Hayek hat mit individueller Freiheit nichts zu tun

Der „anarchokapitalistische“ (=libertäre) argentinische Präsident Javier Milei bekam in Hamburg von einem neoliberalen Verein, der seine Vorstellungen von Wirtschaftsordnung am besten in dem Chile des Diktators Pinochet verwirklicht sieht, einen Orden. Dieser Verein bezieht sich auf den Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Hayek.

In seiner NOZ-Kolumne „Rest der Republik“ (vom 27.06.2024 und vorab im Newsletter) spielt Burkhard Ewert den scheinbar Naiven, der Friedrich Hayek gerade für sich entdeckt hat und begeistert von dessen angeblichen Freiheitsidealen ist.

Hayek gilt als einer der Theoretiker des Neoliberalismus. Schon dem traditionellen Liberalismus, der den Begriff der Freiheit im Namen trägt, ging es um die Freiheit des Kapitals, sprich des Eigentums und des Kapitalverkehrs, also des Marktes. Der Liberalismus des 18. und 19. Jahrhunderts war die Bewegung des Bürgertums, das sich von den vielen Einschränkungen und Regeln des Feudalismus befreien wollte. Dazu gehörte auch der Kampf für die individuelle Freiheit der Unternehmer, die sich durch Standesregeln, Gilden und unzählige Zollgrenzen eingeschränkt sahen. Für die Entwicklung des Kapitalismus war die Freiheit der Arbeiter nötig. Denn nur wenn Arbeiter frei auf dem Arbeitsmarkt verfügbar waren, konnte ihnen in Form der Lohnarbeit ein Mehrwert abgeknöpft werden, den sich der Kapitalist aneignen konnte. Im Drang nach persönlicher Freiheit waren sich Bürger und Arbeiter einig, auch wenn das Ergebnis für beide sehr unterschiedlich aussah.

Als Hayek und seine Chicago-Boys, die Pinochet berieten, sich ihre Gedanken machten, war die Phase des ursprünglichen Liberalismus längst beendet. Der Markt war frei und die Arbeiterschaft hatte gemerkt, wie sich das auswirkt, wenn man von seiner Arbeit leben muss und nicht von den Zinsen des Kapitals. Es hatten sich Gewerkschaften und Arbeiterparteien gebildet, die Schutzrechte erkämpften, die vom Staat garantiert werden mussten. Mit der Sowjetunion als erstem sozialistischen Staat hatte sich eine sehr unterentwickelte Gesellschaft im Schnelllauf zu einem Industrieland entwickelt.

Hayek hielt diese Entwicklung für nicht zukunftsträchtig. Die schnelle Entwicklung der Industrie führte er allein auf die Marktmechanismen zurück. Die Preise auf dem Markt würden automatisch Produkte fordern, für deren Produktion dann auch das Wissen geschaffen werde. Solche Prozesse könne niemand planen oder vorhersehen.

Diese Auffassung ist heute weltweit ein Grundsatz des Neoliberalismus und liegt z. B. der ganzen Konstruktion der EU zugrunde. Man kann auch sagen, die Entwicklung der Gesellschaft wird allein vom Profitinteresse gesteuert. Hayek wollte, dass der Staat sich hier nicht mehr steuernd einmischt, aber der Staat sollte diese Ordnung schon absichern.

Die Arbeiterklasse kann an einer solchen Ordnung kein Interesse haben: denn dann gibt es keinen sozialen Wohnungsbau (wie wir in Deutschland sehen), keine öffentliche Gesundheitsvorsorge (wie wir in den USA sehen), keine öffentlichen Schulen, keinen erschwinglichen Wasseranschluss (wie wir in Chile sehen) und keinen Schutz des Klimas (wie wir weltweit sehen).

Für Hayek war die individuelle Freiheit kein Erfordernis der neoliberalen Ordnung. Für das Funktionieren seiner Idealordnung war das rationale Handeln der Menschen nicht erforderlich, weil ja niemand das Wissen haben kann, was wirklich notwendig ist – das weiß nur der Markt.

Infolgedessen waren auch die Forderungen der Arbeiterbewegung störend und falsch. Die Individuen sollten sich darauf beschränken, auf die Ordnung zu vertrauen und sich an die Traditionen zu halten. Der Staat hat die Aufgabe, für dieses Vertrauen zu sorgen. In Chile hat Pinochet dies dadurch getan, dass jede oppositionelle Wortmeldung mit Gefängnis, Folter und Verschwindenlassen geahndet wurde. Auch der krass libertäre argentinische Präsident Javier Milei ist derzeit dabei, die demokratischen Rechte der Arbeiter, der Gewerkschaften, aber auch der Frauen (beim Abtreibungsrecht) oder von Studenten zu beschneiden. Und was nicht direkt beschnitten wird, wird durch Unterlassung zerstört. So wird derzeit die Finanzierung der Universitäten einfach dadurch langsam eingestellt, dass ihre Mittel trotz der Inflation von 60% nicht erhöht werden.

Hayek als einen Apostel von Freiheit in der Ems-Zeitung zu verherrlichen, ist vollkommen abwegig. Immerhin zitiert Ewert Hayeks Satz: „Liberalismus ist also unvereinbar mit unbeschränkter Demokratie, genauso wie mit jeder anderen unbeschränkten Macht.“ Vielleicht kommt Ewert bei seiner Ferien-Lektüre von Hayeks Werken ja noch zu der Erkenntnis, dass Hayek eben doch eine unbeschränkte Macht sehen möchte, nämlich den Markt, und dass Demokratie und individuelle Freiheit für ihn gut verzichtbar sind. Wir können gespannt auf Ewerts Bericht von seiner Urlaubslektüre sein. [jdm]

Günter Verheugen und Petra Erler: Der provozierte Krieg

Günter Verheugen, Petra Erler, Der lange Weg zuum Krieg - Russland, die Ukraine und der Westen
Eskalation statt Entspannung
336 Seiten,
ISBN
978-3-453-21883-3, EUR 24,00, Heyne Verlag

Der ehemalige Staatsminister im Außenministerium und EU-Kommissar für die EU-Erweiterung, Günter Verheugen, und die Wirtschaftswissenschaftlerin Petra Erler haben sich gemeinsam mit der Entwicklung hin zum Ukrainekrieg beschäftigt.

Heraus gekommen ist ein Buch, das aus der Motivation geboren wurde, nicht hinzunehmen, dass in unserem Land eine Mauer des Schweigens errichtet wird. Er habe es in seinem langen politischen Leben noch nicht erlebt, dass öffentliche Meinung so einseitig gesteuert werde, wie das im Fall des Ukrainekrieges geschehe, sagte Verheugen im Interview mit Telepolis. Die verbreitete Erzählung stimme einfach nicht.

Das Buch soll ein Stück Gegenöffentlichkeit herstellen und die Möglichkeit geben, einen anderen, objektiveren Blick auf das zu werfen, was geschehen ist. Denn kein Krieg falle vom Himmel, kein Krieg sei voraussetzungslos. Nur bei diesem Krieg werde so getan, als hätte es keine Vorgeschichte gegeben.

Petra Erler und Günter Verheugen im Interview mit der Weltwoche auf Youtube

Im Interview mit dem schweizer Youtube-Kanal Weltwoche sagt Petra Erler, sie vermute, dass, nachdem alle Angebote und Warnungen Russlands vor einer weiteren Militarisierung der Ukraine von der NATO abgelehnt worden seien, Putin mit dem Angriff auf die Ukraine ein dramatisches Zeichen habe setzen wollen, in dem Sinne, dass er seine Warnungen ernst meine. Dabei deute die Zahl der eingesetzten Soldaten nicht darauf hin, dass mehr beabsichtigt war. Damit wolle sie keineswegs die Unrechtmäßigkeit des Kriegs in Frage stellen. Leider sei auch dieses Zeichen vom Westen ignoriert worden und stattdessen genutzt worden, um den Krieg zu eskalieren.

In 9 Kapiteln gehen die beiden Autoren allen Argumenten nach und verarbeiten eine große Zahl von Informationen und Dokumenten. Für beide hatte der Ukrainekrieg eine Vorgeschichte, die spätestens 1990 beginnt. Für Verheugen war der Überfall der Nato auf Jugoslawien der große Sündenfall und die eigentliche Zeitenwende, an der er auch noch persönlich als deutscher Außenpolitiker beteiligt war, was er aus heutiger Sicht zutiefst bedauere. [jdm/Screenshot Weltwochevideo]

Le Monde diplomatique: Warum die Sanktionen gegen Russland scheitern

Die Monatszeitung Le Monde diplomatique stellt in der Juni-Ausgabe fest, dass der Sanktionsfeldzug gegen Russland von Beginn an unrealistisch war. Russlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) sei 2023 um 3,6 % gewachsen und damit schon im zweiten Jahr mehr als das der EU und der USA.

Als Gründe nennt der Artikel eine prinzipielle Unterschätzung der russischen Wirtschaftskraft, weil man die Rolle Russlands als Produzenten und Exporteur von fossilen Energieträgern, Nichteisenmetallen und Getreide, sowie bei der Stromerzeugung nicht gesehen habe. In den letzten zehn Jahren seien die politischen und administrativen Eliten erneuert worden, so dass die Wirtschaft nicht mehr von den korrupten Oligarchen, sondern von fähigen Technokraten geleitet werde. Die Sanktionen hätten praktisch wie ein selbst gewählter Protektionismus gewirkt und die Wirtschaft von Importen unabhängiger gemacht. Die Selbstversorgung des Landes mit Lebensmitteln sei heute gesichert.

Das Zahlungssystem SWIFT sei schon seit 2015 durch ein nationales System ergänzt worden, so dass die Banken nach dem Ausschluss aus dem SWIFT-System ungebrochen weiter arbeiten konnten. Ein ebenfalls eingeführtes Kartenzahlungssystem gewährleistete die Funktionsfähigkeit aller von den Banken ausgegebenen Karten. Die Importverbote von westlicher Technologie würden über viele nichtwestliche Staaten umgangen. Der Ankauf einer eigenen Tankerflotte gewährleistete, dass das Öl jetzt nach Indien und China verkauft werden konnte.

Die Militärausgaben hätten über die hohen Auszahlungen an Sold für die Soldaten die Wirkung eines staatlichen Konjunkturprogramms und hätten zu Vollbeschäftigung und einer Erhöhung der Realeinkommen um 4,8 % geführt. Ein Beihilfeprogramm für Familien zum Erwerb von Wohneigentum habe zum Wachstum des Bausektors um 10 % geführt, die Automobilindustrie wuchs um 19 %. Die Staatsverschuldung sei weltweit eine der niedrigsten.

Mehr im vollständigen Artikel auf Le Monde diplomatique. [jdm]

Bundestag beschloss Schneckenpost – wieder ein Stück staatliche Grundversorgung weg

Neues Modell: Briefkasten mit zwei Einwurfschlitzen

Gestern hat der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen, die Schnecke zum neuen Symbol der Post zu küren. Das Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG) sieht vor, dass Briefe in Zukunft gern bis zu vier Tagen unterwegs sein dürfen. Bisher galt eine Zeitspanne von einem bis zwei Tagen. Wem das zu langsam ist, der kann gegen ein höheres Porto einen schnelleren Prio-Brief auf den Weg bringen.

Das ist aber nur ein Punkt von vielen. Im Grunde handelt es sich um ein Gesetz, das die Post von ihren aus Staatspostzeiten ererbten Pflichten als Universaldienstleister befreien soll.

So wie wir bei der Deutschen Bundesbahn erleben, dass die Fläche nur noch mit Zugverkehr bedient wird, wenn die Länder ordentlich Geld zuschießen, so wird sich jetzt die Post auch entwickeln. Denn wenn der Post die Zustellung in einem Gebiet zu teuer wird, wird sie sich als Universaldienstleister einfach verabschieden. Dann muss das Gebiet neu ausgeschrieben werden - mit Zuschüssen des Staates.

Das PostModG regelt nicht, wie die Bürger eine zuverlässige Post bekommen, sondern wie die verschiedenen Logistikunternehmen am besten verdienen können. So sollen Subunternehmen mit ihren jämmerlichen Arbeitsbedingungen weiter das Bild der Paketzustellung prägen dürfen. Die Linke beantragte zum Schutz der Paketzusteller Änderungen am Gesetz, die aber von den Regierungsparteien zusammen mit CDU und AFD abgelehnt wurde.

Hallo-Wippingen berichtete bereits mehrfach über die Postreform hier und hier.

Die CDU führte einen Antrag in die Debatte ein, der zwar eine schnellere Briefzustellung forderte, aber insgesamt die Post noch mehr von ihren Pflichten entlastet hätte und noch schneller zur endgültigen Zerschlagung des Universaldienstes geführt hätte. [jdm]

Wunsch nach Beschleunigung der Endlagersuche für Atommüll lässt sich nicht einfach realisieren

Screenshot der Anhörung des Umweltausschusses des Bundestages vom 05.06.2024
Umweltausschuss des Bundestages

Auf Antrag der CDU beschäftigte sich der Umweltausschuss des Bundestages mit der Endlagerung von Atommüll. Die CDU stellte in ihrem Antrag angesichts der im Jahr 2034 auslaufenden Genehmigung für das Brennelemente-Zwischenlager Gorleben (BZG) einen  Zeitdruck fest. Dem stünden Schätzungen für die Dauer der Suche nach einem bestmöglichen Standort von dem ursprünglich geplanten Jahr 2031 bis in die Jahre 2046 oder sogar 2068 gegenüber.

Außerdem stellt die CDU fest, dass die Suche nach einem Endlager die Nutzung von Geothermie behindere, weil hier eine konkurrierende Bodennutzung stattfinde. Außerdem befürchtet die CDU, dass das Geld, das die Energiekonzerne in den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) eingezahlt haben, schon für den Suchprozess und die Zwischenlagerung verbraucht werden könnte.

Die Stellungnahmen der Fachleute in der Anhörung ließen erkennen, dass viele ebenfalls einen Zeitdruck erkennen und begrüßen würden, wenn ein Beschleunigungspotential im Rahmen des Standortauswahlgesetzes identifiziert werden könne. Allerdings wurden die Schlussfolgerungen der CDU nicht unbedingt geteilt.

Die CDU fordert, von Finnland und der Schweiz zu lernen und daraus neue Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung zu gewinnen. Dr. Tim Vietor, von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) in der Schweiz berichtete, dass man sich dort von der Einlagerung in Granit verabschiedet habe und sich für ein Tongestein entschieden habe und die Barrierewirkung des Gesteins durch bauliche Ergänzungen sichern wolle. Man müsse nicht unbedingt auf einem Bein stehen.

Die CDU fordert. die Definition verschiedener Wirtsgesteine gemäß dem Standortauswahlgesetz so eng wie fachlich möglich zu fassen, um die Zahl der möglichen Standorte zu verringern. Dem widersprachen die anderen Fachleute. Sie verwiesen darauf, dass das Standortauswahlverfahren in Deutschland wissenschaftsbasiert sein solle und die Wirtsgesteine nicht von Politikern bestimmt werden sollten. Das bedeute, man solle die Arbeiten der BGE über die Standorte bis 2027 abwarten. Der Vertreter des Bundesverbandes Geothermie e. V. sprach sich dafür aus, bewohnte Gebiete generell auszunehmen, damit Geothermie möglich werde.

Der Sachverständige Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig von der Technischen Universität Clausthal sprach sich dafür aus, 2027 aus diesen Untersuchungen heraus, die Geeignetheit von Wirtsgesteinen allgemein festzustellen und nicht jeweils singulär für jeden einzelnen Standort. Ein Beschleunigungspotential sahen mehrere Fachleute darin, nicht mehr alle Standorte in den Fokus zu nehmen, sondern diejenigen, über die wenig geologische Informationen bestehen, aus der Suche auszuschließen.

Eine Absage erteilten alle Fachleute der Idee der CDU, sich mit neuen Technologien, wie z. B. der Transmutation, auseinanderzusetzen. Hier ist gemeint, dass man den Atommüll eventuell als Ressource nutzen könne oder ihn durch eine Behandlung verringern könnte. Einer solchen Idee stimmte nur der von der AFD geladene Sachverständige zu, der im Atommüll geradezu phantastische Potentiale für die Energiegewinnung sah. Alle anderen Fachleute sahen solche Potentiale nicht. Die vage Hoffnung auf die Transmutation dürfe nicht verschleiern, dass es zur sicheren Entsorgung hochradioaktiver Abfälle dringend nötig sei, einen geeigneten, gesellschaftlich akzeptierten Standort für ein Endlager zu finden, befand Dr. Friederike Frieß von der Universität für Bodenkultur Wien. Bisher gebe es kein schlüssiges technologisches Konzept für die neuartigen Wiederaufarbeitungstechnologien für die Partitionierung, die neuartigen Brennstoffe und die neuartigen Reaktorsysteme und ihre jeweilige Kombination. Keine der notwendigen Verfahren und Technologien seien heute großtechnisch einsatzfähig.

Ursula Schönberger vom Fachportal Atommüllreport sprach sich für ein weiteres Standortsuchgesetz speziell für schwach- und mittelradioktiven Müll aus. Angesichts des Desasters in der Asse müsse für diesen Müll eine akzeptable Lösung gefunden werden. Die derzeitigen gesetzlichen Anforderungen aus den 80er Jahren erlaubten eine höhere Strahlenbelastung der Bevölkerung durch schwach- und mittelradioaktiven Müll, als aus hochradioaktivem Müll.

Möglicherweise zeigt insbesondere die Forderung, geeignete Wirtsgesteine generell zu benennen und Standorte, für die zu wenig Daten vorhanden sind, aus die Suche auszuschließen, dass die Befürchtungen zum Beispiel der „Interessengemeinschaft Atommüllendlager im Emsland“ KAI-EL berechtigt waren, dass sich schnell auf bereits bekannte Standorte eingeschossen wird. Andererseits besteht tatsächlich wegen der Zwischenlagerproblematik ein Zeitdruck. Und auch der Verlust von Expertise stellt langfristig ein Problem dar. Wo keine Atomkraftwerke mehr betrieben werden, gibt es auf Dauer auch immer weniger Experten, die wissen, wie mit dem Atommüll umzugehen ist. [jdm]

UPM plant die Stilllegung der Feinpapiermaschine bei Nordland Papier (PM 3) in Dörpen

UPM Communication Papers plant in Deutschland die dauerhafte Schließung der erst 22 Jahre alten Zeitungspapierfabrik Hürth und die Stilllegung einer Feinpapiermaschine (PM 3) bei Nordland Papier in Dörpen. Wie UPM in einer Pressemitteilung von heute mitteilte, werde die Umsetzung der Pläne zu jährlichen Kapazitätsreduzierungen von 330.000 Tonnen Zeitungsdruckpapier und 280.000 Tonnen ungestrichenem Feinpapier innerhalb des UPM Portfolios führen. Dies sei notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und die Kapazität für grafische Papiere an die Kundennachfrage anzupassen.

Die Umsetzung der Pläne hätte Auswirkungen auf etwa 135 MitarbeiterInnen am Standort Hürth und etwa 210 MitarbeiterInnen am Standort Dörpen, wo derzeit rund 1.150 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter werde umgehend aufgenommen. Es sei geplant, die Produktion von grafischen Papieren auf den beiden betroffenen Papiermaschinen spätestens Ende 2024 einzustellen. Die Produktion auf den verbleibenden Papiermaschinen bei Nordland Papier werde unverändert fortgeführt.

Durch die Digitalisierung sei der Papierverbrauch und damit auch die Nachfrage nach grafischen Papieren weiterhin stark rückläufig. Es werde keine dauerhafte Rückgewinnung der zurückgegangenen Nachfrage erwartet, was zu erheblichen Überkapazitäten auf dem Markt führe. Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen werde jährliche Kosteneinsparungen von 45 Mio. Euro zur Folge haben.

UPM hatte Ende 2023 die Papierfabrik Plattling in Niederbayern geschlossen. Davon waren 401 Mitarbeiter von UPM und rund 120 Personen bei Dienstleistern vor Ort betroffen. Hier hat UPM den Immobiliendienstleister CBRE, München, mit dem Verkauf des 52 Hektar großen Werksgeländes in Plattling beauftragt. Am oberbayrischen Standort Schongau legt UPM Ende 2022 eine Papiermaschine still und baute 135 Arbeitsplätze ab. Am österreichischen Standort Steyrermühl wurde am 29. Juli 2023 die Produktion von 320.000 Tonnen Zeitungspapier pro Jahr eingestellt. In Finnland gab es im vergangenen Jahr vorübergehende Entlassungen von denen 1.100 Beschäftigte betroffen waren. [jdm]

Wolfsbeauftragter: Problem betrifft vorwiegend Hobby-Halter

Ergänzend zum gestrigen Bericht über die in Neulehe und Lehe gerissenen Schafe verweisen wir auf einen NDR-Bericht vom 13.03.2024 mit dem Titel „Vermeidbares Tierleid: Prozess gegen Schafhalter nach Wolfsriss“. Der Schafhalter musste eine Strafe von 600 Euro zahlen, weil er seine Schafe nicht hinreichend gegen Angriffe von Wölfen geschützt hatte. Nach Ansicht eines Wolfsbeauftragten könnten viele Wolfsrisse vermieden werden, wenn sich Tierhalter an den gesetzlichen Herdenschutz halten würden.

Wie man Schafe richtig vor Wölfen schützt, kann man beim Nabu erfahren. Und auch Fördermaßnahmen stehen bereit, allerdings ist Hobby-Schafhaltern die Beantragung oftmals zu aufwendig und lästig. Weitere Informationen hierzu und den Förderantrag findet man bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. [HM/Dieser Artikel wurde erstveröffentlicht auf https://gruenealternative.de/forum-d/]

Schafe in Neulehe gerissen – Zaun nicht wolfssicher

„Schafe hinter Kita in Neulehe gerissen – Mutmaßlich von Wolf erlegt / Bürgermeisterin und Anwohner alarmiert“, so titelte die Emszeitung in ihrer Ausgabe vom 25.05.2024 unter „Lokales“ auf der Seite 20. Es wird von einer hoch umzäunten Wiese berichtet. Auf einem Foto vor einem entsprechenden Zaun sieht man den Hegeringsleiter, sowie die Bürgermeisterin und den Schafhalter – im Hintergrund einen Spielplatz. Ein Wolfsberater sei vor Ort gewesen und habe DNA-Proben genommen, ist in der Zeitung weiter zu lesen.

Zaun der Schafsweide in Neulehe 05/2024

Was die Zeitung allerdings nicht schreibt: An der gegenüberliegenden Seite der Wiese befindet sich ein Maschendrahtzaun von geringerer Höhe. Der Zaun weist einige Schadstellen auf, die behelfsmäßig ausgebessert wurden. Zwischen den Zaunpfählen hängt der Zaun deutlich sichtbar durch. Die Aufnahme und Beurteilung von Nutztierrissen obliege den Bezirksförstern der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, teilt uns auf Anfrage ein Wolfsberater mit. Ihm sei der Vorfall auch nur aus der Zeitung bekannt. Ob also tatsächlich ein „Wolfsberater“ vor Ort war (wie die Emszeitung schreibt), bleibt für uns fraglich.

Zaun der Schafsweide in Neulehe 05/2024

Eine Anfrage bei der Landwirtschaftkammer ergibt, dass diese am Vormittag des 21.05.2024 über einen (mutmaßlichen) Wolfsübergriff in der Samtgemeinde Dörpen informiert wurde. Am selben Tag sei ein Rissbegutachter vor Ort gewesen. Er habe feststellt, dass auf einer Weide ein Schaf getötet und teilweise aufgefressen worden war, und ein weiteres Schaf mit schweren Verletzungen musste vom Tierarzt erlöst werden. Die Zäunung entsprach nicht den wolfsabweisenden Kriterien der Richtline Wolf, daher lautet die amtliche Feststellung „Wolf, keine Billigkeit“, womit ein Schadenersatz ausgeschlossen ist.

Am Montag wurden mehrere Schafe in Lehe gerissen. Die Spuren vor Ort deuten auf einen Wolfsübergriff hin. Auch hierzu teilt uns die Landwirtschaftskammer mit, dass die Zäunung nicht den wolfsabweisenden Kriterien der Richtline Wolf entsprach. [HM/Dieser Artikel wurde erstveröffentlicht auf https://gruenealternative.de/forum-d/]

IFO-Chef Fuest: Lügner, inkompetent oder Schwafler?

Was ist davon zu halten, wenn der Präsident des IFO-Instituts Clemens Fuest im Interview mit der NOZ sagt, „Insgesamt wird der Druck, Löhne zu erhöhen, eher noch zunehmen, weil Arbeitskräfte immer knapper werden.“ und auf die nächste Frage antwortet „Druck zu Reformen dürfte eher dadurch entstehen, dass die Einkommen nur sehr langsam wachsen. Falls mittelfristig Sozialversicherungsbeiträge und Steuern erhöht werden, um die Renten, die Gesundheitsversorgung und die Pflege einer wachsenden Zahl älterer Menschen zu finanzieren, werden vor allem die Nettoeinkommen stagnieren. Das wird es erschweren, junge Menschen zu motivieren, zu arbeiten.“?

Kann man annehmen, dass Clemens Fuest gar nicht weiß, was er sagt? Er sagt, die Löhne werden steigen, aber die jungen Leute wollen nicht mehr arbeiten, weil sie immer weniger verdienen. Solche widersprüchlichen Aussagen kann er nur machen, weil er seine Antworten danach auswählt, was ihm für irgendeine unternehmerfreundliche Maßnahme gerade passt. Kann es sein, dass er und sein Institut mit Wissenschaft nichts zu tun haben?

Die erste Antwort (die Löhne steigen) soll das Märchen vom demografischen Wandel, unter dem die Unternehmer leiden und mit dem der Sozialabbau gern begründet wird, unterstützen. Die zweite Antwort (die Löhne sinken) dient dem gleichen Zweck: damit sollen Kürzungen speziell bei der Rentenversicherung und bei der Gesundheitsversorgung begründet werden.

Und weil Fuest schon mal dabei ist, sich etwas aus dem Finger zu saugen, kann ein Angriff auf das Bürgergeld nicht fehlen. Angeblich lohne es sich wegen dem Bürgergeld nicht, zu arbeiten. Hallo-Wippingen hat hier und hier berichtet, warum diese Aussage nicht stimmt.

Und Fuest versteift er sich sogar zu einer handfesten Lüge. Er spricht vom „Bürgergeld, … in Kombination mit anderen Sozialleistungen.“ Eine solche Kombination gibt es nicht. Wer Bürgergeld bekommt, bekommt kein Wohngeld. Alle anderen Sozialleistungen mindern den Bürgergeldanspruch. Ist Fuest über diese einfachen Regeln des Sozialrechts nicht informiert? Fuest ist somit entweder ein Lügner, vollkommen inkompetent oder einfach ein Schwafler. Aber ein Schwafler, der weiß, dass bei solchen unwahren Behauptungen am Stammtisch immer etwas hängen bleibt. Das kann man schon daran sehen, dass die NOZ diese "Kritik" am Bürgergeld zum Titel des Artikels in der Druckausgabe erkor.

Clemens Fuest sieht seine Aufgabe darin, staatliche Transferleistungen für die Armen, Alten und Kranken möglichst zu senken, aber die Steuersenkungen für die Unternehmer sind natürlich immer drin.

Und da kommt schon die nächste Lüge „Die Steuern sind in Deutschland so hoch, dass lieber viele Investoren ins Ausland gehen.“ Sogar die Unternehmenslobbyorganisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) schreibt auf ihrer Homepage „Die deutsche Steuer- und Abgabenquote lag bei 37,9 Prozent und damit im oberen Mittelfeld der OECD-Länder. Dänemark erreicht mit 47,1 Prozent den Höchstwert, gefolgt von Frankreich mit 45,3 Prozent. Mexiko liegt mit 17,8 Prozent am Ende der Verteilung. Irland und die USA sind mit 19,9 Prozent und 25,8 Prozent ebenfalls Länder mit niedrigen Steuern und Abgaben im Verhältnis zur Wirtschaftskraft. Betrachtet man die reine Steuerquote – also ohne Sozialversicherungsabgaben – so liegt Dänemark mit 47,1 Prozent an der Spitze. Deutschland liegt mit 22,9 Prozent etwa im OECD-Durchschnitt.“

Klar ist, dass große Unternehmen immer potentielle Steuerflüchtlinge sind. Aber die derzeitige Abwanderungswelle hat eher mit den hohen Energiepreisen zu tun, die eine Folge der Sanktionspolitik des Westens sind.

Das vollkommen unnütze IFO-Institut, ein privater Verein, wird fast ausschließlich über Steuermittel finanziert. Sein somit aus Steuergeldern hochdotierter Präsident sieht sich aber nicht in der Pflicht, wirtschaftliche Forschung zum Wohle seiner Finanziers, der Steuerzahler, zu betreiben, sondern betreibt stattdessen Lobbyarbeit für die Unternehmer. [jdm]

Bürgergeld: Die Fakten zu den Gerüchten

"Die Zeit" hat in einem Artikel (vom 25. Januar 2024 hinter der Bezahlschranke) sehr übersichtlich die Fakten zum Bürgergeld dargestellt. Ausgangspunkt ist die Kampagne der CDU und FDP zur Verleumdung von Bürgergeldempfängern und die neuen verschärften Regeln zur Sanktionierung, die Hubertus Heil (SPD) einführte.

Aktuell gibt es 5,4 Millionen Bürgergeldbezieher. Das klinge zwar viel, aber 1,5 Millionen davon seien Kinder. Bleiben 3,9 Millionen erwerbsfähige Menschen. Davon stünden 2,2 Millionen "dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung", weil sie zum Beispiel zur Schule gehen, ein Studium absolvieren, Angehörige pflegen oder sich um kleine Kinder (689.379 Personen) kümmern. So sei es zum Beispiel möglich, während der Elternzeit ergänzend Bürgergeld zu beziehen, wenn das Elterngeld nicht zum Leben reicht. Andere nähmen an einer staatlichen Fördermaßnahme teil (494.674). Oder sie arbeiten bereits, verdienen aber nicht genug, um ohne zusätzliche Hilfe klarzukommen (781.000 so genannte Aufstocker). Diese „Aufstocker“ kann man weiter aufteilen: 41.000 machen eine Ausbildung, 265.000 haben einen Minijob, 65.000 sind selbstständig.

Damit bleiben 1,7 Millionen Bürgergeldempfänger übrig, die nicht arbeiten. 950.000, also 56 Prozent, davon sind Deutsche, 750.000, also 44 Prozent, sind Ausländer. Die größte Gruppe unter den Ausländern machen Ukrainer aus (168.961), dann kommen Syrer (123.573), Menschen aus anderen Staaten der EU (113.845) und mit einigem Abstand Afghanen (38.930).

Zwei Drittel der Arbeitslosen in der Grundsicherung haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Ohne ausreichende Qualifikation sei es oft schwierig, eine Stelle zu finden. Nur 23 Prozent aller offenen Stellen in Deutschland sind laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für Bewerber ohne Abschluss geeignet. Hinzu komme, dass nicht alle offenen Stellen dort seien, wo die Arbeitslosen leben. Und wegen eines Niedriglohnjobs könne kaum einer den Wohnort wechseln.

Unter Langzeitarbeitslosen seien vermutlich viele, die zwar formal einen Job annehmen könnten, wegen »multipler sozialer Problemlagen« aber dazu nicht in der Lage seien. Dabei gehe es um Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Suchtproblemen.

Die Krankenkasse AOK Rheinland/ Hamburg habe ausgewertet, dass Bürgergeldempfänger doppelt so häufig wie arbeitende Versicherte an einer Depression oder einer Lungenkrankheit leiden. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitslose Diabetes oder eine Herzkrankheit haben, sei erhöht. Bei den Flüchtlingen befänden sich viele noch in den Sprach- und Integrationskursen.

Somit besteht das aufgebauschte Problem der Verweigerung von Arbeit nur in wenigen Einzelfällen. Der Artikel schließt mit der Feststellung, dass die Zahl der Erwerbstätigen im Durchschnitt des vergangenen Jahres den Rekordwert von 45,78 Millionen erreichte. „Es arbeiten also so viele Menschen wie nie zuvor in der Geschichte der Republik.“ [jdm]

Binnenschifffahrt nötig für Energiewende – Massiver Investitionsstau bei Wasserstraßen beklagt

Bei der Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestages über einen Antrag der CDU zur Stärkung der Binnenschifffahrt waren sich alle einig, dass dieser Verkehrsträger für eine Energiewende eine große Bedeutung hat. Allerdings leidet auch er unter einem massiven Investitionsstau.

Leerer KoppelverbandI, Frila,Wikipedia
Leerer Koppelverband

Kein Verkehrsträger transportiert so viele Güter mit so wenig Energieeinsatz wie ein Binnenschiff. Dank des niedrigeren spezifischen Energieaufwands können mit einem Schiffs-PS Zugkraft 4.000 kg bewegt werden. Die Eisenbahn schafft 500 kg,  der LKW mit einem PS 150 kg und das Flugzeug gerade 30 kg Ladung. Ein Binnenschiff ersetzt je nach Ladungsart und Größe bis zu 380 LKW. Ein Koppelverband, der 40-Fuß-Container transportiert, ersetzt 84 LKW. Statt 84 Dieselmotoren in LKWs, transportiert der Koppelverband mit nur zwei Dieselmotoren die gleiche Ladung. Binnenschiffe gehören außerdem zu den sichersten Transportmitteln der Welt. [Quelle]

Dennoch sprach Steffen Bauer, Vorsitzender der Geschäftsführung der HGK Shipping GmbH, davon, dass man sich in einem Zeitfenster befinde, in dem man etwas tun müsse, damit die Binnenschifffahrt nicht weiter an Bedeutung verliere. In einem ersten Schritt müsse die Rückkehr zumindest zu jenen 900 Millionen Euro angestrebt werden, die bereits vor den „schmerzhaften finanziellen Einschnitten“ nach 2022 stets als absolute Notwendigkeit angesehen worden seien.

In den Häfen müsse eine Infrastruktur bereit gestellt werden, die sowohl den Betrieb der Binnenschifffahrt selbst unterstützt, als auch die Anbindung an andere Verkehrsträger sichert. Der Rückgang von einzelnen Massengütern, wie z. B. der Kohle stelle keine Bedrohung dar, allerdings müsse man neue Gütergruppen gewinnen, wie den Transport von Windkrafträdern oder flüssigen Chemikalien. Über den Umweg des Einsatzes von pflanzlichen Mischölen (HVO) könne man innerhalb von 5 Jahren die Binnenschifffahrt dekarbonisieren.

Der umfangreiche CDU-Antrag zur Binnenschifffahrt enthält eine ganze Reihe unumstrittener Maßnahmen, die zum Teil auch schon im Masterplan der letzten Großen Koalition vorgesehen waren. Allerdings finden sich hier auch Punkte, die letztlich auf eine Schleifung von Umweltschutzvorbehalten und Einflussmöglichkeiten von Bürgern und Naturschutzverbänden bei Hafenumbauten und Neuplanungen hinauslaufen.

So fordert die CDU eine Stichtagsregelung für Großprojekte im Bereich Binnenwasserstraßen einzuführen, die Planungssicherheit gewähre und Klagen ab einem bestimmten Stichtag nicht mehr möglich machten. Auch der Bürokratieabbau bei Genehmigungsverfahren für Planung, Errichtung und Betrieb von Lager- und Umschlagseinrichtungen in Binnenhäfen wird wieder bemüht, ohne dass spezifiziert wird, um welche bürokratischen Hürden es eigentlich geht. [jdm/Foto: I, Frila Freie Lizenz Wikipedia]

Chinesische Botschaft: Haben nie überschüssige Produktionskapazitäten angestrebt oder exportiert

Newsletter der chinesischen Botschaft 04/2024
Newsletter der Chinesischen Botschaft

Der Newsletter der chinesischen Botschaft vom April 2024 beschäftigt sich mit dem Vorwurf, China würde den Export von Überkapazitäten, insbesondere im Bereich Elektrofahrzeuge und umweltfreundlicher Industrien betreiben. Es sei unbestreitbar, dass die chinesische Wirtschaft marktwirtschaftlich bedingt nicht in jedem Sektor und zu jeder Zeit ein perfektes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erreicht habe. Doch sei dies nicht mit einer Überkapazität gleichzusetzen.

Unter den Bedingungen der Marktwirtschaft sei das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage relativ selten, während Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage häufig aufträten. Als Beispiele führt der Newsletter die Vereinigten Staaten mit ihrer Maisproduktion an, die mehr als 30 % der weltweiten Gesamtproduktion ausmache, bei einem Exportanteil von mehr als 25 % der weltweiten Gesamtmenge. Deutsche Automobilkonzerne erwirtschafteten mehr als 30 % ihres Umsatzes auf dem chinesischen Markt.

Chinas Exporterfolge resultierten aus technologischem Fortschritt und effizienter Produktion und nicht allein aus Subventionen, die es auch gebe. Auch westliche Länder ihrerseits verzichteten nicht auf Subventionen. Chinas Rolle als Werkbank der Welt für viele preiswerte Produkte sei bisher nicht in Frage gestellt worden, sondern nur jetzt und nur im Bereich der Hochtechnologien.

China habe nie absichtlich überschüssige Produktionskapazitäten angestrebt oder exportiert. Chinas Produktion neuer energiebezogener Produkte werde hauptsächlich im Inland verkauft und nicht in großem Umfang exportiert. China sei derzeit der weltweit größte Markt für Elektro- und Hybridfahrzeuge und der Anteil der Exporte an der Produktion sei viel geringer als der in Ländern wie Deutschland, Japan oder Südkorea. Im Jahr 2023 habe Chinas Produktion und Absatz von Elektro- und Hybridfahrzeugen 9,587 Millionen bzw. 9,495 Millionen Einheiten betragen, wobei der Inlandsabsatz 87,3 % und der Auslandsexport nur 12,7 % ausmachten. Der durchschnittliche Verkaufspreis chinesischer Elektrofahrzeuge in Europa im Jahr 2023 habe über 31.000 Euro gelegen, was höher sei als in China. Es gibt also kein so genanntes „Preisverzerrungsproblem“ und die „Dumping“-Theorie des Westens sei haltlos. [jdm]

Mindestlohn macht Abstand zwischen Gering- und Besserverdienenden kleiner

Jede Studie über die Verteilung des Vermögens in Deutschland zeigt, dass die Vermögensverteilung immer ungerechter wird: Insgesamt besitzen die wohlhabendsten zehn Prozent der Haushalte zusammen etwa 60 Prozent des Gesamtvermögens. Die unteren 20 Prozent besitzen gar kein Vermögen. Etwa neun Prozent aller Haushalte haben Schulden.

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) gibt es beim Einkommen tatsächlich einen anderen Trend. Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden in Deutschland hat sich zwischen April 2022 und April 2023 im Zuge der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns verringert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte, hatten Besserverdienende im April 2023 das 2,98-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienenden erhalten, im April 2022 war es noch das 3,28-Fache. Dabei zählte eine Person im April 2023 bis zu einem Stundenverdienst von 12,25 Euro zu den Geringverdienenden (untere 10 % der Lohnskala) und ab einem Verdienst von 36,48 Euro zu den Besserverdienenden (obere 10 %). Zuvor hatte sich der Verdienstabstand zwischen April 2018 und April 2022 kaum verändert. So hatten Besserverdienende im April 2018 im Vergleich zu Geringverdienenden pro Stunde den 3,27-fachen Verdienst erzielt.

Nach wie vor war das Lohngefälle im April 2023 im Westen deutlich größer als im Osten: So erhielten Besserverdienende in Westdeutschland den 3,04-fachen Bruttostundenverdienst von Geringverdienenden, während Besserverdienende in Ostdeutschland den 2,49-fachen Verdienst von Geringverdienenden erzielten. Im April 2022 lag der Verdienstabstand Im Westen bei 3,34 und im Osten bei 2,8. [PM Destatis/jdm]

Fefe: Wie soll Satire mit der Realität konkurrieren?

In seinem heutigen Blog-Beitrag bedauert Fefe die Satiriker:
"Der Überseehafen Rostock hält ein Schiff vom Ablegen ab. Das Schiff fährt unter der Flagge der Marshallinseln und hat Birkenholz aus Russland geladen. Das fällt offenbar unter die Russland-Sanktionen der EU. So und jetzt der Compliance-Bullshit-Teil:

Darüber hinaus befindet sich an Bord eine nicht näher bezifferte Menge angereichertes Uran. Da dieses weder auf der Sanktionsliste der EU noch auf der der USA steht, ist es in diesem Fall weniger relevant.

Kannste dir nicht ausdenken. Die armen Satiriker. ... Ich sage ja schon länger, dass Satire tot ist. Wie soll Satire mit der Realität konkurrieren? Auch der Postillon hat hingeworfen und druckt jetzt einfach Presseerklärungen ab. Was willst du da auch noch satirisch überspitzen!" [jdm]

Food Watch sucht den Goldenen Windbeutel

Werbelügen

Im Supermarkt sind wir von Werbelügen umzingelt. Die Lebensmittelindustrie nutzt sogar Themen wie Umweltschutz, Tierhaltung und Gesundheit schamlos aus, um Profite zu machen. Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ruft die Verbraucher auf, Werbelügen aufzuspüren und sie für die Vergabe des Goldenen Windbeutels einzureichen.

Als Beispiel mögen die bereits auf der Food-Watch-Homepage eingereichten Vorschläge dienen.

Foodwatch hat bisher bereits 12mal den Goldenen Windbeutel verliehen. Zuletzt wurde 2023 die Pom-Bär Ofen Minis ausgezeichnet, weil auf der Verpackung der Pom-Bär Ofen-Minis mit "50 Prozent weniger Fett" geworben wird. Der Hersteller wolle damit offenbar gesundheitsbewusste Eltern ansprechen. Dabei finde sich in den Chips in Bärenform jedoch etwa sechs Mal so viel Zucker wie in den Original Pom-Bären. Nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation dürften Produkte mit solch hohem Zucker- und Salzgehalt überhaupt nicht an Kinder beworben werden. [jdm]

Bürgergeld: Merz und CDU verbreiten Fakes

Berechnungsbogen Bürgergeld
Beispiel eines Berechnungsbogens für Bürgergeld noch mit den Sätzen aus 2023

Die Tagesschau berichtet auf ihrer Internetseite über eine Studie des IFO-Instituts unter dem Titel „Wenn Mehrarbeit sich nicht lohnt“ und tut so, als ob dies ein Beitrag zur Diskussion über die populistische These der CDU sei, dass Bürgergeldempfänger zu faul zum Arbeiten seien. Dabei geht es in der Studie darum, dass in bestimmten Situationen eine Lohnerhöhung durch Sozialabgaben zum großen Teil aufgefressen werden kann, was tatsächlich ein (seltenes) Problem ist, aber mit dem Thema Bürgergeld nichts zu tun hat.

Hartz IV – ob als ALG II oder als Bürgergeld betitelt – wurde eingeführt, um durch die weitgehende Abschaffung der Leistungen für Arbeitslose (Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe) die Arbeiter unter Druck zu setzen, schlechte und schlecht bezahlte Jobs auszuhalten. Jedem Arbeiter, dessen Firma pleite geht, droht mittelfristig dass er seine Ersparnisse für den Lebensunterhalt verbrauchen muss, ohne dass ihm Hilfe zuteil wird. Das Ergebnis wird in vielen Fällen sein, dass er sich in unterqualifizierten Jobs abmüht – Hauptsache es kommt etwas Geld herein. Jeder Arbeitnehmer ist damit erpressbar geworden.

Deutschland gilt mittlerweile als Billiglohnland, das über diese unfaire Wettbewerbsverzerrung Vorteile im Exportgeschäft hatte und über das sich die Nachbarstaaten schon lange beklagt haben. Hartz IV hat die Tarifbindung erodiert und die Gewerkschaften geschwächt. Für die CDU und die FDP ist das noch nicht genug. Sie versucht mit einer Mischung aus rechter Hetze gegen eine Minderheit à la AFD und einem Extrabonus für die Arbeitgeber die soziale Lage noch einmal zu verschärfen.

Die unbewiesene Behauptung, dass das Bürgergeld dazu führt, dass Arbeit nicht angenommen wird oder sogar aufgegeben wird, führt auch Friedrich Merz in seinen Fake-Reden an. Dass der so genannte Arbeitnehmerflügel der CDU durch seinen Vorsitzenden Karl-Josef Laumann diesem Vorstoß von Merz die Zustimmung erteilt hat, zeigt eigentlich nur, dass es die CDU-Sozialausschüsse nur noch nominal, aber nicht real, gibt. Auf ihrer Homepage heißt es „Wir sehen uns als Wächterin der christlichen Soziallehre in der Politik“: Etikettenschwindel allenthalben!

Prof. Dr. Stefan Sell hat in einem Blog-Beitrag diese Erzählung der CDU (wieder einmal) auseinander genommen. Aber für die rechten Populisten zählen Fakten sowieso nicht – die Hetze gegen die Armen hat über die Jahrhunderte immer funktioniert und mit Hilfe der Blöd-Zeitung versucht die CDU auch heute damit zu punkten.

Im 16. Jahrhundert wurden Arme, sofern sie nicht eindeutig krank oder kriegsversehrt waren, als diejenigen verachtet, die a) ihr Vermögen verschleudert hätten, b) die nicht sesshaft werden wollten und c) Gauner und Huren. Viel weiter ist die CDU heute noch nicht.

Ergänzt wird die Erzählung von den faulen Arbeitslosen noch von der Mär, die die Tagesschau heute pushen wollte, dass Bürgergeldempfänger mehr Geld bekommen, als Arbeitende. Tatsache ist, dass jemand, der sehr wenig verdient, zusätzlich Bürgergeld bekommen kann, um das Lebensminimum zu erreichen. Diesen so genannten Aufstockern wird dabei nicht der ganze Lohn angerechnet, sondern es bleibt ein Grundfreibetrag und ein Erwerbstätigenfreibetrag anrechnungsfrei.

Normalerweise wird beim Bürgergeld der Bedarf errechnet. Bei einer allein stehenden Person sind dies seit diesem Jahr 563 Euro im Monat. Hinzu kommt die Miete, deren Höchstgrenze jeweils lokal, meist landkreisweit, festgelegt wird. Abgezogen wird von dem Bedarf das eigene Einkommen, z. B. eine Unfallrente. Ist der Aufstocker erwerbstätig, wird allerdings nicht der ganze Lohn abgezogen, sondern nur ein Teil. Denn 100 € vom Lohn bleiben als Grundfreibetrag unberücksichtigt. Und für den Teil vom Lohn von 200 bis 520 € bleiben jeweils 20 % als Erwerbstätigenfreibetrag unberücksichtigt, bei dem Teil vom Lohn von 520 bis 1000 € bleiben 30 % unberücksichtigt, darüber hinaus 10 %. Das heißt, jemand der arbeitet, bekommt immer mehr Geld als ein nicht arbeitender Bürgergeldempfänger. Und gerade in dem Bereich mit diesen niedrigen Einkommen, machen diese100 oder 300 € mehr sehr viel aus.

In dem Beispiel in der Grafik arbeitet die Bürgergeldempfängerin als Putzfrau für 611,83 €. Wegen der Freibeträge werden ihr aber nur 400,28 € als Lohn angerechnet, so dass sie 211,55 € mehr in der Tasche hat, als wenn sie nicht arbeiten würde.

Der Vorstoß von Merz und seinem Laumann ist zudem noch besonders unredlich, weil derzeit so viel Menschen wie noch nie erwerbstätig sind. Bei den Bürgergeldempfängern handelt es sich fast ausschließlich um Menschen, die sich in einer besonderen Notlage befinden, weil sie aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung nicht voll arbeiten können (aber noch nicht als erwerbsgemindert gelten), die allein erziehend sind, die aktuelles Opfer von Massenentlassungen nach Betriebsschließungen sind oder nur Teilzeit arbeiten können, weil sie Angehörige zu pflegen haben. Für den Börsenzocker und Hobbypiloten Friedrich Merz , der 2006 sogar dagegen klagte, dass er als Bundestagsabgeordneter seine Nebeneinkünfte offen legen sollte, spielen solche Lebenslagen natürlich keine Rolle. Für ihn ist nur wichtig, dass die Arbeiter so eingeschüchtert sind, dass sie ja keine Ansprüche stellen. [jdm]

Streikrecht ist immer in Gefahr

Angesichts der Streiks der GDL verlangt der Generalsekretär Bijan Djir-Sarai von der "Partei der Besserverdienenden" FDP: „Wir brauchen umfassende Reformen beim Streikrecht im Bereich der kritischen Infrastruktur. Dazu gehören Instrumente wie verpflichtende Schlichtungen, klare Streikfristen und die Möglichkeit, Verhandlungsführer auszutauschen. Auch müssen wir über eine generelle Einschränkung des Streikrechts in sensiblen Bereichen sprechen.“

Wie in vielen anderen Bereichen auch, pfeift diese ehemalige "Bürgerrechtspartei" auf das Grundgesetz und möchte das Streikrecht einschränken. Dabei hat die Bunderepublik Deutschland im Vergleich mit unseren Nachbarländern ein äußerst restriktives Streikrecht. In Deutschland gibt es kein Gesetz, das das Streikrecht regelt.

Im Grundgesetz heißt es im Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz: "Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden." Also die Bildung von Gewerkschaften darf nicht eingeschränkt werden und Militär und Polizei dürfen dies nicht einschränken.

Mit dem Tarifeinheitsgesetz der Großen Koalition wurde festgelegt, dass nur der Tarifvertrag in einem Betrieb gilt, der mit der mitgliederstärksten Gewerkschaft abgeschlossen wurde. Damit wurde zwar nicht direkt ein Verbot der kleinen Gewerkschaften ausgesprochen, aber ihnen wird verwehrt, im Betrieb per Tarifkampf wirksam zu werden.

Diese Regelung führt dazu, dass sich die Gewerkschaften real in Konkurrenz befinden. Die GDL kann aktuell nur für die Lokführer einen Vertrag abschließen. Von Arbeitgebern und ihren politischen Helfern, wie der FDP, wird der GDL vorgeworfen, für Partikularinteressen den Betrieb der Bahn zu stören. Dabei darf die GDL nur für ihr eigenes Interesse streiken. Alle anderen Forderungen, z. B. für eine bessere Ausstattung der Bahn, oder gegen die Privatisierung der Bahn oder bessere Bezahlung für das Reinigungspersonal, sind nach der deutschen Rechtsprechung als politischer Streik verboten oder wegen des Tarifeinheitsgesetzes sinnlos.

Das Streikrecht wurde in Deutschland fast ausschließlich durch Richterrecht gebildet. Und die Grundlagen für diese Rechtsentwicklung stammen bis heute von dem ehemaligen Nazi-Juristen Hans Carl Nipperdey, der das nationalsozialistische Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit mitverfasste, das dem Vorgesetzten absolute Befehlsgewalt übertrug, wodurch die Untergebenen als „Gefolgschaft“ zum unbedingten Gehorsam verpflichtet wurden. Nach dem Krieg verfasste er ein entscheidendes Gutachten zum Zeitungsstreik von 1952 gegen die Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes und begründete das Recht auf Schadenersatz von bestreikten Unternehmen. Damit war der politische Streik in Deutschland verboten. Als der erste Präsident des Bundesarbeitsgerichts von 1954 bis 1963 festigte Nipperdey diese Rechtsprechung.

Der FDP (und der Blöd-Zeitung) sind die wenigen Streikrechte in Deutschland, die der Nazi-Jurist und die letzte Große Koalition noch übergelassen haben, schon zuviel. Ihnen wären die Belegschaften als "Gefolgschaften" wohl lieber. Die Unterstützung der GDL-Tarifkämpfe ist somit Unterstützung für den Erhalt einer Demokratie, die nicht nur daraus besteht, die Personalvorschläge von Parteien alle vier Jahre mit der Abgabe einer Stimme abzusegnen.

Dass die Forderungen der GDL neben der Lohnerhöhung auch eine Wochenstundenreduzierung beinhalten, und beide Forderungen durch höhere Beiträge der Rentenversicherung zugute kommen, sei nur am Rande erwähnt. Der Rentenversicherung wird dadurch mehr geholfen, als durch die Aktienrentenphantasien der FDP. [jdm]

Zivilschutz in einer erdnahen Umlaufbahn

Screenshot Loriot-Sketch "Der K 2000"
Loriot Sketch "Der K 2000"

Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) plädierte laut NOZ für einen stärkeren Schutz der Zivilbevölkerung in Deutschland. Dies müsse schnell angegangen werden, „weil natürlich der Schutz der Bevölkerung, der Zivilschutz, immer die Kehrseite einer militärischen Bedrohung und der Verteidigungsfähigkeit ist“, sagte der SPD-Politiker. Damit liegt er voll auf seinem Kurs, Deutschland „kriegstüchtig“ zu machen und durch einen Krieg gegen Russland den nächsten Weltkrieg anzuzetteln.

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, André Berghegger, hörte dies und forderte prompt bessere Vorkehrungen zum Schutz der Bevölkerung im Fall eines militärischen Konflikts, darunter mehr Bunker. „Jetzt kommt es nicht nur darauf an, die Bundeswehr verteidigungsfähig zu machen. Es geht ganz allgemein um den Schutz der Bevölkerung vor kriegsbedingten Gefahren.“

Mit dem Ende des Kalten Krieges wurden in den 1990er Jahren die vorhandenen Bunker allesamt diesem Zweck entwidmet, abgebaut oder anderen Zwecken zugeführt. Für die Friedensbewegung war dies schon lange eine Forderung. Denn die Existenz solcher Bunker stellt keinen realen Schutz für die Bevölkerung im Kriegsfall dar, sondern bietet nur eine Scheinsicherheit, die zu einer friedensgefährdenden Politik führen könnte.

Der Spiegel schrieb in einem Artikel 2016 „Die Friedensbewegung zog die Bemühungen durch den Kakao: "Tierschutz ist für alle Tiere, Zivilschutz ist für die Katz."… Pläne hatten die Behörden schon: Mindestens zwei Wochen sollten die Überlebenden eines Atomschlages im Bunker ausharren, dann zurück an die Oberfläche und mit Bussen aus der Gefahrenzone gebracht werden. … Wer hätte da eigentlich wohin fahren sollen? Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges gingen Militärstrategen davon aus, dass die Großmächte über das atomare Arsenal verfügen, die Erde mehrfach komplett unbewohnbar zu machen; Schätzungen divergierten zwischen 20 und 80 Mal. Man nannte das Nuclear Overkill - das Amtsdeutsch fand für diesen Irrsinn gewohnt elegant den Begriff "Mehrfachvernichtungskapazität".

Schon in seinem Sketch „Der K 2000“ von 1980 macht sich Loriot über diese Scheinsicherheit eines Bunkers lustig. Im Sketch preist ein Dr. Rosenheim den Luftschutzbunker K 2000 in Kompaktbauweise einer Reporterin an. Da heißt es, diese kompakte Bauweise „erhöht die Stabilität und das bedeutet Sicherheit und Selbstvertrauen für die kritischen Wochen.“ Die Belastbarkeit des Bunkers sei praktisch unbegrenzt. Durch einen nuklearen Volltreffer werde er allenfalls in eine ruhige erdnahe Umlaufbahn katapultiert. Man könne den Schutzraum nach einer sportlichen Landung nach etwa 20 Jahren wieder verlassen, wenn das Umfeld strahlenfrei sei.

Der so genannte Zivilschutz mit dem Bunkerbau ist allein schon wegen der vielen Menschen, die geschützt werden müssten, eine nicht lösbare Aufgabe. Auch wenn es nicht zu einem Atombombenabwurf käme, kann Deutschland allein schon wegen der Dichte der atomaren und chemisch-technischen oder biologischen Industrieanlagen in einem Krieg nicht vor einer flächendeckenden Verseuchung des Landes geschützt werden.

Auch einem Pistorius dürfte klar sein, dass der Zivilschutz nur eine Augenwischerei ist und nichts mit einer tatsächlichen Sicherheit für die Bevölkerung zu tun hat.

Aber ähnlich wie seine Kampagne für die Wiedereinführung der Wehrpflicht, wie die täglichen Warnungen vor Cyberangriffen, Desinformation, Ausspähung und Sabotageakten oder die jetzt schon jahrelange Kampagne gegen eine angebliche Unterfinanzierung der Bundeswehr soll diese plötzliche Entdeckung des Schutzes der Zivilbevölkerung die allgemeine Militarisierung unseres Landes fördern und die massenhafte Zustimmung für Pistorius’ Kriegsprogramm organisieren. Den 2. Weltkrieg bereitete Hitler in den 1930er Jahren auch mit solchen Kampagnen für den Zivilschutz und auf militärischer Ebene mit der Propaganda für den Westwall vor. Ob Pistorius tatsächlich feuchte Träume von sich als Kriegsherr hat, oder ob es ihm „nur“ darum geht, der Rüstungsindustrie ihre jetzigen Supergewinne zu bescheren und zu sichern, weiß man nicht.

Aber sicher ist, dass der einzige wirksame Zivilschutz die Abwesenheit von Krieg ist. Und dies kann nur durch kontrollierte Abrüstung, Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen und Stopp jedweder Eskalation erreicht werden. [jdm]

Problem Versiegelung: Städtebebauung neu denken

Die zunehmend dichtere Bebauung in Städten ist angesichts der wachsenden Gefahr von Extremwetterereignissen wie Starkregen ein Problem. „Versiegelte Flächen verhindern das Versickern des Regenwassers. Dies kann bei extremen Regenfällen zu Überschwemmungen mit erheblichen Schäden führen“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Jörg Asmussen. „Kommunen sollten deshalb die Starkregengefahr in ihrer Stadt- und Landschaftsplanung stärker berücksichtigen. Auch die Entsiegelung von Flächen muss auf die Tagesordnung.“

Für eine Studie im Auftrag des GDV wertete der VdS Schadenverhütung den mittleren Versiegelungsgrad in den Siedlungsgebieten von 134 Städten aus. Darunter sind die drei Stadtstaaten sowie die zehn einwohnerstärksten Kommunen jedes Bundeslandes.

Ludwigshafen am Rhein ist die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands. Rund 67 Prozent des Siedlungsgebiets sind bebaut, betoniert oder asphaltiert. Den niedrigsten Versiegelungsgrad weist das thüringische Suhl mit rund 30 Prozent auf. Im Vergleich der Bundesländer hat Baden-Württemberg mit 50 Prozent den höchsten Versiegelungsgrad, Brandenburg mit 36 Prozent den niedrigsten. Bundesweit liegt der Durchschnitt bei rund 44 Prozent. Niedersachsen liegt mit einer durchschnittlichen Versiegelung von 42 Prozent auf Platz zehn.

Hinter Wolfsburg mit 56,41 Prozent folgen Hannover und Hildesheim mit einem Versiegelungsgrad von rund 56 bzw. 55 Prozent, sowie Osnabrück mit 52,26%. Oldenburg (Oldb) liegt mit 46,22% auf dem 106. Platz der untersuchten Städte.

Die GVO hält die zunehmend dichtere Bebauung in Städten angesichts der wachsenden Gefahr von Extremwetterereignissen wie Starkregen für ein Problem. Versiegelte Flächen verhindern das Versickern des Regenwassers. Dies könne bei extremen Regenfällen zu Überschwemmungen mit erheblichen Schäden führen.

Um diese Entwicklung zu stoppen, sollte bei Baugenehmigungen eine verpflichtende Klima-Gefährdungsbeurteilung erfolgen. Es gebe bereits Konzepte wie das der Schwammstadt, die Städtebau und Starkregenschutz miteinander in Einklang brächten. Begrünte Dächer oder zusätzliche Rückhaltebecken könnten Wasser zwischenspeichern. Um dem Wasser bei Starkregen mehr Raum zum Versickern zu geben, könnten Spiel- oder Fußballplätze temporär als Überflutungsflächen dienen. Wer baue, sollte Schutzmaßnahmen gegen mögliche Überschwemmungen mit einplanen und zugleich möglichst viele Flächen erhalten, auf denen Wasser versickern könne.

Eine weitere Gefahr des Flächenfraß sei die zunehmende Hitze in den Städten. Asphalt und Beton absorbieren das Sonnenlicht und wandeln es in Wärme um. „Weniger stark versiegelte Flächen führen dank der Verdunstung zu einer Abkühlung und einer spürbaren thermischen Entlastung“, betont Asmussen.

Auf der Homepage des GVO finden Sie zu allen untersuchten Städten Karten, die den Grad der Versiegelung veranschaulichen. [jdm]

Die Linke: Steuertricks der Digitalkonzerne verhindern

Cover Studie die Linke zur Besteuerung von Digitalkonzernen

Anhand einer detaillierten Auswertung der Geschäfts- und  Steuervermeidungsmodelle von drei  Unternehmen – Booking.com, Microsoft und Alphabet (dem Mutterkonzern von Google)  – und deren Aktivitäten in den EU-Mitgliedsstaaten versucht eine Studie im Auftrag der Linken die Debatte darüber, wie Große Digital-Konzerne fair zu besteuern sind, greifbar und konkret zu machen. Auf einer Pressekonferenz am 12.02.2024 stellten Martin Schirdewan, Vorsitzender der Partei Die Linke, und Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit die Studie vor.

Microsoft und Alphabet nutzen Irland und Steueroasen in den USA, um sich vor der Zahlung von Steuern zu drücken. Bei Microsoft sind die knapp 800 Mitarbeiter in Irland laut Microsofts Verrechnungspreisgestaltung angeblich etwa 600-mal produktiver als alle Mitarbeiter weltweit im Durchschnitt – ein absurder Spitzenwert. Booking.com hat durch die Verschiebung fast aller Gewinne in die Niederlande und die Nutzung der niederländischen Innovation Box Tax, weltweit von 2010 bis 2022 etwa 2,8 Milliarden Euro Steuern vermieden.

Die Vorschläge in der Studie sollen dazu führen, dass erstens Gewinne nicht länger in Steueroasen landen sollten, die zu deren Entstehung nichts beigetragen haben. Zweitens sollten die größten und profitabelsten Konzerne nicht niedriger, sondern im Zweifel eher höher besteuert werden als ihre mittelständischen und lokalen Konkurrenten.

Im Einzelnen kommt die Studie zu sechs Forderungen:

1. Die OECD sowie die EU und die einzelnen Mitgliedsstaaten sollten Ausnahmen und Umgehungsmodelle für die globale Mindeststeuer (wie z.B. bei Microsoft und Alphabet) ausschließen oder durch weiterentwickelte Lizenzschranken beschränken.
2. Der Mindeststeuersatz sollte global oder im europäischen Alleingang auf den EU-Durchschnitt von 25 Prozent angehoben werden.
3. Eine EU-weite Digitalsteuer sollte für den Fall des Scheiterns des OECD Vorschlags zur Neuverteilung der Besteuerungsrechte wiederbelebt und weiterentwickelt werden.
4. Die Reform der Unternehmensbesteuerung sollte auch nach Umsetzung der OECD-Vorschläge auf UN-Ebene und über den BEFIT-Vorschlag auf EU-Ebene (Europäisches Unternehmenssteuerrecht für den Binnenmarkt) fortgesetzt werden und eine umfassende Gewinnaufteilung beinhalten.
5. Überschussgewinne sollten mit einem progressiven Steuersatz zusätzlich zur normalen Unternehmensbesteuerung abgeschöpft werden.
6. Die Steuerbehörden in den Mitgliedsstaaten sollten gestärkt und auf europäischer Ebene durch die europäische Staatsanwaltschaft gezielt unterstützt werden, um nach italienischem und französischem Vorbild  entgangene Einnahmen aus den letzten zwei Jahrzehnten rückwirkend einzutreiben. [jdm]

Argentiniens Präsident Milei: Rechtsradikalismus unter der Tarnkappe der „Freiheit“

Beim Weltwirtschaftsforum der Superreichen und ihrer politischen Dienstleister in Davos wurde der argentinische Präsident Milei bejubelt. Auch Elon Musk lobte ihn über den grünen Klee. Der Internationale Währungsfonds (IWF) gibt jetzt eine weitere 4,7-Milliarden-Dollar-Tranche aus dem 44 Milliarden US-Dollar schweren Hilfsprogramm für Argentinien frei. Begründung: „Die neue Regierung unternimmt mutige Schritte, um die makroökonomische Stabilität wiederherzustellen und langjährige Wachstumshindernisse zu beseitigen“, erklärte IWF-Exekutivdirektorin Kristalina Georgiewa.

Die führenden wirtschaftlichen Eliten des Westens stützen also diesen Mann, der von der Tagesschau als „ultraliberal“ bezeichnet wird. Er selbst bezeichnet sich als Anarcho-Kapitalist. Ultraliberal assoziieren viele mit „vollständig frei“, dabei hat Milei nur die vollständige Freiheit des Kapitals im Sinn. Und mit Anarchismus hat Milei natürlich auch nichts im Sinn; dieser Begriff definiert nur die extremste Form des Neoliberalismus, die dem Kapital volle Freiheit gewährt und den Staat von jeglicher Sozialgesetzgebung be“freien“ will und ihn nur noch zum Schutz des Kapitals benutzen will. Ein anderer Begriff für diese Denkweise ist der Libertarismus.

Für libertäre Politiker wie Milei, dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten Bolsonaro, Ex-US-Präsident Trump, dem englischen Boris Johnson und den Politikern der neuen Rechten in Europa von den Neofaschisten Italiens bis zur deutschen AFD ist die Demokratie als soziale Komponente des Staates entbehrlich und nur lästig.

Mileis – von der Tagesschau nur als „Reformpläne“ bezeichnetes – Gesetzesvorhaben, das so genannte Omnibus-Gesetz, sieht eine Art Ermächtigungsgesetz für die Regierung vor und hunderte von Einzelvorhaben zur Entrechtung der Arbeiter. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt das Gesetz so: „So soll zum Beispiel das Wahlrecht reformiert und das Demonstrationsrecht eingeschränkt werden. Versammlungen ab einer Größe von drei Personen bräuchten eine Genehmigung, und Strafen wegen Straßensperren würden erhöht. Gleichzeitig würden Kontrollen und Bußgelder für die Einstellung von Schwarzarbeitern wegfallen, zudem Subventionen für Kulturinstitutionen und Bibliotheken eingespart. Dazu soll eine ganze Reihe von staatlichen Firmen privatisiert werden, darunter die Post, die Hafenverwaltung, die Fluglinie Aerolineas Argentinas und die Ölgesellschaft YPF. Und die Regierung soll durch die Ausrufung eines Notstands in verschiedenen Bereichen enorme Befugnisse bekommen. So könnten etwa Teile der Gesetzgebungsgewalt für zwei Jahre auf sie übertragen werden. Präsident Milei wäre in der Lage, seine extrem wirtschaftsfreundliche Agenda ohne die Zustimmung des Parlaments durchzusetzen.“

Nun kommen einem diese Maßnahmen nicht wirklich unbekannt vor: Würde man die EU-Wirtschaftspolitik zur Deregulierung der Wirtschaft und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen der letzten dreißig Jahre auf ein einziges Gesetz verdichten, könnte man sehr viel Ähnlichkeit feststellen. Allerdings fehlt bei der hiesigen neoliberalen Politik noch dieser Fokus auf Abschaffung des Staates und demokratischer Spielregeln. Was nicht fehlt: Auch in europäischen Betrieben ist die Demokratie weiter auf dem Rückzug durch Gewerkschaftsbashing, die partielle Abschaffung der Arbeitslosenversicherung, die Ausdehnung von Niedriglohnbereichen, sowie der sogenannten Sharing Economy und dem allgemeinen Sozialabbau.

Mileis Omnibus-Gesetz ist im Moment gescheitert, weil auch konservativen Politikern in Argentinien klar wurde, dass das Vorhaben gegen die Verfassung verstößt. Dass Mileis Libertarismus mit Freiheit der Bürger nichts zu tun hat, zeigt sein heutiger Vorstoß. Seine extrem rechte Partei „La Libertad Avanza“ (Die Freiheit voran) brachte einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, nach dem auch ein Schwangerschaftsabbruch nach Vergewaltigung verboten werden soll, was die Gesetzgebung laut RND auf den Stand von 1921 setzen würde. [jdm]

Mercosur-Freihandelsvertrag: Frankreich, Bauern und Umweltschützer sind dagegen

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Anfang Januar mit dem Präsidenten der Argentinischen Republik Javier Gerardo Milei telefoniert. Sie sprachen auch über das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den MERCOSUR-Staaten. Sie waren sich einig, dass die Verhandlungen über das Abkommen zügig abgeschlossen werden sollen.

Das Abkommen, an dem seit 1999 gearbeitet wird, könnte das größte jemals ausgehandelte Handelsabkommen werden. Deutschland will das Abkommen durchsetzen, während Frankreich behauptet, es sei in seiner jetzigen Form nicht genehmigungsfähig. Das Mercosur-Abkommen enthält keine Spiegelklauseln, also keinen Mechanismus, durch den Sozial- und Umweltvorschriften für alle Unterzeichner des Abkommens gelten, eine Forderung des französischen Präsidenten Macron.

Auch europäische Landwirte kritisieren das Abkommen, weil es für einen „unfairen Wettbewerb“ durch Importe aus Nicht-EU-Ländern sorge, wenn durch das Abkommen Produzenten dort nicht denselben Umweltauflagen unterworfen wären.

Das Umweltinstitut München sammelt Unterschriften gegen den EU-Mercosur-Vertrag, weil er jegliche Bemühungen zum Schutz der Urwälder im Keim ersticke. Der Vertrag sei Gift für Bäuerinnen und Bauern auf beiden Seiten des Atlantiks und blockiere die Verkehrswende. Der Vertrag bedeute den Export giftiger Pestizide, Monokulturen und Brandrodungen, Menschenrechtsverletzungen und den Handel mit Verbrenner-SUVs und Einwegplastik. [jdm/Grafik Screenshot Umweltinstitut]

Studie im Auftrag des DIN-Verbraucherrats: Online-Marktplätze brauchen mehr Transparenz

Studie des DIN-Verbraucherrats

Online-Shopping ist längst nicht mehr nur für Menschen mit ausgeprägten Computerkenntnissen attraktiv. 2022 haben 91 % der Deutschen im Internet bestellt. Ist Ihnen dabei immer bewusst, ob es sich bei dem Online-Händler um einen Marktplatz oder einen reinen Online-Shop handelt? Nein – fand die aktuelle Studie „Online-Marktplätze aus Verbrauchersicht: Probleme, Barrieren und Lösungsansätze“ heraus, die im Auftrag des DIN-Verbraucherrats durch ConPolicy – Institut für Verbraucherpolitik – durchgeführt und im Dezember 2023 veröffentlicht wurde.

Innerhalb der Befragung wurde deutlich, dass Verbraucherinnen oftmals nicht wissen, ob es sich bei dem Online-Händler um einen Marktplatz oder einen reinen Online-Shop handelt. So wussten nur etwa 10 % der Befragten, dass Douglas, Decathlon und H&M Online-Marktplätze sind. Bei dem Marktplatzanbieter Amazon waren sich immerhin über 50 % der Befragten sicher. Das Bedenkliche daran ist, dass die Mehrheit der befragten Verbraucherinnen kein klares dass die Mehrheit der befragten Verbraucher*innen kein klares Verständnis von der Verantwortungsteilung zwischen Online-Marktplätzen und Dritthändlern hat und dabei ihren Kenntnisstand zu den Eigenschaften grundsätzlich zu hoch einschätzen.

Die Studie empfiehlt deshalb: Vor der Entscheidungsfindung sollten Verbraucher:innen deutlich darauf hingewiesen werden, dass nicht der Online-Marktplatz, sondern der Dritthändler Vertragspartner ist und als solcher Adressat von Widerruf und Gewährleistungsrechten.

Aus Verbrauchersicht sei eine generelle Auffanghaftung von Online-Markt-plätzen sinnvoll, die immer dann greife, wenn Verbraucher:innen im Verlauf der von ihnen vermittelten Transaktionen mit Dritthändlern geschädigt würden und wenn der Dritthändler als Adressat der Haftung ausfalle. Mehr beim DIN Verbraucherrat. [PM DIN Verbraucherrat)

Digitale Infoveranstaltung zur Endlagersuche

Am Mittwoch, den 7.Februar, findet von 17:00 Uhr - 18:30 Uhr die digitale Infoveranstaltung „Mitgestalter:innen gesucht: Basics zur Endlagersuche“ des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) statt. In der eineinhalbstündigen Veranstaltung erhalten Sie grundlegende Informationen zur Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle, lernen die verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten kennen und haben die Möglichkeit, mit den Vertreter:innen des BASE ins Gespräch zu kommen.

Den Zugangslink zur Veranstaltung finden Sie ab eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn hier. Für die Veranstaltung ist keine vorherige Anmeldung notwendig. Hinweis: Die Veranstaltung findet über die Plattform Zoom statt. Teilnehmende müssen die App auf ihrem Endgerät installieren; den Download-Link finden Sie hier.

Diese Infoveranstaltung ist Teil einer Veranstaltungsreihe und findet jeweils am ersten Mittwoch im Monat statt. [PM BASE]

Unvorstellbar reich? Versuchen wir, es uns vorzustellen

Unvorstellbar reich! Diesen Ausdruck versucht eine amerikanische Internetseite zu verändern. Natürlich mit einem Diagramm. Üblicherweise wird bei einem Diagramm ein Maßstab gewählt, der es ermöglicht, alle Informationen in dem Diagramm sichtbar zu machen. Und häufig geht genau dabei die Vergleichbarkeit der Daten verloren. "Wir sehen nur selten maßstabsgetreue Darstellungen von Reichtum. Unter anderem deswegen unterschätzen Amerikaner konsequent das relative Vermögen der Superreichen," ist eine Begründung des Autors für das Erstellen seiner Seite.

Reichtum maßstabsgetreu

Die Seite "Reichtum- Maßstabsgetreu" geht etwas anders vor. Ein Bildpunkt (Pixel) auf dem Computerbildschirm stellt 1000 Dollar dar. Und jetzt folgen Vergleiche. Wie sehen in Pixel dargestellt die 63.179 Dollar, die US-Amerikaner im theoretischen Durchschnitt verdienen aus? Wie sehen in Pixel dargestellt 1 Million Dollar aus? Wie sehen 1 Milliarde Dollar aus?

Und danach kommt der Hammer: Wie sieht das Vermögen von Amazon-Chef Jeff Bezos in Höhe von 139 Mrd. Dollar in Pixel ausgedrückt aus? Die deutsche Variante der Internetseite ist zahlenmäßig etwas veraltet; auf der US-Seite wird Bezos' Vermögen mit 185 Mrd. Dollar beziffert. Um diese Pixel zu sehen, müssen Sie auf dem Computer die rechte Pfeiltaste drücken; auf dem Handy müssen sie wischen, und wischen, und wischen und sie kommen erst mit sehr viel Geduld bis zum Ende der Darstellung des Vermögens von Bezos. An manchen Stellen wird das Vermögen von anderen sehr Reichen, z. B. dem CEO von Apple Tim Cook in Höhe von 625 Million Dollar visualisiert. Sie erscheinen im Vergleich mit Bezos' Vermögen geradezu klein. Der Kommentar dazu lautet: "Diese Menschen sehen sich selbst als märchenhaft reich an und lehnen häufig politische Maßnahmen ab, die auf eine Verringerung der Ungleichheit abzielen."

Gönnen Sie sich die Visualisierung von Reichtum. Beim Scrollen wird irgendwann - um Sie bei Laune zu halten - der Text eingeblendet "Jeff ist so reich, dass es wortwörtlich unvorstellbar ist."

Und nach langem Scrollen heißt es: "Jeff Bezos mag wahnsinnig reich sein, doch im Vergleich zu den kombinierten Vermögen seiner Genossen ist sein Reichtum nur ein Tropfen in einem Ozean. Die 400 reichsten Amerikaner besitzen ungefähr 3 Billionen Dollar, mehr als die ärmsten 60%." Und dann können Sie immer weiter scrollen und die Seite stellt in Stichworten vor, was man alles Sinnvolles mit diesem unvorstellbaren Reichtum machen könnte. [jdm]

Oxfam: Ungleichheit hat extrem zugenommen

Vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos, wo sich die Reichen der Welt mit ihren Lakaien treffen, um die Ausbeutung weltweit zu organisieren, hat Oxfam mit seinem neuen Reichtumsbericht deutlich gemacht, wie Superreiche und Konzerne von Inflation, Kriegen und Pandemie profitieren, während die meisten Menschen unter den Folgen leiden.

Oxfam schlägt als Sofortmaßnahme für eine Vermögenssteuer folgendes Steuer-Modell vor: Zwei Prozent auf Vermögen von über fünf Mio. US-Dollar, drei Prozent auf Vermögen von über 50 Millionen US-Dollar und fünf Prozent für Vermögen, die eine Milliarde US-Dollar übersteigen. Allein in Deutschland könnten so nach Oxfam-Schätzungen 93,6 Milliarden US-Dollar (85,2 Milliarden Euro) pro Jahr generiert werden. In Deutschland müssten nur etwas mehr als 200.000 Menschen die Abgabe entrichten, das sind gerade einmal 0,24 Prozent der Bevölkerung.

Hier einige Ergebnisse der Untersuchung von Oxfam:

  • Die fünf reichsten Männer der Welt haben ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar auf 869 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt.
  • Alle Milliardär*innen zusammen sind heute um 3,3 Billionen US-Dollar (34 Prozent) reicher als 2020. Ihr Vermögen wuchs damit dreimal so schnell wie die Inflationsrate.
  • Fast fünf (4,77) Milliarden Menschen, die ärmsten 60 Prozent der Menschheit, haben seit 2020 zusammen 20 Milliarden US-Dollar Vermögen verloren.
  • Das Gesamtvermögen der fünf reichsten Deutschen ist seit 2020 inflationsbereinigt um rund drei Viertel (73,85 Prozent) gewachsen, von etwa 89 auf etwa 155 Milliarden US-Dollar.
  • 2023 haben Konzerne irrwitzige Gewinne angehäuft. 148 der weltweit größten Konzerne haben in den zwölf Monaten bis Juni 2023 insgesamt 1,8 Billionen US-Dollar an Gewinnen eingefahren. Das entspricht einem Anstieg von 52,5 Prozent gegenüber den durchschnittlichen Nettogewinnen im Zeitraum 2018-2021. Ihre Übergewinne, definiert als Gewinne, die den Durchschnitt von 2018-21 um mehr als 20 % übersteigen, stiegen auf fast 700 Milliarden US-Dollar an.
  • Der Aktienbesitz kommt in erster Linie den reichsten Menschen der Welt zugute. Das weltweit reichste Prozent besitzt 43 Prozent des gesamten Finanzvermögens. In Deutschland besitzt das reichste Prozent 41,1 Prozent des gesamten Finanzvermögens. [jdm/Oxfam]

Neuer Bodenatlas erschienen

Titelblatt des Bodenatlas 2024

Mit dem Boden-Atlas will der BUND in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Böll-Stiftung auf eine Ressource aufmerksam machen, die bei der Bewältigung vieler globaler Krisen eine Schlüsselfunktion inne hat: unsere Böden. Böden sind unsere Lebensgrundlage. Und doch stehen sie selten im Rampenlicht der gesellschaftlichen und politischen Debatte.

Böden sind nicht nur lebenswichtig, sondern auch eine begrenzte Ressource: Durch das Bevölkerungswachstum steht jedem Menschen immer weniger Land zur Verfügung. Böden sind daher vielfach auch umkämpft. Das weltweite Wachstum der Städte führt zu immer mehr Bodenversiegelung. Häufig sind besonders fruchtbare Böden betroffen, da sie der Grund für die ersten menschlichen Ansiedelungen waren.

Investitionen in landwirtschaftliche Böden durch Kapitalgesellschaften erschweren es neuen und kleineren landwirtschaftlichen Betrieben, Land zu erwerben oder zu pachten. In Afrika, Asien und Lateinamerika entwurzelt „Landgrabbing“ lokale Gemeinschaften.

Den Bodenatlas können Sie gedruckt kostenlos beim BUND bestellen oder direkt downloaden. [PM BUND]

Mehr Profit durch Postreformgesetz

Der Entwurf des Postmodernisierungsgesetzes zielt darauf ab, die Deutsche Post von ihrer Verpflichtung, jeden Bürger mit an ihn gesendete Paket- und Briefsendungen zu beliefern, zu befreien.

Zwar werden im Gesetz genaue Anforderungen an einen Universaldienstleister, den die Post heute ja darstellt, formuliert. So wird festgelegt, dass am vierten Tag 95 % der Briefe zugestellt sein müssen (§ 16). Es wird auch festgelegt, wie viel Postagenturen, Zustellautomaten und Briefkästen pro Quadratkilometer vorhanden sein müssen. Erfüllt ein Universaldienstleister die Aufgaben nicht, kann ihm sogar ein Zwangsgeld auferlegt werden. Also alles in Butter?

Nein, denn ein Logistikkonzern wie die DHL kann seine Sparte, die den Universaldienst leistet, auch einfach auflösen und den Betrieb ohne die Universaldienstleistungen mit einer Neugründung weiterführen. Dann hat der Staat keine Handhabe.

Wenn der Postkonzern es in einem dünn besiedelten Gebiet als unprofitabel empfindet, jedem Einzelhof die Post zuzustellen oder eine Postagentur zu betreiben, kann er einfach damit aufhören – möglicherweise durch eine Neugründung des örtlichen Subunternehmens. Das Gesetz sieht vor, dass dort, wo ein Universaldienstleister fehlt, ein dort tätiger Postdienstleister nach einer nicht erfolgreichen Ausschreibung verpflichtet werden kann. In der Ausschreibung werden dabei den Unternehmen für kostenträchtige Bereiche Ausgleichszahlungen des Staates (§28) angeboten. Wenn dem Unternehmen die Zustellung „wirtschaftlich nicht zumutbar“ ist, muss die Post nicht mehr zugestellt werden. Dann ist das Dorf ohne eine Postzustellung.

Die Strategie der deutschen Post wird dadurch geradezu vorgezeichnet. Es wird zu einer Unmenge von Ausgründungen der Deutschen Post kommen, um überall dort, wo etwas nicht so profitabel ist, eine Firma mit neuen Staatszuschüssen an den Start zu bringen. Wenn diese Subunternehmen der Post dann von allen tarifvertraglichen Zwängen befreit sind und ihre Postzusteller dann auf Mindestlohnniveau arbeiten, ist für die Post das Ziel erreicht.

Das heute flächendeckende Zustellgebiet der Post wird zerstückelt in hunderte Einzelgebiete, die dann verpflichtet werden – sofern sie mit staatlichen Zuschüssen den Universaldienst anbieten – zusammenzuarbeiten. Weil jedermann leicht den Überblick verlieren kann – (Wer verkauft hier eigentlich die Briefmarken? Wer betreibt hier die Postagenturen) führt die Bundesnetzagentur ein Anbieterverzeichnis aller Postdienstleister, die aber nicht unbedingt Universaldienstleister sein müssen.

Das Postmodernisierungsgesetz hat nichts mit „Modernisierung“ zu tun, sondern dient ausschließlich dazu, den DHL-Konzern von allen bisherigen Verpflichtungen als für das ganze Bundesgebiet zuständigen Universaldienstleister zu befreien. Die Post kann dann auswählen, beliebige Bereiche der Republik nicht mehr zu bedienen, sich von allen Tarifverträgen befreien und kann – wenn es ihr beliebt – sich dann um staatliche Zuschüsse zum Betrieb als Universaldienstleister bewerben.

Damit wäre dann die Post, wie wir sie kennen, endgültig zerschlagen und durch eine undurchsichtige Struktur ersetzt, die die Briefe zwar später mit höheren Portozahlungen bringt, aber den Aktionären der DHL höhere Profite garantiert.

Kann irgendjemand erklären, warum Abgeordnete im Bundestag, die sich als Volksvertreter verstehen, einer solchen Verschlechterung für jeden Bürger zustimmen? MdB Gitta Connemann (CDU) hat sich in der Bild-Zeitung vom 11.08.2023 empört über die Ankündigung der langsameren Zustellung, die ja nur eine Folge der neuerlichen Postreform wäre,  geäußert: „Eine Schnecken-Post schadet unserer Wirtschaft! Rechnungen werden verzögert zugestellt. Dokumente fürs Finanzamt reißen die Frist – mit Ansage.“ Von Anja Troff-Schaffarzyk (SPD) sind zur Post keine Äußerungen zu finden.

Wir sollten beobachten, wie sich die MdBs in der Diskussion und in der Abstimmung über eine Postreform verhalten. [jdm]

10 Prozent der Bauern bekommen 56,2 Prozent der EU-Agrarzahlungen

Ein Prozent der Bauern in Deutschland bekommt fast ein Viertel der Agrarsubventionen. Wenn man den Kreis der Empfänger etwas erweitert, kann man feststellen, dass 10 Prozent der Bauern in Deutschland 56,2 Prozent der Agrarsubventionen bekommt. Den Rest von 44 Prozent der Gelder teilen sich die übrigen 90 Prozent der Bauern. (Quelle).

Die Subventionspraxis der EU fördert vor allem Großbauern. Ob man, wie der Bauernpräsident Joachim Rukwied im Jahr 2022 laut https://www.agrar-fischerei-zahlungen.de/Suche 108.890,25 € bekommt oder als Bauer in Wippingen zwischen 5000 und 40.000 € macht doch schon einen Unterschied.

Die zig Milliarden an Steuergeldern, die Deutschland und die EU für Agrarsubventionen ausgeben, begünstigen vor allem Großbetriebe, stellt Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation foodwatch in einem Newsletter fest. Diese Tendenz ist schon lange unter dem Motto "Wachsen oder Weichen" bekannt.

Die Bauern beklagen sich auf ihren Demonstrationen über das Höfesterben. Und diese Klagen lassen sie ausgerechnet von denen vortragen, die von dem System, das das Höfesterben begünstigt, profitieren. Das kann man durchaus als nicht zielführend bezeichnen.

Der (Lebensmittel)-Markt, dem die neoliberalen Entscheider der EU wundersame heilende Fähigkeiten zuschreiben, wird in Deutschland zudem von vier großen Lebensmittelkonzernen dominiert. Sie schreiben den Bauern vor allem billige Preise vor, bei denen nur große bäuerliche Betriebe mithalten können.

Also stehen die Bauern unter Druck, mit großen Mengen billig zu produzieren und die Agrarsubventionen stützen diesen Druck noch. Das lässt nur Massenproduktion zu und steht im Widerspruch zu den Anforderungen für eine nachhaltige, umweltfreundliche Landwirtschaft und von fairen Einkommen für bäuerliche Familienbetriebe.

Eine andere Ordnung für den Bezug der Agrarsubventionen ist erforderlich. Das ist schon lange bekannt. Aber die Agrarpolitiker der EU mit ihrer Vergötterung des Marktes schaffen es in Kooperation mit den Bauernverbandsleitungen immer wieder, die Zustände zu erhalten.

Düngevorschriften, Vorschriften über die Behandlung von Gülle, über den Schutz des Bodens oder die Behandlung der Tiere sind nicht das eigentliche Problem. Sie sind nur deshalb ein Problem, weil sie bisher wegen der falschen Verteilung der Subventionen und der Marktmacht der Lebensmittelkonzerne nicht bezahlt werden. Viele dieser Vorschriften (Stichwort Ökolandwirtschaft) würden kleinere Betriebe sogar bevorzugen. Hier lenken die Großbauernfunktionäre, denen das nicht passt, die Wut der Bauern gezielt auf die Vorschriften und geraten so auf einfache Weise aus dem Blickfeld. [jdm]

Bauernprotest ist nicht zu übersehen

Die Bauernproteste sind möglicherweise der Beginn von Protesten aus vielen Bereichen des Landes. Denn immerhin plant die Bundesregierung zugunsten von Krieg und Aufrüstung alle Versprechen nach sozialer Sicherheit und Schutz des Klimas zu vergessen. Für die Bauern, die sich schon seit längerem in verschiedenen Bereichen drangsaliert sahen, war das Ende der Subventionierung des Agrardiesels das alle einigende Band, um gemeinsam zu protestieren.

Und weil Bauern sich selbst als "Unternehmer" sehen, kooperieren sie mit anderen kleinbürgerlichen Bereichen der Logistik und Gastronomie. Mit ihren Treckern und Trucks ist es auch leicht, öffentliche Aufmerksamkeit zu produzieren. Ähnliches haben zuvor Klimaaktivisten für ihr Thema versucht. Gemeinsam sehen sich diese Bereiche als Opfer der Regierungspolitik der vergangenen Jahre, die durch die Corona-Maßnahmen und Energiepreisexplosion als Folge der Rüstungs- und Kriegspolitik gekennzeichnet waren.

Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien versuchten zunächst auch diese Protestbewegung - wie bei den Friedensdemonstrationen - als rechte Veranstaltungen zu diffamieren. Dabei haben sich die Bauernverbände - wie die Friedensbewegung - vorab deutlich von rechten Inhalten distanziert.

Die Bauernbewegung hat aber ein anderes Problem: Sie spricht von der Landwirtschaft so, als ob die Bauern mit vielen Hektaren, die durch die EU-Flächen-Subventionierung im Konkurrenzkampf mit anderen Bauern immer gewinnen, im selben Boot, wie die kleinen Bauern sitzen würden. Sie tut so, als ob Tönnies und Co. ihre Verbündeten wären. Und sie malt die Grünen als ihre großen Widersacher an die Wand. Dabei hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir recht, wenn er die Kritik von CDU und CSU an den Kürzungsplänen zurück weist. Die hätten in 31 von 40 Jahren den Landwirtschaftsminister gestellt. Die Förderung des Strukturwandels in der Landwirtschaft, also die gezielte Vergrößerung der landwirtschaftlichen Betriebe durch die Förderung der Betriebsaufgabe bei den kleinen Betrieben ist seit den 1960er Jahren offizielle Politik der EU und aller Bundesregierungen. Die Fokussierung der Grünen auf Tierwohl und Ökologie stellt tatsächlich erstmals diese Politik der Vergrößerung der Betriebe in Frage, aber bietet keine Wege an, wie die Sicherung der Betriebe gelingen kann. Und vor allem erscheinen die Einzelmaßnahmen als Flickenteppich, der vor allem Planungsunsicherheit erzeugt.

AFD Nee
Screenshot AFD Nee

Dass die AFD - ähnlich wie die CDU/CSU - jetzt von den Bauernprotesten profitieren will, ist logisch, obwohl ihre politischen Forderungen geradezu im Widerspruch zu den Forderungen der Bauern stehen. Die AFD knüpft an die völkische Landvolkbewegung der 20er Jahre mit ihrer Bauernstandsideologie und deren Symbolik an. Dabei spricht sich die AFD in ihren Grundsatzpapieren gegen Subventionen für die Landwirtschaft aus und fordert, für die Landwirtschaft „marktwirtschaftliche Prinzipien wieder in den Vordergrund zu rücken“. Das ist das, was zumindest die kleineren Betriebe überhaupt nicht brauchen können (siehe auch Faktencheck bei AFD Nee) [jdm]