Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will mit einer einfachgesetzlichen Änderung – das heißt ohne Änderung des Grundgesetzes – noch in dieser Legislatur eine Grundlage für einen Neuen Wehrdienst und die dafür erforderlichen Strukturen und Kapazitäten schaffen.
Der vom Kabinett beschlossene Entwurf sieht vor, dass anstelle des bislang „Freiwilligen Wehrdienstes als besonderes staatsbürgerliches Engagement“ der Neue Wehrdienst eingeführt wird. Ziel ist es, die Zahl der zur Verfügung stehenden Reservistinnen und Reservisten zu erhöhen. Der Neue Wehrdienst soll zwischen sechs und 23 Monate dauern.
Der Gesetzentwurf sieht weiterhin vor, die Wehrerfassung zu modernisieren. Der Bundeswehr fehlt im Moment die Datengrundlage, um die Wehrpflichtigen einziehen zu können. Die Aufgabe der Wehrerfassung geht von den Meldebehörden auf die Bundeswehrverwaltung über. Damit ist dann der erste Schritt gemacht, um die Jugend des Landes in einen Krieg schicken zu können.
Für alle Männer gibt es eine verpflichtende Befragung über deren Bereitschaft und Fähigkeit zur Ableistung des Wehrdienstes. Ihnen wird ein Brief mit einem QR-Code zugesandt, der zu einem Onlinefragebogen führt. Junge Männer sind verpflichtet, den Fragebogen auszufüllen. Für Frauen ist die Beantwortung der Fragen freiwillig, weil das Grundgesetz bisher keine Wehrpflicht für Frauen kennt.
Wie viel Freiwilligkeit es auf Dauer gibt, wird sich wohl schnell entscheiden, wenn z. B. Friedrich Merz und seine CDU nach den absehbaren Neuwahlen die Macht erhalten, ihre Forderung nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht zu realisieren.
Überall, wo Krieg geführt wird, wird möglichst „Soldatenmaterial“ aus diskriminierten Minderheiten oder aus den armen Schichten des Landes rekrutiert. Bekannt ist, dass in Russland viele Menschen aus armen Kaukasusrepubliken in der Armee kämpfen. Auch Arme und Arbeitslose wurden durch hohe Soldzahlungen angeworben. In der Ukraine entziehen sich die Menschen mit Geld der Armee durch Korruption und Flucht. In den USA sind seit jeher Schwarze in der Armee überrepräsentiert.
Daran hat sich Pistorius wohl erinnert und jetzt mit der Arbeitsagentur eine „Grundsatzvereinbarung zur Stärkung der militärischen Personalgewinnung“ unterzeichnet. „Interessierten und geeigneten Frauen und Männern sollen durch die Bundesagentur für Arbeit attraktive berufliche Perspektiven, insbesondere als Soldatin oder Soldat, bei der Bundeswehr angeboten werden.“ Wenn es um Leistungen für arbeitslose Menschen geht, werden Arbeitslose von den Politikern nur als Faule und Schmarotzer wahrgenommen. Wenn es darum geht, Personal zu gewinnen, das das eigene Leben in einem Krieg aufs Spiel setzt, werden die Arbeitslosen doch gern genommen.
Um gegen das neue Wehrdienstmodell zu mobilisieren, startet die „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ (DFG-VK) die neue Kampagne „Wehrpflicht? Ohne mich! – Yusuf und Jonna verweigern den Kriegsdienst“. Das neue Wehrdienstgesetz könnte bereits im Frühjahr 2025 von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.
„Je mehr mitmachen, desto stärker der politische Druck gegen ein neues Wehrdienstmodell“, erklärt Yannick Kiesel, Referent für Friedenspolitik bei der DFG-VK. „Wir zeigen, dass wir viele sind und dass die Meinung der jungen Menschen in unserer Gesellschaft auch gehört werden muss“, mit diesen Worten startet Kiesel die Kampagne gegen den neuen Wehrdienst: „Wir wollen allen Menschen aber insbesondere auch den betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Möglichkeit geben sich gegen den neuen Zwangsdienst auszusprechen!“ Ein Teil der Kampagne besteht daher auch im Sammeln von Unterschriften auf der Kampagnenwebsite: www.yusuf-jonna.de. [jdm}