Im Landkreis Diepholz hat der Kreistag mit den Stimmen aller Fraktionen zugestimmt, die Servicekräfte in den Krankenhäusern wieder nach Tarif zu bezahlen. Die Servicekräfte waren 2005 in die Levare gGmbH als Tochter des Klinikverbundes Diepholz outgesourced worden. Damals fehlten die Mittel zur Krankenhausfinanzierung. Aus der Not heraus hatten damals auch Arbeitnehmervertretungen für die Ausgliederung gestimmt.
Wie die Kreiszeitung am 09.12.2024 berichtete, lag das Gehalt der Levare-Beschäftigten nur knapp über dem Mindestlohn mit den entsprechenden Folgen für die spätere Rente. Echter Zorn entwickelt sich bei den Levare-Beschäftigten, als sie nur den halben Inflationsausgleich erhalten sollten, obwohl sie am meisten unter den gestiegenen Preisen leiden, während das Klinikpersonal die vollen 3.000 Euro erhielt. Immer wieder hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Auflösung von Levare gefordert.
Ein solcher Beschluss in Diepholz zeugt somit von Einsicht, der sich auf kommunaler Ebene durchaus mal einstellt. „Damit beendet der Kreistag diese Tarifflucht und stellt sich eindeutig hinter die Aufwertung von unverzichtbarer Arbeit fürs Gemeinwohl“, sagt Katharina Schmidt, die zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretärin.
Im Emsland hat die Lauterbachsche Krankenhausschließungsgesetzgebung das Krankenhaus in Thuine erreicht, das wohl trotz der anerkannten Expertise in der Orthopädie nicht mehr zu retten ist. In NRW tobt die Auseinandersetzung über die Krankenhausplanung der schwarz-grünen Landesregierung. Sie hatte den 330 landesweiten Kliniken Beschlüsse über die Verkleinerung oder Schließung von Abteilungen geschickt, gegen die 327 Kliniken sich gewehrt hatten. Das Gesundheitsministerium hat jetzt in 160 Fällen „nachgebessert“. Veränderungen gegenüber der vorläufigen Planung werde es in den Bereichen Geburtshilfe und Schlaganfallversorgung geben.
Derweil berichtet Prof. Stefan Sell in seinem Blog über eine weitere vollkommen unsinnige Entwicklung in den Krankenhäusern. Krankenhäuser entlassen derzeit Hilfskräfte. Es handelt sich um ungelernte Pflegekräfte oder Servicemitarbeiter, die den Kranken das Essen ans Bett bringen. Ihre Arbeit sollen die ansonsten fehlenden Fachkräfte jetzt auch noch machen.
Grund dieser Entwicklung ist laut Prof. Sell das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz von 2019. Die Fallpauschalen deckten nicht die Kosten für das Pflegepersonal und so sollte dieses Gesetz den Krankenhäusern Geld geben, damit sie Pflegekräfte einstellen können. Im Gesetz steht drin, dass nur Kosten für ausgebildete Pflegekräfte bezuschusst werden. Ziel war es, mehr Pflegekräfte zu gewinnen. Nach den Übergangsbestimmungen konnte das Geld zunächst für alle Pflegekräfte verwendet werden. Die Regelung, dass aus dem Pflegebudget ausschließlich Pflegefachkräfte finanziert werden dürfen, tritt erst ab dem 1. Januar 2025 in Kraft.
Und jetzt stellen die Krankenhäuser fest, dass sie sich ungelernte Pflegekräfte nicht mehr leisten können. Pflegefachkräfte dagegen können sie sich nach dem Gesetz noch leisten. Aber die gibt es nicht genug und mit der Entlassung der Servicekräfte wird die Arbeitssituation für die vorhandenen Pflegefachkräfte nicht attraktiver. [jdm]
Gestern urteilte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass die ausnahmslose Vorgabe, ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus durchzuführen, verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt ist. Der Gesetzgeber ist zur Neuregelung spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 verpflichtet. Bis zu einer Neuregelung gilt das bisherige Recht fort.
Widerspricht eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff dem natürlichen Willen eines Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), kann ein Betreuer in die ärztliche Zwangsmaßnahme einwilligen. Die Einwilligung, die der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf, setzt nach der bisherigen Regelung unter anderem die Durchführung der ärztlichen Zwangsmaßnahme im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus voraus.
Dieser Krankenhausvorbehalt ist nach Auffassung des Gerichts mit den Verfassung unvereinbar, wenn Betreuten erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit durch den Wechsel ins Krankenhaus drohen. Im konkreten Fall ging es um eine Betreute, die wegen fehlender Einsichtsfähigkeit die Einnahme lebenswichtiger Medikamente verweigerte. Aufgrund des körperlichen Zustands der Betreuten wäre eine Medikamentengabe gegen ihren Willen (mit richterlicher Genehmigung) auch im Rahmen des Heims möglich gewesen. Aber wegen der Gesetzeslage musste sie jedes Mal in ein Krankenhaus auf die geschlossene Station (mit richterlicher Genehmigung) eingeliefert werden, weil nur dort die Medikamentengabe erlaubt war. Für die Betreute war dies eine hohe zusätzliche Gesundheitsbelastung.
Die Entscheidung des Gerichts ist nicht einstimmig, sondern mit 5 : 3 Stimmen ergangen. Richter Wolff hat ein Sondervotum abgegeben. Daran ist ersichtlich, dass die bisherige gesetzliche Regelung nicht ohne Grund bestand. Sie sollte verhindern, dass Zwangsbehandlungen ohne zwingenden Grund durchgeführt werden, obwohl diese nur als Ausnahme möglich sein sollen.
Richter Wolff schreibt: „Durch die Einführung weiterer (auch noch so eng gefasster) Formen der Zwangsbehandlung wird nach meiner Einschätzung vielmehr eine Gefahr der Absenkung der materiellen Eingriffsschwelle begründet.“
Für das Bundesjustizministerium, das jetzt eine Gesetzesänderung formulieren muss, stellt sich eine große Herausforderung. Es muss das Gerichtsurteil umsetzen und dabei sicherstellen, dass die Möglichkeit ärztlicher Zwangsmaßnahmen gegenüber nicht einwilligungsfähigen Betreuten nur unter engen Voraussetzungen und als letztes Mittel besteht. Bisher wirkte allein die Notwendigkeit der Unterbringung im Krankenhaus dafür, dass die Praxis der Zwangsmedikation eng gehandhabt wurde. [jdm]
Digitalisierung kann älteren Menschen zu einem selbstbestimmten Leben verhelfen. In einer Fortbildung, die im Auftrag des Seniorenstützpunktes Emsland (SPN) von der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) Aschendorf-Hümmling e. V. durchgeführt wurde, haben sich in Dörpen acht Teilnehmende zu ehrenamtlichen Medien- und Techniklotsinnen und -lotsen fortbilden lassen. Diese stehen nun Seniorinnen und Senioren im Umgang mit Smartphone und Tablet zur Seite.
Die ehrenamtlichen Medien- und Techniklotsenden begleiten ältere Menschen im Umgang mit der digitalen Alltagswelt und ermöglichen ihnen dadurch digitale Teilhabe.
In 24 Unterrichtseinheiten haben sich die Teilnehmenden kompakt und fachlich auf ihren Einsatz vorbereitet. Im Kursus beschäftigten sie sich unter der Leitung von Dozent Werner Heyart unter anderem mit der Einrichtung von Tablet und Smartphone, Internetverbindungen zuhause und unterwegs, der Installation und Einrichtung von Apps sowie mit Browsern und Suchmaschinen. Darüber hinaus wurden sowohl die Betriebssysteme (Android und iOS) als auch die Nutzung einer Sprachsteuerung thematisiert.
Der Fokus beim Vermitteln des technischen Wissens sollte auf einer einfachen Wortwahl liegen. Die Seniorinnen und Senioren sollen dort abgeholt werden, wo sie stehen. Seniorinnen und Senioren würden durch die Unterstützung der Lotsinnen und Lotsen sicherer im Umgang mit der Technik und verlören dadurch die Hemmschwelle bei der Nutzung der Geräte.
Der Landkreis Emsland organisiert regelmäßig stattfindende Netzwerktreffen der mittlerweile insgesamt 40 aktiven Medien- und Techniklotsenden im Kreisgebiet. Die Vermittlung von Lotsinnen und Lotsen übernimmt der Landkreis Emsland, Ansprechpartnerinnen Daniela Fischer (Telefon: 05931/44-2263, E-Mail: daniela.fischer@emsland.de) und Kerstin Knoll (Tel. 05931/44-1267, E-Mail: seniorenstuetzpunkt@emsland.de). Weitere Informationen sind auch hier erhältlich. [PM, Foto: Landkreis Emsland]
Am Mittwoch war die Bundesregierung noch beschlussfähig, um gemeinsam das Asylrecht auszuhebeln. PRO ASYL kritisiert den am letzten Mittwoch beschlossenen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) scharf. Der Entwurf überschreite die von der Europäischen Union geforderten Mindeststandards erheblich, entrechte Geflüchtete massiv und verhindere faire Asylverfahren.
„Die Bundesregierung hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verpasst, die Menschenrechte zu achten und rechtsstaatliche Standards zu wahren. Der Entwurf beinhaltet die größten Asylrechtsverschärfungen seit Jahrzehnten, es droht Haft von Familien und Kindern – wie weit soll die Entrechtung von schutzsuchenden Menschen noch gehen?“, kritisiert Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
PRO ASYL fordert: „Die Bundesregierung muss den Gesetzentwurf im Lichte der Menschenrechte überarbeiten, die von der EU gewährten Ermessensspielräume im Sinne des Schutzes von Asylsuchenden nutzen sowie faire und rechtsstaatliche Verfahren unter menschenwürdigen Bedingungen gewährleisten.“
Obwohl die EU-Vorgaben bereits eine deutliche Verschärfung der Asylpraxis vorsehen, gehe der deutsche Gesetzentwurf noch weiter und führe unter dem Deckmantel der GEAS-Umsetzung neue Möglichkeiten der Freiheitsbeschränkung und De-facto-Inhaftierung von Schutzsuchenden ein.
Es drohten geschlossene Zentren, wie es sie bisher in Deutschland noch nicht gibt: Die Flüchtlinge dürfen diese nicht verlassen, teilweise nur, weil sie aus einem bestimmten Herkunftsland kommen. Besonders besorgniserregend sei, dass durch diese Maßnahmen auch Kinder während ihres Asylverfahrens eingesperrt werden könnten.
Schutzsuchende sollten durch Maßnahmen wie die sogenannte Asylverfahrenshaft massiven Freiheitsbeschränkungen unterworfen werden, die mit internationalen Menschenrechtsstandards nicht vereinbar seien. „Diese Haftformen sind unverhältnismäßig und psychisch extrem belastend. Sie erhöhen das Risiko von Suizidversuchen. Ein faires Asylverfahren ist so kaum möglich, da Betroffene unter diesen Bedingungen oft nicht in der Lage sind, ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.
Mit dem Gesetzentwurf sollen zudem die Konzepte „sicherer Herkunftsstaaten“ und „sicherer Drittstaaten“ massiv ausgeweitet werden, was durch die Vorgaben aus Brüssel nicht zwingend geboten sei.
Das niedersächsische Inneministerium hat derweil mitgeteilt, dass ein Dienstleister für die "Bezahlkarte" gefunden wurde. Inj der Pressemitteilung wrd der Eindruck erweckt, als ob den Asylbewerbern damit ein Gefallen getan werde. Die Asylbewerberleistungen werden jetzt nicht mehr ausgezahlt, sondern über sie kann nur mit der "Bezahlkarte" verfügt werden. Im Monat kann damit maximal 50 € Bargeld abgehoben werden. Der Rest muss in Geschäften ausgegeben werden, die die Bezahlkarte akzeptieren.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hält die Einführung der Bezahlkarte für populistische Symbolpolitik. Damit seiein Diskriminierungsinstrument auf den Weg gebracht, mit dem der Vorrang von Sachleistungen statt Bargeld zementiert werden solle. Überweisungen und Lastschriften werden damit eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Wer sein Geld - besonders, wen es sowieso so wenig ist, nicht selbstbestimmt ausgeben kann, wird damit von der teilhabe am Leben ausgeschlossen. "Der Beschluss, eine Bezahlkarte einzuführen, folgt einer Kampagne, welche in unseren Augen als Hetzkampagne aufgefasst werden könnte. Die Aussage, Geflüchtete würden wegen der besseren Sozialleistungen hierzulande fliehen, widerspricht jeder wissenschaftlichen Erkenntnis." [jdm]
Mit materiellen Einschränkungen und Zukunftssorgen geht vor allem bei ärmeren Menschen eine erhebliche Distanz zu wichtigen staatlichen und politischen Institutionen einher, zeigt die Studie zudem: Weniger als die Hälfte der Armen und der Menschen mit prekären Einkommen findet, dass die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen gut funktioniert. Sie sehen für sich auch nicht die Möglichkeit, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Rund ein Fünftel vertraut dem Rechtssystem allenfalls in geringem Maße.
Wie gleich oder ungleich die Einkommen verteilt sind, lässt sich über ein statistisches Maß ermitteln, das in der Wissenschaft häufig verwendet wird: den so genannten Gini-Koeffizienten. Der „Gini“ reicht theoretisch von null bis eins: Beim Wert null hätten alle Menschen in Deutschland das gleiche Einkommen, bei eins würde das gesamte Einkommen im Land auf eine einzige Person entfallen. Die Auswertung der neuesten verfügbaren Daten im Verteilungsbericht zeigt, dass sich der Anstieg der Ungleichheit ab 2010 weiter fortgesetzt hat – in leichten Wellenbewegungen, aber insgesamt mit eindeutiger Tendenz: 2010 lag der Gini-Wert noch bei 0,282. Bis 2021 kletterte er auf einen neuen Höchststand von 0,310.
Noch deutlicher zugenommen hat die Einkommensarmut, also die Quote der Haushalte deren bedarfsgewichtetes Haushaltsnettoeinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland beträgt. Sehr arm (Fachbegriff: „strenge Armut“) sind Personen, die nicht einmal 50 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. Für einen Singlehaushalt entspricht das maximal 1.350 (Armut) bzw. 1.120 Euro (strenge Armut) im Monat.
Schon in den 2010er Jahren stieg die Armutsquote mit gelegentlichen jährlichen Schwankungen im Trend spürbar an, und die Entwicklung hat sich beinahe kontinuierlich fortgesetzt, zeigt der Verteilungsbericht: Im Jahr 2021 lebten 17,8 Prozent der Menschen in Deutschland in Armut, 11,3 Prozent sogar in strenger Armut. 2010 lagen die beiden Quoten noch bei 14,2 bzw. 7,8 Prozent. Damit ist der „Anteil der Menschen in strenger Armut – relativ – noch stärker gestiegen als die Armutsquote“, schreiben die Autoren Dr. Dorothee Spannagel und Dr. Jan Brülle.
Die Daten, die die Forschenden analysieren, machen anschaulich, dass Armut auch in einem reichen Land wie der Bundesrepublik nicht selten mit deutlichen alltäglichen Entbehrungen verbunden ist. So konnten es sich bereits 2021, also vor der großen Teuerungswelle, 9,9 Prozent der Menschen in Armut nicht leisten, abgetragene Kleidung durch neue zu ersetzen. 42,8 Prozent der Menschen in Armut und 21,3 Prozent in der „prekären“ Einkommensgruppe haben keinerlei finanzielle Rücklagen. Knapp 17 Prozent der Armen können sich Freizeitaktivitäten wie einen Kinobesuch einmal pro Monat oder den Besuch einer Sportveranstaltung nicht leisten, knapp 14 Prozent fehlt das Geld, um wenigstens einmal im Monat Freunde zum Essen einzuladen. Die geringeren finanziellen Teilhabemöglichkeiten lassen sich auch nicht durch engere persönliche Kontakte ausgleichen, im Gegenteil: Menschen mit sehr niedrigen Einkommen sind häufiger alleinstehend und haben nach eigener Einschätzung seltener enge Freunde.
Beim Blick auf die Zukunft reichen Abstiegsängste bis weit in die Mittelschicht hinein, und sie haben in allen untersuchten Einkommensgruppen stark zugenommen. Das zeigen die Daten aus der Böckler-Lebenslagenbefragung für die Jahre 2020 und 2023. Im vergangenen Jahr äußerten fast 55 Prozent der Menschen in Armut große oder sehr große Sorgen ihren – ohnehin sehr niedrigen – Lebensstandard nicht dauerhaft halten zu können. Ein Anstieg um rund sechs Prozentpunkte gegenüber dem schon hohen Wert von 2020. Unter den Befragten in „prekären“ Einkommensverhältnissen befürchteten 2023 sogar gut 58 Prozent, wirtschaftlich abzurutschen – 14 Prozentpunkte mehr als drei Jahre zuvor. Nur wenig kleiner ist der Anteil mit großen oder sehr großen Abstiegssorgen in der unteren Mitte: Dort betrug er 2023 knapp 52 Prozent, ein Anstieg um rund 15 Prozentpunkte. Und selbst in der oberen Mittelschicht hat sich die Verunsicherung drastisch ausgebreitet: Die Quote der Befragten mit Sorgen um den künftigen Lebensstandard stieg von knapp 32 auf knapp 47 Prozent.
Verunsicherung spiegelt sich auch in der Identifikation mit der Demokratie und mit staatlichen Institutionen wider, und das besonders bei Personen mit niedrigen Einkommen, zeigen die Ergebnisse der Lebenslagenbefragung von 2023. Zwar ist in allen untersuchten Einkommensgruppen rund die Hälfte oder mehr der Befragten der Ansicht, dass die Demokratie in Deutschland im Großen und Ganzen gut funktioniere. Aber auch hier gibt es deutliche Abstufungen zwischen den Gruppen: Lediglich knapp 50 Prozent der Armen und der Menschen mit prekären Einkommen sind mit der Demokratie im Wesentlichen zufrieden. In der unteren Mitte sind es 52 Prozent, in der oberen Mitte fast 60 Prozent. Damit korrespondiert auch die Einschätzung, ob man selbst auf die eigenen Anliegen aufmerksam machen kann: Hier steigt die Zustimmung von etwas über 44 Prozent bei den Armen auf knapp 52 Prozent in der oberen Mitte.
Eine noch größere Entfremdung vom politischen Geschehen drückt sich in der Zuschreibung aus, „die regierenden Parteien betrügen das Volk“. Die Zustimmung dazu variiert ebenfalls deutlich entlang der Einkommensgruppen: Unter den Menschen in Armut und mit prekären Einkommen halten über ein Drittel diese Aussage für zutreffend, während es bei der oberen Mitte etwas mehr als ein Viertel ist. Ein deutlicher Zusammenhang zur wirtschaftlichen Situation zeigt sich auch beim Misstrauen gegenüber der Polizei oder Gerichten, das zwischen knapp 21 Prozent unter Menschen in Armut und elf bis zwölf Prozent unter Angehörigen der oberen Mittelschicht variiert. Ähnlich ist das Muster bei der Wahlbeteiligung: Unter den Armen erklären knapp 20 Prozent, bei der nächsten Bundestagswahl nicht wählen gehen zu wollen. Mit steigendem Einkommen sinkt der Anteil der potenziellen Nichtwähler*innen – bis auf knapp elf Prozent in der oberen Einkommensmitte.
Die Befunde seien als beunruhigend, zumal der problematische Trend nun schon über viele Jahre anhalte: Wenn mangelnde materielle Teilhabe und um sich greifende Verunsicherung dazu führten, dass in den Augen vieler Menschen auch ihre politische Teilhabe brüchig werde, „hat das negative Folgen für unser demokratisches System“, warnen sie. Eine verantwortungsvolle Politik müsse auf jeden Fall darauf verzichten, verschiedene Gruppen in der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen. Als warnendes Beispiel nennen sie die Debatte um das Bürgergeld in den vergangenen Monaten, in der die Leistungsempfänger als faul und arbeitsunwillig stigmatisiert wurden. Statt die ohnehin zu knappen Leistungen für Bürgergeldempfänger*innen weiter zu kürzen, um den Abstand zwischen Sozialleistungen und Erwerbseinkommen zu erhöhen, sei es „viel sinnvoller, Niedriglöhne wirksam zu bekämpfen und Tarifbindung zu stärken – Maßnahmen, die auch Menschen außerhalb des Grundsicherungsbezugs zugutekommen.“
Gesellschaftliche Teilhabe auch für die (untere) Mitte der Gesellschaft könne besonders durch Sozialversicherungssysteme gestärkt werden, „die eine angemessene Balance zwischen solidarischem Ausgleich und Sicherung des individuellen Lebensstandards finden“, schreiben die Fachleute. Hier gehe es etwa um ein stabiles Rentenniveau in Kombination mit einer auskömmlichen Grundrente. [PM WSI]
Das, was Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit seinem Krankenhausschließungsgesetz (offiziell: Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz) plant, nimmt die Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen schon vorweg. Die Länder sind für die Investitionskosten für die Krankenhäuser verantwortlich und kommen dem schon lange nicht mehr nach, auch Niedersachsen nicht. Vor kurzem hatte der Landkreis Emsland beschlossen, einen Teil der vom Land nicht geleisteten, aber notwendigen Investitionen zu übernehmen.
In NRW plante Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), dass viele Kliniken ganze Leistungsbereiche verlieren sollen. Die Ärztezeitung schreibt: "Heftige Einschnitte wird es im Bereich der Knie- und Hüft-Endoprothetik und in der Onkologie geben. Die Zahl der Häuser, die diese Leistungen erbringen können, wird deutlich reduziert. Zu den notwendigen Anpassungen werden auch Kündigungen gehören, die aber nicht kurzfristig erfolgen können."
Dieser gewaltige Einschnitt in die Krankenhauslandschaft sollte zum 1.1.2025 schon greifen, aber die Kliniken sollten erst kurz vor Weihnachten die verbindlichen Bescheide bekommen, Der WDR berichtete: "Erst im Juni 2024 hatte das Ministerium die Kliniken darüber informiert, wie die neue Zuteilung aussehen soll. Dagegen hatten dann 327 von 330 Krankenhäusern Widerspruch eingelegt. Viele Häuser verlieren durch die Reform nämlich auch lukrative Operationen wie zum Beispiel Knie-und Hüft-OPs. Auch mehr als die Hälfte der Kliniken, die Krebsbehandlungen durchführen wollen, sollen das in Zukunft nicht mehr machen." Jetzt soll der Beginn der "Reform" um drei Monate verschoben werden.
Das Bündnis für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen aus Nordrhein-Westfalen hält die finanzielle Schieflage der Kliniken für das Ergebnis vergangener Politik: "Die Bundesländer sind ihrer gesetzlichen Investitionspflicht nicht annähernd nachgekommen. Und die von Lauterbach (als damaligem Berater von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt) vorangetriebene Einführung der Fallpauschalen hat keine Kosten gesenkt, sondern nur verlagert. Profitiert haben vor allem private Klinikketten und Gesundheitsversorger. Vor allem von öffentlichen und freigemeinnützigen Trägern betriebene Krankenhäuser sind in rote Zahlen gerutscht."
Die von Lauterbach ausgerufene “Revolution” und “Entökonomisierung” durch Einführung einer sogenannten Vorhaltefinanzierung rette keine Klinik. Es gebe überhaupt keine Bedarfs- und Auswirkungsanalyse. Durch die mehr oder weniger willkürliche Zu- und Aberkennung von Leistungsgruppen entstünden Planungsschwierigkeiten mit unabsehbaren finanziellen Auswirkungen. Die Einführung der Vorhaltepauschalen ändere nichts, nur den jetzt schon übergroßen bürokratischen Aufwand werde sie weiter verstärken.
Das Bündnis fordert stattdessen, den von Insolvenz bedrohten Krankenhäusern mit Akuthilfen unter die Arme zu greifen. Aber die Politikerinnen und Politiker setzten offenbar auf die bereinigende Kraft des Marktes, um so jede Verantwortung für die absehbare Pleitewelle von sich weisen zu können.
Private Finanzquellen für die Reform würden jedoch an Bedingungen geknüpft sein. Nicht zufällig forderte der Gesundheitsökonom Boris Augurzky, einer der Väter der jetzigen Krankenhausreform, 2018 einen “Abbau regulatorischer Restriktionen”, um das notwendige private Kapital für die Zentralisierung der Krankenhäuser zu gewinnen.
Das Bündnis fordert die Abschaffung des Fallpauschalensystems (DRGs), den Stopp der Privatisierung von Krankenhäusern, gute Arbeitsbedingungen und verbindliche Personalschlüssel für alle Bereiche im Krankenhaus und das Verbot von private Equity und rendite-orientierten, privaten Investoren im Gesundheitswesen. [jdm]
Josephine Thyrêt, die Organisatorin einer Petition gegen die Lauterbachsche Krankenhausreform, die von über 78.900 Unterzeichner*innen unterstützt wurde, sieht nach der Verabschiedung des "schönfärberisch genannten" KrankenhausVersorgungsVerbesserungsGesetz (KhVVG) mit der Ampel-Mehrheit am 17. Oktober die Menschen an den Standorten in der Pflicht, den Widerstand für den Erhalt der Gesundheitsversorgung zu vervielfältigen. "Das heißt, bei jeder angekündigten Klinikschließung, Privatisierung oder Bettenabbau vor Ort gemeinsam aktiv zu werden. In diesem Sinne schlagen Initiator*innen der Petition die Durchführung Lokaler/regionaler Krankenhauskonferenzen für ein Sofortprogramm zur Rettung der Krankenhäuser vor, um die Interessen der Beschäftigten und der Bevölkerung an einer qualitativen Gesundheitsversorgung deutlich zu machen und ihren Widerstand gegen den Kahlschlag gegen die Krankenhäuser zu mobilisieren."
Die Petition hatte die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, den „Lauterbach-Reformen“ nicht zuzustimmen. Allein die BSW-Gruppe hat die Forderung nach einer grundsätzlichen Ablehnung des Gesetzes im Bundestag aufgenommen. Die anderen Fraktionen, die das Gesetz abgelehnt haben, taten dies entweder in der Absicht, es nachzubessern oder im Interesse der Pharmaindustrie zu verschärfen.
Nun will Gesundheitsminister Lauterbach noch im November die Zustimmung des Bundesrates erreichen. Der Deutsche Landkreistag hat die Länder erneut aufgefordert, den Gesetzentwurf im Bundesrat abzulehnen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Landkreistag-Präsident Achim Brötel erklärte: „Die Reform ist eine Black Box, es gibt nach wie vor keine Auswirkungsanalyse.“ Es sei unverständlich, „dass der Bundestag auf einer derart unsicheren Sachgrundlage überhaupt einen Beschluss gefasst hat.“ (Zitiert nach DEMO, sozialdemokratisches Magazin für Kommunalpolitik, demo-online.de, 18.10.2024)
ver.di Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler warnt anlässlich der Verabschiedung im Bundestag: „Mit dem aktuellen Gesetzentwurf kommt nicht die versprochene Abkehr von der Ökonomisierung, er führt sogar zu einer Verschlimmbesserung“.
Die Initiator*innen der stehen nach ihrer Ansicht mit der Petition nicht allein. Sie sehen sich in ihrer Initiative bestätigt durch die Zehntausenden Unterschriften, viele andere Kritiken an der Entscheidung der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten, vor allem aber durch den großen Widerstand gegen Krankenhausschließungen und Bettenabbau, die das Gesetzgebungsverfahren schon begleitet haben. Nicht zuletzt zahlreiche Internet-Petitionen gegen geplante und laufende Schließungen von Stationen und ganzen Kliniken sowie Bettenabbau, gerade im kleinstädtischen und ländlichen Raum, zeigten die Dringlichkeit der Initiative.
Der Gesundheitsminister Lauterbach lasse keinen Zweifel am Ziel seiner „Reform“ aufkommen: Drei Tage nachdem das Gesetz den Bundestag passiert hat, habe er in der „Bild am Sonntag“ verkündet: „Es ist ganz klar, dass wir in zehn Jahren spätestens ein paar Hundert Krankenhäuser weniger haben werden“. (Zitiert nach „WirtschaftsWoche“ vom 20.10.2024)
Begleitet wurde die Reform mit der Ankündigung der Erhöhung der Zusatzbeiträge zur Krankenkasse für Arbeitnehmer*innen. Ein Grund dafür sei auch, dass die Krankenhausreform von den gesetzlichen Krankenkassen (immerhin geschätzte 25 Milliarden Euro) mitfinanziert werden soll. Aber noch schwerwiegender sei, dass die Länder sich der gesetzlichen Pflicht entzögen, die Investitionen zu finanzieren, und der Bund der Finanzierungsverantwortung des Bundes bei der Refinanzierung der Gesundheitskosten ignoriere. [Newsletter Petition]
„Renten wie in Österreich“ lautet der Titel einer Veranstaltung des BSW-Unterstützerkreises Leer – Ammerland – Emsland am 26. 0ktober um 16:00 Uhr in Leer. Veranstaltungsort ist die Gaststätte „De Pütt“ in der Ulrichstraße 37, (die auch gut vom Bahnhof Leer zu erreichen ist). Der Eintritt ist frei.
Reiner Heyse von Renten-Zukunft.de wird das Thema näher erläutern und anschließend mit den Teilnehmern diskutieren. Die Veranstaltung findet mit Unterstützung von "aufstehen Ostfriesland" und der "ver.di-Ortsfachgruppe OWO IKT" statt.
Mit dem österreichischen Rentensystem ließen sich nach Ansicht der Veranstalter deutlich höhere Renten erzielen, als mit dem aktuellen System oder der geplanten risikoreichen Finanzierung am Aktienmarkt. In einem Informationsblatt zu diesem Thema liest man dazu: „In Österreich sind die Renten um 60 Prozent bis 70 Prozent höher als in Deutschland. Es gibt Mindestrenten zwischen 1.170 Euro und 1.560 Euro, also erheblich über der Grundsicherung/Grundrente in Deutschland.“
Anders als in Deutschland gibt es in Österreich eine gemeinsame Rentenversicherung für alle Erwerbstätigen. Da das Land in Hinblick auf die relative Wirtschaftskraft und die Einkommensverhältnisse etwa gleich stark ist wie Deutschland, erscheint ein Vergleich angebracht.
„Es gibt keinen Grund, warum die Altenversorgung bei uns schlechter sein muss als in Österreich. Im Gegenteil: Das Sozialstaatsgebot im Grundgesetz beinhaltet selbstverständlich eine menschenwürdige Altersversorgung. Es wird höchste Zeit, eine lebensstandardsichernde und armutsfeste Altersversorgung für alle, insbesondere auch für Frauen, zu gewährleisten“, schließen die Veranstalter aus den vorliegenden Informationen. Ansprechpartner zur Veranstaltung: BSW-Unterstützergruppe LK-Leer und Emsland, E-Mail: bsw-unterstuetzer@posteo.de. [HM/erstveröffentlicht auf https://gruenealternative.de/forum-d/]
Aus den Zahlen des Landesamtes für Statistik geht hervor, dass im Landkreis Emsland Ende Januar dieses Jahres 2.500 Obdachlose in Notschlafstellen, Wärmestuben oder anderen Wohnungsloseneinrichtungen untergebracht wurden. Im Landkreis Diepholz waren es 2.000, im Landkreis Cloppenburg nur 205 (Excel-Tabelle mit allen Landkreisen und kreisfreien Städten). Die beiden Kreise Diepholz und Emsland lagen damit landesweit auf Platz drei und vier, berichtete der NDR.
Zum Stichtag 31. Januar 2024 waren in Niedersachsen insgesamt 33.000 Kinder, Frauen und Männer wegen Wohnungslosigkeit untergebracht, davon 18.150 Männer (55%) und 14.735 Frauen (45%). Bei 115 Personen war (der meldenden Stelle) das Geschlecht nicht bekannt. Dies und mehr erfährt man auf der Homepage des Landesamtes für Statistik. [HM, erstveröffentlicht auf https://gruenealternative.de/forum-d/]
Von 18. bis 24. November 2024 findet die jährliche Schuhkartonaktion von Helping Hands e. V. statt. Gemeinsam mit den Spendern will der Verein Kindern und Senioren in Osteuropa zu Weihnachten eine kleine Freude bereiten;
"Wie funktioniert's? Ganz einfach: Fülle einen Schuhkarton mit Süßigkeiten, kleinen Spielzeugen und anderen liebevollen Kleinigkeiten und bringe ihn zu uns oder eine der selbstorganisierten Sammelstellen.
Die Liste der Sammelstellen wird laufend ergänzt und findet ihr auf unserer Website. Egal, ob groß oder klein - jeder Karton zählt und zaubert ein Lächeln in der Weihnachtszeit. Lasst uns zusammen Hoffnung und Freude schenken!" [Marita Frericks[
100 Mrd € für die Aufrüstung, 10 Mrd. € für die Aktienrente: das sind Peanuts (zu deutsch Kleinigkeiten) für unsere Politiker. Aber diese Geschenke für die Rüstungsindustrie und die Schattenbanken müssen finanziert werden. Und zwar von den Arbeitern und Angestellten, die dafür auf ein funktionierendes Gesundheitsssystem, funktionierende Eisenbahnverbindungen, schöne Schulen für ihre Kinder oder Brücken, die ihr Gewicht tragen können, verzichten müssen.
Da braucht es einen Sündenbock, dem man die Folgen der Kürzungen anlasten kann. Für die CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE ist dies der Bürgergeldempfänger. Denn das hat sich unseren Politikern in ihrem Rhetorikgrundkurs ihrer jeweiligen Parteischule eingebrannt: Arme muss man gegen Ärmste ausspielen!
Bürgergeldempfänger sind in den Aussagen der Politiker nie Menschen, sondern Schmarotzer, die man bekämpfen muss. Schröder hat dafür die Parole "Fördern und Fordern" gefunden. Bürgergeldempfänger sind in den Aussagen der superverdienenden Volksvertreter nicht in ihre Situation geraten, weil sie krank geworden, weil ihre Firma pleite gegangen ist, weil sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige haben, weil sie in der Ausbildung stecken (ohne ein ererbtes Vermögen im Hintergrund) oder als anerkannter Flüchtling in Maßnahmen zur Integration und Ausbildung stecken. Nein, sie wollen einfach nicht arbeiten (was das Gros der Großerben vermutlich zum persönlichen Lebensmotto erklärt hat).
Jetzt sollen die Hilfeempfänger nach dem Willen der Ampelkoalition von den Jobcentern monatlich zu einem persönlichen Gespräch einbestellt werden können, wenn das für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich sei. Nun ist es so, dass die Fallmanager schon bisher engere Termine vereinbart haben, wenn das wegen der Bewerbungssituation erforderlich war. Dieser Beschluss der Regierung ändert also nichts, könnte man naiv denken. Aber tatsächlich wird er als neue Norm dazu führen, dass die Fallmanager sinnlose Termine durchführen, auch wenn es wegen der bereits geklärten Bedingungen nichts zu besprechen gibt. Der Regierung geht es nur um Schikane, um gegen die Ärmsten hetzen zu können. Die Fallmanager aber werden durch sinnlosen Termindruck davon abgehalten, ihre Arbeit vernünftig verrichten zu können.
Auch die Pseudodiskussion über die Durchhalteprämie von 1000 € dient nur der Diskriminierung. Bisher handelt es sich lediglich um einen Plan. Niemand hat das Geld bisher bekommen. Die Idee dahinter besteht darin, dass Langzeitarbeitslose nur wegen dieses Geldgeschenks ein Jahr Arbeit durchhalten würden. Also dieses vermeintliche Geschenk ist selbst ein Werkzeug der Diskriminierung. Und wird es noch einmal bei der Diskussion über die Ablehnung dieses Geschenks. [jdm}
Anlässlich des Berichts des Landesamtes für Statistik über Altersarmut äußerte sich der niedersächsische Landesverbands des Bündnisses Sahra Wagenknecht mit der Feststellung, dass im Jahr 2023 insgesamt 17,9 Prozent der Generation 65plus in Niedersachsen armutsgefährdet waren. Bei den Frauen seien es sogar 20,4 Prozent. Das seien die höchsten Werte seit Beginn der statistischen Erhebung dieser Daten.
Zu diesen alarmierenden Zahlen erklärt Dr. Thorsten Renken, Landesvorsitzender des BSW Niedersachsen: “Es ist schlicht unwürdig, wie in diesem System mit Menschen umgegangen wird, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben. Wer bis zum Renteneintritt gearbeitet oder Kinder großgezogen hat, der muss im Alter ein Leben ohne Armut führen können. Als BSW fordern wir eine armutssichere Rente und einen Stopp aller Debatten über ein höheres Renteneintrittsalter!”
Dr. Holger Onken, Landesvorsitzender des BSW Niedersachsen ergänzt: “Statt einer weltfremden Gendersprache brauchen wir endlich ein Rentensystem, das Frauen vor Armut schützt. Es ist ein Skandal, dass in Niedersachsen jede fünfte Frau über 65 von Altersarmut bedroht ist. Wir brauchen in Deutschland ein Rentensystem nach österreichischem Vorbild. Dort haben alle Rentner monatlich einige hundert Euro mehr auf dem Konto als in Deutschland!” [PM]
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein Gremium, das im Jahr 1963 durch einen gesetzlichenAuftrag eingeführt wurde. Es soll sich wissenschaftlich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands befassen. Für alle Probleme der Wirtschaft hat dieser Rat seit Jahren zwei Patentrezepte: 1. Löhne runter, 2. Unternehmenssteuern senken. Und weil das so unwahrscheinlich klug ist, werden die Mitglieder dieses Rates auch Wirtschaftsweise genannt.
Jetzt haben sich diese "Wissenschaftler", deren Prognosen im Übrigen zumeist daneben liegen, endgültig als Wirtschaftsdeppen geoutet. Ihr Vorschlag: Für langfristig etwa 1,5 Mrd Euro pro Jahr aus dem Bundeshaushalt soll ein Kinderstartgeld eingeführt werden. Kinder sollten zwölf Jahre lang monatlich zum Beispiel zehn Euro zur Anlage in einen liquiden, breit gestreuten Fonds mit hohem Aktienanteil und niedrigen Kosten erhalten. Damit wollen die Wirtschaftsdeppen, deren Wirken übrigens auch aus dem Bundeshaushalt bezahlt wird, dass breitgestreut praktisches Wissen bei der Aktienzockerei erworben wird.
Der Deppenrat versucht schon lange, das Geld der Arbeiter an die Finanzdienstleister umzuleiten. Die "Aktienrente" soll angeblich die gesetzliche Rente aufstocken, ist aber in Wahrheit lediglich eine Profit-Quelle für die großen und kleinen Schattenbanken, wie Blackrock oder auch Allianz. Jetzt versuchen die Wirtschaftsdeppen ihre Idee über ein teures Spielgeld schmackhaft zu machen.
Die Taz zitiert den Hauptgeschäftsführer Joachim Rock vom Sozialverband Der Paritätische: „Die Vorschläge des Sachverständigenrates haben mit der Lebenswirklichkeit vieler Kinder nichts zu tun. Finanzkompetenz entwickelt niemand, dem das Geld für das Notwendigste, wie Ernährung und Kleidung, fehlt“, sagte er. „Wir müssen jetzt in die Bildung und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen investieren, nicht in fragwürdige Finanzprodukte.“ [jdm]
Der Streik der Beschäftigten des Geld- und Werttransportes hatte zur Folge, dass die Postbank derzeit in einigen Postagenturen im Emsland bargeldlos dasteht. ver.di fordert zum Bundesmanteltarifvertrag, alle arbeitstäglich über die 8 Stunden hinaus gehenden Zeiten mit dem Überstundenzuschlag zu vergüten. Des Weiteren werden ein bundeseinheitliches Urlaubsgeld und ein bundeseinheitliches Weihnachtsgeld jeweils in Höhe eines halben Brutto-Monatsgehalts gefordert. Außerdem sollen alle Beschäftigten einen Urlaubsanspruch von 31 Tagen bezogen auf eine 5-Tage-Woche erhalten, ohne Schlechterstellung der Beschäftigten, die bislang einen Anspruch auf mehr als 31 Urlaubstage haben.
Der Arbeitgeberverband, die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wert-Dienste (BDGW), betonte laut NDR, dass die Bezahlung in der Branche bereits deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn liege. Und machte dann Ver.di verantwortlich für eine weitere Verschlechterung der Branchensituation. Der Handel würde durch solche Aktionen auf elektronische Zahlungsmittel umschwenken.
Als ob die Kampagnen für das bargeldlose Zahlen etwas damit zu tun hätten. Das bargeldlose Zahlen ist im Interesse des Handels, weil damit die Daten der Kunden durchsichtig gemacht werden und der Staat möchte den durchleuchteten Bürger. Ohne Bargeld ist jeder Bürger den Geschäftspraktiken der Banken vollständig ausgesetzt. Wie das im Einzelnen aussieht haben nicht kreditwürdige Menschen schon lange erlebt, die Schwierigkeiten haben, ein Konto zu eröffnen. Und seit der Verengung des Meinungskorridors in Folge der Coronamaßnahmen und der verengten Diskussion über den Krieg in der Ukraine wurden auch schon Konten wegen missliebiger politischer Meinungen verweigert.
Wenn die Arbeitgeber ihr Geschäftsfeld schützen wollen, sollten sie ihren 10.000 Beschäftigten vernünftige Auskommen verschaffen und sich nicht am Mindestlohn orientieren. ver.di fordert in Niedersachsen im mobilen Bereich eine Erhöhung der Stundenlöhne auf 23 Euro. Im stationären Bereich fordert ver.di eine Erhöhung auf 19,50 Euro. [jdm]
Mit Blick auf die angespannte Finanzsituation der Krankenhäuser und um ihre Entwicklung im Emsland zu sichern, plant der Landkreis, seine freiwillige Unterstützung grundsätzlich zu erhöhen. Mit zusätzlichen Mitteln sollen die Einrichtungen die notwendigen Bau- und Modernisierungsmaßnahmen finanzieren, die durch staatliche Förderungen nicht ausreichend abgedeckt werden. „Wir beteiligen uns schon seit vielen Jahren an zahlreichen Investitionen der hiesigen Krankenhäuser, weil die Krankenhausförderung des Landes längst nicht auskömmlich ist und viele wichtige Aspekte ausklammert. Das Finanzierungssystem über Landesmittel und eigenes Kapital der Krankenhäuser funktioniert nicht, deshalb werden wir als Landkreis jetzt noch stärker antreten müssen“, erläutert Landrat Marc-André Burgdorf.
Bisher wird bei derartigen Finanzierungslücken eine Eigenbeteiligung der Krankenhausträger in Höhe von mindestens 50 % erwartet, die verbleibenden Kosten teilen sich der Landkreis Emsland und die örtliche Kommune je zur Hälfte. Zukünftig will sich der Landkreis mit 65 % an den förderwürdigen Kosten beteiligen, die nicht durch Landesmittel abgedeckt sind. Die Kommunen, in denen die Krankenhäuser liegen, sollen 10 % der Kosten übernehmen, während die restlichen 25 % von den Krankenhäusern selbst getragen werden. [Landkreis Emsland]
Weil im Jahr 2023 die Bruttolöhne je Arbeitnehmer im gesamten Bundesgebiet um 6,44 Prozent gestiegen sind, plant das Bundesarbeitsministerium eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung im Jahr 2025 auf 8.050 Euro im Monat (2024: 7.550 Euro).
Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung steigt auf 5.512,50 Euro im Monat (2024: 5.175 Euro) und die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) auf 6.150 Euro im Monat (2024: 5.775 Euro).
In der Renten- und der Krankenversicherung müssen Gutverdienende Beiträge nur für den Verdienst bis zur Beitragsbemessungsgrenze zahlen; der Verdienst darüber bleibt beitragsfrei. Alle Menschen die weniger als die Beitragsbemessungsgrenze verdienen, müssen für ihr gesamtes Einkommen Beiträge zahlen. Diese Ungleichbehandlung wird durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze nicht geändert, sondern nur an aktuelle Verhältnisse angepasst.
Für die FDP und die Blödzeitung ist die Erhöhung ganz schlimm. Die FDP meint, auf diesem Wege würde eine "Zusatzsteuer auf Arbeit" erhoben. Die Bild-Zeitung titelt "Millionen droht doppelter Kostenknall". Besonders hart treffe es Besserverdiener. Und spricht - wohl um auch die nicht Betroffenen aufzuschrecken und zu Solidarität mit den Gutverdienenden zu verleiten - von bitteren Aussichten für Millionen Arbeitnehmern. Wo käme man hin, wenn Reiche genauso behandelt würden, wie die Nichtreichen, ist wohl das Motto der Bild.
Verena Bentele vom Sozialverband VdK meint, die angekündigte Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze gehe nicht weit genug. Sie fordert eine einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für alle Sozialversicherungen von 8050 Euro, also für die Renten- und die Krankenversicherung, Es wäre noch gerechter, würden alle Einkommensarten zur Finanzierung herangezogen. Für den VdK sei es unverständlich, dass Einkommen aus Vermietungen und Vermögen bisher nicht berücksichtigt werden. Dies benachteilige den arbeitenden Teil der Bevölkerung und bevorteile Reiche und Superreiche. Diese Gruppe leiste noch nicht ihren gerechten Anteil an der Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung. [jdm/Foto Susie Knoll]
Einstürzende Brücken, marode Schulen, bankrotte Kliniken, eine marode Infrastruktur, zu wenig Wohnungen und zu hohe Mieten, eine marode, nicht funktionierende Bahn oder die mit der Aufrüstung verbundene Kriegsgefahr und De-Industrialisierung sind – wenn man Zeitung liest oder die Tagesschau verfolgt – dem Anschein nach kein Problem. Das Problem sind offensichtlich nur die Menschen, die vor den Kriegen, die der politische Westen entfacht hat, flüchten: die Migranten.
Dass die SPD/FDP/Grüne/CDU/CSU mittlerweile fast alle migrantenfeindlichen Positionen der AFD übernommen hat spielt trotz der ganzen Demonstrationen, zu denen genau diese Parteien nach dem Bericht über das Treffen der Rechtsextremen in Potsdam aufgerufen hatten, keine Rolle.
Und diese erbarmungslose Hetze gegen Migranten, z. B. eines Friedrich Merz, zeigt dann auch ganz konkrete Resultate im Verhalten gegenüber den Flüchtlingen. Ich betreue einen in Papenburg lebenden psychisch erkrankten Mann aus Guinea. Er lebt in einer Einzelwohnung und kann sich mit niemandem einen Internetanschluss teilen. Für die Kontaktpflege ist auch für ihn das Internet extrem wichtig. Er lebt von den Asylbewerberleistungen und kann sich deshalb keinen eigenen Internetvertrag leisten.
Wie auch bei anderen Menschen bat ich die Nachbarin, die mir mit einem kläffenden Hund auf dem Arm misstrauisch öffnete, ihm doch gegen einen Obolus von 10 € einen Gastzugang zu ihrem W-LAN zur Verfügung zu stellen. Dass Menschen Angst haben, damit liefen sie Gefahr, dass ihre privaten Angelegenheiten gehackt werden könnten oder dass sie für Kosten des W-LAN-Mitbenutzers haften müssen, ist normal. Diese Nachbarin hatte aber einen ganz anderen Grund, den Zugang zu verweigern. „Da bin ich prinzipiell dagegen. Wieso kann er sich das Internet nicht leisten. Die Asylbewerber kriegen doch mehr Geld vom Staat, als alle anderen!“
Ich frage, wo sie das denn her hat. Auf dem Konto meines Betreuten spiegelt sich das nicht wider. Der Regelsatz, von dem alles (Lebensmittel, Bekleidung, Strom, Handy, Reparaturen, usw.) außer Miete bezahlt werden muss, für einen allein stehenden Asylbewerber beträgt 460 €, ein allein stehender Bürgergeldempfänger hat einen Regelsatz von 563 Euro. Die Gegenfrage der Nachbarin: „Und woher haben die dann alle die schicken Autos? Und wir fahren mit einer alten Kiste.“ Mir sind unsere afrikanischen Mitbürger bisher nur dadurch aufgefallen, dass sie E-Roller benutzen.
Ich klingelte dann an der Tür des Hauses auf der anderen Seite. Hier öffnete eine Spanierin, die mein Anliegen freundlich, aber verständnislos anhörte, bis sie ihre Tochter herrief, die dann übersetzte. Nach Klärung der technischen Details, sagte sie, klar, das könne sie machen und sie stellte dann gleich auf dem Handy meines Betreuten die W-LAN-Verbindung her. Er solle erst mal probieren, ob der Empfang auch klappt, dann könne man weiter sehen. Ich hinterließ meine Handynummer und verabschiedete mich dankend. Und war froh, dass die Sprachbarriere diese Frau daran hindert, von deutschen Medien und deutschen Presseerzeugnissen darauf geeicht zu werden, dass ihr hilfebedürftiger Nachbar das größte Problem in Deutschland darstellt. [jdm]
Soziale Probleme werden in Europa gern dadurch gelöst, dass sie einfach verdrängt werden bzw. indem die Menschen mit Problemen vollständig an den Rand gedrängt werden.
In der Hamburger Innenstadt hat vor der Fußballeuropameisterschaft die Zahl der Platzverweise für Obdachlose stark zugenommen. Dagegen protestierte die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Denn: Dass alle Menschen öffentliche Räume frei nutzen dürfen, ist im Hamburgischen Wegegesetz geregelt – das gilt auch für obdach- und wohnungslose Menschen.
Die Nachdenkseiten berichten über Maßnahmen der Stadt Paris vor den Olympischen Spielen: Unter Brücken und an weiteren geschützten Uferbereichen der Seine wurden große Steine platziert, damit kein Mensch unter diesen Viadukten und Unterständen schlafen sollte. [jdm/Foto Nachdenkseiten/Frank Blenz]
Wenn ein Kunde ein Rezept einlöst, zahlt er nicht nur für das Medikament, sondern auch eine Servicegebühr – die Abgabegebühr. Die Apotheker klagen darüber, dass sich der Gewinn, den sie dabei eigentlich erzielen sollen, mittlerweile in einen Verlust pro Packung umgekehrt hat.
Die Apotheker brauchen aus ihrer Sicht also eine höhere Abgabegebühr. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) fordert, dass das Apothekenhonorar von derzeit 8,35 Euro netto auf 12 Euro erhöht wird. Außerdem macht sich die Standesvertretung der Apotheker dafür stark, dass dieses »Fixum durch einen regelhaften Mechanismus jährlich an die Kostenentwicklung angepasst wird, ohne dass es gesonderter Maßnahmen des Gesetz- und Verordnungsgesetzgebers bedarf«.
Die Anpassung der Apothekervergütung will der Bundesgesundheitsminister Lauterbach vermeiden. Dass immer mehr Apotheken sich finanziell nicht mehr lohnen und dicht machen, ist allerdings auch ihm nicht verborgen geblieben. Deshalb will Lauterbach die Apotheken abspecken. Ein Apotheker soll nicht mehr anwesend sein müssen, sondern nur noch erreichbar sein. Ungelernte sollen Fachkräfte ersetzen können. Damit ließen sich Kosten sparen.
Das besondere Interesse des Ministers gilt den Möglichkeiten, Filial- und Zweigapotheken gründen zu können, ohne dass studierte Apotheker vorhanden sein müssen. Hier zeigt sich wieder die Vorliebe des Ministers, sämtliche Zweige des Gesundheits- und Sozialsystems für Konzerne zu öffnen. DocMorris und Co. sollen in die Lage versetzt werden, das Apothekennetz in Deutschland zu übernehmen, ohne dass sie für die Beratungstätigkeiten oder für eine flächendeckende Versorgung verantwortlich gemacht werden.
Am Freitag, den 16. August, wurde die Seniorentagesstätte (Senta) Michael von St. Lukas in Wippingen feierlich eingeweiht. Das Ereignis wurde mit einem Zitat aus dem Johannes-Evangelium eröffnet: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“ Diese Kernaussage symbolisiert auch die Funktion der Senta, die als Ort der individuellen Tagesbetreuung für 22 Senioren mit Behinderungen konzipiert ist und gleichzeitig als ein Ort des Wohlfühlens dient – wie eine zweite Wohnung.
„Mit der Einweihung der Senta Wippingen haben wir einen Meilenstein gesetzt“, betonte Diakon und Pfarradministrator Christian Griep-Raming vor rund 60 Festgästen. Das Gebäude, bekannt als Haus Westhoff, hat eine lange Geschichte als zentraler Punkt des Dorfes. Heinz-Bernhard Mäsker, Geschäftsführer der St. Lukas Wohnen und Leben Caritas GmbH, erinnerte daran, dass das Haus einst als Gastwirtschaft mit Dorfladen genutzt wurde, später in den 1990er-Jahren als Bibelhaus, Freizeithaus und Unterkunft für Geflüchtete während des Syrienkriegs diente. Auch als kurzfristig Betreuungsplätze für Kleinstkinder benötigt wurden, stellte St. Lukas das Haus zur Verfügung.
Es gab Überlegungen, das sanierungsbedürftige Haus zu verkaufen, doch mit der Aufnahme Wippingens in das Dorfentwicklungskonzept ergaben sich neue Chancen. „Wir fördern längst nicht mehr nur Baulichkeiten, sondern achten sehr genau auf eine sinnvolle Nutzung, die mit einem entsprechenden Konzept hinterlegt ist“, erklärte Norbert Wencker, Dezernatsleiter beim Amt für regionale Landesentwicklung. Vor Beginn der Bauarbeiten überreichte Sylvia Backers von der Dienststelle in Meppen einen Förderbescheid über 500.000 Euro. „Diese Fördergelder sind hier besonders gut angelegt, da das Angebot älteren Menschen ermöglicht, so lange wie möglich am Leben teilzuhaben“, sagte der Landtagsabgeordnete Hartmut Moorkamp.
Sandra Schmidt, Fachbereichsleiterin Wohnen und Leben, und Elke Berenzen, Bereichsleiterin der Seniorentagesstätten, stellten das Konzept der Senta vor und knüpften dabei an das Eingangslied des Gottesdienstes „Das Leben sei ein Fest“ an. „Ja, hier soll das Leben gefeiert werden“, betonte Schmidt. Betreuung, Fürsorge, ein liebevolles Miteinander sowie Abwechslung und Teilhabe am Leben sind zentrale Aspekte des Konzepts. Auch der Kontakt zum benachbarten Dorfladen wurde aktiv gesucht.
Architektin Irmgard Westendorf erläuterte die baulichen Veränderungen: Zwei große, lichtdurchflutete Aufenthaltsräume, eine einladende Küche, eine überdachte Terrasse sowie Ruhe- und Sanitärräume im Erdgeschoss prägen das Haus. Im Obergeschoss stehen zwei Wohnungen zur Vermietung zur Verfügung. Das Gebäude ist mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach und einer Wärmepumpe zur Beheizung ausgestattet. Neben der Sanierung der Böden wurden Fenster, Türen und die gesamte Elektrik erneuert.
Auch der Bürgermeister der Samtgemeinde Dörpen Hermann Wocken, äußerte sich erfreut über die Einweihung. Mit der Senta Wippingen wird das Betreuungs- und Beschäftigungsangebot für Menschen mit Behinderungen im Herzen des Dorfes erweitert. Er erwähnte die KiTa „Mühlenhof“ in Kluse, die Außenstelle der Tagesbildungsstätte in Heede, die Werkstatt und Wohnbereiche in Dörpen sowie das Drei-Dienste-Haus als Teil des umfassenden Angebots in der Region. [PM und Foto: Jürgen Eden/St. Lukas Leben erleben]
Es gab Zeiten, da haben Politiker sich damit beworben, dass sie das Leben der Menschen besser machen wollten. Gitta Connemann zeigt jetzt als Vorsitzende der Mittelstandsunion, dass sie sich im Wettstreit mit der Bundesregierung befindet, wie man das Leben der Menschen möglichst verschlechtern kann.
In einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) (hinter Bezahlschranke) lässt sie sich in einem schwarzen Gewand und in grünen Gummistiefeln vor einer alten roten Ziegelsteinwand des Leeraner Leda-Werks, das Öfen herstellt, ablichten. Das soll wohl Traditionsbewusstsein und Volksnähe symbolisieren. Was sie aber über die FAZ kommuniziert, ist nichts anderes als die altbekannte Forderung aller Unternehmerverbände: Das Rentenalter soll erhöht werden. Gerade hat der Renteneintritt erst die 67jährigen erreicht, da fordert sie schon eine noch längere Lebensarbeitszeit.
Die Frankfurter Rundschau zitiert Philipp Frey vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe. „Weil sehr viele eher gehen müssten, wäre das eine Rentenkürzung durch die Hintertür, vorwiegend für Menschen mit ohnehin schon eher kleinem Gehalt“, sagt er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vergangenen Oktober. Die meisten Menschen erreichen das Rentenalter überhaupt nicht und scheiden vorher wegen Krankheit aus dem Erwerbsleben aus. Damit rutschen sie in die Erwerbsminderungsrente, welche die Rente ersetzt, wenn man nicht mehr arbeitsfähig ist.
Connemanns Forderung ist somit in Wirklichkeit die Forderung, die Rentenkasse dadurch zu schonen - und damit die Beiträge der Unternehmer zu senken, denn nur die interessieren sie - , dass den Menschen die Rente wegen ihres frühzeitigen Versterbens verweigert wird oder ihnen wegen Krankheit weniger gezahlt wird.
Dennis Radtke, Vorsitzender der CDA Nordrhein-Westfalen, wird vom Focus zitiert, dass es unterschiedliche Berufsgruppen gebe und deshalb differenziert werden müssen. "Viele Menschen, etwa in der Pflege oder auf dem Bau, können körperlich gar nicht über 67 Jahre hinaus arbeiten. Denen sollten wir keine Angst machen.“
Die Taktik der CDU-Sozialausschüsse ist es also, die Forderung des CDU-Wirtschaftsflügels dadurch zu unterstützen, dass sofort ein Keil zwischen die RentnerInnen geschlagen wird, um sie in viele Grüppchen zu unterteilen, die sich gegenseitig neidvoll beäugen.
Connemann spricht sich gegen die Aktienrente der FDP aus. Das ist einerseits clever, weil außer der FDP (und Leuten wie Friedrich Merz) niemand diese Rente will und andererseits vertritt Connemann die Unternehmer, die ihre Sozialbeiträge senken wollen. Lindners Interesse gilt hingegen den Finanzkonzernen und Schattenbanken, die mit Aktienhandel ihre Profite einsammeln. [jdm]
Vereine, die durch eine wirtschaftliche Tätigkeit Geld einnehmen, haben ab 2025 ein steuerliches Problem. Übersteigen die Einnahmen die Grenze von 22.000 € wird der Verein umsatzsteuerpflichtig.
Wer selbstständig tätig ist und für seine Leistungen oder Lieferungen Geld verlangt, muss dafür Mehrwertsteuer -wie die Umsatzsteuer auch genannt wird - berechnen. Diese Steuer muss je nach Umfang der Geschäftstätigkeit monatlich oder quartalsweise an das Finanzamt abgeführt werden. Vorher darf die Firma die Umsatzsteuer abziehen, die sie selbst im Rahmen der Geschäftstätigkeit beim Wareneinkauf gezahlt hat (Vorsteuer).
Zuletzt wurde dieses Thema auf der Versammlung der Jagdgenossenschaft im Zusammenhang mit den Pachteinnahmen thematisiert. Bisher galten Vereine in der Regel nicht als Unternehmer, außer wenn sie sich zu diesem Zweck gegründet haben, z. B. zum Betrieb eines Pflegeheims.
Das ändert sich jetzt auf Betreiben der EU. Eigentlicher Sinn und Zweck der EU ist die Regulierung des Marktes. Umweltschutz, Verbraucherschutz und womit uns die EU sonst nahe gebracht werden soll, sind nur Beiwerk. Der wichtigste Kommissar der EU ist der Wettbewerbskommissar, der darüber wacht, dass keine "Verzerrung des Wettbewerbs" stattfindet. Das neoliberale Grundgesetz der EU besagt, dass der freie Unternehmer das einzig schützenswerte Wesen ist. Menschen, die sich zusammentun, um ihr Umfeld und das Zusammenleben zu gestalten, sind der EU sofort suspekt, wenn dabei irgendwo Geld fließt. Denn das soll immer durch die Hände eines Unternehmers fließen.
Und so ist dem Kommissar aufgefallen, dass Eltern, die auf dem Schulfest selbstgebackenen Kuchen verkaufen, den Wettbewerb verzerren. Den Kuchen könnte auch ein Bäcker oder ein Café verkaufen. Da beschloss die EU, den Schulbasar (in Deutschland) mit der Umsatzsteuer zu belegen, um steuerlich Gleichstand herzustellen und den Bäcker nicht zu benachteiligen. Das gilt auch dann, wenn der Ort keinen Bäcker hat. Die Kuchensteuer war geboren.
Auch Gemeinden müssen jetzt für alles, was theoretisch auch ein Unternehmer machen könnte, Umsatzsteuer zahlen. Der Personalausweis bleibt umsatzsteuerfrei; der Verkauf eines Familienstammbuches oder der Dorfchronik ist umsatzsteuerpflichtig. Schulen sind staatliche Einrichtungen und für ihre Tätigkeiten gilt das Gleiche. Verkauft sie Duschmarken, Kaffee im Automaten oder kann man sich gegen Gebühr was kopieren, dann wird Umsatzsteuer fällig.
Im Zuge dieser Angleichung wurden Vereine bis zur Grenze von 22.000 € von der Umsatzsteuer befreit. Übersteigen die Einnahmen diese Grenze, wird der Verein umsatzsteuerpflichtig. Er muss dann 19 oder 7% seiner Einnahmen abführen. Will der Verein für seine Tätigkeit genauso viel Geld wie bisher zur Verfügung haben, muss er also die Einnahmen weiter erhöhen, also teurer werden. Was fast noch schwerer wiegt, ist der bürokratische Aufwand, der von den ehrenamtlich tätigen Kassierern zu bewältigen ist.
Der nicht umsatzsteuerpflichtige Verein mit weniger Einnahmen als 22.000 € kann weiterhin seinen Basar veranstalten, um Geld einzunehmen. Der Schulelternrat als Organ der Schule, also einer staatlichen Einrichtung, ist nicht befreit. Um dieser Pflicht zu entgehen, müsste der sich an den Förderverein wenden - sofern es einen gibt - , damit dieser zumindest formal als Veranstalter der Kuchentheke auftritt. Auch eine Feuerwehrkapelle als Teil einer kommunalen Feuerwehr wäre umsatzsteuerpflichtig.
Vereine, deren Einnahmen bei etwa 20.000 € liegen, stehen bei ihren Planungen somit immer vor der Entscheidung: Wollen und können wir unsere Einnahmen so drastisch erhöhen, dass wir eine Umsatzsteuerpflicht abfedern können oder müssen wir unsere Einnahmen jetzt im Blick haben und lieber auf Geld verzichten? [jdm]
Bundesfinanzminister Christian Lindner möchte, dass auf Gewinne aus Aktiengeschäften unter bestimmten Voraussetzungen keine Steuern (bisher 25 Prozent Kapitalertragsteuer) mehr erhoben werden. Das soll im nächsten Wahlprogramm der FDP stehen.
Gewinne aus der Zockerei mit Aktien sind dem FDP-Mann also sehr wichtig. Denn seine Kumpels und sonstigen nicht arbeitenden Unterstützer aus der Finanzbranche leben schließlich gut davon. Den Staat und die Sonderschulden für den derzeitigen Rüstungswahn können die Arbeitnehmer mit ihren Lohnsteuern auch allein zahlen, denkt er sich.
Damit die Forderung nicht ganz so plump daher kommt, begründet er dies mit seinen Plänen einer Aktienrente. Damit solle die Rendite für die Aktienrentenempfänger erhöht werden. Jeder weiß aus den Erfahrungen mit der Riesterrente, dass deren Rendite eher mau ist. Die Berliner Morgenpost spricht hier von einem Konjunkturprogramm für Versicherer und Vertriebe.
Der Handel mit Aktien hat volkswirtschaftlich gesehen trotz täglicher "Börsennachrichten" auf allen Kanälen keine volkswirtschaftliche Bedeutung. Nur bei der Neuausgabe von Aktien wird Geld für Firmen eingesammelt, um investieren zu können. Bei 99 % des Aktienhandels geht es nur darum, dass Anteile an Firmen den Besitzer wechseln. Mit den Firmen selbst hat das nichts zu tun.
Da bei der Aktienrente vor allem Indexfonds gekauft werden, steigen durch deren Ankauf die Preise für die im Index vertretenen Aktien. Tendenziell wird damit eine Überbewertung dieser Aktien erreicht. Eine Aktie, die im Index aufgenommen wird, wird allein dadurch, dass sie über die Indexfonds immer wieder gekauft wird, im Wert steigen, egal, was die Firma tatsächlich leistet oder wert ist.
Wenn die Anteile an den Indexfonds dann wegen der fällig gewordenen Auszahlung von Renten massenhaft verkauft werden, gibt es einen stetigen Wertverlust dieser Indexfonds. Gerade zeigte sich die Aktienrente als höchst profitable Anlage, aber in dem Moment, wo die Rente realisiert werden soll, fällt der Kurs. Die Aktienrente ist also ein Mittel, um seine Altersvorsorge zu verlieren.
Für Lindner spielt das aber keine Rolle: Für ihn zählt nur, dass die Finanzkonzerne und Schattenbanken, wie BlackRock (Friedrich Merz, CDU, war lange deren Deutschlandchef), Vanguard, State Street & Co., Dimensional Fund, T. Rowe Price, Perkins usw. am Handel mit den Indexfonds prima verdienen, in dem er ihnen Kunden - die zukünftigen Aktienrentner - zuschustert. Und wenn er die Geschäfte pushen kann, indem er dem Staat Steuern vorenthält, ist ihm das auch recht. [jdm]
"Lohnt Arbeit mit Bürgergeld überhaupt?" lautet eine Frage in einem DPA-Artikel in der heutigen NOZ. Und dann folgt eine Falschantwort, wie sie mittlerweile Standard ist, weil sich weder Journalisten noch Politiker die Mühe machen, das tatsächliche Sozialrecht anzuschauen: beide Gruppen verdienen so viel, dass sie das Bürgergeld aus eigener Anschauung nicht kennen.
"Wenn Bürgergeld, Kinderzuschlag oder Wohngeld zusammenkommen, ... – dann lohnt sich Mehrarbeit oft nicht." Kinderzuschlag wird voll auf das Bürgergeld angerechnet, kann also das Bürgergeld nicht erhöhen. Und der Bezug von Wohngeld und der Bezug von Bürgergeld schließen sich gegenseitig aus - es gibt entweder das eine oder das andere.
Um die Lüge vom Bürgergeldempfänger, der nicht arbeiten will, weil er zu viele kombinierte Sozialleistungen bekommt, immer wieder zu kolportieren, wird die Lüge wie die heutige in der NOZ immer wieder erzählt, aber sie wird dadurch nicht richtiger. [jdm]
Die CDU hat das Problem, dass sie mit der unsozialen Kriegspolitik der Bundesregierung einverstanden ist, aber doch gerne Kritik üben möchte, um sich die Wählerstimmen zu sichern. Da sie den Kriegskurs nicht kritisieren möchte, und sie als so genannte Volkspartei nicht noch offener als die FDP dafür werben kann, den Reichen die Staatsknete zuzuschustern, zieht sie sich auf bewährte Sozialdemagogie zurück.
Ihr Generalsekretär Carsten Linnemann wollte in einem Interview in der Sendung Lanz Bürgergeldempfängern, die nicht arbeiten, das Bürgergeld ganz entziehen. Damit wollte er dann die Bundeswehr finanzieren. Gefragt, wieviel Geld er denn mit der Bürgergeldkürzung freischaufeln wolle, hatte er keinen blassen Schimmer, um welche Summen es eigentlich geht (ab 8. Minute). Dass es in Deutschland praktisch niemanden gibt, der Bürgergeld bezieht, obwohl er arbeiten könnte, wurde auf Hallo-Wippingen mehrfach thematisiert.
Dass Linnemanns Forderung nach mehreren Verfassungsgerichtsurteilen verfassungswidrig ist, schert Linnemann nicht. Er verfährt nach der populistischen Erfolgsmasche, sich eine wehrlose Gruppe zu suchen, auf die man den Volkszorn lenken kann. Die Nazis haben dies mit den Juden gemacht, die AFD macht dies mit Migranten, Trump genauso. Hinzu kommt, dass die CDU wie die libertären autoritären Gallionsfiguren der Neoliberalen Bolsonaro (Brasilien) und Milei (Argentinien) die Abschaffung des Sozialstaates fordert.
Auch Friedrich Merz hat mehrfach Bürgergeldkürzungen zugunsten des Militärhaushaltes gefordert. Weil ihn sonst fast nichts von der Bundesregierung trennt, nimmt er die neue Cannabisgesetzgebung aufs Korn. Das Gesetz wolle die CDU als erstes abschaffen. Er will sich nicht zuerst um das Wohnungsproblem kümmern, nicht um das marode Straßennetz, das unterfinanzierte Gesundheitssystem, die marode Bahn, das unterfinanzierte Bildungssystem oder den Frieden sichern! Dieser Millionär will sich zuerst um das Cannabisgesetz kümmern! Weil uns allen dieses Gesetz am meisten auf den Nägeln brennt?
Nein, weil er nur populistisch ein Reizthema aufgreift, um sich und die CDU ins Gespräch zu bringen. Aber inhaltlich hat er nichts besseres als die Bundesregierung zu bieten: Sozialabbau, Umverteilung von Arm nach Reich, weiteren Verfall der Infrastruktur und die Steigerung von Rüstung und Kriegsgefahr. [jdm]
"Wie Fernand einmal überlistet wurde" lautet eine Sage, die in "Der Hümmling - Ein Heimatbuch" aus dem Jahr 1929 zu finden ist. Es geht darum, wie ein Kaufmann auf dem Hümmling von dem "Räuber" Fernand überfallen wurde und diesen durch eine List übertölpelte.
Wie Holger Lemmermann herausfand, gab es für diese sagenhafte Figur ein reales Vorbild, nämlich Ferdinand Wendeln aus der Hümmlinger Vagabundenfamilie. Er wurde am 19.12.1765 in Lorup getauft und starb am 22.01.1838 in Lorup. Zusammen mit seinen Brüdern wurde er weithin gefürchtet, war mehrfach in Haft, allerdings nicht im Zuchthaus. Er war Schwiegervater des ebenso berüchtigten "Bontekoh" genannten Johann Jacobs. In der Erinnerung wurden er und sein Neffe Ferdinand, der am 15.09.1806 in Wippingen getauft wurde, durcheinander gebracht. Der Wippinger Ferdinand war liiert mit einer Elisabeth Müller, die in Leer geboren wurde. 1826 saß er im Zuchthaus Hannover, 1827 im Zuchthaus Celle und 1835 im Zuchthaus Osnabrück. 1835 stellte er den Antrag, nach Amerika auswandern zu dürfen.
Nun war es für die Vagabunden - heute würde man Nichtsesshafte sagen - sehr einfach, im Zuchthaus oder im Gefängnis in Meppen zu landen. Denn die feudale Welt der beginnenden Neuzeit konnte mit Vagabunden nichts anfangen, obwohl sie ein Produkt der neuen Zeit waren. Lemmermann weist nach, dass die Emsländer Vagabunden allesamt Nachfahren von Soldaten waren, die als Söldner in irgendeiner Armee von Preußen bis Frankreich, von Hannover bis Italien, angeworben worden waren. Soldaten verloren mit dem Ausscheiden aus der Armee wegen Alter oder Krankheit ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Familie. Und durch das unstete Leben in verschiedenen Ländern und Garnisonen hatten sie auch keinen Lebensmittelpunkt mehr. Viele blieben z. B. in der letzten Garnisonsstadt, wo sie gedient hatten, z. B. auch in der Stadt Meppen.
Andere gingen in ihre Heimat zurück, wo sie aber keine Möglichkeit hatten, sich einzugliedern. In der ständischen Gesellschaft hatte jeder Bauer, Bürger, Handwerker oder Beamter seinen festen Platz. Das Dorf, die Gilde und die Familie boten die soziale Sicherheit. Außerhalb dieser Ordnung war man vogelfrei.
Es gab für die Vagabunden keine Möglichkeit, den Lebensunterhalt zu verdienen, außer durch Betteln. Aber auch das Betteln war nur erlaubt, wenn man im Besitz eines Bettelbriefes war, der meist den eingesessenen Armen vorbehalten war. So war auch das Betteln schon eine kriminelle Handlung. Und in der Verzweiflung wurden auch Diebstähle begangen oder die Bettelei durch Bedrohungen der Seßhaften ertragreicher gemacht.
Die Regierung in Münster ließ zwar in Sögel ein Schloss für die Jagd der Adeligen bauen, hatte aber für die Vagabunden nur Repression im Angebot. Wurde jemand ohne festen Wohnsitz und ohne Pass von der Obrigkeit bzw. speziellen Armenjägern angetroffen, wurden er und seine Familie in Meppen inhaftiert. Dort wurden sie häufig gefoltert. Sie wurden aufgefordert, das Land zu verlassen. Zuvor wurde ihnen ein Ohr geschlitzt oder abgeschnitten, damit man sie wieder erkennen konnte, wenn sie zurückkehren sollten. Vor der Abschiebung wurden sie in der Regel ausgepeitscht.
Überschritten sie dann die Grenze nach Drenthe oder nach Oldenburg, mussten sie sich erneut vor einem Aufgreifen in Acht nehmen. Da war es unter Umständen besser, gleich im dünn besiedelten Emsland zu bleiben, wo die unbewohnten Moorgebiete zumindest etwas Schutz gewährten. Wurden sie erneut aufgegriffen, wurden auch mehrjährige Zuchthausstrafen verhängt.
Zeitweise versuchte man, den Vagabunden die Kinder wegzunehmen, damit sie sich nicht fortpflanzten. Die arenbergsche Verwaltung versuchte auch erfolglos Vagabunden an fremde Heere zu verkaufen. Ferdinand Wendeln, den man auch einem Werbekommando übergeben hatte, kam nach einigen Tagen zurück. Man wollte ihn im Heer nicht haben, weil er einen Leistenbruch hatte und hinkte.
Um 1800 herum wurden Konzessionen für die Scherenschleiferei ausgegeben. Fortan versuchten sich alle Vagabunden - ob mit oder ohne Konzession - als Scherenschleifer und Kesselflicker auszugeben. Im Laufe von drei Generationen betrachtete die emsländische Gesellschaft die Vagabunden schließlich als Einheimische, was ihre Lage juristisch geringfügig verbesserte.
1823 gab es tatsächlich einmal einen Vertrag zwischen dem Kreis Meppen und einem Schustermeister Hermann Beckmeyer, der dafür bezahlt wurde, den 16jährigen Sohn von "Bontekoh" auszubilden.
Erst der arenbergische Regierungsrat Anton Heyl versuchte, den Vagabunden durch feste Bezirke für die Scherenschleiferei ein Einkommen und einen Lebensmittelpunkt zu verschaffen. Das hatte nichts mit einer menschlichen Einstellung gegenüber den Vagabunden zu tun, sondern war allein einer realistischen Einschätzung der Ursachen des Vagabundentums zu verdanken.
In Lemmermanns Verzeichnis der Scherenschleifer und Vagabunden des Emslands können sie selten mit einem Ort verbunden werden. Wegen der fehlenden Papiere konnten sie nicht offiziell heiraten, die Kinder wurden buchstäblich auf der Straße, in Ställen und Schafskoven geboren. Wippingen gehörte damals zu den Kirchspielen Sögel und Steinbild, so dass auch bei Wippingern in den Kirchenbüchern Sögel bzw. Steinbild festgehalten wurde. Bekannt ist, dass die Vagabundin Johanna Lücken, die in Norden geboren wurde, am 14.03.1812 in Wippingen 70jährig verstorben ist.
1810 ging Nicolaus Wendeln von Neurhede nach Holland, um dort mit Scherenschleifen etwas Geld zu verdienen. Seine Frau Elisabeth Wendeln, geb. Klöne (1765 in Berßen) sollte ihm 14 Tage nach Pfingsten folgen. Elisabeth wanderte dann vermutlich bettelnd mit ihren vier Kindern über Neudersum (1. Nacht) , Dersum (2. Nacht), Düthe, wo sie bei Herm Benen übernachtete, nach Wippingen, wo sie sich drei Nächte auf der Sonderburg aufhielt, schließlich nach Neudörpen, wo sie im Haus von Henrich Sassen starb. 3 der Kinder wurden bei ihrer Tante Anna Wendeln in Lorup untergebracht. Mit dieser zogen sie bettelnd herum, wie sie es früher mit ihren Eltern getan hatten. Eins der Kinder wanderte 1844 nach Amerika aus, eine Tochter heiratete den Scherenschleifer Augustin Rast und eine wurde 1866 als Dienstmagd in Brual erwähnt.
Die letzten Scherenschleifer wurden in Wippingen noch in den 1970er Jahren gesichtet. Sie wurden noch immer als "Bädelker" - Bettler, wahrgenommen. Einen Schrecken verbreiteten sie nicht mehr, sondern ihre Dienstleistung wurde gerne angenommen. [jdm/Quelle "Zigeuner und Scherenschleifer im Emsland, Holger Lemmermann 1986]
Die vierseitige Zeitung bietet eine Analyse der wichtigsten Weichenstellungen der Reform und gibt anhand informativer Grafiken und einer Karte einen Überblick über die Krankenhausschließungen. In Interviews kommen von Krankenhausschließungen Betroffene zu Wort, Fachleute berichten über die Qualität der wohnortnahen Krankenhausversorgung. Außerdem werden Alternativen für eine gemeinwohlorientierte Reform der Krankenhäuser vorgestellt. [Newsletter GIB}
Das Land Niedersachsen möchte laut einer Investitionsoffensive 2024 des Niedersächsischen Sozialministeriums 530 Millionen in Krankenhäuser investieren. Wenn man aber genau hinschaut, geht es darum, Lauterbachs Programm zum Plattmachen der Krankenhäuser mit Investitionen zu begleiten. Von den 530 Millionen € gehen allein 210 Millionen € in die Errichtung von drei neuen Zentralkliniken in Twistringen, das die Krankenhäuser Bassum, Sulingen und Diepholz ersetzen soll, in Bad Fallingbostel, dass die Krankenhäuser in Walsrode und Soltau ersetzen soll, sowie in Georgsheil, das die Kliniken Aurich, Emden und Norden ersetzen soll. Hinzu kommen noch 20 Millionen für einen neuen Zentralbau für das Städtische Klinikum Braunschweig.
Bei den normalen Krankenhäusern kommt also so viel Geld nicht an, sondern eher dort, wo vorher funktionierende Krankenhäuser dicht gemacht wurden. Begründet werden die Zentralisierungen mit zukünftig besseren Bedingungen und der Möglichkeit des effektiveren Einsatzes von Personal. Ungeklärt bleibt, ob das Pflegepersonal jeweils den Wechsel an den neuen Standort mitmacht. Und auch unklar bleibt, ob die Notfallversorgung angesichts der größeren Entfernungen noch gegeben ist.
Die Kosten für das Zentralklinikum Georgsheil wurde 2019 laut Wikipedia auf 250 Millionen € geschätzt und Ende 2023 wurden bereits 792 Millionen € angenommen. Die Kostenschätzungen fügen sich somit wunderbar in die Tradition bei anderen Großiprojekten in Deutschland ein (Elbphilharmonie, Flugplatz Berlin, Bahnhof Stuttgart 21).
Das Land ist nur für Investitionen in Krankenhäuser zuständig. Den laufenden Betrieb müssen die Krankenkassen finanzieren, wofür der Bundesgesundheitsminister Lauterbach verantwortlich ist.
Seit 2020 seien bereits mehr als 60 Krankenhäuser geschlossen worden und mit der Reform werde es ca.400 weitere treffen. Damit gehe ein massiver Bettenabbau einher und mehr als 400.000 Menschen verfügten schon jetzt nicht mehr über die Gesundheitsversorgung, im Sinne der Quantität und Qualität, wie sie gesetzlich vorgeschrieben sei. Die Notfallversorgung solle zukünftig nur noch an maximal 60 % der Krankenhäuser stattfinden.
Die Initiative stellt fest, dass viele kleinere Krankenhäuser angesichts der kommenden „Krankenhausreform“ einfach aufgäben, bzw. keine Initiativen mehr ergriffen, keine Investitionen tätigten. Geschäftsführungen würden fliehen und neue würden nicht mehr gefunden. Andere Krankenhäuser versuchten auf Kosten „kleinerer“ Krankenhäuser „größer“ zu werden. Ein unerbittlicher Kampf aller gegen alle sei politisch mit der „Reform“ gewollt. Die Initiative spricht von einem „Krankenhaus-Kannibalismus“. Die Petition, die bisher von 75.000 Menschen unterstützt wurde, fordert „Kein Bettenabbau! Keine Schließung! TVöD für alle! Mehr Personal! Rückführung der Tochterbetriebe!“. [jdm]
In einem Interview mit der Tageszeitung Junge Welt schätzt Brigitte Seifert-Taglieber von der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen ein, dass seit 1992, als in Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention in Kraft getreten ist, es eine erste Generation gebe, die das Recht auf gewaltfreie Erziehung größtenteils kenne und somit auch weitergeben könne. Das sei eine positive Entwicklung.
Die häusliche Gewalt, die seit Corona zugenommen hat, sei nicht die Gewalt gegenüber Kindern, sondern die Gewalt zwischen erwachsenen Beziehungspartnern oder auch Paaren, die in Trennung leben. Gerade in der Trennungszeit komme es häufig zu Übergriffen. Wenn ein Elternteil Gewalt erlebe und Kinder das mithören oder mitansehen müssten, dann sei das auch für sie Gewalt. Sie seien dann auch Opfer häuslicher Gewalt. Kinder könnten nicht unterscheiden, ob sie selbst die Gewalt erfahren oder die Eltern. Das sei neurologisch messbar. Es würden dieselben Regionen im Gehirn aktiviert – als würde das Kind selbst Gewalt erfahren.
Häusliche Gewalt unterscheide sich vor allem dadurch von einem einfachen Beziehungsstreit, dass eine Person gegenüber der anderen Macht ausübe und diese für Gewalt oder Erniedrigungen ausnutze. Meist sei es der Mann, der seine überlegene Kraft ausnutze und glaube, er habe als Mann das Recht dazu. Bei häuslicher Gewalt geht es also nicht nicht nur um sexualisierte Gewalt.
Als vor 75 Jahren das Grundgesetz verabschiedet wurde, wurden die 19 Grundrechtsartikel recht einfach gehalten, so dass sie klare Aussagen enthielten. Mittlerweile sind diese Grundrechte durch die Notstandsgesetze und diverse Änderungen zu Grundrechtsartikeln mit einem langen „Aber“-Rattenschwanz geworden, was sicher am auffälligsten im Artikel 16 ist, bei dem aus dem einfachen 1949 verabschiedeten Satz „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ heute ein Artikel 16a geworden ist, der mit diesem Satz anfängt und dann in vier weiteren Abschnitten die Abers formuliert.
Ähnliches passierte im Artikel 12, der ursprünglich einfach formulierte „Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.“ Dem wurde der Artikel 12a angehängt, der formuliert “Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden.“ Es folgen fünf weitere Abschnitte, die die Einschränkung der Freiheitsrechte im Kriegsfall beschreiben.
Man hat den Eindruck, dass die derzeitigen maßgebenden Politiker in der Bundesrepublik den Artikel 12 a für das ganze Grundgesetz halten. Zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier laut NOZ die Menschen in Deutschland auf schwierigere Zeiten eingestellt und zugleich ihren Willen zur Selbstbehauptung beschworen. Er rief dazu auf, die Errungenschaften von Freiheit und Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen. „Unsere Demokratie ist wehrhaft. Wer heute unsere liberale Demokratie bekämpft, muss wissen, dass er es dieses Mal mit einer kämpferischen Demokratie und mit kämpferischen Demokratinnen und Demokraten zu tun hat“, sagte Steinmeier.
Das ist eine Pose, die an Winston Churchills „Blood, Sweat and Tears“ erinnert, die dieser aber nach dem Überfall von Hitlerdeutschland auf Frankreich hielt. Heute wird Deutschland von niemandem angegriffen, sondern ist nur dabei, ein anderes Land mit allen Mitteln daran zu hindern, einen Krieg durch Verhandlungen zu beenden. Steinmeier missbraucht in seiner Rede die Erinnerung an die Verabschiedung des Grundgesetzes, um die Bundesrepublik nach rechts in Richtung Krieg und Sozialabbau zu befördern.
Auf dem Titelbild der NOZ steht die Spitze des Staates zusammen: der Verfassungsgerichtspräsident Harbarth, bei dem man sich in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter nicht erklären konnte, wie er im Nebenjob als Rechtsanwalt so viel Geld verdienen konnte, der Bundeskanzler Scholz, der seit seiner „Zeitenwende“-Rede das Geld des Staates bzw. seiner Bürger umschaufelte, um den Sozialstaat zugunsten einer Aufrüstung zu zerstören. Nicht Wohnungen werden gebaut, sondern Rheinmetall profitiert vom Rüstungswahn wie noch nie in seiner Geschichte.
Der Bundespräsident und Streubombenfreund Steinmeier bewegte keinen Finger, um als Bundeskanzleramtschef im Fall von Murat Kurnaz den Grundgesetzartikel 16 „Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.“ durchzusetzen. Und der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ist die Zeitenwende auch zu Kopf gestiegen. Sie würde Deutschland im Kriegsfall womöglich auch selbst mit einer Waffe verteidigen, verkündete sie vor Schülern und spricht sich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. Sozialdemokraten sprachen sich früher für Frieden und einen Sozialstaat aus.
Nur die Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig hat sich bisher nicht als Bellizistin entpuppt. Vielleicht einfach, weil sie als Ministerpräsidentin eines kleinen Landes die Auswirkungen der Scholz’schen Zeitenwende besser spürt.
Die Politiker, die heute das Grundgesetz feiern, haben mit den Motiven derjenigen, die 1949 den Text nach den Schrecken des Nazi-Regimes und des 2. Weltkriegs verabschiedeten, nichts mehr gemein.
Im Grundgesetz steht auch, dass Eigentum verpflichtet und dass Eigentum zum Wohle der Allgemeinheit vergesellschaftet werden kann. Diese Artikel wurden nie geändert. Einfach deshalb, weil sie ignoriert wurden. Mit dem undemokratisch zustande gekommenen Maastricht-Vertrag der EU wurde das Kapital sakrosankt erklärt. So bleibt z. B. das Eigentum der Wohnungskonzerne unangetastet und die Wohnungsnot wird sich in diesem bisher reichen Land weiter verschärfen. [jdm]