In einem Newsletter der Organisation „Gemeingut in BürgerInnenhand“ (GiB) wird auf lebensgefährliche Situationen und vermeidbare Todesfälle, die nur deshalb zustande kommen, weil ein wohnortnahes Krankenhaus geschlossen wurde, hingewiesen. Zwei Beispiele der letzten Wochen aus Baden-Württemberg seien:
- Ein Patient auf dem Land kommt in die Hausarztpraxis. Er hat heftige Bauchschmerzen. Es besteht dringender Verdacht auf Blinddarmentzündung. Bis vor drei Monaten hätte er noch im örtlichen Krankenhaus versorgt werden können. Jetzt muss er ins 40 Kilometer entfernte nächste Krankenhaus mit Allgemeinchirurgie gebracht werden. Unterwegs perforiert der Blinddarm.
- Eine Patientin wird morgens von ihrer Katze gebissen. Abends schmerzt die Wunde stark, und Fieber kommt dazu. Das Zentralklinikum ist 45 Minuten entfernt. Es fährt kein öffentlicher Personennahverkehr mehr, der Ehemann hat bereits drei Bier getrunken und möchte nicht mehr fahren. Am nächsten Morgen ist die Patientin bewusstlos im septischen Schock. Sie hat eine schwere Blutvergiftung.
Oft seien es ganz alltägliche Unfälle und Erkrankungen, die lebensgefährlich würden. In den geschilderten Fällen sei glasklar: Ein wohnortnahes Krankenhaus hätte die Gefahr abwenden können. Ambulante Alternativen helfen hier nicht weiter. Sepsis, Koma oder Gasbrand könnten die Folge ganz alltäglicher Missgeschicke sein, zum Beispiel ein Sturz von der Treppe, ein Fahrradunfall oder eine kleine Verletzung. All diese Fälle eine, dass eine sofortige Versorgung unabdingbar sei. Auch bei einem Herzinfarkt muss die Erstversorgung unverzüglich erfolgen und nicht erst in einigen Stunden, nach langer Fahrt zum Zentralkrankenhaus. Das alles könne eine wohnortnahe ambulante Einrichtung nicht leisten. Denn sie sei eben nicht 24 Stunden erreichbar und mit allen notwendigen Geräten ausgestattet.
Trotzdem wollten Gesundheitsminister Lauterbach, seine Regierungskommission und Lobbyorganisationen wie die Münch-Stiftung weismachen, dass Ambulantisierung die Lösung für alle Probleme sei. Tatsächlich aber führten die Vorschläge der Kommission zum Abbau der Kapazitäten: Die Krankenhäuser sollen weniger Geld bekommen, damit sie gezwungen sind, das Personal zu reduzieren. Lauterbach halte 25 Prozent aller heutigen stationären Behandlungen für ambulant leistbar. Die geplanten Streichungen würden vor allem die schon jetzt unter Finanznot leidenden ländlichen Krankenhäuser der Allgemeinversorgung treffen. Auch Geburtskliniken und Kinderstationen sollen ausgedünnt werden. Die Schließungslobby strebe an, Geburtsstationen an Zentralkliniken zu konzentrieren, die auch über eine Frühgeborenenstation verfügten.
GiB ruft deshalb auf, schlechte Erfahrungen wegen unzureichender Krankenhausversorgung oder aktuelle Beispiele aus dem Umfeld, wo Menschenleben in Gefahr waren, weil die Gesundheitsversorgung nicht funktioniert, an GiB zu melden. GiB sammelt die Fälle und stellt sie anonymisiert in einem bundesweiten Ticker der Presse zur Verfügung. Außerdem sollen sie in den sozialen Medien veröffentlicht werden, denn die Folgen der verantwortungslosen Politik von Lauterbach und seinen MinisterkollegInnen in den Ländern müssten bekannt werden.
Schreiben Sie eine E-Mail mit dem Betreff „Ticker Krankenhaus-Kahlschlag“ an info@gemeingut.org. Beschreiben Sie, wie und wo der Vorfall stattgefunden hat und warum ein wohnortnahes Krankenhaus oder eine ausreichende Notfallversorgung einen Unterschied gemacht hätte. Geben Sie an, ob die Geschichte anonymisiert für die Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden darf.
Es sei dringend nötig, den Protest gemeinsam aufzubauen und so auf die Krankenhausreform Einfluss zu nehmen, sonst werde eine drastische Verringerung der Zahl der Krankenhausstandorte bald gesetzlich vorgeschrieben – eine folgenschwere politische Entscheidung für die nächsten Jahrzehnte. [Newsletter GiB/jdm]