas entgegen setzen können.

Die EU soll deshalb langfristig zu einer eigenständigen Militärmacht unabhängig von den USA ausgebaut werden und überall Kriege führen können, wo die EU die wirtschaftlichen Interessen ihrer Konzerne gefährdet sieht.

Der Gedanke von Abrüstung, Friedenssicherung, weltweiter Zusammenarbeit und Diplomatie hat in diesem Konzept keine Chance. Im „Strategischen Kompass“ spielen diese Dinge keine Rolle. Logisch, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag nicht beigetreten ist. Logisch, dass das 100-Mrd. €-Programm praktisch über Nacht vorgelegt werden konnte, weil die Pläne schon länger existieren.

Eine Lösung für den Ukraine-Krieg zu finden, wird auch nicht einfacher, wenn die EU, dem die Ukraine beitreten will, ein Militärbündnis geworden ist.

Die Informationsstelle Militarisierung schreibt zu den EU-Plänen: „Das große Kriegspotenzial, das hinter all den Ankündigungen steht und der bereits direkt begonnene Wirtschaftskrieg, sollte uns Warnsignal genug sein. Denn die Kriege und dieser Machtkampf wird in allen Staaten auf dem Rücken der breiten Bevölkerung und der Arbeiter:innen ausgetragen. Damit sie nicht dafür mit Leib und Leben oder Hab und Gut bezahlen müssen, braucht es eine starke Friedensbewegung.“ [jdm]

Ukraine-Krieg eskaliert weiter – Umweltorganisationen und Militärexperten mahnen Deeskalation an

Die grünen Öko-Bellizisten, die Kriegs-Jusos, die sozialliberalen Kriegstreiber von der SPD und der FDP, sowie die „christlichen“ Waffenschieber können gar nicht genug Waffen in die Ukraine pumpen. Sie, die nie genug Geld für den Klimaschutz und soziale Sicherheit hatten, zaubern einfach das Geld der arbeitenden Menschen herbei, um die angeblich so marode Bundeswehr aufzurüsten und lassen die Rüstungskonzerne das Geld nur so scheffeln.

Baerbock sagte der Ukraine jetzt eine Milliarde Euro für neue Waffen zu, wobei sie sicherstellt, dass das Geld bei deutschen Rüstungskonzernen ausgegeben werden muss.

Die Energie wird verteuert, der grüne Öko-Bellizist Habeck kauft auf einer Tour mit den Konzernchefs unseres Landes klimaschädliches Flüssiggas in dem ach so menschenrechtsfreundlichen Katar. Belgien lässt seine maroden Atomkraftwerke jetzt zehn Jahre länger laufen. An der Küste werden Terminals für Flüssiggas errichtet, die sich ohne den Krieg niemals rechnen würden.

So fördern sie Blutvergießen in der Ukraine, heizen die Klimakatastrophe an und machen die Rüstungsindustrie auf Kosten der arbeitenden Menschen reicher und reicher. Die kapitalistische Konkurrenz führt im Kapitalismus immer wieder dazu, dass sich die Staaten und ihre Konzerne in ihrer Ausbeutung der Welt gegenseitig eingeschränkt sehen, so wie jetzt die Nato und Russland. Die USA haben dabei jetzt schon den nächsten Gegner China fest im Blick, wenn Russland erst mal erledigt ist. Friedliche Zusammenarbeit ist keine Haltung, die auf Dauer im Kapitalismus möglich ist.

Die Propagandisten der Bundeswehr, der Nato und der US-Think-Tanks schaffen es wieder mit den alten Tricks, von den echten Kriegsursachen abzulenken und sie treiben mit Hilfe der  Medien immer mehr Menschen in die Kriegsbegeisterung. In Deutschland und Europa wurden russische Medien verboten, in der Ukraine wurden die Fernsehsender gleichgeschaltet und Parteien verboten, in Russland werden ebenfalls Sender und Zeitungen, Facebook und Instagram, verboten.

Die Gegenseite anzuhören und andere Sichtweisen zu verstehen, ist dem Krieg nicht dienlich. Deshalb wird nicht von Russlands Interessen und von den Nato-Interessen gesprochen, sondern eine personalisierte Dämonisierung der anderen Seite betrieben. Statt vom Krieg Russlands, ist von Putins Krieg die Rede, statt von Nato-Interessen an der Einkreisung Russlands ist vom heldenhaften Selenskyj die Rede. Bei allen Kriegen war das so: der Schlächter Milosevic in Serbien, der Babymörder Saddam Hussein, usw. . Aber die Drohnen und Bomben der Nato in Afghanistan dienten den Menschenrechten und Frauenrechten und waren gar keine Bombardements, sondern „Operationen“. Auch Russland macht dies so: es kämpft angeblich gegen die ukrainischen Faschisten und Völkermörder, auch der Krieg gegen die Ukraine wird als militärische Operation klein geredet.

Die Menschen in Russland, die sich gegen den Krieg wenden, werden dort als Unterstützer der ukrainischen Soldaten verunglimpft bzw. hier vereinnahmt. Menschen, die hier und in der Ukraine gegen den Krieg kämpfen, werden hier als Putinversteher und Unterstützer von Russlands Krieg gehandelt. Viele Menschen auf den großen Friedensdemos werden als Unterstützer der Kampfhandlungen der Nato und der Ukraine vereinnahmt. Sogar Waffenlieferungen an die Ukraine werden hier auf den quasistaatlichen „Friedensdemos“ gefordert. Und die EU eskalierte heute weiter: es wurde eine neue Eingreiftruppe beschlossen. Dabei ist sicher: Wird diese eingesetzt, ist der atomare Winter nicht mehr weit.

Solange sich genug Soldaten finden, die mit immer mehr Waffen ausgerüstet werden können und gern töten und sich töten lassen wollen, wird es immer mehr unschuldige Menschen als Opfer geben.

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages erklärt, dass die Rechtslage im Ukrainekonflikt sich nicht viel anders darstellt, als bei dem Nato-Überfall auf Jugoslawien 1999: beides ist rechtswidrig. Es gibt Vorschläge für einen sofortigen Frieden bzw. Waffenstillstand genug:

Die Ärzte gegen den Atomkrieg aus Russland und aus der Ukraine haben einen gemeinsamen Aufruf zum Kriegsende gestartet. Der Club of Rome ruft die Verantwortlichen auf allen Seiten dieses Konflikts, auf russischer, europäischer, US-amerikanischer, NATO- und ukrainischer Seite auf , die Militäraktionen sofort einzustellen und eine friedliche Lösung auszuhandeln. Die Naturwissenschaftler für den Frieden appellieren, die Logik des Krieges zu unterbrechen und die Eskalationspirale abzubrechen. In der heutigen Kontrovers-Sendung des Deutschlandfunks warnte der eher atlantisch orientierte Politologe Johannes Varwick von der Universität Halle-Wittenberg davor, mit weiteren Waffenlieferungen die Gefahr eines Atomkriegs zu erhöhen. Die "Initiative Sicherheit neu denken" sagt, es gibt keine Alternative zum Dialog und zur Kooperation.

Letztlich laufen alle Lösungsvorschläge auf eine Neutralität der Ukraine und eine entmilitarisierte Zone zwischen Nato und Russland heraus; eine Lösung die man schon längst ohne Krieg hätte haben können, wenn die Nato die Ukraine und Russland nicht aufeinander gehetzt hätte. Und wenn sich Russland und die Ukraine nicht hätten hetzen lassen.

Der Frieden ist also machbar, aber der rüstungsindustrielle Komplex und ihre Sachwalter in den Regierungen der Nato-Länder einschließlich Deutschlands haben sich entschieden, weiteres Blut für ihre Profite fließen zu lassen. [jdm]

Gleichschaltung in der Ukraine

Der ukrainische Präsident Selenskyj verbietet prorussischen Parteien die Arbeit, darunter auch der zweitstärksten Partei im Parlament "Oppositionsplattform für das Leben", die bei der letzten Parlamentswahl 2019 13% der Stimmen bekommen hatte. Selenskyj sagte in einer Videobotschaft in der Nacht zum Sonntag, die Arbeit an der Spaltung der Ukraine sowie ihrer Kapitulation werde und dürfe keinen Erfolg haben. Neun außerparlamentarischen Parteien, die als euroskeptisch, antiliberal oder als prorussisch gelten wurden auch verboten. Das berichteten mehrere Medien, u. a. der Tagesspiegel. Parteien in der Ukraine sind geprägt durch einzelne Spitzenpolitiker und Oligarchen, weniger durch ihre Programme.

Der Sicherheitsrat der Ukraine ordnete an, alle Fersehsender, die Informationsprogramme verbreiten, zu einem einheitlichen Programm unter dem Titel "Ukraine-zusammen-Marathon" zusammenzuschalten. Dort solle eine einheitliche Sichtweise auf das Kriegsgeschehen verbreitet werden.

Im weiteren Verlauf seiner Rede sprach Selenskyj von ganzen Leichenbergen von russischen Soldaten, die durch die ukrainische Armee getötet worden seien. Diese Zahl an Opfern bei beiden Kriegsparteien lässt sich nicht genau feststellen, weil widersprüchliche Zahlen von beiden Kriegsparteien kommen. Die von Selenskyj genannten Zahlen werden aber sogar von seinen amerikanischen Paten bezweifelt. Sicher ist aber, dass die Kriegshandlungen zahlreiche zivile Opfer kosten und immer wieder Wohngebiete oder Infrastruktureinrichtungen von beiden Seiten unter Beschuss geraten.

Offensichtlich ist, dass der selbstmörderische Kurs von Selenskyj auch in der ukrainischen Bevölkerung nicht unumstritten ist. Seine Forderungen nach einer Flugverbotszone oder nach dem Eingreifen der Nato - die in Deutschland von dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk völlig undiplomatisch als ultimative Forderungen verbreitet werden - würden Europa in den Atomkrieg treiben und von der Ukraine nichts übrig lassen.

Selenskyj möchte den Krieg - wie die USA - einfach möglichst verlängern, um seine eigene Position halten zu können und die US-Interessen zu bedienen. Wäre er tatsächlich ein Held, würde er so mit Russland verhandeln, dass der Krieg schnellstmöglich beendet wird und sein Land vor weiterer Zerstörung bewahrt wird. Stattdessen wird Hand an die formalen Reste an Demokratie im Lande gelegt, um so weiter machen zu können. [jdm]

Krieg: Helden! Helden! Helden!

Screenshot Emma-Artikel Alice Schwarzer

Selenskyj, Soldaten und Kriegstreiber als Helden: Die Ems-Zeitung brachte heute ein Interview mit dem Unionsfraktionsgeschäftsführer Frei, der Selenskyj nach seiner Rede vor dem Bundestag vom Parlament nicht genügend gewürdigt sah.

Zum Weltfrauentag schrieb Alice Schwarzer in EMMA über ein Menschenthema: Über Krieg und Frieden. Über Helden und Tote. Und warum man dem Drama der Ukraine anders hätte begegnen müssen. Die Helden werden von Tag zu Tag mehr, die Waffen auch. Hätte nicht sofort nach einem Kompromiss gesucht werden müssen? [jdm]

Julian Assange darf Entscheidung des High Court gegen seine Auslieferung an die USA nicht anfechten

Julian Assange darf Entscheidung des High Court gegen seine Auslieferung an die USA nicht anfechten. Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs hat dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange das Recht verweigert, die Entscheidung des englischen High Court, ihn an die USA auszuliefern, anzufechten.

Die Petition gegen die Auslieferung des Journalisten an die USA kann weiterhin unterschrieben werden. [jdm]

Städte in der Ukraine schützen, indem sie sich zu „unverteidigten Stätten“ erklären

Niemand weiß, wie der Krieg in der Ukraine weitergehen wird. Ob und wann er mit einem Friedensabkommen beendet werden kann, ist ebenso ungewiss. Bis dahin aber, und darüber gibt es keine Zweifel, werden die Kämpfe stärker, die Opfer an Menschen zahlreicher und die Zerstörungen immer furchtbarer. Es wird zwar über die Einrichtungen humanitärer Korridore aus den Städten gesprochen, aber sie schützen nicht vor der Zerstörung der Städte. Die Voraussetzungen für einen Kompromiss zwischen USA und Nato auf der einen Seite und Russland andererseits sind offensichtlich noch nicht gegeben.

Der Völkerrechtler Norman Paech bringt als Schutz für die Städte die Haager Landkriegsordnung von 1899 ins Gespräch, die es untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen. Sie ist für die Vertragsparteien und ihre Nachfolgestaaten in den Beziehungen untereinander weiterhin gültiges Vertragsrecht. Ihre Prinzipien gelten darüber hinaus seit einigen Jahrzehnten als Völkergewohnheitsrecht. Paech fragt, ob es nicht möglich wäre, die Waffenstillstandsverhandlungen dadurch zu beschleunigen, dass die derzeit belagerten und am meisten gefährdeten Städte Kiew, Mariupol und Charkiw, aber auch Odessa und andere Orte sich zu "unverteidigten Stätten" erklären. Das habe zumindest im zweiten Weltkrieg viele Städte vor der Zerstörung gerettet. Mehr in seinem Artikel auf Telepolis oder im Interview auf dem Profakt-Youtube-Kanal. [jdm]

Wie fing das alles an?

"Nur wer versteht, wie der Weg in diese Katastrophe verlief, wird auch einen Weg aus ihr heraus finden, " schreibt Jürgen Wagner in seinem Artikel "Der NATO-Prolog des Ukraine-Krieges". Sein Artikel auf der Homepage der Informationsstelle Militarisierung zeichnet den jahrzehntelangen Weg in die Eskalation zwischen NATO und Russland nach.

Ein Youtube-Video mit gesammelten Monitorbeiträgen aus 2014 zur damaligen Ukraine-Krise hat die gleiche Thematik. Vor 8 Jahren verstand sich die ARD anscheinend noch als journalistisches Medium und nicht als Propagandainstrument. [jdm]

Demo Lingen: Eskalation stoppen

Am Samstag nahmen ca. 100 Personen an de Demonstration des Jugendbündnisses Emsland gegen den Krieg in der Ukraine teil. Einig waren sich die Redner darin, dass jetzt nicht an der Eskalationsschraube gedreht werden dürfe. Das 100 Mrd.-Aufrüstungsprogramm für die Bundeswehr müsse gestoppt werden. Die Jusos sprachen sich - anders als die anderen Redner - für die Wirtschaftssanktionen gegen Russland aus. [jdm]

Druck auf unsere Regierung = Solidarität mit der Ukraine

In einem Newsletter des Netzwerks Friedenskooperative „So wirst Du aktiv für Frieden“ gibt es folgende Tipps: 1. Beteilige Dich an Demos usw. 2. Benutze Sticker und Fahnen gegen den Krieg. 3. Schreibe eine Protest-Postkarte an die russische Botschaft.

Nun glaube ich nicht, dass die russische Regierung glaubt, die Menschen würden weltweit den Krieg gutheißen. Russland hat den Überfall auf die Ukraine nicht gemacht, weil die russische Regierung glaubt, uns einen Gefallen zu tun. Wie wir auch auf Hallo-Wippingen schon seit langem beschrieben haben, hat die militärische und die politische Nato-Einkreisungspolitik der letzten Jahre Russland immer mehr in die Enge getrieben. Und die Gefahr einer militärischen Eskalation war offensichtlich.

Auf Hallo-Wippingen schrieben wir am 17.01.2022: „Wer Krieg verhindern will, muss die Sicherheitsinteressen aller Beteiligten berücksichtigen. Das bedeutet nicht, dass die Forderungen einer Seite eins zu eins umgesetzt werden müssen, aber man muss substantielle Regeln schaffen, die dem Anderen Sicherheit vermitteln können. … Unsere Regierung sollte sich vielleicht vergegenwärtigen, dass wir hier von einem Krieg unmittelbar betroffen wären – anders als die USA, die ihren Krieg ferngesteuert in Europa betreiben würden. Und man sollte sich nicht darauf verlassen, dass in Russland nur rational denkende Menschen Entscheidungen treffen. Auch dort gibt es deutliche Diskussionen, wie weit man Provokationen der Nato zulassen kann und wann man „Taten“ sehen lassen müsste.“

Jetzt glaubten die russischen Militärs und die Regierung, sie müssten tätig werden und überfielen die Ukraine. Und die Antwort des Westens ist dieselbe, die schon zu dem Krieg geführt hat: Weitere Aufrüstung. 100 Mrd. € kann die Regierung, die das Gesundheitssystem, die Infrastruktur und die Maßnahmen für den Klimaschutz nicht finanzieren konnte, plötzlich auftreiben. Und jährlich sollen ab jetzt 2% unseres Bruttosozialprodukts für Rüstung ausgegegeben werden. Alle Beteuerungen, den Waffenexport in Krisenregionen zu verbieten, sind obsolet geworden. (Schlechte) Flüchtlinge wurden vorher mit Waffengewalt zurückgetrieben und im Mittelmeer dem nassen Tod überlassen; jetzt werden (gute) Flüchtlinge ohne Restriktionen ins Land gelassen (was hiermit ausdrücklich begrüßt wird).

Klimaschutz ist kein Thema mehr, obwohl der Weltklimarat festgestellt hat, dass eine Erderwärmung von 1,5 Grad schon „kurzfristig“ erreicht werden kann. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat den Staaten ein "kriminelles" Versagen beim Klimaschutz vorgeworfen. Und was macht unsere Regierung mit dem „grünen“ Wirtschaftsminister: Statt Erdgas aus Russland soll jetzt das teure Frackinggas aus den USA eingeführt werden, das so klimafreundlich wie Steinkohle ist. Über die Nutzung der Atomenergie wird wieder nachgedacht.

Und die ganze Aufrüstung und die ganzen Verbrechen gegen die Umwelt ändern nichts daran, dass in der Ukraine geschossen, gestorben und zerstört wird. Im Gegenteil: Es wird permanent Öl ins Feuer gegossen. Das Innenministerium ließ auf Anfrage des Spiegels sogar mitteilen, man werde Deutsche nicht daran hindern, sich freiwillig am Krieg in der Ukraine zu beteiligen – nur Extremisten werde man daran hindern. Man will gar nicht mehr wissen, wie das Innenministerium Extremisten definiert.

Beendet werden könnte das Zerstörungswerk, wenn die Nato Russland Angebote für seine Sicherheit machen würde, die es nicht ablehnen könnte. Oder wie es Burkhard Ewert heute in seiner Kolumne in der NOZ ausdrückte: „Sehr zu denken geben muss eine Wortmeldung Wolfgang Ischingers. An dem Tag, an dem im Bundestag eine radikale Wende der deutschen Sicherheitspolitik hingelegt wurde, vollzog der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz ebenfalls eine Umkehr, nur anders. Bisher nicht eben als Russlandversteher bekannt, zeigte er sich plötzlich äußerst sorgenvoll. Es sei der Zeitpunkt gekommen, Russlands Präsident Wladimir Putin einen gesichtswahrenden Ausweg zu ermöglichen.“

Scholz, Baerbock, Lindner und Habeck, ganz zu schweigen von geradezu durchgeknallten Staatschefs wie Großbritanniens Johnson oder in den USA Biden, sprechen viel von Solidarität mit der Ukraine und meinen nur die Allzeit-Hochs bei den Profiten der Rüstungs- und Energiekonzerne. Die Wirtschaftswoche berichtete gestern: „Mit einem zeitweisen Kursanstieg auf bis zu 180 Euro haben sich die Aktien von Rheinmetall, des führenden deutschen Rüstungskonzerns, in wenigen Tagen verdoppelt. Das ist der stärkste Anstieg, der sich in dieser Aktie jemals feststellen lässt. Neuling Hensoldt, der sich beim Börsengang 2020 nur schwer verkaufen ließ und zunächst bei Notierungen um 10 Euro dümpelte, liegt nun seitdem 150 Prozent im Plus. Und diese Kursgewinne dürften noch nicht das Ende der Fahnenstange sein.“

Naomi Klein schrieb auf „The Intercept“, die Tatsache, dass Regierungen sowohl bei der Firmenrettung als Folge der Pandemie, als auch jetzt bei der absurden Aufrüstung, plötzlich Milliarden Dollars und € aus dem Nichts zur Verfügung stellen können, zeige immerhin, dass das mit den Sachzwängen, die bisher Klimaschutz verhindert haben, nicht stimme. Wenn etwas gewollt werde, könne man etwas ändern. Also lasst uns dafür sorgen, dass die Veränderungsfähigkeit nicht für die Vernichtung genutzt wird, sondern um das Überleben zu sichern.

Die Ukraine ist nur das Opfer der Rivalität zwischen der Nato und Russland. Es geht nicht wirklich um die Ukraine. So wie es aussieht sind sowohl Russland, als auch die Natostaaten bereit, der vollständigen Zerstörung des Landes zuzuschauen. Und in den Natostaaten haben nun einmal unsere Politiker das Sagen, also auch die deutschen Bellizisten Scholz, Lindner, Baerbock und Habeck. Unsere Demonstrationen sollten sich also an unsere Politiker wenden. Dass wir Russlands Einmarsch verurteilen, versteht sich sowieso. Aber Veränderung können wir nur mit Druck auf unsere heimischen Kriegstreiber erzeugen. [jdm]