Niedersachsen setzt das von der Umweltministerkonferenz beschlossene Schnellabschussverfahren für Wölfe als erstes Bundesland jetzt konkret um. „Um die Akzeptanz für den Wolf zu erhalten, müssen wir im Einzelfall, wo Wölfe wiederholt Probleme machen, zum Schutz der Weidetiere handeln und zwar schnell. Daher wenden wir jetzt erstmals das neue Schnellabschussverfahren an“, so Umweltminister Christian Meyer in einer Pressemitteilung.
Am vergangenen Wochenende ist es in der Region Hannover zu einem Nutztierriss gekommen, bei dem ein Rind getötet wurde. Dabei handelt es sich mit hinreichender Sicherheit um einen Wolf als Verursacher. Aufgrund wiederholter Nutztierrisse in dem betreffenden Gebiet ist erstmalig in Niedersachsen geplant, eine Ausnahmegenehmigung für die Wolfsentnahme nach dem sogenannten Schnellabschussverfahren zu erlassen. Die Ausnahmegenehmigung soll ab Dienstagabend gelten. Für eine Dauer von 21 Tagen und im Abstand von 1000 Metern um das aktuelle Rissgeschehen herum kann somit ein Wolf, der zum Rissort zurückkehrt, rechtsicher entnommen werden.
Das getötete Rind war Teil einer Herde mit rund 30 erwachsenen Heckrindern und einem Jungbullen. Damit war ein ausreichender Schutz durch die Herde nach der Richtlinie Wolf gegeben. Seit September 2023 kam es in dem betreffenden Gebiet mehrfach zu Rissen an Rindern, welche einem Wolfsterritorium zugeordnet werden können. Der aktuelle Riss wäre somit der fünfte Riss innerhalb von neun Monaten, womit aus Sicht des Landes die Kriterien für einen Schnellabschuss erfüllt sind.
Die Umweltministerkonferenz hatte Anfang Dezember einstimmig ein Schnellabschussverfahren auf den Weg gebracht. Danach wird in Gebieten mit überdurchschnittlich häufigen Wolfangriffen auf gut geschützte Nutztiere ein Abschuss für 21 Tage im Abstand von 1000 Metern um die konkrete Weide ohne Abwarten einer DNA-Probe erlaubt. Sowohl die EU-Kommission als auch der Bund hatten die Rechtmäßigkeit des neuen Verfahrens bestätigt, da laut Studien eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, an der betroffenen Weide die den Schaden verursachenden konkreten Wölfe zu entnehmen. [PM/jdm]
Das Thema Wölfe hat sich in Wippingen etwas beruhigt. Es werden zwar immer wieder Nutztierrisse bekannt, aber letztlich verlässt man sich bei der Betrachtung, wie viele Wölfe es gibt, auf sein subjektives Gefühl.
Das Wolfsmonitoring soll eigentlich belastbare Zahlen ergeben, wie sich die Wolfspopulation entwickelt. In Niedersachsen gab es im 2. Quartal 2023 laut Quartalsbericht der Landesjägerschaft 2194 Meldungen, aber als bestätigte Meldungen können nur 814 Fälle (37,11%) gelten.
Am häufigsten wurden mit 41,98 % (n=921) Fotofallenaufnahmen gemeldet. Mit 24,79 % (n=544) machten Sichtungen den zweithäufigsten Meldungstypus aus. Dokumentierte Losungsfunde waren mit 16,41 % (n=360) vertreten. Nutztierrisse (4,51 %; n=99), Wildtierrisse (7,84 %; n=172), Fährten (2,51 %; n=55), Sonstige (0,32 %; n=7), Totfunde (0,77 %, n=17), Heulen (0,82 %, n=18) und Haare (0,05 %; n=1) machten den Rest der Meldungen aus.
Der größte Teil der Meldungen (54,92 %) kam von Jagdscheininhabern und sie lieferten auch 83,84 % aller C1-Nachweise, also Meldungen mit definitiven Wolfsnachweisen.
Seit Beginn des Wolfmonitorings im Jahr 2011/2012 stiegen die Meldungen von Null auf 4000 im Jahr 2019/2000. Im abgelaufenen Jagdjahr 2022/2023 sind es über 8000 Meldungen. Im Laufe der Jahre ist der Anteil der bestätigten Sichtungen von anfangs nur etwa 15 % auf ca. 50 % gestiegen. Unbestätigte Meldungen haben abgenommen.
Meldungen wegen Nutztierrissen machen 6,13% und wegen Wildtierrissen machen 5,76 % aus.
Zum Abschluss des II. Quartal 2023 können 48 Wolfsterritorien in Niedersachsen bestätigt werden: 42 Wolfsrudel, 4 Wolfspaare und 2 residente Einzelwölfe. Für 25 der 42 Wolfsrudel steht der Rudelnachweis aktuell noch aus. Für das Emsland werden derzeit zwei Rudel in Meppen und Herzlake angenommen, wobei der Status noch nicht bestätigt ist. In Nordhorn wird nur noch ein Einzelwolf vermutet. Insgesamt werden in Niedersachsen somit 300 Wölfe vermutet.
Im II. Quartal 2023 wurden 99 Übergriffe auf Nutztiere im Rahmen des Monitorings dokumentiert. Es wurden insgesamt 158 Tiere getötet, 54 verletzt und 27 gelten als verschollen. Von den insgesamt 99 gemeldeten Übergriffen wurde in 55 Fällen der Wolf amtlich als Verursacher festgestellt Dabei wurden insgesamt 120 Nutztiere vom Wolf getötet, 39 verletzt und 21 gelten als verschollen. In 37 Fällen waren Schafe Ziel der Wolfsrisse und in 10 Fällen Rinder. Im Emsland wurden 4 Fälle von Nutztierrissen bekannt.
Eine genauere Untersuchung der Nahrungszusammensetzung von Wölfen erfolgte von 2009 bis 2019 im Land Brandenburg (Lippitsch et al. 2021). Bei einem Beutebedarf von 3 kg pro Tag würde ein Wolf rechnerisch 1095 kg an Beute im Jahr benötigen, womit sich bei einem Rehanteil von 50 % etwa 55 Rehe ergeben würden. Wird wiederum von einem Bestand an ausgewachsenen Wölfen von 300 in Niedersachsen ausgegangen, so ergibt sich ein Rehwildanteil von 16.500 Tieren an der Beute in Niedersachsen. Hier liegt ein auffälliger Unterschied zu den tatsächlich im Monitoring genannten 172 Wildtierrissen im letzten Quartal.
Jäger begründen diesen Unterschied damit, dass es kaum möglich sei, alle Risse wirklich zu finden. Es scheint auch so zu sein, dass Jäger ihre Meldungen zum Abschussplan zwar entsprechend den gesetzlichen Vorgaben machen, aber beim Wolfsmonitoring die Risse durch den Wolf nicht gemeldet werden; möglicherweise auch, weil die Jäger irrigerweise glauben, dass Meldungen zum Abschussplan automatisch mit dem Wolfsmonitoring verbunden sind.
Aber auch bei den Meldungen zum Abschussplan werden nur etwa 3000 Meldungen als „sonstiges Fallwild“ verzeichnet; viel zu wenig im Vergleich zu den theoretisch erechneten Zahlen.
Das Nahrungsangebot für die Wölfe durch den Rehbestand scheint also riesig zu sein, wenn ein solcher Schwund an Rehen sich bei den Meldungen durch die Jäger nicht niederschlägt. Wölfe gehen dort hin, wo sie Nahrung finden. Ein hoher Rehbestand ist ein Anreiz für die Wölfe, sich in einem Gebiet anzusiedeln. Die Anzahl der Rehe hat in Deutschland kontinuierlich zugenommen. Modellrechnungen gehen davon aus, dass dies auch so weiter geht. Der Nabu spricht davon, dass der Rehbestand in Deutschland durch die jagdlich orientierte Hege unnatürlich überhöht ist und für den Waldnaturschutz sowie die naturnahe Forstwirtschaft ein erhebliches Problem darstellt.
Wer den Wolfsbestand reduzieren will, sollte also zunächst den Rehbestand reduzieren. Rehe sind übrigens nicht nur Wolfsfutter, sondern sie verursachen viele Verkehrsunfälle und Waldschäden.
Wenn die Jägerschaft den Schalenwildbestand reduzieren würde, könnten die Nutztiere möglicherweise zunächst verstärkt in den Fokus der Wölfe gelangen. Das wäre aber zeitlich begrenzt und das Ergebnis wäre letztlich die erwünschte natürliche Reduzierung der Wolfspopulation. [jdm/HM]
Am letzten Freitag, bei Schnee und Kälte, waren Reporter von Kabel eins in Wippingen unterwegs, um sich ein Bild von der jetzigen Situation vor Ort zu machen. Es wurden einige Betroffene interviewt und der LsV (Land schafft Verbindung) war, wie bei der Demo im Juni 2021, mit seinen Traktoren und Bannern auf dem Schützenplatz.
In der Reportage wird gezeigt, dass immer mehr Wölfe sich Siedlungen nähern und es in Deutschland keinen vernünftigen politischen Plan gibt, wie man mit der Situation umgeht. Es soll aufklären und darstellen, dass es einen Weg geben muss, zwischen dem Schutz des Wolfes und dem Schutz der Bevölkerung. [Silvia Klaas]
Der Fernsehsender Kabel eins dreht morgen in Wippingen für einen Bericht über die Wolfsproblematik. Um 15 Uhr soll auf dem Sportplatz gedreht werden, wo u. a. Rudi Schlangen von Land schafft Verbindung (LSV) interviewt werden soll. [jdm]
Das niedersächsische Umweltministerium und das Landwirtschaftsministerium hatten laut einer Pressemitteilung vom 02.02.23 zum Dialogforum zum Thema Wolf Weidetierhalter*innen eingeladen, Naturschutzverbände, Landwirtschaft, Wissenschaft, die zuständigen kommunalen Behörden sowie weitere Organisationen und Verbände eingeladen. Nach Fachvorträgen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, eines niedersächsischen Schäfers, der Landwirtschaftskammer, der Landesjägerschaft und des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz haben sich die Teilnehmenden auf einen weiteren regelmäßigen Austausch und die Ausarbeitung konkreter Konzepte geeinigt.
Um von möglichst vielen Akteuren getragene Lösungen zu erarbeiten, soll es neben weiteren Dialogforen mehrere Arbeitsgruppen zu den Themenschwerpunkten Förderung der Weidetierhaltung, Herdenschutz, Information und Transparenz, Wolfsmanagement sowie Deiche geben.
Für Umweltminister Christian Meyer war dies ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um gemeinsam Verbesserungen für die Weidetierhalter*innen und im Wolfsmanagement zu erreichen.
Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte war es wichtig, dass Tierhaltende, die von einem Wolfsriss betroffen sind, sofort praktische Akut-Hilfe erhalten. Laut Meyer kann die Ausrottung des Wolfs als einheimischer Tierart keine Option sein, so dassein Nebeneinander von Wolf und Weidetieren gefunden werden müsse. Gerichtsurteile pro oder kontra Wolf müssten von allen Beteiligten akzeptiert werden. Gemeinsam mit dem Bund und der EU solle daran gearbeitet werden, ein regional differenziertes, europarechtskonformes Bestandsmanagement zu ermöglichen, aber auch Prävention und konkrete Unterstützung für Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter in den Wolfsregionen dauerhaft zu verbessern. [jdm/PM Landwirtschaftsministerium]
Laut Meldungen des NDR und der Ems-Zeitung wurden in Neubörger und Werpeloh Schilder aufgehängt, die vor Wölfen warnen. Die Pressesprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums Steffi Gaffron erklärte uns gegenüber, dass die erwähnten Schilder dem Ministerium nicht bekannt waren. Die dort empfohlenen Maßnahmen gehörten nicht zu den von Experten empfohlenen Verhaltensregeln. Die Abwägung zwischen der empfundenen Angst und der tatsächlichen Bedrohung durch Wölfe könne und müsse letztlich jedoch persönlich getroffen werden. Gleichwohl registriere das Wolfsbüro jede Meldung über Nahbegegnungen, bewerte diese und stehe für eine Beratung im Einzelfall gerne zur Verfügung.
Warnschild bei Börger
Die Kreisjägerschaft Aschendorf-Hümmling distanziert sich laut Ems-Zeitung von den Schildern, auf denen im Stil von Muss-Vorschriften dazu aufgefordert wird, Hunde an der Leine und Kinder an der Hand zu führen, sowie nur noch in Gruppen zu wandern und zu joggen.
Etwas moderatere Warn-Schilder hängen schon seit längerem in den Revieren rund um Börger. [HM/jdm]
Eine Anwohnerin auf dem Harpel war heute gegen 16 Uhr auf dem Harpel mit ihren zwei Hunden auf einem Spaziergang nahe der Kreuzung zur Gutshofstraße Richtung Sandpoelgraben unterwegs, als ein Wolf quer über das süd-westlich liegende Feld mit großer Geschwindigkeit auf sie zulief. Der Wolf ließ sich nach Angaben der Anwohnerin durch laute Rufe nicht von seinem Kurs abbringen. Die Anwohnerin trat deshalb den Rückzug an und suchte Hilfe bzw. Einlass beim Nachbarn. Die Anwohnerin schätzt, dass der Wolf noch etwa 70 m entfernt war, als sie den Hauseingang erreicht hatte. Der Wolfsberater wurde informiert. [jdm]
Auch der Wolf war ein Thema auf der Gemeindeversammlung am letzten Mittwoch in Wippingen. Am interessantesten war dabei die Aussage von Wolfsberater Hermann Fehnker: „Ich hör immer, das mit dem Wolf habe sich ja jetzt beruhigt. Das ist nicht so. Wir sehen den Wolf zwei- bis dreimal in der Woche auf den Kameras, die wir bei der Eichenstraße und der Drosselstraße installiert haben.“ Der Wolf werde immer mitten in der Nacht fotografiert und er komme immer von derselben Seite. Außerdem werde er auch weiterhin beim Hof Hempen von den Kameras gesichtet.
Hermann Fehnker, der das Amt des Wolfsberaters ehrenamtlich ausübt, hielt seinen Vortrag in einer unterhaltsamen launigen Art, die allein dadurch schon klar machte, dass der Wolf zwar ein Problem darstellt, für das es noch keine Lösungen für den Umgang gibt, aber gleichzeitig ist es kein allgemeines existenzielles Problem, obwohl sich das für einzelne betroffene Tierhalter natürlich dramatischer darstellen kann.
Der Wolf spiele erst seit 20 Jahren in Deutschland eine Rolle, nachdem er vor allem von Polen kommend eingewandert sei. Als er 2012, als Niedersachsen ein so genanntes Wolfserwartungsland geworden sei, zum Wolfsberater bestellt geworden sei, habe es hier noch gar keine Wölfe gegeben. Der Job habe sich für ihn wie eine interessante Möglichkeit angefühlt, mal mit anderen Jägern aus der Lüneburger Heide zusammen zu kommen. Fehnkers erster Wolf war der so genannte „Wanderwolf“, der schließlich nach einer Odyssee durch den Nordwesten auf der A7 überfahren worden wurde.
Weil der Wolf in Deutschland so lange nicht mehr heimisch war, sei auch wenig über den Grauwolf, um den es hier gehe, bekannt. Es gebe keine belastbaren Zahlen über die Anzahl der Wölfe in Deutschland; auch die Anzahl im Emsland sei nicht bekannt. Von Wolfsgegnern gebe es Hochrechnungen, die ganz offensichtlich völlig übertrieben seien. In diesem Jahr gebe es keinen Nachweis über Wolfsnachwuchs im Emsland. Die Vorstellung von Wolfsrudeln, in denen die Wölfe Rangkämpfe untereinander ausfechten, sei falsch. Hier gebe es nur Wolfsfamilien, in denen die Elterntiere das Sagen hätten. Es gebe keine Zunahme der Wolfsdichte, weil Wölfe sich neue Territorien suchen, wenn sie erwachsen werden. Ein Wolfsterritorium sei ca. 200 km² groß. Im Emsland sind bisher 7 Wölfe durch den Verkehr getötet worden.
Die bevorzugten Beutetiere der Wölfe seien in erster Linie Rehe, danach die Kälber von Rotwild und Wildschweine, wobei auch hier die Frischlinge bevorzugt werden. Das Mufflon sei kaum noch anzutreffen, was durchaus das Werk des Wolfs sein könne. Auch Hasen und Kaninchen nehme der Wolf mit, wenn es gerade passe. Alle anderen Wildtiere, wie Geflügel oder Fische fallen zahlenmäßig nicht ins Gewicht.
Die Nutztierschäden sind gestiegen. Und damit wurde der Wolf auch unbeliebt. Der Wolf sei allerdings durch das Washingtoner Artenschutzabkommen geschützt. Außerdem durch die Berner Konvention, durch europäisches Recht und die FFH-Richtlinien. Innerhalb Deutschlands gebe es den Tierschutz mit Verfassungsrang in den Bundes- und Landesverfassungen, den Tierschutzgesetzen, den Jagdgesetzen, den Naturschutzgesetzen usw. Es sei also nicht einfach, den Schutzstatus des Wolfes kurzerhand zu ändern. Abschussgenehmigungen seien politisch heikel, weil es nicht nur viele Wolfsgegner gebe, sondern auch viele Wolfsfreunde.
In Niedersachsen ist die Landesjägerschaft für das Wolfsmonitoring zuständig. Dazu werde jede Sichtung, jeder Fund von Losung, jeder Nutztier- oder Wildriss dokumentiert und tote Wölfe würden immer im Labor genau untersucht. Nur ein DNA-Nachweis könne einen Wolf genau identifizieren. Der Wolf, der derzeit immer von den Wippinger Kameras fotografiert würde, sei zum Beispiel unbekannt. Man vermute nur, dass es sich um einen Jungwolf handele, aber man wisse es nicht. Jungwölfe und erwachsene Wölfe unterscheiden sich schon nach 6 Monaten nicht mehr in der Größe.
Fehnker zeigte Serien von Tierrissen und verdeutlichte dabei, dass viele dieser Bilder nicht auf den Wolf zurückgingen. Auch ein Schaf, das eines natürlichen Todes gestorben war, sah nach kurzer Zeit aus, wie ein Wolfsopfer, weil sofort andere Tiere an dem toten Schaf Fraßspuren hinterließen. Auch angeblich tote Wölfe entpuppten sich nach der Analyse als Hunde. Auch bei vielen angeblichen Wolfssichtungen lägen Verwechslungen vor.
Der Herdenschutz, für den grundsätzlich die Landwirtschaftskammer zuständig ist, gestaltet sich für Schafe schwierig. Schutzzäune seien in vielen Bereichen gar nicht möglich, weil das zu teuer sei, oder weil dies anderen Nutzungen, z. B. touristischen, widerspreche. Herdenschutzhunde seien teuer in der Haltung und könnten außerdem gefährlich für Passanten sein. Herdenschutzhunde seien sehr agile Tiere und rissen nicht selten selbst Schafe. Als Wolfsberater sei er für die Dokumentation der Nutztierrisse verantwortlich, aber er erfahre nichts über die Entschädigungen für die Tierhalter, so dass er nichts dazu sagen könne. Für von Wölfen verursachte mittelbare Schäden, z, B. wenn eine erschreckte Kuh vor ein Auto laufe, gebe es keine Regelungen. Hier könne es durchaus Versicherungslücken geben.
Da Wölfe von der Wohnbebauung oder von Nutztieren fern gehalten werden sollen, werden Vergrämungstechniken angewandt. Die Tiere sollen verscheucht werden. Für das Vergrämen mit Gummigeschossen seien in Wippingen Personen benannt worden, aber bisher seien noch keine Schüsse abgefeuert worden. Die Gummigeschosse hätten eine geringe Treffsicherheit und seien bei zu großer Entfernung wirkungslos.
Es gebe auch noch den Lappschutz, bei dem flatternde Bänder die Tiere abschrecken. Und natürlich sei gezielter Lärm abschreckend. Auf den Kameraaufnahmen könne man deutlich sehen, dass die Wölfe erschreckt reagierten, wenn von den Kameras ein Piepen erzeugt wurde.
Menschen seien zuletzt in den 70er Jahren von Wölfen in Spanien angegriffen worden. Aber diese Wölfe hatten die Tollwut. Bei uns grassiert keine Tollwut, so dass diese Gefahr nicht besteht. Dennoch gebe es keine Garantie für glimpfliche Begegnungen. Er empfehle bei Begegnungen lautes Schreien, Werfen mit Gegenständen, nicht rennen, sondern langsames Zurückgehen. Wölfe bauen keine Höhlen, aber suchen Witterungsschutz in den Höhlen von z. B. umgefallenen Bäumen. Wenn vermutet werde, es könne sich dort ein Wolf aufhalten, sei es schon sehr mutig, in diese Höhle zu kriechen.
Wie es in Wippingen weitergehe, könne er nicht sagen. Er empfehle allen an den Wald angrenzenden Hausbesitzern in der Eichenstraße und der Drosselstraße, die Komposthaufen zu entfernen. Der Geruch von Kompost aus Obst und Gemüse wirke anziehend, auch wenn dort keine Essensreste oder Fleischreste kompostiert werden. [jdm]
Sind Wölfe gefährlich für den Menschen? Ist ein Zusammenleben möglich? Ausgehend von der Rückkehr der Wölfe in die Schweiz begibt sich der Dokumentarfilmer Thomas Horat auf Spurensuche, um dieses intelligente und soziale Raubtier näher kennen zu lernen.
Die filmische Reise führt von der Schweiz nach Österreich, in die Lausitz, nach Polen, Bulgarien und Minnesota, wo frei lebende Wolfsrudel keine Seltenheit sind.
Wer ist der Wolf, wie und wo lebt er? Welche Aufgabe hat er in unserem Ökosystem? Woher stammt die Angst vor dem Wolf? Hat der Mensch das Recht zu bestimmen, welche Tiere bei uns leben dürfen und welche nicht?
Wolfsexperten, Naturforscherinnen und Schafhirte zeigen auf, ob und wie sie es für möglich halten, mit dem Wolf zusammenzuleben. Der Film ist jetzt bis zum 12.07.2021 in der 3sat-Mediathek zu sehen oder heute abend im Fernsehen auf 3sat um 22.26 Uhr. [jdm]
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) bietet zwei Flyer zur Wolfsproblematik an. Einer davon liegt in Papierforn im Dorfladen aus. [Wilhelm Borchers]
Eigentlich hatten die Wippinger mit ihrer Unterschriftenaktion schon erreicht, was notwendig war: Landrat Burgdorf hatte zugesagt, dass vom Landkreis aktive Vergrämungsmaßnahmen getroffen werden, um den Wolf von den Wohngebieten fern zu halten.
Hermann Gerdes
Die Kundgebung am Samstag in Wippingen mit ca. 500 Teilnehmern zeigt, dass die Erkenntnis gewachsen ist, dass solche Maßnahmen vom Staat bei Problemen mit dem Wolf ergriffen werden müssen, ohne dass Betroffene dies erst durch Protest und Zusammenschluss fordern müssen. Bürgermeister Hermann Gerdes hatte als zweiter Redner der Kundgebung ein solches angepasstes Wolfsmanagement gefordert.
Die Veranstalter hatten noch vermieden, von einer Kundgebung gegen den Wolf zu sprechen. Matthias Everinghoff vom LSV betonte in seiner Rede zwar die Angst vor dem Wolf und warnte vor menschlichen Opfern, aber er sagte auch, niemand wolle den Wolf wieder ausrotten.
Mit dieser Zurückhaltung war es spätestens mit der Rede von Bernd Busemann, CDU-MdL, vorbei, der das Kunststück vollbrachte, sich für seine populistischen Forderungen nach Ausrottung des Wolfes als Privatmann zu geben, um dann im zweiten Teil der Rede den zupackenden Politiker zu geben, der Regelungen schaffen will, um Wölfen Gebiete zuzuweisen.
Bernd Busemann
Dabei scheute er sich schon mal nicht, falsche Behauptungen aufzustellen. Er habe nichts von der Wiederansiedlung des Wolfes gehalten, sagte er. Dabei hat niemand den Wolf wieder angesiedelt. Es ist vielmehr so, dass sich ein schon lange geschütztes Tier langsam wieder in Deutschland verbreitet hat. Bernd Busemann braucht den Popanz irgendwelcher obskuren Menschen, die den Wolf „wieder angesiedelt“ hätten, weil es für einen Politiker doch zu seltsam ist, mit Reden gegen ein Tier zu kämpfen.
Bernd Karsten Hiebing
Mit Busemanns Rede war der Damm gebrochen. Bernd Karsten Hiebing, ebenfalls CDU-MdL, vertrat anfangs in seiner Rede die Linie, das Wolfsproblem sei so groß geworden, dass jetzt dauerhafte Maßnahmen ergriffen werden müssten, ohne den Wolf ausrotten zu wollen. Er forderte „Kompromisse“. Aber auch er brauchte zum Schluss einen Popanz, auf den er drauf hauen konnte. Und das waren dann die „Städter“, die glauben würden, der Wolf sei ein friedliches Tier. Diese würden den Kampf gegen den Wolf behindern. Das wussten wir immer schon: dort die sündige Stadt, hier das heile Dorf!
Marc-André Burgdorf
Landrat Marc-André Burgdorf, vertrat in seiner Rede eigentlich die Linie, die er auch im Gespräch mit den Wippingern bei der Unterschriftenübergabe gefahren hatte. Aber angesichts der rhetorischen Vorgaben von Busemann und Hiebing, bemühte er auch die bösen Stadtstaaten, die eine Regulierung des Wolfbestandes verhinderten. Er griff damit allerdings auf eine Schuldzuweisung zurück, die Umweltminister Olaf Lies in seiner Stellungnahme zum Kuhriss in Wippingen schon vorgenommen hatte.
Heiner Bojer
Renkenberges Bürgermeister Bojers Rede war dann – nach der Beschreibung der vielen Wolfssichtungen direkt angrenzend an Renkenberges Wohnbebauung - eine einzige Aufforderung zur Ausrottung des Wolfes, und er rezensierte einen zweifelhaften Bericht aus dem 19. Jahrhundert über die Tötung von 11 Kindern durch Wölfe in den Jahren 1810 bis 1811 im holländischen Grenzgebiet.
Georg Meiners
Georg Meiners, Präsident der Vereinigung des Emsländischen Landvolkes e.V., bemühte auch die bösen Städter, deren Ideen die Bauern ausbaden müssten. Sein Vorschlag für ein aktives Wolfsmanagement hieß „Vergrämen und Erschießen“, was allerdings nichts Neues ist, weil die derzeit geltenden unbestrittenen Maßnahmemöglichkeiten diese ganze Palette abdecken.
Andrea Kötter
Als SPD-Kreistagsmitglied Andrea Kötter in ihrer Rede eine Grußbotschaft von Umweltminister Lies referierte, kam, z. B. als Lies auf seine Unterstützung des emsländischen Landrats bei den jetzigen Maßnahmen hinwies, von den neben der Bühne stehenden CDU-Granden mehrfach hämisches Lachen. Ganz so, als ob es sich hier um Vertreter einer kleinen geknechteten Gruppe gehandelt hätte, dabei stellt die CDU im Bund und im Land die Landwirtschaftsminister und ist Mitglied derselben Regierung, wie der von ihnen hämisch belachte Minister.
v. l.: Ferhat Asi, Rudi Schlangen
Ferhat Asi, Stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP Emsland, gab sich in seiner Rede ganz forsch und begann mit dem Satz: „Bisher habe ich noch keinen Lösungsvorschlag von der SPD gehört.“ Dann forderte er: „Der Wolf gehört ins Jagdrecht.“ Politiker müssten Probleme lösen. Als er dann die Vorteile von FDP-Politikern gegenüber SPD-Politikern vertiefen wollte, fuhr ihm Versammlungsleiter Rudi Schlangen vom LSV in die Parade. Wahlkampfreden seien heute nicht erwünscht. Asi forderte dann Lösungsmöglichkeiten ein, weil der Wolf sich immer mehr vermehre – die Zahl der Bestandsverdoppelung innerhalb von drei Jahren war ein durchgängiges Motiv in allen Reden – und der Tag absehbar sei, wann man der Sache nicht mehr Herr werde.
Silvia Klaas
Die Wippingerin Silvia Klaas beschränkte sich in ihrer Rede darauf, ihre persönliche Angst als Mutter zu äußern. Sie fragte, was ist Angst? Angst bedeute Einschränkung im täglichen Leben. Sie wohne auf einem Hof außerhalb in der Natur, die ihre Familie jetzt nicht mehr genießen könne. Sie hätten Angst, mit dem Kinder zum Weiher im Wald zu gehen, sie traue sich nicht mehr, ihre Fahrradtouren durch die Landschaft mit dem Hund zu machen. Die Wölfe hätten den natürlichen Respekt vor den Menschen verloren. Sie wolle wieder ohne Angst leben und es genießen.
Gitta Connemann
Gitta Connemann, CDU-MdB, ließ kein Feindbild in ihrer Rede aus. Sie begann mit der Beschreibung des NABU-Büros neben ihrer Berliner Wohnung, wo der NABU „Geschäfte“ mit der Werbung für Wolfspatenschaften mache und den Wolf als Kuscheltier darstelle. Dann erzählte sie, dass sie Umweltministerin Svenja Schulze bei einer Veranstaltung als Wolf mit einer auf den Körper gezeichneten Zielscheibe verkleidet gesehen habe. Das sei eine Verharmlosung des Wolfes. Die Städter mit ihrer Gefühlsduselei hätten eben keine Ahnung vom wirklichen Tierleben. Die Unterschutzstellung des Wolfes sei jetzt überflüssig, weil es zu viele Wölfe gebe. Auch sie bemühte die Verdoppelung des Wolfsbestandes in drei Jahren.
Mit diesem Bild von der Verdoppelung in drei Jahren wurde die Fiktion aufgebaut, als ob es demnächst von Wölfen nur so wimmele und man dann nicht mehr aus dem Haus gehen kann, ohne auf einen Wolf zu treten. Dabei leben Wölfe in kleinen Rudeln in einem großen Gebiet. Die jungen Wölfe wandern aus, wenn das heimische Gebiet schon besetzt ist. Es kommt also nicht zu einer erhöhten Wolfspopulation an einem bereits besetzten Standort, sondern zu einer Ausbreitung des Wolfes in Gebiete, wo er bisher nicht vertreten ist. Vergrämungstechniken sind deshalb auch Erfolg versprechend, weil sie die Tiere in andere Gebiete vertreiben. Wolfsexperten halten das Abschießen von Wölfen aus demselben Grund für ineffektiv. Problemwölfe müssen erschossen werden, weil sie individuell (Krankheit, Verlust der Scheu vor dem Menschen) ein Problem darstellen, aber ihr Platz ist dann frei geworden und ein anderer Wolf wird diesen Platz einnehmen.
Connemann sprach sich gegen die von Asi geforderte Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht aus, weil die Jäger dann angefeindet würden. In Wirklichkeit dürfte dahinter stecken, dass die Aufnahme ins Jagdrecht ja den Jägern die Verantwortung für die Regulierung des Wolfsbestandes aufhalsen würde. Da ist Frau Connemann dann doch lieber dafür, diese Verantwortung bei den Naturschutzbehörden zu belassen.
Frau Connemann forderte „Keine Ideologie, objektive Zahlen“. Sie beklagte die Ignoranz der Städter; gleichzeitig schilderte sie - um die Gefährlichkeit des Wolfes zu beschreiben –Wölfe, die durch die Randgebiete der Städte streiften. Sie forderte Fairness gegenüber den ländlichen Räumen, als ob es irgendwo eine städtische Allianz gebe, die sich gegen ein notwendiges Wolfsmanagement ausgesprochen hätte.
Fazit: Der Wolf hat sich seit 2000 in Deutschland wieder verbreitet, wobei der Norden Deutschlands von der Lausitz bis zum Emsland der Schwerpunktbereich ist. Weder die Menschen, noch die staatlichen Stellen haben sich bisher darauf eingestellt. Dazu ist die Zeit zu kurz gewesen. Dieser Anpassungsprozess muss jetzt stattfinden. Dabei gibt es naturgemäß unterschiedliche Einschätzungen, auch verschiedene Herangehensweisen zwischen passivem Beobachten und pro-aktivem Erschießen. Diese Vorschläge haben alle ihre Berechtigung. Und sie brauchen etwas Zeit, um sich im richtigen Verhältnis einzupendeln und durchzusetzen.
In zehn Jahren wird es im Emsland kein „Wolfsproblem“ mehr geben, weil sich die Formen der Vergrämung durch staatliche Maßnahmen und durch Bürger bei Wolfsbegegnungen eingespielt haben. Es werden Schutzmaßnahmen bei Weidetieren selbstverständlich sein. Und der Schutz der Kinder auf dem Schulweg vor dem Straßenverkehr wird den Eltern wieder mehr Kopfzerbrechen machen, als der Wolf. Wer sich heute beklagt, er müsse sein Kind wegen des Wolfes begleiten, hat natürlich recht. Aber wer die „Kindertaxis“ bei der Schule und beim Kindergarten sieht, weiß, dass die Kinder schon seit langem die Begleitung brauchen, weil der Straßenverkehr für Kinder lebensbedrohliche Ausmaße angenommen hat. Auch hier gibt es immer wieder Versuche, die Freiräume für Kinder wieder zu gewinnen, wenn auch mit bescheidenem Erfolg.
Aber wir sollten uns bei der Auseinandersetzung bewusst machen, wann Politiker oder Interessenvertreter mit der neuen Angst vor dem Wolf nur ihr Süppchen kochen wollen und mit künstlichen Spaltungen – hier die Naturschützer, da die Eltern, hier die Dörfler, da die Städter – Zustimmung für sich selbst erzeugen wollen. [jdm]
v. li.: Martin Frericks, Wilhelm Borchers, Willi Schulte-Borchers, Christian Koers, Johannes Kuper, Hannes Grote, Kathrin Hempen, Johannes Hempen
Der Ordner mit den Unterschriften
Heute Morgen haben Wippinger Bürger die Unterschriftensammlung „Wölfe in unserer Region – Es muss etwas getan werden“ im Meppener Kreishaus an den emsländischen Landrat Marc-André Burgdorf übergeben. Hierin waren insgesamt 3.508 Unterschriften enthalten. Diese überragende Anzahl macht deutlich, dass nicht nur Wippinger Bürger, sondern auch viele weitere Bewohner unserer Region die darin genannten Forderungen unterstützen.
Die Organisatoren sagen vielen Dank an alle Beteiligten, die Unterschriften gesammelt und geleistet haben. [Kathrin Hempen/ Fotos Mascha Abeln]
Am Samstag, den 12.06.2021 findet ab 16 Uhr auf dem Schützenplatz eine Kundgebung zum Thema Wolf und der Umgang mit diesem statt (die Emszeitung berichtete bereits darüber). Wir laden jeden interessierten Bürger dazu herzlich ein! Bei der Kundgebung gelten Maskenpflicht sowie die Corona-Abstandsregeln.
Es kann daher zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen rund um den Schützenplatz kommen. Wir bitten um Verständnis! Die Landwirte vom LSV Wippingen [Karsten Hempen/ Ems-Zeitung vom 09.06.2021]
Der Mensch gehört nicht zum Beuteschema des Wolfes. Wir müssen keine Angst vor ihm haben, aber wir müssen dem Wolf beibringen, dass Menschen seine Feinde sind. Das waren die zentralen Aussagen von Wolfsberater Björn Wicks bei seinem kleinen Vortrag vor den Jugendbetreuern des SV Wippingen.
Die ZuhörerInnen waren vor allem an praktischen Tipps interessiert, wie man sich bei einer Wolfsbegegnung verhalten sollte und wie man seine Kinder schützen kann. In den letzten Tagen hat es vermehrt Wolfssichtungen auf dem Harpel direkt neben der Straße zwischen Kiefernweg und Auf der Heide gegeben. Für Wicks war klar: Ich würde mein Leben wegen eines Wolfes nicht einschränken. Seit 2001 sei der Wolf nach Deutschland wieder eingewandert und es sei noch kein Kind angegriffen worden. Abgesehen von Rissen an Nutztieren hätten Wölfe auch keine Hunde angegriffen, außer in einigen Fällen, wo die Wölfe nachweislich krank gewesen seien.
Auch der bekannte Problemwolf Kurti in der Lüneburger Heide habe niemanden angegriffen, aber er hatte die Scheu vor den Menschen verloren. Vermutlich hatten ihn Arbeiter auf dem Truppenübungsplatz angefüttert. Deshalb musste dieser Wolf vorsorglich entnommen, also erschossen, werden.
Informationen zum Wolf bietet das Wolfsbüro
„Ich hätte keine Angst, meine Kinder zu zweit mit dem Fahrrad von Renkenberge nach Wippingen fahren zu lassen. Ich würde sie allerdings nicht allein in den Wald schicken. Ich würde auch weiterhin im Wald joggen, aber ohne Kopfhörer, damit ich weiß, was hinter mir passiert.“
Bei Wolfsbegegnungen sollte man alles tun, um dem Wolf Angst zu machen. Still sein, Fotos machen und den Wolf wieder verschwinden lassen, sei zwar nicht schlimm. Aber der Wolf lerne durch solche Begegnungen, dass der Mensch keine Gefahr darstelle. Das müsse verhindert werden. Also gelte es, laut zu rufen, in die Hände zu klatschen, mit einer Trillerpfeife oder Fußballtröte Lärm zu machen und mit Gegenständen (Steinen, Stöcken) zu werfen. Auch der Tipp, sich mit dem Regenschirm- sofern er zu Hand ist – groß zu machen, sei richtig und keineswegs lächerlich. Den Wolf erschrecke das, und er lerne, dass der Mensch Stress, Ärger und Gefahr bedeute. Wölfe hätten sich zwar an Autolärm und ähnliches gewöhnt, könnten aber sehr wohl von den Schreien und dem Lärm erschreckt werden. Sie seien nicht dumm und könnten das unterscheiden. Die Väter rief Wicks auf, den Kindern beizubringen, wie man mit einer Zwille umgehe. Es spreche nichts dagegen, mit einer solchen Schleuder auf den Wolf zu schießen und ihn zu treffen. Den Einwand, dass der Wolf dann gereizt werde und angreife, konterte Wicks: „Warum sollte er. Er will doch nur weg aus der Gefahr.“ Was man nicht machen sollte, sei Weglaufen. Im Gegenteil, man solle einige Schritte auf den Wolf zugehen.
Es gebe auch einige Regeln außerhalb von Wolfsbegegnungen, die man lernen sollte. Wölfe dürften niemals gefüttert werden. Man habe einen Mann, der im Schießgebiet die Wölfe angefüttert habe, um mit seinen Wildkameras gute Fotos für Facebook und Instagram zu machen, angezeigt. Wölfe verlören dadurch die Scheu vor dem Menschen und es würden mögliche gefährliche Situationen erst geschaffen werden. Bauern müssten auch lernen, dass ein totes Ferkel auf keinen Fall mehr auf den Misthaufen gehöre, wie das früher üblich war. Wolfsunterstützerkreise, deren Tierliebe fehlgeleitet sei, ließen auch mal Makrelenköpfe hinterm Zaun liegen, um Wölfe beobachten zu können. Das sei kriminell. Und Weidetiere müssten heutzutage durch Zäune, die auch einen wolfsabweisenden Grundschutz darstellten, geschützt werden. Ohne diese Zäune sei eine Weidehaltung kaum mehr möglich. In Gebieten mit einer Wolfspopulation gebe es dafür auch Zuschüsse.
Johannes Kuper vom SVW-Vorstand hatte die Initiative zu diesem Termin ergriffen, um den verunsicherten BetreuerInnen und mit ihnen den Eltern Tipps zum Umgang mit der Situation zu geben. Wolfsberater Wicks, der diese ehrenamtliche Aufgabe übernommen hat, weil er als Förster der Bundesliegenschaften auch fürs dortige Wolfsmonitoring zuständig ist, berichtete eingangs, dass der Wolf durch internationale Naturschutzbestimmungen, wie dem Washingtoner Artenschutzabkommen oder durch die EU-FFH-Richtlinie geschützt sei. Der Anhang IV der FFH-Richtlinie verpflichtet Deutschland dazu, ein Wolfsmonitoring durchzuführen.
Zurzeit gibt es jedes Jahr 28% mehr Wölfe; der Bestand verdoppelt sich somit alle drei Jahre. Im Emsland gibt es vier Rudel (Meppen, Werlte, Nordhorn, Herzlake). Aber in einem Gebiet, in dem es ein Rudel gebe, siedele sich kein zweites Rudel an, sondern die neuen Wölfe wanderten aus: in die Niederlande, nach Dänemark, nach Süddeutschland. Es gebe noch große Gebiete, wo der Wolf noch Platz habe.
Im Frühjahr gebe es immer vermehrt Wolfssichtungen, weil die Jungwölfe des Vorjahres sich von ihrem Rudel loslösten und sich ein neues Territorium suchten. Wölfe seien eigentlich Jäger von Schalenwild (Rehe, Damhirsche, Sauen), von dem es im Emsland reichlich gebe. Aber als Opportunisten nähmen sie auch eine leichte Beute mit, wenn es sich ergebe (Schafe, eine alte Kuh, Nutria).
Ein Rudel bestehe aus den Elterntieren, den Welpen des aktuellen Jahres und einigen Übriggebliebenen aus dem Vorjahr, die den Absprung noch nicht geschafft hätten. Diese würden auch in die Aufzucht der Welpen eingebunden. Die Welpen halten sich meist an einem Platz, dem Rendezvous-Platz, auf und werden dort vielleicht von einem Onkel, einer Tante, betreut, während die Elterntiere unterwegs sind, um Beute anzuschleppen.
Wölfe seien geschützt. Aber Wölfe, die ein Problem darstellten, könnten sehr wohl entnommen werden. Ein Problem sei es, wenn Wölfe Nahkontakte mit Menschen suchten. „Der Wolf, der Männchen am Gartenzaun macht, muss entnommen werden“. Auch bei auffällig vielen Nutztierrissen könne es zum Abschuss des Wolfes kommen.
Die Wölfe als Wildtiere seien natürlich nicht gechipt und seien auch nicht einzeln bekannt. Durch die Speichelproben bei Rissen oder durch die Untersuchung von frischer Losung kenne man das DNA-Profil von einzelnen Wölfen, aber man könne diese nicht einem einzelnen Wolf zuordnen. Bei Entnahmen könne es zum Beispiel passieren, dass mehrere Wölfe abgeschossen würden, bis eine DNA-Probe ergebe, dass man jetzt den richtigen getroffen habe. Entnahmen müssen vom Landkreis beantragt werden und dann von den oberen Naturschutzbehörden, also dem Ministerium, genehmigt werden.
Hier die App fürs Handy herunterladen
Damit über Probleme sachgerecht entschieden werden könne, müssten auch Daten über die Wölfe und ihren Aufenthalt vorhanden sein. Wicks rief dazu auf, jede Wolfsbegegnung zu melden. Auf der Seite Wolfsmonitoring könne man auch eine APP für das Handy finden, um schnell auch möglicherweise vorhandene Fotos zu schicken. Er rief allerdings auch zur Ehrlichkeit auf. Er bekomme schon seit Jahren immer wieder bekannte Videos mit Wölfen neu zugeschickt als angeblich aktuelle Aufnahmen aus der näheren Umgebung.
Wicks rechnet nicht damit, dass der Wolf eines Tages dem Jagdrecht unterstellt wird, aber es werde vermutlich ab einer gewissen Populationsgröße ein Kontingent für den Abschuss von Wölfen festgelegt werden. Er habe gerade auch jetzt im Zusammenhang mit dem Kuhriss in Wippingen viel Kontakt mit dem niedersächsischen Umweltministerium gehabt und er habe den Eindruck, dass sich der Minister Lies dieses Problem sehr zu Herzen nehme und sich kümmere.
Gestern Nacht rissen in Wippingen – vermutlich - zwei Wölfe eine trächtige Kuh des Milchbauern Johannes Hempen. Hempen hatte die ältere Kuh auf einer Weide direkt südlich des Anwesens auch über Nacht frei laufen lassen.
Getötete Kuh
Die Angriffstaktik der Wölfe bestand darin, dass ein Wolf der Kuh in die Schnauze und den Hals biss, während der andere sich in die rechte Hüfte verbiss und Fleisch heraus riss. Hempen berichtet, dass Teile des Fleisches verstreut in der Weide lagen. Die Bissspuren am Kopf sind deutlich zu sehen. Nach Angaben von Hempen gehe Wolfsberater Wicks, der den Hof heute Mittag besucht habe, von einem Wolfsangriff aus. Dies müsse aber erst durch Auswertung von Proben gesichert werden, bevor geklärt werden könne, ob es eine Entschädigung gebe.
Berichte von Rissen solcher großen Tiere sind eher selten. Besorgnis erregt auch, dass die Wölfe so nah an der Wohnbebauung auf Jagd gehen. Gestern beobachteten Jäger nicht weit von Hempens Hof entfernt, wie zwei Wölfe versuchten, drei Pferde auf einer Weide auf dem Harpel anzugreifen, aber von diesen vertrieben wurden.
Wicks und auch einige Jäger gehen davon aus, dass es sich gestern Nacht um dieselben Wölfe handelte, die auch in den letzten Wochen in Wippingen mehrfach gesichtet wurden.
Hempen: „Die Wölfe wissen jetzt, wie leicht sie hier an Beute kommen. Die kommen wieder.“ Jetzt könnten nicht nur die Tiere nicht mehr auf die Weide. „Auch unsere Kinder und wir selbst gehen doch jetzt nicht mehr im Dunkeln raus.“ Wichtig sei es, dass Wölfe vergrämt würden, damit sie sich nicht in die Nähe von Menschen trauten.
Kathrin Hempen, die Ehefrau von Johannes Hempen, weist in Sorge um ihre Kinder darauf hin, dass es wichtig sei, nicht nur im privaten Umkreis im Rahmen von WhatsApp auf die Sichtung von Wölfen hinzuweisen, sondern diese Beobachtungen auch auf der Homepage des Wolfsmonitoring zu melden, um den Verantwortlichen die Problematik für die Betroffenen deutlich machen zu können. [jdm]
Die Ems-Zeitung berichtete heute über den Wolf, der am Freitagmorgen bei Kluse überfahren wurde. Es handele sich um eins von 124 Wölfen in Niedersachsen, die ums Leben gekommen seien. Das nebenstehende Foto davon kursierte in den sozialen Medien. [jdm]
In der Nacht auf den 11. Februar wurde im Emsland ein Wolf mit Genehmigung des Landes getötet. Das dort ansässige sogenannte Herzlaker Wolfsrudel soll Umweltminister Olaf Lies zufolge über längere Zeit Schafe gerissen haben. Bei dem erschossenen Tier handelt es sich um eine Wölfin. Die Ausnahmegenehmigung bezog sich jedoch auf ein männliches Tier. PETA hat Ende vergangener Woche bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg Strafanzeige gegen die Verantwortlichen – darunter der unbekannte Jäger sowie Behördenmitarbeiter – erstattet. Neben der aktuellen Tötung der Wölfin ohne konkrete Erlaubnis kritisiert die Tierrechtsorganisation Wolfsabschüsse grundsätzlich, weil dadurch ausschließlich die wirtschaftlichen Interessen der Schafhalter geschützt werden. (mehr …)