Vatikanpapier ruft zur Diskriminierung Homosexueller auf |
Mit einem gruseligen Dokument hat sich der Vatikan mal wieder zu einem Thema gemeldet, zu dem ganz sicher nicht die kompetentesten Menschen in seinen Mauern sitzen. Das Papier, in dem zur Diskriminierung von Homosexuellen aufgerufen wird, spiegelt die verkorkste Sexualmoral der offiziellen Kirchenvertreter wieder.
Die katholische Kirche betrachtet Sexualität noch immer als ausschließlich auf die
Fortpflanzung gerichtet. Damit begründet sie ihre Ablehnung der Homosexualität, die
Verweigerung des Selbstbestimmungsrechtes von Frauen, sowie das Verbot für ihre
Kirchenmitglieder, empfängnisverhütende Mittel an zu wenden.
Der Kirchenhierarchie wurde dabei schon lange die Gefolgschaft von ihren eigenen
Mitgliedern aufgekündigt. Auch in Wippingen wird Verhütung augenscheinlich von den
jungen Katholiken praktiziert - denn das ist hier möglich. In Ländern, in denen die
Kirche auf die Gesetzgebung mehr Einfluss hat, wird der Zugang zu Verhütungsmitteln
verhindert - und die Menschen werden damit in Not gebracht.
Jetzt verlangt der Vatikan von katholischen Politikern, Gleichstellungsgesetze für
homosexuelle Menschen zu verhindern. Sie bietet den Lesben und Schwulen als Ausgleich ihr
Mitleid an (Homosexuellen sei "mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen", Zitat
aus der Erklärung).
Die katholische Kirche hat keine Schwierigkeit damit, der Hälfte ihrer Mitgliedschaft -
den Frauen - die gleichen Mitwirkungsrechte zu verweigern. Das ist aber ihre interne
Angelegenheit. Mit dem neuen Papier ruft der Vatikan dazu auf, Homosexuellen in der
Gesellschaft die gleichen Rechte zu verweigern. Ca. 3 bis 6 Prozent der Bevölkerung ist
homosexuell (in Wippingen wären das statistisch 27 bis 54 Personen). Diesen Menschen will
der Vatikan seine homophoben Moralvorstellungen aufdrücken und das Lebensglück
verweigern.
Gott sei Dank, die Schwulen- und Lesbenbewegungen seit den 70er Jahren haben schon einiges
bewirkt. In der Politik stieß das Papier überwiegend auf Unverständnis. Die
nordrhein-westfälische Familienministerin Brigit Fischer (SPD) meinte, wenn sich zwei
Menschen - unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung - zu wechselseitiger Fürsorge
verpflichtet hätten, trage dies zum sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft bei. «Daran
ist nichts Unmoralisches», sagte sie in Düsseldorf. Der Parlamentarische
Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion und bekennende Homosexuelle, Volker Beck, nannte das Papier in Berlin ein
«trauriges Dokument eines engstirnigen Fanatismus». FDP-Chef Guido Westerwelle sagte,
wenn die katholische Kirche mehr auf ihre Gläubigen hören würde und auf das, was in der
Gesellschaft vor sich gehe, würde sie solche Aufrufe lassen.
Der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers wies die Aufforderung
zum Widerstand katholischer Politiker zurück. «Ich bin praktizierender Katholik. Aber es
ist nicht meine Aufgabe, als Politiker den Leuten zu sagen, wie sie zu leben haben»,
meinte er. Der kirchenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hermann Kues,
sagte der dpa in Berlin, der Vatikan habe die Haltung der Union bekräftigt, wonach die
Ehe zwischen Mann und Frau «absoluten Vorrang» habe. Allerdings hätten
gleichgeschlechtliche Gemeinschaften Anspruch auf Toleranz und Respekt.
In dem am Donnerstag in Rom veröffentlichten Dokument heißt es unter anderem: «Die Ehe
ist heilig, während die homosexuellen Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz
verstoßen.» Der Lesben- und
Schwulenverband in Deutschland sprach von einer «Menschen verachtenden» Auffassung
des Vatikan. Die Lesben und Schwulen in der Union bewerteten das Dokument als «Angriff
auf die Demokratie». Parlamentarier seien ihrem Gewissen und ihrem Staat verpflichtet und
nicht dem Papst, heißt es in einer Stellungnahme.
Links zum Thema:
Amnesty International
Evangelische Kirche
Deutschlands
Homosexuelle und Kirche
Lesben- und Schwulenverband in
Deutschland
GayStation
Lesben &Schwule in der Union
jdm