China, Macron und die Angst vor der eigenen Courage

Screenshot Macron-Rede in Den Haag 04-2023

Nach der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Iran Dank der Vermittlung Chinas scheint sich damit auch eine Chance für den Jemen auf Frieden zu eröffnen. Im Jemen soll am Donnerstag ein Austausch von 900 Gefangenen zwischen der von Saudi-Arabien unterstützten Regierung und den Ansarollah (Huthi) beginnen.

Der mörderische Krieg, den Saudi-Arabien, mit Unterstützung Kuwaits, Ägyptens und weiterer Staaten gegen den Iran als Unterstützer der Huthi im Sinne eines Stellvertreterkrieges führen, wird schon jahrelang durch die Waffenlieferungen des wertegeleiteten Westens, also den USA und Deutschland, gefüttert. Deutschland liefert Waffen an Saudi-Arabien, Kuwait und Ägypten und ist damit mitverantwortlich für eine der größten humanitären Katastrophen der Gegenwart.

Dass China hier den Weg zum Frieden ebnete ist nicht zufällig. Chinas Einfluss ist weltweit gestiegen. Dies liegt nicht nur an Chinas Handeln allein; viele Staaten der Welt sehen in Beziehungen zu China eine Chance, den wirtschaftlichen und politischen Erpressungen der USA zu entkommen.

Wenn China im Ukrainekonflikt durch Vermittlungsaktivitäten tatsächlich ein Ende des Krieges oder zumindest einen Waffenstillstand bewirken würde, stünde den Regierungen der USA und Deutschlands der Angstschweiß auf der Stirn, dass die bisherige Vormachtstellung des Westens in der Welt weiter angekratzt werden könnte. Die in den USA geleakten Geheimpapiere, die Whistleblower veröffentlicht haben, beweisen, dass die USA im Ukrainekonflikt keineswegs nur die Unterstützer eines angegriffenen Landes sind, sondern eine in alle militärischen Aktionen einbezogene Kriegspartei – nur dass sie ihre Befehle von ukrainischem Personal ausführen lässt.

Auf dem Rückflug von seinem Besuch in China äußerte der französische Präsident in einem Interview mit der Zeitung Politico: „Das Paradoxe wäre, dass wir vor lauter Panik glauben, wir seien nur die Gefolgsleute Amerikas. Die Frage, die sich die Europäer stellen müssen, lautet: Ist es in unserem Interesse, [eine Krise] auf Taiwan zu beschleunigen? Nein. Das Schlimmste wäre, zu denken, dass wir Europäer bei diesem Thema zu Mitläufern werden und uns von der US-Agenda und einer chinesischen Überreaktion leiten lassen müssen".

Macron wies auch darauf hin, dass Europa seine Abhängigkeit von den USA bei Waffen und Energie erhöht habe und sich nun auf die Förderung der europäischen Verteidigungsindustrie konzentrieren müsse. Er schlug außerdem vor, Europa solle seine Abhängigkeit von der "Extraterritorialität des US-Dollars" verringern, ein wichtiges politisches Ziel sowohl Moskaus als auch Pekings.

In seiner Rede in Den Haag stellte Macron die Souveränität in den Mittelpunkt. Ohne Wettbewerbsfähigkeit und eine europäische Integration sei keine Industriepolitik möglich. Sie sei aber Voraussetzung für eine Klimaneutralität, eine eigene Chipindustrie. Es gelte die Abhängigkeit zu verringern. Macron hat also in Frage gestellt, dass Europa und die „Verbündeten“ weiter die endlosen Kriege der USA finanzieren müssen und ihre eigene Wirtschaftskraft dem opfern.

Das verzeihen ihm die Transatlantiker in Deutschland nicht. Die deutschen Politiker und die gesamte deutsche Presse stürzt sich auf Macron. Von allen guten Geistern verlassen, sei er. Die NOZ hält seine Aussagen für ein verheerendes Signal, weil er die Schwäche Europas offen gelegt habe, was – natürlich – Moskau und Peking helfen könne. Der Westen verträgt also die Wahrheit nicht – es fehlt nicht viel, und die gesamte Presse Deutschlands brandmarkt Macron als Putinversteher.

Vielleicht zeigt sich in dieser Kritik an Macron auch nur die Angst der Nato-Politiker vor den USA. Macron fordert Europa zu mehr Souveränität auf, aber alle wissen, dass Europa sich bereits so abhängig von den USA gemacht hat, dass jede Regung nach Souveränität schon Strafen durch den großen Zuchtmeister USA nach sich ziehen kann. Die Deutschen würden ja gern selbst eine Großmachtrolle spielen, aber weil es noch nicht so weit ist, hält man sich lieber bedeckt und hat Angst vor der eigenen Courage. Und den Franzosen gönnt man diese Rolle sowieso nicht –trotz deren Atomwaffenarsenal. [jdm]

Tarifabschluss bei der Molkerei

Flyer der NGG zum Tarifabschluss

Beim Deutschen Milch Kontor, und somit auch bei der Molkerei in Neubörger, gibt es einen Tarifabschluss. Vereinbart wurden ab dem 1.3.2023 150 € auf den Ecklohn, ab dem 1.11.2023 zusätzliche 100 € auf den Ecklohn. Nach Angaben des Tarifkommissionsmitglieds Albin Träger entspricht dies in Neubörger einer Lohnerhöhung von 4,8 % zum 1. März und weiteren 3 % zum 1. November. Die Laufzeit des Tarifvertrags erstreckt sich bis zum 29. Februar 2024.

Zusätzlich zur Tariferhöhung gibt es drei Einmalzahlungen von je 500 € als Inflationsausgleich.

Mit der Vereinbarung von Festbeträgen auf den jeweiligen Ecklohn gibt es also den angestrebten Trend zur Angleichung der Vergütungen der verschiedenen Standorte innerhalb des Unternehmens. [jdm]

Ukraine: Krieg hat ein nicht reiches Land in die Armut gestürzt

Während hierzulande in den Medien Geschichten von Ukrainern auftauchen, die trotz Krieg ein normales Leben aufrechterhalten (sogar in Charkiw eine Weinbar eröffnet, NOZ, 31.03.2023), wird ignoriert, dass die Wirtschaft der Ukraine implodiert und wie in Afghanistan eine Abkopplung des Landes vom Weltmarkt droht.

Die offizielle Inflationsrate von 25 Prozent hat nach Einschätzung von Kai Kleinwächter wenig mit der Realität zu tun. Die ukrainische Währung Hrywnja wird zunehmend wertlos und nicht mehr konvertierbar. Seit Beginn des Krieges gibt es staatliche massive Kapitalkontrollen mit umfassenden Einschränkungen von Auslandsüberweisungen und einem festen Wechselkurs des Hrywnja zum US-Dollar (bis 19. Juli 2022 29 Hrywnja für einen US-Dollar, seitdem 36,57 Hrywnja). Der Wechselkurs am Schwarzmarkt ist deutlich schlechter.

1990 lebten noch 50 Mio. Menschen in der Ukraine; schon vor dem Krieg sank die Zahl um ein Fünftel auf unter 40 Mio. Etwa 8 Millionen UkrainerInnen sind seit Kriegsbeginn aus dem Land geflüchtet. UN-Modelle gehen von einer dauerhaften Schrumpfung der Bevölkerungszahl auf 33 Mio. bis 2050 aus.

Schon vor dem Krieg gehörte die Ukraine zu den ärmsten Ländern Europas. Der durchschnittliche Brutto-Monats-Lohn betrug 2019 ca. 360 €. Nach offiziellen Angaben betrug der Durchschnittslohn in der Ukraine im April 2021 13.543 UAH; also ca. 412 Euro (1 Euro entspricht 32,8 UAH). In der Hauptstadt Kiew betrug der Durchschnittslohn 20.422 UAH (ca. 622 Euro).

Seitdem hat die Inflation einen großen Teil der Reallöhne gefressen. Für Angestellte des Staates und das Militär gab es Lohnerhöhungen, die einen Ausgleich der Inflationsverluste schufen. Somit gibt es für die oben genannte Weinbar in Charkiv tatsächlich eine Klientel, die sich auch heute einen Besuch in ihr leisten kann.

Nach den Schätzungen des UN-Kinderhilfswerkes sind knapp 18 Millionen (60%) Menschen in der Ukraine auf "dringende humanitäre Unterstützung" angewiesen und können sich nicht mehr selbst versorgen. Ohne Hilfe würde ein Großteil der betroffenen Menschen langfristig sterben, sofern die Menschen nicht das Land verlassen.

Das Gesundheitssystem war in der Ukraine vor dem Krieg mit 250 US-Dollar je Einwohner unterfinanziert, so wie in Bolivien oder dem Irak (Deutschland 5.900 US-Dollar). Durch geplante Kürzungen und die Inflation sinken die realen Gesundheitsausgaben noch tiefer.

Wenn die Ukraine bei den Ländervergleichen häufig noch nicht so schlecht da steht, liegt das an den immensen Geldzuflüssen, die derzeit aus der EU und den USA ins Land kommen. Vergessen wird dabei, dass es sich zum Teil um Kredite handelt, die die Ukraine schon heute zu einem bankrotten Land machen. Zum anderen gehen die Gelder nicht in den Aufbau einer Wirtschaft, sondern ausschließlich in die korrupten Regierungsinstitutionen und das Militär. Die Regierung und das Militär werden nur von Nato-Geldern aufrecht erhalten.

Nur die Gelder von AuslandsukrainerInnen an ihre Angehörigen und die Gelder von Hilfsorganisationen (August 2022 für humanitäre Zwecke geschätzte 17 Prozent der Gelder) erreichen die ukrainische Bevölkerung. Kai Kleinwächter vergleicht die ukrainische Wirtschaft mit der Afghanistans. Die Bevölkerung und das Regierungssystem seien zwei vollkommen getrennte Sphären. Würde sich der Westen mit seinen Kriegszuschüssen heute aus der Ukraine herausziehen, würden die staatlichen Institutionen wie in Afghanistan als leere Hüllen sofort zusammen brechen. [jdm]

Nährstoffbericht: positive Tendenzen, aber immer noch zu viel Stickstoff und Phosphor

Heute hat die niedersächsische Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte den Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) für den Zeitraum vom 1. Juli 2021 bis 30. Juni 2022 vorgestellt.

Folie der Landwirtschaftskammer zum Nitrateintrag in Niedersachsen
Folie der Landwirtschaftskammer zum Stickstoffeintrag in Niedersachsen

Landesweit ist laut der Pressemitteilung des Ministeriums die Stickstoff-Düngung um 16.219 Tonnen gesunken (im Vorjahr -3655 t). Neun Landkreise, darunter das Emsland, überschreiten die 150 kg/N/ha-Grenze, die den Düngebedarf laut Düngeverordnung bildet. Die zwei Landkreise Cloppenburg (197 k/n/ha) und Vechta (172 kg/N/ha) überschreiten auch die 170 kg/N/ha-Grenze, die als erlaubte Obergrenze gilt. Die Grafschaft Bentheim und Wilhelmshaven unterschreiten die Grenze nur knapp.

Der Dung- und Gärrestanfall aus der Tierhaltung und aus Biogasanlagen ist nur leicht um 1,1 % gesunken, aber der Mineraldüngerabsatz ist um 20.000 Tonnen Stickstoff auf den bisherigen Tiefststand von 166.000 Tonnen gesunken. Gerhard Schwetje, Präsident der LWK führte diese Tendenz zum Teil auf die gestiegenen Kosten für Mineraldünger, aber auch die LWK-Beratung zurück, die immer öfter den Ersatz des Mineraldüngers durch organischen Dünger zur Folge habe (siehe auch Präsentation der LWK zum Nährstoffbericht und Fragen und Antworten auf einen Blick).

Folie der Landwirtschaftskammer zum Phosphateintrag in Niedersachsen
Folie der Landwirtschaftskammer zum Phosphateintrag in Niedersachsen

Bei der Phosphatdüngung gab es landesweit einen rechnerischen Überschuss, der sowohl aus dem organischen Dünger, als auch aus Mineraldünger stammt. Phosphat ist ein Produkt aus dem Element Phosphor, das als Nährstoff für die Landwirtschaft durch keinen anderen Stoff ersetzt werden kann. Gleichzeitig ist Phosphor ein endlicher Rohstoff, der nur in wenigen Ländern abgebaut werden kann: China, Südafrika, Jordanien, Marokko und die Westsahara besitzen 80 Prozent der weltweiten Vorkommen. Teilweise sind die Abbaubedingungen für die Umwelt und die Gesundheit der Beschäftigten sehr problematisch.

Folie der Landwirtschaftskammer zur Gewässergüte
Folie der Landwirtschaftskammer zur Gewässergüte

Phosphat, das von den Pflanzen beim Ackerbau nicht aufgenommen wird, wird über das Grundwasser in die Gewässer gespült und kann dort zu übermäßigem Wachstum der Wasserflora durch Überdüngung (Eutrophierung) führen. In der Folge können Sauerstoffmangel und Fischsterben auftreten. [jdm]

Warnstreik bei der DMK Molkerei in Neubörger

Warnstreik bei DMK in Neubörger am 27.03.2023
Warnstreik bei DMK in Neubörger

Praktisch alle MitarbeiterInnen der Montagsschichten der Molkerei des Deutschen Milchkontors (DMK) in Neubörger trafen sich heute vor dem Werkstor, um mit einem zweistündigen Warnstreik die Tarifkommission der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) zu unterstützen.

NGG Logo

Gewerkschaftssekretär Jan Cromme berichtete den KollegInnen von der ersten Tarifrunde am 13. März in Zeven. Die Arbeitgeber legten nach Meinung der Tarifkommission mit einer 3,7 prozentigen Erhöhung der Entgelte und einer Inflationsausgleichsprämie von 1500 € kein verhandlungsfähiges Angebot vor. Gefordert waren von der Gewerkschaft monatlich 500 € mehr auf den Ecklohn. Die sich rechnerisch daraus ergebende prozentuale Erhöhung solle auf den Rest der Entgelttabelle angewandt werden. Für Auszubildende werden 200 € mehr gefordert..

Gewerkschaftssekretär Jan Cromme

Cromme: "Eine Inflationsausgleichsprämie ist ja erst mal schön, weil man Geld in der Tasche hat. Aber danach hat sie keine Auswirkungen mehr." Bei einer tariflichen Erhöhung wirke diese dagegen jeden Monat und auch noch im nächsten Jahr und darüber hinaus, wenn sie die Grundlage für die nächsten Tarifrunden bilde. Eine einmalige Prämie dagegen sei weg, wenn sie ausgegeben worden sei. Im Laufe von mehreren Jahren sei eine einmalige Prämie im Vergleich zu einer Tariferhöhung ein sattes Verlustgeschäft.

Betriebsratsvorsitzender Albin Träger erläuterte gegenüber Hallo-Wippingen die Bedeutung der Forderung nach einem Festbetrag von 500 € auf den Ecklohn. Früher gehörten die DMK-Standorte zu verschiedenen Tarifbezirken und alle Standorte hätten somit unterschiedliche Lohnniveaus. Jetzt gebe es den Haustarifvertrag und es gelte, die Bedingungen der Standorte aneinander anzugleichen. Jeder Standort habe einen anderen Ecklohn. Bei der Forderung nach 500 € auf den Ecklohn hätten Standorte mit niedrigen Löhnen eine größere prozentuale Erhöhung zu erwarten. Die Forderung bedeutet für die Beschäftigten somit je nach Standort 12 bis 17 % mehr Lohn.

Für Träger, der auch als Vertreter von Neubörger Mitglied der Tarifkommission ist, bedeutet das Angebot der Arbeitgeber angesichts der Inflation und der erhöhten Lebensmittel- und Energiepreise einen herben Reallohnverlust, dem man unmöglich zustimmen konnte. Man habe deshalb die Verhandlungen am 13. März zunächst abgebrochen.

Cromme wies daraufhin, dass es ungewöhnlich sei, dass schon nach der ersten Verhandlungsrunde zum Mittel des Warnstreiks gegriffen werde. Aber dies sei wohl nötig, um die Arbeitgeber für die zweite Verhandlungsrunde am 29. März zu einem deutlich verbesserten Angebot zu bringen.

Während Verdi und die Eisenbahngewerkschaft den heutigen Streiktag koordiniert beschlossen hatten, um sich damit gegenseitig zu stärken, ist der heutige Warnstreiktag bei DMK eher dem Zufall des Kalenders geschuldet. [jdm]

Lauterbachs Leveln lässt Krankenhäuser schließen – Bündnis Klinikrettung mit Modell für bessere Krankenhausstruktur

Ab dem 1.04.2023 wird es in der Kleinstadt Ankum, einem Dorf mit 7768 Einwohnern, zur Samtgemeinde Bersenbrück zugehörig, kein Krankenhaus mehr geben. Hier arbeiteten 250 MitarbeiterInnen. Das Krankenhaus gehört zum kirchlichen Verbund der Niels-Stensen-Kliniken und wird in ein Gesundheitszentrum umgewandelt. Hierbei handelt es sich um eine Form eines MVZ mit ein paar Betten für die Versorgung von Patienten nach ambulanten Operationen.

Screenshot Krankenhaus Ankum

Die Gynäkologie wird in das 20 km entfernte Krankenhaus Quakenbrück verlegt. Werdende Mütter müssen sich also für Quakenbrück oder das 35 km entfernte Osnabrück entscheiden. Der Geschäftsführer Werner Lullmann hält das Konzept des Gesundheitszentrums laut NDR-Bericht für richtig. Denn: In ihrer jetzigen Form und unter den derzeitigen finanziellen Rahmenbedingungen hätten die Krankenhäuser in Deutschland keine Chance, so Lullmann.

In Sögel, einer Kleinstadt mit 8210 Einwohnern, zur Samtgemeinde Sögel zugehörig, gibt es ein Krankenhaus. Hier arbeiten etwa 450 MitarbeiterInnen. Die nächsten beiden Krankenhäuser sind in Papenburg (29 km entfernt) und in Meppen (24 km). Das Krankenhaus hatte schon finanzielle Probleme und gehört zu einem Verbund der kirchlichen St. Bonifatius Hospitalgesellschaft.

Bei beiden Häusern handelt es sich um Allgemeinkrankenhäuser, die die Basisversorgung der Bevölkerung übernehmen. Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) hat 123 von 167 Kliniken im Land befragt. Die Ergebnisse für das zurückliegende Jahr 2022 zeigen, dass vier von fünf Kliniken (81,5 %) in Niedersachsen in ihrer Existenz bedroht sind.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, er wolle eine „Überwindung des Fallpauschalensystems“ und eine “dramatische Entökonomisierung der Krankenhausversorgung”. Lauterbach ist der Mann, der seinerzeit als „Experte“ das Fallpauschalensystem und die Ökonomisierung des Krankenhauswesens maßgeblich mit durchgesetzt hat. Fallpauschalen haben dazu geführt, dass gut planbare teure OPs viel Geld bringen, aber die allgemeinen Erkrankungen, bei denen untersucht, geredet, ausprobiert und gut gepflegt werden muss, kein Geld bringen und dem Krankenhaus Defizite bescheren. Das ist bei den Allgemeinkrankenhäusern der Fall; bei den Privaten Krankenhauskonzernen nicht, weil sie sich auf die gut planbaren OPs konzentrieren und von Lauterbachs Fallpauschalen profitieren.

Lauterbachs Pläne sehen vor, von 1.880 Krankenhäusern sollen mindestens 657 Kliniken künftig nur noch Gesundheitszentren sein; das bedeutet Pflegestationen ohne durchgehende ärztliche und ohne Notfallversorgung. Und Hunderte weitere Kliniken (Level 1-Kliniken) dürfen künftig nicht mehr das anbieten, was dort heute noch behandelt wird, werden also in ihrem Angebot beschnitten. Letztlich wird die stationäre Versorgung auf 400 bis 500 Kliniken konzentriert. Wir im Emsland dürfen uns also auf die vollständige Krankenhausversorgung in Oldenburg, Georgsheil (wo unbedingt ein Zentralklinikum statt der Kliniken in Emden, Norden und Aurich durchgesetzt werden soll) und Osnabrück freuen. Die herab gestuften Krankenhäuser können ihr teuer angeschafftes Inventar dann billig über den Insolvenzverwalter an die Privatkliniken verscherbeln. Mehr als die Hälfte aller Geburtsstationen in Deutschland sollen nach Lauterbachs Plänen verschwinden.

Wer glaubt, dass das Sögeler Krankenhaus im Umfeld dieser Pläne bestehen bleibt, sollte auch den Glauben an den Weihnachtsmann nicht aufgeben. In Ankum wurde das Krankenhaus trotz einer Demonstration mit 2500 Teilnehmern, eindeutigen Resolutionen von Gemeinderäten und 20.000 Unterschriften unter eine Petition zum Erhalt des Krankenhauses, geschlossen. Man sollte auch nicht vergessen, dass das Krankenhaus Papenburg sich in einem Schutzschirmverfahren befindet und irgendwann sicher auch in das Visier der Lauterbachschen Krankenhausreformer geraten wird.

Lauterbach betreibt bei seinen Versprechen von der Entökonomisierung Etikettenschwindel. Angeblich sollen Krankenhäuser Vorhaltepauschalen über Regionalbudgets erhalten, bei denen entscheidend ist, wie groß die zu versorgende Bevölkerung ist. Das ist also im Prinzip eine Finanzierung, die näher am Bedarf orientiert ist. Aber erstens ist dies nur ein Teil der Finanzierung, der größere Teil läuft weiter über die Fallpauschalen und zweitens ist ein Röntgenapparat und seine Bedienung immer gleich teuer, egal ob 50.000 oder 80.000 Einwohner im Einzugsbereich wohnen.

Die Fahrten der Krankenwagen bei Notfalleinweisungen, die sich jetzt auf ein Hin- und Herfahren zwischen emsländischen und ostfriesischen Kliniken beschränken und in manchen Fällen den Tod des Patienten bedeuten können, werden sich nach der Realisierung von Lauterbachs Plänen in veritable Fernreisen verwandeln.

Das Bündnis Klinikrettung hat in einem Papier ein Modell für eine bundeseinheitliche Krankenhausstruktur im Sinne einer flächendeckenden, bedarfsgerechten Krankenhausversorgung entwickelt. Während Lauterbach und seine aus Vertretern von Krankenhauskonzernen zusammengesetzten Kommissionen den Sachverhalt gern als sehr kompliziert und undurchschaubar darstellen, ist das Modell vom Bündnis Klimarettung transparent und einfach.

Das Bündnis Klinikrettung schlägt eine bundeseinheitliche Krankenhausstruktur vor, die die wohnortnahe Grund- und Regelversorgung in den Allgemeinkrankenhäusern genauso berücksichtigt, wie die Schwerpunkt-und Maximalversorgung. Das Bündnis Klinikrettung hält an der rechtlichen Zusicherung fest, dass die Krankenhausversorgung flächendeckend abgesichert sein muss, das heißt: Das nächste Krankenhaus muss für alle EinwohnerInnen innerhalb von maximal 30 Fahrzeitminuten erreichbar sein. An Orten, wo diese Maximalfahrzeit überschritten wird, müssen Krankenhäuser neu- oder wiedereröffnet werden. Ergänzt wird die Krankenhausstruktur durch ambulante Ärztezentren.

Die Geburtshilfe wird zwingend in allen Allgemeinkrankenhäusern benötigt. Im Falle einer Konzentration auf Schwerpunkt- und Maximalkrankenhäuser wäre die Geburtshilfe statt in 810 nur noch in 291 Krankenhäusern vorhanden und damit für die Menschen in ländlichen Regionen nicht mehr in angemessener Zeit erreichbar.

Viele ländliche Krankenhäuser haben mit Erfolg und unter großem finanziellen sowie strukturellen Aufwand umfassende Spezialisierungen und klinische Zentren mit Erfolg etabliert. Es gibt keinen Grund, entsprechende bestehende Fachbereiche in Allgemeinkrankenhäusern und damit in ländlichen Regionen zu schließen.

Vielfach fehlen in ländlichen Regionen Kassensitze für ambulante fachärztliche Angebote, oder die Kassensitze können nicht besetzt werden. Ländliche Krankenhäuser haben oft mit ihren Spezialisierungen und klinischen Zentren erfolgreich auch die ambulante fachärztliche Versorgung übernommen. Werden den Allgemeinkrankenhäusern diese Spezialisierungen und klinische Zentren entzogen, bricht vor Ort auch die analoge ambulante fachärztliche Versorgung zusammen.

Allgemeinkrankenhäuser übernehmen die praktische Ausbildung von ÄrztInnen sowie die praktische und vielfach die theoretische Ausbildung der Pflegefachkräfte im Rahmen der generalistischen Pflegeausbildung. Sie sind als Ausbildungsbetriebe insbesondere in Zeiten des Personalmangels unverzichtbar.

Ambulante Gesundheitseinrichtungen dürfen die Krankenhäuser nicht ersetzen, sondern sollten zur Ergänzung der Krankenhauslandschaft bereitgestellt werden.

Die Krankenhausfinanzierung muss auf die Selbstkostendeckung umgestellt werden. Das würde die Verluste, aber auch die Zweckentfremdung der Krankenkassenbeiträge in Form von Gewinnen unmöglich machen. [jdm/GIB]

Zwei grüne Minister auf Werbetour für EU-Mercosur – Bauern- und Umweltverbände fordern vollständig neues Abkommen

Anlässlich der gemeinsamen Reise von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nach Kolumbien und Brasilien fordert der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, die Bundesregierung auf, das geplante Mercosur-Freihandelsabkommen neu zu verhandeln.

Mercosur ist eine Wirtschaftsorganisation von Staaten Südamerikas. Die Abkürzung bedeutet "Gemeinsamer Markt des Südens". Die EU hat ein Handelsabkommen mit Mercosur verhandelt, aber den Vertrag bisher nicht unterzeichnet, weil vor allem Umwelt- und klimapolitische Bedenken durch das Gebaren der rechten Regierungen Brasiliens und Kolumbiens bestanden. Österreich und Frankreich hatten allerdings wegen der Gefährdung der heimischen Landwirtschaft Bedenken gegen das Abkommen geäußert. Das Abkommen soll die Zollschranken für Agrarprodukte aus Südamerika im Gegenzug gegen Exportmöglichkeiten für die EU-Industrie abbauen. Für den halbfaschistischen brasilischen Präsidenten Bolsonaro stellte es kein Problem dar, die Regenwälder für die Agro-Industrie zu verbrennen oder abzuholzen. Jetzt haben diese beiden Länder linke Präsidenten und die Einhaltung von Umweltstandards scheint nicht mehr so offensichtlich bedroht.

In einer Rede in Belo Horizonte sagte Landwirtschaftsminister Özdemir: "Ich begreife Nachhaltigkeit und Klimaschutz als Chance, als Motor für Innovationen und deshalb müssen Nachhaltigkeit und Klimaschutz immer als zentrales Handlungsprinzip berücksichtigt werden. Insbesondere auch in unseren Handelsabkommen, die ich als Hebel verstehe, um Nachhaltigkeit als Standard auch international zu etablieren. Das MERCOSUR-Abkommen enthält in seinem Nachhaltigkeitskapitel wichtige Vereinbarungen zum Schutz und Erhalt bestehender Waldflächen."

Greenpeace spricht dennoch beim EU-Mercosur-Freihandelsabkommen von einem Giftvertrag, der klimaschädlich, naturfeindlich und veraltet sei. Das geplante EU-Mercosur-Abkommen triefe vor Doppelmoral. "In Berlin spricht die Bundesregierung viel davon, die Klima- und Artenkrise zu bekämpfen. In Südamerika aber will sie ein Handelsabkommen abschließen, das klima- und naturschädliche Produkte wie Rindfleisch, Pestizide und Verbrenner fördert. Das passt nicht zusammen." Das EU-Mercosur-Abkommen bedrohe den Regenwald und verstärke die Rindfleischproduktion - beides sei das Gegenteil von dringend nötigem Klimaschutz.

Bauerverbandspräsident Rukwied: „In der jetzigen Form ist dieses Handelsabkommen eine große Bedrohung für die deutsche und europäische Landwirtschaft. Damit würde sich die EU in neue geopolitische Abhängigkeiten begeben. Diesmal bei der Ernährungssicherheit. Die EU will mit dem „Green Deal“ Vorreiter beim Klima- und Umweltschutz sein. An Agrarimporte werden aber nicht die gleichen hohen EU-Standards angelegt wie an die EU-Landwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft droht durch eine zunehmende Verbotspolitik innerhalb der EU verloren zu gehen. Eine verstärkte Aufgabe von bäuerlichen Familienbetrieben, ausgelöst durch Agrarimporte zu Dumping-Standards, und die Gefährdung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Lebensmitteln wäre die Folge. Das Mercosur-Abkommen darf so nicht kommen. Es muss neu verhandelt werden. Klarzustellen ist, dass die Ziele des Green Deals, etwa die Minderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, genauso für Importe gelten müssen. Gleiches gilt für unsere Tierwohlstandards. Hält Südamerika diese Standards nicht ein, muss es einen sofortigen Importstopp geben. Allgemeine Bekenntnisse für mehr Nachhaltigkeit im Handel reichen jedenfalls nicht aus.“

Auch der Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V, Georg Janßen, äußerte sich zum Thema: „Das Abkommen setzt Bäuerinnen und Bauern sowohl in der EU als auch im Mercosur einem steigenden Preisdruck aus. Es läuft den gesellschaftlichen und bäuerlichen Interessen diametral entgegen. Die Bundesregierung muss deshalb bei den anstehenden Entscheidungen um die EU-Agrarreform einen ehrlichen Systemwechsel vornehmen. Sie muss sich von der Billigexportstrategie verabschieden.“

Für Alfons Wolff, Bundessprecher der Freien Bauern, nützt das Abkommen "allein der europäischen Industrie, die in die Mercosur-Staaten exportieren will, offenbar ohne Rücksicht auf Verluste. Uns Bauern drückt es die Preise und den Verbrauchern wird der billige Dreck unerkannt untergeschoben, weil es immer noch keine Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln gibt.“ [jdm]

Deutsch-amerikanische Märchenerzähler

Am 8. Februar hatte der amerikanische Journalist Seymour Hersh in seinem Blog beschrieben (deutsche Übersetzung hier), wie US-Geheimdienste in Kooperation mit Norwegen die Nordstream Pipelines zerstörten. Er berief sich dabei auf eine ungenannte Quelle aus den Geheimdiensten. Hersh ist bekannt für seine Recherchen. Der Watergate-Skandal, die geheime US-Bombardierung Kambodschas, das Programm der CIA zur Inlandsspionage, Veröffentlichungen ab 2013 zu Giftgasangriffen in Syrien und 2015 zur Tötung von Osama bin Laden, sowie die zahlreichen Preise für seine investigativen Berichte zeigen seine außergewöhnliche Stellung in der Publizistik.

Diese Enthüllung über diesen Terror-Angriff der USA auf die Infrastruktur des Verbündeten Deutschland gefiel den Verursachern nicht. Aber auch der deutschen Regierung gefiel das nicht, weil sie sich doch gemeinsam mit den USA im Krieg gegen Russland sieht und sowieso nicht den Mut hat, sich gegen die Anweisungen der USA zu stellen.

Folglich wurde einfach die Information von Hersh als nicht glaubwürdig dargestellt, weil seine Quelle anonym sei. Dabei weiß jeder, was in den USA mit Whistleblowern wie Bradley Manning (später Chelsea Manning) passiert (sogar Julian Assange, der nur als Journalist berichtet hat, wird von den USA verfolgt). Die großen US-Zeitungen wollten die Recherche von Hersh zu Nordstream nicht veröffentlichen, denn auch sie befinden sich alle im Krieg gegen Russland.

Die Welt glaubt aber trotz der Angriffe dem renommierten Journalisten Hersh. Deshalb zauberten der deutsche und der US-Geheimdienst jetzt eine Story hervor, nach der die Attentäter aus der Ukraine stammten. Das hat den Vorteil, dass somit der Angriff gegen russischen Besitz von dem Kriegsgegner Russlands, der Ukraine, ausging und sich die USA als unbeteiligt und damit als Nicht-Kombattant darstellen können. Dass die Ukraine ein Attentat auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik (und auch gegen deutschen Besitz) begangen hat, ist zwar unschön, wird aber dann einfach von der deutschen Bundesregierung verziehen. Zumal sowieso jeder weiß, dass diese Story, für die jede Beweise fehlen, aus der US-Märchenfabrikation der psychologischen Kriegsführung stammt. [jdm]

Eine neue Weltordnung: Wie umgehen mit China?

Auf dem chinesischen Volkskongress wurde wieder ein Wirtschaftsplus von 5% anvisiert. Es wurde angesichts zunehmender Feindseligkeiten durch die USA auch eine Erhöhung des Militärbudgets beschlossen.

Um zu verstehen, was in China passiert, aber auch um zu verstehen, warum der Westen bei seiner Werbetour für eine weltweite Isolierung Russlands nicht voran kommt, kann der China-Experte und Journalist Frank Sieren gute Hilfe leisten.

In einem Gespräch in der ZDF-Sendung von Richard David Precht sieht Frank Sieren in der gegenwärtigen politischen Weltlage eine historische Parallele zur Überwindung der Adelsgesellschaft im 19. Jahrhundert. Die Mehrheit der Bürger wollte sich damals von der Minderheit des Adels nicht mehr die Spielregeln diktieren lassen. Ebenso weigert sich heute die Mehrheit der Weltbevölkerung - allen voran China -, sich auf globaler Ebene der Hegemonie des Westens weiter unterzuordnen.

Allein seit 2003 hat sich das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Chinesen verzehnfacht. Sieren warnt: Sollte es dem Westen in den nächsten Jahren nicht gelingen, sich den massiven wirtschaftlichen Veränderungen zu stellen und China einen legitimen Platz am Tisch der Mächtigen einzuräumen, so drohe ihm der wirtschaftliche und politische Absturz. [jdm/zdf]

Zu hohe Nährstoffbelastung in Gewässern im Ems-Gebiet: Deutsche Umwelthilfe klagt

Titelseite der Klageschrift der DUH gegen Niedersachsen und NRW 02/2023

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) beklagt, dass etwa 95 Prozent der Oberflächengewässer im Ems-Gebiet die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie verfehlen; die hohe Nährstoffbelastung der Gewässer sei eine zentrale Ursache. Zu viel Dünger aus der Landwirtschaft führten in Seen und Küstengewässern zu Algenwachstum mit bedrohlichen Folgen wie Fischsterben.

Die DUH fordert wirksame Maßnahmen wie Reduzierung der Tierzahlen und mehr Platz für Gewässer und hat ihrer Forderung jetzt mit einer Klage für sauberes Wasser beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegen die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Nachdruck verliehen.

Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert von den beklagten Bundesländern eine deutliche Reduzierung der Tierzahlen und eine flächengebundene Tierhaltung, eine bedarfsgerechte Düngung, mehr Raum für Gewässer mit grünen Auwiesen statt Ackerfläche sowie die korrekte und vollständige Ausweisung stark belasteter Gewässer.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH kommentiert: „Im Ems-Gebiet herrscht ein katastrophaler Nährstoffüberschuss und die Folgen zeigten sich ganz deutlich im letzten Sommer: Zahlreiche Gewässer sind umgekippt, Algen haben sich explosionsartig vermehrt und die Ökosysteme sind völlig aus dem Gleichgewicht geraten. An den Küsten der Nord- und Ostsee sind sauerstoffarme Todeszonen entstanden – Fischsterben und Vergiftungsrisiken sind die Folge. Mit unserer Klage wollen wir die Nährstoffbelastung der Oberflächen- und Küstengewässer reduzieren, um Katastrophen in den Gewässern in Zukunft zu verhindern. Wir fordern von den Landesregierungen, endlich ambitionierte Maßnahmen zur Nährstoffreduzierung zu ergreifen."

In der Weser-Ems-Region liege das Zentrum der niedersächsischen Fleischproduktion. Infolgedessen fielen massenhaft Gülle und Gärreste an. Um diese bedarfsgerecht auf die Felder auszubringen, müsste Niedersachsen etwa 200.000 Hektar größer sein, schreibt die DUH in einer PM.

Zuletzt hat die Europäische Kommission 2021 Deutschland aufgefordert, zur Umsetzung der EU-Nitrat-Richtlinie eine Neu-Ausweisung der nitratbelasteten und eutrophierten Gebiete vorzunehmen. Die daraufhin im Juni 2022 von der Bundesregierung vorgelegte Anpassung enttäusche jedoch und enthalte zu viele Schlupflöcher. [jdm]

Was der Captain wirklich meint

Ulrich Scholz

Die Rolle von Bundeskanzler Olaf Scholz ist sowohl bei denjenigen, die der Ukraine solange mit Waffen helfen wollen, bis kein Ukrainer mehr lebt, als auch bei denen, die diese Waffen genau deswegen ablehnen, umstritten.

Scholz erscheint den Waffenfreunden in Deutschland als Zauderer, der zu jeder Waffenlieferung getrieben werden muss, obwohl der US-Präsident das ganz anders sieht. „Ich möchte mich bei Kanzler Scholz für seine Führungsstärke bedanken“, sagte Biden letzte Woche in Washington. Auch Deutschland insgesamt lobte er: „Deutschland hat sich gesteigert“.

Den Gegnern von Waffenlieferungen erscheint Scholz als Getriebener, in den man immer wieder die Hoffnung setzt, er würde sich den Waffenlieferungen widersetzen – um dann doch zu enttäuschen. Sie werfen dem Bundeskanzler vor, deutsche Interessen zu verraten.

Ulrich Scholz zeigt in seinem neuesten Blogbeitrag auf, dass beide Sichtweisen an der Sache vorbeigehen. Die Begründung lesen Sie am besten selbst in Ulrich Scholz’ Beitrag "What the Captain really means" – wie gewohnt kommt seine Argumentation sehr verhalten und freundlich zu seiner Aussage. [jdm]

Postreform: „Weniger Leistung zum selben Preis“

Unabhängig von den derzeitigen Tarifauseinandersetzungen bei der Deutschen Post, bei der die Postler etwas von den milliardenschweren Gewinnen des Unternehmens erstreiken wollen, plant das Bundeswirtschaftsministerium derzeit eine Postreform.

Wir erinnern uns: Bei der Postreform 1989 wurde die Deutsche Bundespost im ersten Schritt in drei getrennte Unternehmen gespalten, dem Postdienst, der Telekom und der Postbank. 1994 wurden dann die drei Unternehmen privatisiert. Und 1996 wurde folgerichtig das Bundespostministerium abgeschafft und eine Regulierungsbehörde, die Bundesnetzagentur, geschaffen. Diese Behörde sollte die Lizenzen vergeben, den Universaldienst sicher stellen und die begrenzten Ressourcen bewirtschaften, sprich verpachten oder verkaufen.

Die Begründung für diese Reform war angeblich der technische Fortschritt, aber tatsächlich war die neoliberale Idee dahinter, den Staat in allen Belangen zurück zu drängen. Bei der Post ging es um eine Form der öffentlichen Daseinsvorsorge, die auch mit öffentlichen  Ressourcen (Frequenzen, Straßen und Wege, Monopolstrukturen) arbeitete, die aber in private Hände gegeben werden sollten und nach dem reinen Profitgedanken funktionieren sollte.

Seitdem hat sich der Postdienst aus der Fläche gezogen und ihre abgespeckten Dienstleistungen werden von Agenturen in Supermärkten und Kiosken übernommen. Die offiziellen Postfilialen sind personell meist so schlecht ausgestattet, dass sie nicht wegen ihrer Leistungen, sondern eher wegen der überbordenden Schließungszeiten auffallen.

Die Telekom hat ein ähnliches Konzept; eine echte Beratung mit Lösung von praktischen Problemen ist vor Ort nicht verfügbar; die offiziellen Beratungsangebote sind weit entfernt und überlaufen. Die Telekom-Agenturen sind reine Verkaufsbuden, deren Kompetenzen kaum über denen eines Online-Kunden liegen.

Die Postbank als heutige Unterabteilung der Deutschen Bank für Arme hat mit der früheren Postbank nur den Namen gemeinsam.

Die jetzige Postreform will jetzt die letzten Reste einer Post für die Bürger ausmerzen. Die Bürger wollen ihre Post möglichst schnell transportiert haben, also das, was sie schicken, soll auch am nächsten oder übernächsten Tag beim Absender ankommen. Umgekehrt möchte man die Post auch schnell bekommen, wenn man eine erwartet. Aber so etwas wollen die Aktionäre der Post nicht, denn das kostet nur Geld. Es sei denn, der Bürger zahlt extra: Wer seine Post im heute noch üblichen Tempo haben will, soll halt eine Extragebühr bezahlen – wie das heute bei Amazon Prime der Fall ist. Das nennt sich das „Premiumprodukt für einen schnelleren Versand“.

Das Gesetzesvorhaben sieht deshalb vor, die aktuellen Laufzeitvorgaben, dass 80% der Briefsendungen im Jahresdurchschnitt am nächsten Werktag und 95% am übernächsten Werktag zugestellt werden müssen, zu verringern. Diese Vorgaben seien kaum hilfreich. Wörtlich heißt es im Eckpunktepapier des Ministeriums; „Denn der Absendende weiß nicht, ob sein Brief zu den 80% gehört oder nicht. Stattdessen könnten Vorgaben mit längeren Laufzeiten und höherer Verbindlichkeit den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer in höherem Maße entsprechen und gleichzeitig eine nachhaltigere Erbringung des Universaldienstes ermöglichen. Eine effektive Sendungsverfolgung kann die Transparenz für die Nutzerinnen und Nutzer erhöhen und die Bundesnetzagentur bei der Überwachung von Laufzeitvorgaben unterstützen.“

Diese Begründung ist absoluter Nonsens: Ein Patient kann auch nicht beurteilen, ob der Arzt das Richtige im Bauch wegschneidet. Also kann man nach der Logik des Ministeriums den Arzt machen lassen was er will. Er sollte aber wegen der Transparenz alles auf Video dokumentieren, was er falsch macht.

Überhaupt: Transparenz, Sendungsverfolgung und Nachhaltigkeit sind wiederkehrende Stichworte. Denn die offizielle Begründung für die Postreform ist wieder der technische Fortschritt, sprich die Digitalisierung. Wer will, kann heute schon z. B. bei GMX die Briefankündigung aktivieren. Dann weiß er, dass die Krankenversicherung einen Brief abgeschickt hat und ärgert sich dann 10 Tage, weil die Post immer noch nicht gekommen ist. Und?

Letztlich geht es darum, alle Ansprüche der Bürger an die Post zu tilgen, und die Postdienste einem unregulierten Markt zu überlassen. Wer etwas abseits wohnt, kann der die Post nicht selbst irgendwo abholen? Und überhaupt: Soll er doch digitale Briefe schreiben, dann braucht es überhaupt keinen Postboten mehr! Nachsendeanträge? Schon heute ist es schwierig, zu verhindern, dass die Post nach einem Umzug im Müll landet, weil viele Absender eben nicht die Deutsche Post nutzen, sondern deren Konkurrenz.

Die vielen einzelnen Themen des Eckpunktepapiers beschäftigen sich nicht damit, wie die Dienstleistungen für den Bürger gesichert werden können, sondern der „faire“ Marktzugang steht im Zentrum der Postreform. Es geht nur um die Regelung der Konkurrenz zwischen den verschiedenen Post- und Paketdiensten und anderen Logistikunternehmen.

Dazu gehört, dass die Universaldienstleistungen – also die Post für den Bürger – wie bei der Bahn der Regionalverkehr – in den einzelnen Regionen ausgeschrieben werden. Für die Stadtgebiete finden sich dann schnell die großen Bewerber; für die Landgebiete bekommen dann vielleicht andere Bewerber, deren Geschäftsmodell auf erhöhter Ausbeutung der Beschäftigten beruht, den Zuschlag. Die Post wird bestimmt nicht schneller, wenn ein Flickenteppich von regionalen Postdiensten die Post von München nach Wippingen transportiert. Die Schneckenpost bleibt dann kein Kinderbuchbild, sondern wird Realität.

Natürlich wird der Universaldienst dann vom Staat bezahlt. Anders als heute, wo es für kleine unrentable Bereiche eine Quersubventionierung aus den profitablen Bereichen gibt, wird der gesamte unprofitable Bereich vom Staat übernommen und bezahlt. Allein das ist schon einen Dujardin wert, wird sich der Aktionär sagen. Oder besser die großen  Schattenbanken, wie Blackrock, die auch hier den „Aktien-Streubesitz“ besitzen und höhere Renditen verlangen.

Bei der Bahn hat die Privatisierung und die Aufspaltung der Bahn in Regionalgesellschaften nichts verbessert. Die Infrastruktur wurde nicht ausgebaut oder instand gehalten, sondern es wurde auf Verschleiß gefahren. Die dadurch erhöhten Kosten bei Verschlechterung der Leistungen muss der Staat tragen. Genau so wird auch die Postreform wirken.

Dass es sich bei der Postreform um ein Projekt des von einem Grünen geleiteten Wirtschaftsministeriums handelt, erkennt man an dem inflationären Gebrauch der Wörter „Transparenz“ und „Nachhaltigkeit“ in dem Eckpunktepapier. Dass die Logistikkonzerne das Papier geschrieben haben, ist an den Wörtern „Marktzugang“ und „Digitalisierung“ zu erkennen.

Noch wird diese Postreform nicht von allen Bundestagsabgeordneten gutgeheißen. Die Linke spricht sich dagegen aus, aber auch Abgeordnete der SPD und der CSU sprechen davon, dass die Postreform „weniger Leistung zum selben Preis“ bedeute.

Einige Sprachregelungen für die Verschlechterungen gibt es schon. Dass die Briefe länger unterwegs sind, heißt dann „Die Post bekommt mehr Zeit für die Briefzustellung“ oder „Wenn sich Kunden auf längere Laufzeiten einlassen, könnte die Post ihnen eventuell beim Porto entgegen kommen“, also nur die Post, die so schnell wie heute ist, wird verteuert. Oder „das Klima würde profitieren, weil Nachtflüge unnötig würden und die Briefe auch mit der Bahn durch Deutschland reisen könnten“. Lesen Sie zur Vorbereitung noch einmal George Orwells dystopischen Roman „“1984“, wo der Neusprech beschrieben wird, mit dessen Sprachplanung sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten beschränkt und die Freiheit des Denkens aufgehoben werden.

Unsere hiesigen Abgeordneten, die sich gerne als Kümmerer darstellen und sich schnell beschweren, wenn es mal wieder einen Postkasten oder eine Poststelle weniger gibt und deren Protest normalerweise mit dem Halbsatz „Es kann doch nicht sein, dass …“ beginnt, sollten erkennen, dass es doch sein kann, wenn man zuvor öffentliche Strukturen erbarmungslos zerschlägt. [jdm]

Beim Brand am Sonntag verendeten 2500 Ferkel

Zu den Bränden am Donnerstag und am Sonntag im Maststall in der Surwolder Straße in Neubörger veröffentlichte die Polizei eine Korrektur. Am Donnerstag beim Brand des hinteren Teils der Stallung verendeten nicht 2000, sondern 800 Ferkel.Bei dem Brand am Sonntag, bei dem der durch ein Dach verbundene zweite Stallabschnitt Feuer fing, verendeten 2500 Ferkel. Zwischen den beiden Gebäuden stand eine Hackschnitzelheizung. [jdm/PM POL]

Neubörger – Schweinemastbetrieb erneut in Brand geraten

Bereits am Donnerstagmorgen war es in Neubörger in einem Schweinemastbetrieb an der "Surwolder Straße" zu einem Großbrand gekommen. Am heutigen Sonntag mussten Feuerwehr und Polizei erneut gegen 11:36 Uhr zu dem Betrieb ausrücken, nachdem eine Passantin starke Rauchentwicklung wahrgenommen hatte. Aus bislang ungeklärter Ursache geriet der vordere, bisher nicht betroffene Teil des Maststalles in Brand.

Ein Großaufgebot der umliegenden Feuerwehren aus Dörpen, Heede, Dersum, Papenburg, Surwold und Kluse ist mit 25 Fahrzeugen und etwa 150 Kräften im Einsatz und mit den weiterhin, vermutlich bis in die Nacht andauernden Löscharbeiten beschäftigt. Personen wurden nicht verletzt. Etwa 2000 Ferkel verendeten durch das Feuer. Ersten Einschätzungen nach beläuft sich die Höhe des Sachschadens auf eine Summe von mindestens 3,5 Millionen Euro. Die Ermittlungen zur Brandursache dauern an. [PM POL EL]

Oxfam und 200 Millionäre fordern vom Weltwirtschaftsforum: Besteuert die Reichen

Laut FAZ nehmen am Weltwirtschaftsforum 2023 rund 2700 Menschen aus 130 Ländern teil. Erwartet werden mehr als 600 Vorstandsvorsitzende sowie 52 Staats- und Regierungschefs – so viele wie noch nie. Das heißt, es treffen sich die Milliardäre dieser Welt mit ihren Wasserträgern aus der Politik und verabreden die weitere Ausbeutung der Welt.

Wie bei jeden Weltreichenforum meldet sich auch die Hilfsorganisation Oxfam wieder mit ihrem Armutsbericht (englischsprachige Version). Darin heißt es: "Seit 2020 haben die reichsten 1 % fast zwei Drittel des gesamten neuen Reichtums an sich gerissen - fast doppelt so viel Geld als die unteren 99 % der Weltbevölkerung. Das Vermögen der Milliardäre wächst täglich um 2,7 Mrd. Dollar, während die Inflation die Löhne von mindestens 1,7 Milliarden Arbeitnehmern, mehr als die Bevölkerung Indiens, frisst. Lebensmittel- und Energiekonzerne haben ihre Gewinne im Jahr 2022 mehr als verdoppelt und schütten 257 Milliarden Dollar an reiche Aktionäre aus, während über 800 Millionen Menschen hungrig zu Bett gehen. Nur 4 Cent von jedem Dollar Steuereinnahmen stammen aus Vermögenssteuern, und die Hälfte der Milliardäre der Welt leben in Ländern, die keine Erbschaftssteuer auf das Geld erheben, das sie ihren Kindern vererben. Eine Steuer von bis zu 5% auf die Multimillionäre und Milliardäre der Welt könnte 1,7 Billionen Dollar pro Jahr einbringen, genug, um 2 Milliarden Menschen aus der Armut zu befreien und einen globalen Plan zur Beseitigung des Hungers zu finanzieren."

Das, was Oxfam hier fordert, finden über 200 Millionäre aus 13 Ländern richtig. Sie fordern eine höhere Besteuerung der Reichen und schreiben in einem Brief mit dem Titel "Beenden Sie das Zeitalter des extremen Reichtums. Besteuern Sie die Superreichen" an das Weltwirtschaftsforum:

"Wir leben in einem Zeitalter der Extreme. Wachsende Armut und zunehmende Ungleichheit im Wohlstand, der Aufstieg des antidemokratischen Nationalismus, extreme Wetterverhältnisse und ökologischer Niedergang, tiefe Schwachstellen in unseren gemeinsamen Sozialsystemen und die schrumpfenden Möglichkeiten für Milliarden von Menschen, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. ...

Die Geschichte der letzten fünf Jahrzehnte ist eine Geschichte des Wohlstands, der nirgendwo anders hinfließt als nach oben. In den letzten Jahren hat sich dieser Trend stark beschleunigt. In den ersten beiden Jahren der Pandemie haben die 10 reichsten Männer der Welt ihren Reichtum verdoppelt, während 99 Prozent der Menschen einen Rückgang ihres Einkommens hinnehmen mussten. Milliardäre und Millionäre mussten zusehen, wie ihr Reichtum um Billionen von Dollar wuchs, während die Kosten für den einfachen Lebensunterhalt nun die normalen Familien in der ganzen Welt lähmen. Die Lösung liegt für alle auf der Hand. Sie, unsere globalen Vertreter, müssen uns, die Superreichen, besteuern, und Sie müssen jetzt damit beginnen.

Jetzt ist es an der Zeit, den extremen Reichtum zu bekämpfen; jetzt ist es an der Zeit, die Superreichen zu besteuern.Jede Gesellschaft kann nur begrenzten Stress ertragen, wenn Mütter und Väter ihren Kindern beim Hungern zusehen, während die Superreichen ihren wachsenden Reichtum betrachten. Die Kosten des Handelns sind viel billiger als die Kosten der Untätigkeit - es ist an der Zeit, mit der Arbeit zu beginnen." [jdm]

Erinnerung: Am Samstag, den 21. Januar Kundgebung vor dem AKW Emsland in Lingen

Damit es beim endgültigen Atomausstieg bleibt, organisieren Anti-Atom-Initiativen am Samstag, 21. Januar, um 13 Uhr, eine Kundgebung vor dem Tor des AKW Emsland in Lingen, Am Hilgenberg, 49811 Lingen.

Ziel ist der Initiatoren ist es, dass "die gefährlichen und unnötigen AKW spätestens am 15. April endgültig ihren Betrieb einstellen!" Mehr Informationen zur Kundgebung gibt es auf der Internetseite des Bündnis AgiEL. [jdm/Newsletter ausgestrahlt]

Lauterbachs „Revolution“ lässt Krankenhäuser weiter sterben

Heute wurde Gesundheitsminister Lauterbach in der Tagesschau wieder die Möglichkeit gegeben, sich in Szene zu setzen. Er habe die Abzockerei bei den PCR-Tests gestoppt.

In den letzten Wochen wurden seine Pläne zur Rettung der Krankenhäuser von der Presse ähnlich wohlwollend referiert. Neun gesundheitspolitische Initiativen kritisieren dagegen gemeinsam Lauterbachs vermeintliche Revolution. Die bisher beschlossenen Maßnahmen wie auch die Vorschläge der Regierungskommission seien weder bedarfsgerecht noch ausreichend.

Denn die "Reform"-Vorschläge halten am System der Fallpauschalen fest und wollen dieses lediglich durch Pauschalen ergänzen. Die ökonomischen Anreize, Profite mit Gesundheit zu machen, bleiben bestehen. Die angekündigte „Überwindung des Fallpauschalensystems“ und eine “dramatische Entökonomisierung der Krankenhausversorgung” sind nach wie vor nicht in Sicht. In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Initiativen eine tatsächliche Reform statt Etikettenschwindel:

  • Orientierung an Bedarfsgerechtigkeit
  • Gemeinwohlorientierung und Gewinnverbot
  • Stopp der Privatisierung
  • Abschaffung des DRG-Fallpauschalensystems
  • Kostendeckung in der Krankenhausfinanzierung
  • Verbindliche Personalschlüssel für alle Bereiche im Krankenhaus
  • Demokratisierung von Krankenhausplanung und Steuerung

Den Wortlaut der Erklärung und der Forderungen finden Sie hier.

Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) hat 123 von 167 Kliniken im Land befragt. Die Ergebnisse für das zurückliegende Jahr 2022 zeigen, dass vier von fünf Kliniken (81,5 %) in Niedersachsen in ihrer Existenz bedroht sind.

Selbst Kliniken, die seit Jahrzehnten stets wirtschaftlich gesund waren, geraten aktuell in eine dramatische finanzielle Schieflage. Die wirtschaftliche Existenz und damit der Fortbestand nahezu aller Krankenhäuser ist substanziell gefährdet. Dies geht mit erheblichen Risiken für die Sicherstellung der flächendeckenden stationären Versorgung einher. Die angekündigten Hilfen in Höhe von bundesweit 6 Milliarden Euro werden die Lage in den Krankenhäusern nicht entscheidend verbessern. 4,5 Milliarden Euro sind zum Ausgleich für die steigenden Energiepreise und 1,5 Milliarden Euro für inflationsbedingte Kostensteigerungen vorgesehen. Der Bedarf in den Krankenhäusern ist mit Blick auf die Größenordnungen jedoch genau umgekehrt.

Auf die Umsetzung der angekündigten Krankenhausstrukturreform zu warten, ist dem NKG-Vorsitzenden zufolge keine Option. Bis dahin werden viele Kliniken längst in die Insolvenz gegangen sein. Denn im Gegensatz zu anderen Branchen können und dürfen Krankenhäuser die aktuell massiven Kostensteigerungen für Energie, medizinische Produkte, Medikamente sowie Lebensmittel und viele weitere Dienstleistungen nicht über höhere Preise ausgleichen. Das sehe das starre System der Krankenhausfinanzierung nicht vor.

Bevor der Strukturwandel planvoll und systematisch umgesetzt werden könne, müsse zunächst die völlig marode Finanzierungsbasis korrigiert werden. „Die aktuell geplante Umverteilung des Mangels wird zu keiner Verbesserung führen, sondern die Lage nur verschlimmern, sagte Dr. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der NKG, in einer Pressemitteilung.

Das Papenburger Marienhospital befindert sich derzeit in einem Schutzschirmverfahren, also einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Das Krankenhaus gehört neben dem Sögeler Hümmlinghospital, dem Bonifatius Hospital Lingen und dem Borromäus Hospital Leer zur kirchlichen St. Bonifatius Hospitalgesellschaft. Vom Träger bzw. der Geschäftsleitung des Krankenhauses in Papenburg gab es bisher noch keine öffentliche Äußerung, wie und ob das Krankenhaus seine Krise in der allgemeinen Krankenhauskrise bewältigen will und kann. [PM Gemeingut in BürgerInnenhand/PM NKG/jdm]

Arbeitgeber über Wertschöpfungsabgabe an Rentenfinanzierung beteiligen

Die Ems-Zeitung weckte heute auf einer Themenseite zur Rente einerseits den Eindruck, als ob die Rente nur zu retten sei, wenn die Rente später gezahlt wird. Auf der anderen Seite wurde der Verlust an Arbeitskraft und Erfahrung, der durch den Eintritt in die Rente gegeben ist, thematisiert.

Als Beispiel für einen späteren Renteneintritt wird Großbritannien vorgestellt und dankenswerter Weise darauf hingewiesen, dass der spätere Renteneintritt für die meisten Menschen eine Überlebensnotwendigkeit ist, weil die schlechten Renten nicht zum Leben reichen. Die konservative Regierung will dennoch das Mindestalter für den Bezug der Rente erhöhen. Großbritannien ist also ein Beispiel für das rentenpolitische Totalversagen der Konservativen.

Dass man das Rentenalter nicht erhöhen muss, wenn es nur darum geht, die Alten im Arbeitsprozess zu halten, haben wir vor vierzehn Tagen beschrieben. Es reicht, ihnen ein attraktives Angebot zu machen; niemand ist mit Erhalt der normalen Altersrente verpflichtet, seine Arbeit aufzugeben.

Es geht um das zweite Schreckgespenst: die demographische Lücke. Die so genannten Baby-Boomer, also die im Zeitraum von 1955 bis 1969 Geborenen, werden von Statistikern als geburtenstarke Jahrgänge bezeichnet. Diese gehen in Rente und dem stünden viel weniger Arbeitende gegenüber, die die Renten bezahlen müssten. Denn unsere Rente wird im Umlageverfahren von den aktuellen Rentenbeitragszahlern bezahlt. Deshalb werde der Rentenbeitrag steigen – die Grafik der Ems-Zeitung prognostiziert eine Erhöhung der Abgaben für die Rente von derzeit 18,6% auf 21,3 %.

Wenn es dabei bleibt, dass nur die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und deren Arbeitgeber, also nur die sozialversicherungspflichtige Arbeit, die Renten finanzieren müssen, kommt das System zeitweise an Grenzen. Wir erleben derzeit aber, dass die ständigen (bis auf die Krisenjahre 2009 und 2020) Produktivitätssteigerungen in der Volkswirtschaft sich nicht entsprechend in höheren Löhnen allein niederschlagen, sondern ein großer Teil dieses erwirtschaften Wertes landet im Kapitalbesitz, der bisher überhaupt nicht zur Rentenfinanzierung herangezogen wird. Einfach gesagt: Die Gesellschaft produziert mit immer weniger Menschen immer mehr Güter.

Wenn es mehr Rentner gibt, ist es also durchaus möglich, alle zu finanzieren; es ist nur die Frage wo die zusätzlich produzierten Werte landen. Da sie nicht bei den Beschäftigten landen, können diese auch nicht mehr Rente zahlen; das müssen die Kapitalbesitzer und die Finanzwirtschaft leisten, die den Mehrertrag erhalten. Natürlich müsste die Einbeziehung aller Einkommensarten in die Rentenversicherung, also auch der Selbständigen und Beamten, und der Wegfall der Beitragsbemessungsgrenzen kommen. Dann müsste der Rentenbeitrag der Arbeitnehmer nicht  wie prognostiziert steigen.

Dass eine finanzmarktabhängige so genannte Aktienrente die Rentner besser absichern könne, ist ein Märchen. Denn die Rente kann immer nur aus dem gesellschaftlich Erwirtschafteten bezahlt werden. Der Wirtschaftswissenschaftler, Soziologe und Bevölkerungswissenschaftler Gerhard Mackenroth hat 1952 schon geschrieben: „Nun gilt der einfache und klare Satz, dass aller Sozialaufwand immer aus dem laufenden Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muss. Es gibt gar keine andere Quelle und hat nie eine andere Quelle gegeben, aus der der Sozialaufwand fließen könnte, es gibt keine Ansammlung von Periode zu Periode, kein „Sparen“ im privatwirtschaftlichen Sinne, es gibt einfach gar nichts anderes als das laufende Volkseinkommen als Quelle für den Sozialaufwand.“

Ob die Rente also als Zins oder als Obulus aus der Umlagerente kommt; sie kommt in beiden Fällen nur aus dem laufenden Volkseinkommen. Die Umlagerente sichert die bessere und berechenbare Verteilung des zur Verfügung stehenden Geldes.

Bei der Aktienrente gibt es eine große Unsicherheit, weil es sich bei der Rentenzahlung um die Auszahlung des Zinses handelt oder sogar um die Auszahlung des Kapitals. Solange die Zinsen wieder reinvestiert werden, bleiben sie im System. Wenn im Fall der Baby-Boomer plötzlich eine riesige Zahl von Investoren (Aktienrentner) ihre Zinsen ausgezahlt haben wollen, müssen große Mengen Aktien auf den Markt geworfen werden, was eine Senkung der Preise zur Folge haben wird. Der Zins des Rentenfonds sinkt und der Aktienrentner wundert sich, dass sein Fonds, der immer so gut dastand, ausgerechnet jetzt, wo er davon leben möchte, nichts mehr abwirft. Die Befürworter der Aktienrente sagen, man müsse die Anlage weltweit streuen, um den Preiseinbruch durch die plötzlichen Auszahlungswünsche zu minimieren. Da gibt es aber auch Berechnungen, dass die Länder mit den jungen Bevölkerungen überhaupt nicht das Kapital hätten, um plötzlich so viel zu investieren. Diese Vorgänge könnten weltweite Finanzkrisen auslösen.

Also die Aktienrente (wozu auch die Betriebsrenten gehören, wo mit Arbeitnehmerbeiträgen Rentenfonds gebildet werden) ist keine Lösung.

Es ist genug für alle Rentner da; es kommt auf die Verteilung der Lasten an. Und hier ist eine Einbeziehung der anderen Wertschöpfungsgewinner unerlässlich.

Der Sozialverband VdK fordert, der Beitrag, den die Arbeitgeber zur Rente leisten, sollte nicht länger ausschließlich an die Zahl ihrer rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer gebunden sein. Es sei gerecht, die Ertragssituation von Unternehmen in die Beitragskalkulation einzubeziehen, sofern deren Gewinne im Verhältnis zu den Personalkosten überproportional hoch ausfallen. Wer eine hohe Rendite erwirtschafte, solle dazu verpflichtet werden, mit zur Stabilisierung der Rentenversicherung beizutragen. Die Unternehmensgewinne stiegen nämlich deutlich stärker als die Löhne. Die Rentenversicherung bekomme ihre Beiträge aber nur aus einem Teil der gezahlten Löhne.

Die Arbeitgeber sollten entsprechend ihres Anteils an der Bruttowertschöpfung belastet werden, daher werde solch eine neu einzuführende Abgabe auch Wertschöpfungsabgabe genannt.

Der DGB fordert, den demographischen Wandel mit einem Bundeszuschuss zu gestalten und die Basis an Beitragszahlenden zu stärken inkl. einer Ausweitung des Schutzes der Rentenversicherung auf Selbstständige. [jdm}

Angriff auf die Rente

Gerade erleben wir einen konzertierten Angriff auf die Rente, bei dem sich wieder mal alle einig sind und so tun, als ob es ihnen darum ginge, eine Lanze für ältere leistungsfähige Menschen zu brechen.

Bundeskanzler Scholz beklagte sich, dass zu viele vorzeitig in Rente gehen würden. Dabei hat er auf eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), die eine solche Tendenz anzeigte, reagiert. In dieser Studie waren auch die zwischen Juli 1951 und Dezember 1952 Geborenen vertreten, für die ja gerade die Ausnahme der vorgezogenen Altersrente für besonders langjährig Versicherte (ohne Abschläge) mit 63 Jahren geschaffen worden war.

Untersuchungen der späteren Jahrgänge, deren Renteneintrittsalter ja schon jahrgangsweise auf 67 Jahre steigt, zeigen wieder ein ganz anderes Bild. Auch bei denen, die 35 oder sogar 45 Jahre an anrechenbaren Zeiten in der Rentenversicherung haben und früher in Rente gehen, steigt das Renteneintrittsalter parallel zu den allgemeinen Regeln an. Sie können also nicht mit 63 in Rente gehen.

Warum sagt Scholz also so etwas? Und warum will die FDP ein höheres Renteneintrittsalter und wirbt dafür mit der "flexiblen Rente"? Will sie wirklich nur erreichen, dass "Niemand ...den Menschen mehr vorschreiben (muss), wann sie in Rente zu gehen haben", wie FDP-Vizechef Johannes Vogel für ein Ende des offiziellen Renteneintrittsalters wirbt? Und warum schwadroniert Marion Trimborn in der Ems-Zeitung von heute von dem "84-jährige(n) Archäologe(n), der regelmäßig viel beachtete Aufsätze zu seinem Spezialgebiet veröffentlicht."? Und auch der CDU ist die Wahlfreiheit der Rentner auf einmal sehr wichtig.

Und damit kommt man doch mal zum Thema, wie sich die Wahlfreiheit denn darstellt? Bisher ist es so, dass man mit 67 (oder früher bei älteren Jahrgängen) in Rente geht und dann soviel dazu verdienen kann, wie man will. Niemand hindert heute einen Rentner daran, weiter zu arbeiten, wenn er möchte - und es noch kann.

Was soll also das Gerede von der Wahlfreiheit? Es geht letztlich nur darum, die "Abschlagsfreiheit", also den Termin, an dem man seine volle Rente bekommt, noch über das 67. Lebensjahr hinaus zu schieben. Dabei weiß jeder, dass die Mehrheit der Menschen, besonders bei körperlich schweren Arbeiten (z. B. Gartenbau, Maurer) oder psychisch sehr anstrengenden Arbeiten (z. B. LehrerInnen, Pflegeberufe), das normale Rentenalter gar nicht erreicht. Wenn man später ohne Abschläge in seine flexible Rente gehen kann, aber früher geht, hat man weniger Rente. Und darum geht es. Das Gerede über die Flexi-Rente ist nichts anderes, als eine verdeckte Form der Rentenkürzung.

Der Rente droht derzeit von der CDU und der FDP noch eine weitere Gefahr. Anders, als zu Zeiten von Norbert Blüm, dem CDU-Sozialminister von 1982 bis 1998, dessen bekanntester Spruch lautete " Denn eins ist sicher: Die Rente", ist der Wahlspruch der CDU und der FDP heute "Mit Deiner Rente wollen wir zocken!".

Denn beide Parteien versuchen, die Umlagerente, die Blüm meinte und die wir heute beziehen, zu schwächen und durch eine Aktienrente zu ersetzen. Der unrühmlichste Versuch dazu war die Riesterrente, die vollständig geflopt ist, aber den Versicherungskonzernen ein neues Geschäftsfeld eröffnet hatte. Das Geschäft stagniert wegen Erfolglosigkeit für die Versicherten zurzeit und CDU und FDP haben sich deshalb ein neues Unterstützungsprogramm für Allianz und Co. ausgedacht.

Anfang November hat Lindners Bundesfinanzministerium die Aktienrente auf den Weg gebracht. Jetzt sollen Teile der Rentenbeiträge für den Ankauf von Aktien verwendet werden. Und aus den erwirtschafteten Renditen sollen dann Renten bezahlt werden. Jetzt mag sich mancher denken: Gute Idee. Dann werden die Renten von Zinsen bezahlt und nicht von meinen Rentenbeiträgen. Nu ja: Jetzt werden 100 € Rente durch 100 € Beitrag gezahlt. Bei einer Rendite von 10% (kann man in Inflationszeiten ja mal annnehmen) müsste der Rentenbeitragszahler 1000 € einzahlen, damit 100 € Rente gezahlt werden können. Logisch oder? Gut - nach 10 Jahren wäre ein Kapitalstock da.

Aber alle Länder, in denen es eine kapitalgestützte Rente gibt, haben gezeigt, dass die Rentner in der Krise dann auch keine Rente bekommen. Also ist die Rente dann auf jeden Fall nicht mehr sicher. Hinzu kommt, dass Lindner den ersten Ankauf der Aktien - die dann von einem Fonds verwaltet werden sollen - mit Krediten finanzieren will. Jeder Anlageberater sagt einem, dass es eine schlechte Idee ist, mit Krediten Aktien zu kaufen.

Die Versicherungswirtschaft erhofft sich so, die Akzeptanz für die Abkehr von der Umlagerente zu Pensionsfonds à la USA zu erhöhen. Und die Finanzwirtschaft kann Profite durch Kredite an den Staat und durch ihre Finanzdienstleitungen erwirtschaften. Und den Unternehmen bringt es unter Umständen billiges Kapital, das gar nicht groß mitreden will. Nur dem Rentner und dem Rentenbeitragszahler bringt es nichts. Und dem Steuerzahler bringt es höhere Steuern. Die Frage ist dann: Wem fühlen sich der Finanzminister und die Rentenpolitiker der CDU/FDP rechenschaftspflichtig? Den Rentnern und Steuerzahlern oder ihrer Klientel von den Finanzkonzernen. Ach übrigens: CDU-Vorsitzender Friedrich Merz war vor seinem CDU-Job Aufsichtsratsvorsitzender von Blackrock Deutschland, des größten aller Finanzkonzerne. [jdm]

Import fossiler Bennstoffe aus Russland

https://www.russiafossiltracker.com/, Globale Importe von fossilen Brennstoffen aus Russland

Als Außenministerin Annalena Baerbock in Indien auf Staatsbesuch weilte, traute sie sich nicht, Indien zur Unterstützung der Sanktionen gegen Russland aufzufordern. Sie wusste, sie würde ein Abfuhr bekommen.

Der ZDF-Korrespondent Andreas Kynast wusste zu berichten: »Belehrungen über Russland nerven Indiens Führung“. Die ARD-Korrespondentin Sibylle Licht war aber vom europäischen Sendungsbewusstsein erfüllt und fragte Außenminister Jaishankar auf der Pressekonferenz: „Indien hat die Einfuhr von russischem Öl ausgeweitet – eine völlig entgegengesetzte Position zu den europäischen Sanktionen. Werden Sie Ihre Haltung während der G20-Präsidentschaft ändern?“

Der indische Außenminister reagierte scharf: „Was Ihre Frage zu den Importen fossiler Brennstoffe aus Russland betrifft, so sollten wir zunächst die Fakten klarstellen. Die Europäische Union hat zwischen dem 24. Februar und dem 17. November mehr fossile Brennstoffe aus Russland importiert als die nächsten zehn Länder zusammen. Um einen Vergleich mit Indien zu ziehen: Die Ölimporte der Europäischen Union sind etwa sechsmal so hoch wie die indischen Importe, Gas wird unbegrenzt importiert, während wir keine Importe tätigen, aber die Europäische Union Importe im Wert von 50 Milliarden Euro getätigt hat. Selbst die Kohleimporte der Europäischen Union aus Russland – ich will hier kein bestimmtes Land herausgreifen – liegen 50 Prozent über den indischen Importen.“

https://www.russiafossiltracker.com/
Importe fossiler Brennstoffe aus Russland Einzelländer

Auf https://www.russiafossiltracker.com/ kann man diese Zahlen nachlesen, worauf auch Jaishankar hinwies. Global wurden an Russland 245 Milliarden € für Öl, Gas und Kohle bezahlt, davon von der EU 121 Mrd. Euro. Nach China ist Deutschland der größte Einzel-Importeur von fossilen Brennstoffen aus Russland. Sogar die Niederlande (17,53 Millionen Menschen) beziehen mehr fossile Brennstoffe aus Russland als Indien (1,393 Milliarden Menschen). Allerdings haben diese direkten Importe der EU-Staaten eine abnehmende Tendenz.

Deutschland bezieht auch weiterhin Gas aus Russland, aber nicht mehr direkt und kostengünstig und auf relativ umweltfreundliche Art per Pipeline, sondern als teures und klimaschädliches Flüssigerdgas über niederländische und belgische Häfen.

Der Welt ist schon klar, dass die EU und Deutschland gern über moralische Werte reden, aber ihnen letztlich egal ist, woher sie was bekommen, wenn eigene Interessen berührt sind. [jdm]

So ändern sich die Zeiten: Grüne jetzt auch für CETA – Am Donnerstag soll Bundestag beschließen

In zwei Tagen will die Ampelkoalition CETA, das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, ratifizieren. Die meisten Grünen waren – als sie noch in der Opposition waren – gegen CETA. Nun regieren sie gemeinsam mit FDP und SPD und handeln Kompromisse aus. Parlamentarisch ist CETA in Deutschland somit nicht mehr aufzuhalten.

Bislang wird CETA nur vorläufig angewandt, also ohne die Paralleljustiz durch private Schiedsgerichte und die undemokratischen CETA-Ausschüsse. Erst wenn alle Mitgliedsstaaten den Vertrag unterschrieben haben, treten diese in Kraft. Derzeit fehlen außer Deutschland noch elf weitere Länder, sowie die EU und Canada.

Vor zwei Wochen hat der irische Oberste Gerichtshof entschieden, dass die Ratifizierung von CETA verfassungswidrig ist. Laut dem Gericht verletzen die Investorengerichte die Souveränität, die Unabhängigkeit und die Funktion der eigenen irischen Gerichte. Das Gericht hielt aber auch fest: Wenn das Parlament das irische Gesetz zu Schiedsgerichten in einer bestimmten Weise ändert, darf CETA doch verabschiedet werden.

Die EU Kommission verhandelt – auf Initiative der Bundesregierung – derzeit mit Kanada eine Interpretationserklärung in Bezug auf die Schiedsgerichte in CETA. Ein Ziel dieser Erklärung ist, die möglichen Klagegründe für Konzerne einzuschränken. Vor allem der „Schutz“ der Investoren vor indirekter Enteignung (Annex 8-A CETA) und ihre gerechte und billige Behandlung (Artikel 8.10.2 CETA), wurden bislang oft von Schiedsgerichten benutzt, um Konzernen Milliardenzahlungen als Schadenersatz zuzusprechen.

Die finale Formulierung liegt noch nicht vor, aber in der letzten veröffentlichten Version werden die Klagegründe zwar nicht abgeschafft, aber deutlich eingeschränkt. Die Erklärung soll vom gemeinsamen CETA-Ausschuss verabschiedet werden. Prof. Markus Krajewski schätzt die Rechtsverbindlichkeit dieses Vorgehens so ein: „Beschlüsse des Gemischten Ausschusses sind gleichwohl völkerrechtlich verbindlich und daher von den CETA-Gerichten nicht nur als bloße unverbindliche Auslegungshilfen zu berücksichtigen, sondern als verbindlich zu beachten. Es handelt sich der Form nach somit um eine verbindliche Vertragsauslegung.“

Fazit: Schiedsgerichte werden nicht abgeschafft, dazu wären Neuverhandlungen von CETA notwendig, aber es gibt weniger Mißbrauchsmöglichkeiten. ­

Die Ratifizierung im Bundestag soll in zwei Tagen stattfinden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass bis heute keine verbindlichen Entwürfe vorliegen. Entweder werden sie mit heißer Nadel gestrickt oder zurückgehalten. Der völlig unnötige Termindruck verhindert demokratische Kontrolle.­

Wenn die Unterlagen vorliegen, will der Verein Mehr Demokratie e.V. laut einer Pressemitteilung von heute "unter Hochdruck entscheiden, ob wir eine erneute CETA Verfassungsbeschwerde einreichen oder nicht." [Mehr Demokratie e.V./jdm]

Veranstaltungen der Emsland GmbH

Am Mittwoch, 7. Dezember, von 18.30 bis 19.45 Uhr findet eine kostenfreie Informationsveranstaltung als Online-Seminar zum Thema „Der Weg in die Selbständigkeit“ statt, zu dem Existenzgründer und Existenzgründerinnen herzlich eingeladen sind.

Die Emsland GmbH lädt Interessierte zu einem Seminar zum Thema „Nebenberufliche Selbständigkeit“ am Donnerstag, 8. Dezember, von 16 bis 21.30 Uhr ins Meppener Kreishaus I, Ordeniederung 1, ein. Neben einer Anstellung, in einer Phase der Arbeitslosigkeit oder in der Familienzeit kann es attraktiv sein, nebenberuflich eine Selbständigkeit aufzubauen. Das Ziel kann dabei beispielsweise sein, sich beruflich neu zu orientieren, die Einkünfte aufzubessern oder eine Geschäftsidee am Markt zu testen. Die Teilnahmegebühr einschließlich Unterlagen beträgt 25 Euro.

Die Emsland GmbH bietet ab Freitag, 9. Dezember, bis Sonntag, 11. Dezember, jeweils von 9 bis 17 Uhr einen Buchführungskursus im Meppener Kreishaus I, Ordeniederung 1, an. Der praxisbezogene Workshop soll Existenzgründer befähigen, die einfache Buchführung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen zu können. Die Teilnahmegebühr einschließlich Unterlagen und Zertifikat beträgt 75 Euro.

Eine Anmeldung zu den o.g. Veranstaltungen ist erforderlich und wird von der Emsland GmbH online im Veranstaltungskalender unter https://www.emslandgmbh.de/veranstaltungen entgegen genommen. Weitere Informationen sind unter der Telefonnummer 05931 4939602 erhältlich. [Landkreis Emsland]

Deutschland will aus Energiecharta-Vertrag austreten

Letzten Freitag teilten Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP mit, dass Deutschland aus dem Energiecharta-Vertrag (ECT) aussteigen wird. Für die Organisationen, die sich dem Klimaschutz verschrieben haben, ist diese Entscheidung ist ein Meilenstein für den Klimaschutz, einer der größten Bewegungserfolge der letzten Jahre und ein wichtiger Sieg über das veraltete System der privaten Schiedsgerichte (Newsletter Umweltinstitut München). 

Nach Jahren des Protests und über 15 gescheiterten Modernisierungsversuchen beschloss die Bundesregierung, sich der Austrittswelle anzuschließen und bereits in 14 Tagen den Vertrag zu kündigen. In den vergangenen Wochen hatten bereits Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich, Spanien und Slowenien angekündigt, den Energiecharta-Vertrag zu verlassen.

Konzerne wie Uniper, RWE oder Vattenfall haben den ECT in den vergangenen Jahren für teilweise milliardenschwere Klagen gegen Staaten genutzt, die aus fossilen Energien aussteigen oder höhere Umweltschutzstandards einführen wollten. Alleine in Deutschland schützt der Vertrag fossile Investitionen in Höhe von über 54 Milliarden Euro und gilt damit als eine große Gefahr für die Energiewende und die Demokratie. [Newsletter UIM/jdm]

Teilabschaffung der Merit-Order würde Strompreisexplosion stoppen – Strompreisdeckel senkt Stromrechnung nicht wirklich

Die EWE nimmt derzeit in der Grundversorgung für 1 kWh Strom 53,88 Cent (bis 64 kWh), bzw. 37,87 Cent (ab 65 kWh). Die Herstellung von Strom kostete vor Beginn der Erdgasverknappung (Quelle):

  • Wind (Onshore) rund 6 Cent/kWh
  • Wind (Offshore) rund 10 Cent/kWh
  • Photovoltaik (Kleinanlage) rund 7 Cent/kWh
  • Photovoltaik (Großkraftwerk) rund 5 Cent/kWh
  • Kernenergie rund 8 Cent/kWh
  • Braunkohle rund 6 Cent/kWh
  • Steinkohle rund 10 Cent/kWh
  • Erdgas rund 10 Cent/kWh

Diese Kosten machen 40% des Endpreises aus, es kommen 40% Steuern und Abgaben hinzu, sowie 20 % für Transport und Netzkosten, so dass z. B. der Offshore-Windstrom letztlich 25 Cent kostet.

Außer bei Gas haben sich die Herstellungskosten kaum geändert. Strom aus Erdgas macht nur ca. 5 % des gesamten Stroms aus. Woher kommen denn dann die hohen Stromkosten?

Das liegt an der sogenannten Merit-Order an den Strombörsen, die einmal eingeführt wurde, um Ökostrom attraktiv zu machen. Der Strom wird in der Reihenfolge der zusätzlichen Herstellungskosten (Grenzkosten) der Kraftwerksbetreiber ins Netz eingespeist – so lange, bis der momentane Bedarf gedeckt ist. Zuerst sind dies Wind- und Solar-Kraft, dann kommen Kernenergie und Braunkohle und als Letztes kommt Gas, da hier die Zusatzkosten am höchsten sind. Das ist vernünftig und nachvollziehbar.

Die Merit Order besagt aber, dass sich der Preis für den gesamten Strom stets nach dem Kraftwerk richtet, das als letztes zugeschaltet wurde; also dem Kraftwerk, das die höchsten Kosten hat. Und dies sind so gut wie immer Gaskraftwerke. Der gesamte Strom wird also zum Grenzkostenpreis der Gaskraftwerke verkauft – auch der eigentlich viel preiswertere Strom aus regenerativen Energien und die großen Grundlastmengen, die aus Braunkohle und Kernenergie erzeugt werden.

Da Frankreich Probleme mit den Atomkraftwerken hat und die Wasserkraftwerke zu wenig Wasser hatten, wurde in letzter Zeit mehr Gas als üblich für die Stromerzeugung gebraucht. Immer noch wenig, aber es reicht, um über die Merit-Order den Strompreis in ungeahnte Höhen zu treiben. Die Stromproduzenten, auch Kohle- und Atomstromproduzenten, verdienen daran richtig gut, aber der Staat auch.

Den Strompreisdeckel, der ab Januar eingeführt werden soll, würde man gar nicht brauchen, wenn die Merit-Order (vorübergehend) abgeschafft würde oder wenn der Gaspreis aus der Merit-Order-Regel herausgenommen würde und die Erzeuger von Strom aus Erdgas über eine Umlage ihre Kosten ersetzt bekämen.

Dann gäbe es die Übergewinne der Stromkonzerne nicht, der Staat würde die übermäßigen Steuern aus dem Stromverkauf nicht einnehmen und der Strompreis bliebe auf dem jetzigen Niveau. Der Strompreisdeckel lässt den Konzernen ihre Krisengewinne, indem der Staat einen Teil der erhöhten Stromkosten der Bürger übernimmt und an die Konzerne ausschüttet. Der Strompreisdeckel hilft den Stromkunden nur zum Teil, weil er nur für einen Basisbedarf gilt. Außerdem bekommt der Millionär in seiner Villa die staatliche Hilfe für die 80 % seines hohen Verbrauchs, so wie der Niedrigverdiener für die 80 % seines niedrigen Verbrauchs. Letzterem treibt der Preis von 40 Cent bis zum Deckel schon den Angstschweiß auf die Stirn.

Land & Forst berichtete gestern, dass die Strompreise auf den Spotmärkten zum Teil dramatisch gesunken seien. Dies ist aber wohl eine kurze Episode, weil es nur kurzfristig ein Überangebot an Gas gab, die Versorgungsprobleme bei Gas aber nicht gelöst sind. [jdm]

Energiecharta-Vertrag: Unternehmen erklagen per Sonderjustiz Milliardensummen vom Staat

Rechtsgutachten zum ECT

Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ist ein internationales Handelsabkommen, das ausländische Investoren im Energiesektor schützt. Es räumt Unternehmen die Möglichkeit ein, Regierungen im Rahmen des Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahrens (ISDS) zu verklagen, wenn diese ihre Gewinne beeinträchtigen, einschließlich klimapolitischer Maßnahmen. Am 24. Juni 2022 wurde eine Grundsatzvereinbarung über die Reform des ECT geschlossen. Die Vertragsparteien haben nun bis zum 22. November 2022 Zeit zu prüfen, ob sie die Ergebnisse annehmen oder aus dem Vertrag austreten wollen.

Zwei Beispiele verdeutlichen die Gefahren des Schutzes fossiler Brennstoffe bis mindestens 2034: Um ihre Verpflichtungen aus dem Pariser-Abkommen zu erfüllen, haben die Niederlande 2019 beschlossen, bis Ende 2030 aus der Kohleverstromung auszusteigen. Anfang 2021 haben zwei Kohleunternehmen, Uniper und RWE, Klagen auf Entschädigungen in Höhe von insgesamt ca. 2,4 Milliarden Euro eingereicht, d. h. sie haben die Entscheidung beinahe zehn Jahre, bevor sie in Kraft treten sollte, angefochten.

In Deutschland haben die deutschen Braunkohleunternehmen RWE und LEAG erhöhte Entschädigungen für den Kohleausstieg erhalten, weil sie mit der Bundesregierung vereinbart hatten, nicht unter dem ECT zu klagen. Der deutsche Kohleausstieg wird zwar erst im Jahr 2038 erfolgen, doch die Unternehmen konnten die Möglichkeit einer
Klage nach dem ECT nutzen, um bereits jetzt erhöhte Entschädigungen zu erhalten.

Das Umweltinstitut München e.V. hat die Grundsatzvereinbarung analysiert und ist zu den folgenden Schlussfolgerungen gekommen: Die Reform des Investitionsschutzes ist unzureichend, um es den Ländern zu ermöglichen, Paris-kompatible Klimamaßnahmen zu ergreifen: Vermögenswerte aus fossilen Brennstoffen sind weiterhin zu lange geschützt; Investorenrechte bleiben sehr weit gefasst; keine Reform des umstrittenen Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahrens (ISDS).

Die Ausweitung auf neue Technologien erhöht das Risiko von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Übergang zu 100 Prozent erneuerbarer Energien. Die Unterzeichnung der Reform würde einem gefährlichen Abkommen neues Leben einhauchen und es wahrscheinlich machen, dass neue Länder beitreten. Für Länder des globalen Südens ist der Beitritt zum ECT mit erheblichen Risiken für eine nachhaltige Entwicklung verbunden.
Ein koordinierter Rückzug verringert im Vergleich zum Verbleib im reformierten ECT das Gesamtrisiko, vor privaten Schiedsgerichten verklagt zu werden.

Mehrere Länder verkündeten den Ausstieg aus dem ECT, darunter Polen, Spanien, die Niederlande, Frankreich und zuletzt Slowenien. Und alle fragen sich: Wo bleibt Deutschland? Der Energiecharta-Vertrag blockiert die Energiewende, behindert wirksamen Klimaschutz und kostet Deutschland Milliarden an Steuergeldern. Ein Rechtsgutachten des Umweltinstituts München zeigt: Der ECT ist nicht nur klimaschädlich und teuer, sondern verstößt auch gegen geltendes Unionsrecht. [Newsletter Umweltinstitut München/jdm]

Die Welt sagt Nein zur US-Blockade gegen Kuba – und trotzdem …

In einer Rede vor der Uno-Vollversammlung hat Kubas Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla bei der Vorstellung des Resolutionsentwurfs A/77/L.5 mit dem Titel „Notwendigkeit der Beendigung der von den Vereinigten Staaten von Amerika gegen Kuba verhängten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade", am 3. November 2022 aufgelistet, was die US-Blockade, die seit 60 Jahren besteht, für Kuba bedeutet.

Die UN-Vollversammlung votierte nahezu komplett für die Aufhebung der US-Blockade gegen Kuba. 185 der 193 UN-Mitgliedsländer, auch Deutschland, unterstützten eine von der sozialistischen Inselrepublik vorgelegte Resolution, die damit eine Stimme mehr als im Vorjahr erhielt. Nur die USA und Israel stimmten dagegen, die Ukraine und das bis zum Jahresende noch von dem am Sonntag abgewählten rechten Präsidenten Jair Bolsonaro regierte Brasilien enthielten sich. Vier Länder hatten nicht an der Abstimmung teilgenommen.

Die Blockade durch die USA bedeutet nicht einfach, dass die USA ihre Beziehungen zu Kuba eingefroren haben, was ja ihr Recht wäre, sondern die USA verhängen Sanktionen gegen alle Firmen und Staaten, die mit Kuba Handel treiben. So hat z. B. nach 26 Jahren ununterbrochener Arbeit die deutsche Gruppe Continental Reifen Deutschland GmbH beschlossen, ihre Beziehungen zur Unión Cuba Petróleo (CUPET) zu beenden. Mehr als zwölf Millionen Dollar verliert das Land jeden Tag durch die US-Blockade. [jdm]

Inflation betrifft Arme mehr als Reiche

Die Inflation stieg im September 22 für alle Haushalte in Deutschland auf durchschnittlich 10,0 Prozent. Einkommensschwache Familien und Alleinlebende mit niedrigem Einkommen erleben eine höhere Inflation.

„Gemessen an den für diese Haushaltstypen repräsentativen Warenkörben trugen Familien mit niedrigem Einkommen im September eine Inflationsbelastung von 11,4 Prozent, bei ärmeren Singles waren es 10,8 Prozent.“ Das ist einer Pressemitteilung über den IMK Inflationsmonitor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der monatlich die spezifischen Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen liefert, entnommen.

Bei den „Warenkörben“ werden die Preise der von den Haushalten typischerweise gekauften Waren berechnet. Bei Haushalten mit niedrigem Einkommen schlagen vor allem die überdurchschnittlich hohen Inflationsraten für Energie (43,9 %) und Nahrungsmittel (18,7 %) zu Buche, denn etwas anderes kaufen diese Haushalte kaum.

Der Warenkorb von besser Verdienenden besteht auch aus vielen Konsumgütern (Autos, Bekleidung, Restaurant- und Theaterbesuche, Schmuck, Pauschalreisen, usw.). Sie erlebten nur eine Inflationsrate von etwa 4,6 %.

Dass Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen aktuell auch noch besonders hohe Inflationsbelastungen tragen, wird nach Auffassung der Hans-Böckler-Stiftung dadurch verschärft, dass vor allem Ärmere grundsätzlich besonders unter starker Teuerung leiden. Die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, seien kaum zu ersetzen. Zudem besitzen diese Haushalte kaum Spielräume, ihr Konsumniveau durch Rückgriff auf Erspartes aufrecht zu erhalten. Umso wichtiger sind nach Analyse von Dr. Silke Tober und Prof. Dr. Sebastian, die den Monitor erstellen, die Stabilisierung von Einkommen und die staatliche Entlastungspolitik.

Die Schere zwischen arm und reich, die durch die Steuerpolitik, die die Vermögenden in diesem Land schont, schon größer wurde, wird durch die Inflation noch einmal weiter gespreizt. [jdm]

Bundesregierung will nicht sagen, was sie über die Pipeline-Anschläge weiß

Nach einem Bericht der Berliner Zeitung vom 16.10.2022 verweigert die Bundesregierung Informationen zu den Anschlägen auf die Nordstream-Pipelines. Die Bundestagsabgeordnete Sarah Wagenknecht hatte das Wirtschafts- und das Außenministerium nach Erkenntnissen vor und nach den Explosionen gefragt.

Dass es sich um Anschläge handelte, darüber sind sich alle einig. Von Nato-Politikern und in westlichen Medien wird Russland als Verursacher genannt, auch wenn sich kaum erschließt, was damit bezweckt sein könnte.

Das Wirtschaftsministerium teilte mit, dass bisher noch nichts unternommen wurde, um die Anschläge zu untersuchen. „Bisher ist es nicht möglich, Untersuchungen vor Ort anzustellen, deshalb liegen der Bundesregierung auch keine belastbaren Informationen zu den möglichen Ursachen des Angriffs vor“, schreibt das Ministerium in seiner Antwort, die der Berliner Zeitung vorliegt. Auf die Frage, ob es vorher Warnungen gegeben habe und Maßnahmen ergriffen wurden, heißt es ausweichend, man könne Tausende Kilometer Leitungen nicht vollumfänglich sichern.

Und dann heißt es, dass man aus Gründen des Staatswohls auch nicht bereit sei – auch dem Geheimdienstausschuss des Bundestages nicht – mehr zu sagen. Denn Informationen anderer Geheimdienste unterlägen nach der „Third-Party-Rule“ für die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste besonders strengen Geheimhaltungsauflagen.

Die Berliner Zeitung zitiert weiter: „‚Die erbetenen Informationen berühren somit derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht überwiegt und das Fragerecht der Abgeordneten ausnahmsweise gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen muss.’ Im Klartext: Es gibt vermutlich Erkenntnisse, die die Bundestagsabgeordneten aber nicht erfahren dürfen.“

Wieder einmal stellt sich die Frage, wieso es zulässig sein soll, dass sich in einer Demokratie die Regierung über das Parlament stellt. Und inhaltlich stellt sich die Frage, was denn so staatswohlgefährdend sein soll. Wenn Russland tatsächlich Verursacher des Anschlags wäre, dürfte diese Erkenntnis kaum das deutsche Staatswohl gefährden. Anders sieht es aus, wenn deutsche Stellen oder militärische oder geheimdienstliche Stellen der Nato-Verbündeten den Anschlag ausgeführt haben. Dann dürfte allerdings das Staatswohl nicht durch die Veröffentlichung der Täter gefährdet sein, sondern eher durch die Taten selbst. Die Bundesregierung möchte einfach nicht öffentlich sagen, dass verbündete Staaten den Anschlag auf die deutsche Energieversorgung durchgeführt haben.

Es wird also – wie wir schon am 28.09.2022 geschrieben haben – für immer ein (offenes) Geheimnis bleiben, dass die USA hinter dem Anschlag stecken. [jdm]

Obst nicht verkommen lassen, sondern verschenken

In vielen Gärten sieht man Obst, das offensichtlich nicht geerntet, bzw. verzehrt wird. Da auch Bedürftige aus Wippingen und der Samtgemeinde zur Tafel nach Dörpen kommen, läge es nahe, dass auch Wippinger ihr nicht genutztes Obst der Tafel zur Verfügung stellen. (Natürlich kann man auch direkt vor Ort Obst an Interessierte abgeben.)

Die Tafel kann allerdings keine Leute zur Ernte schicken - die Anbieter müsste das Obst bereitstellen. Es muss nicht wie im Werbeprospekt aussehen, aber Würmer sollten nicht drin sein; Fallobst mit entsprechenden Schadstellen sollte auch nicht angeboten werden, weil sich daran Schimmel bilden kann, der sich in Kisten auf anderes Obst ausbreiten könnte.

So sind schnell einige Kisten von Äpfeln oder Birnen für die Tafel Papenburg (mit Nebenstelle Dörpen) zusammengestellt. Bei Fragen gibt Frau Naujok, 04961-66078-166, von der Tafel in Papenburg Infos. [HM]