Wenn die Götter ihre Tage haben (Teil II) - von Hyazinth (Zintus) Sievering, 15.03.2012 |
Wenn die Götter ihre Tage haben (Teil II)
von Hyazinth (Zintus) Sievering
Im ersten Teil dieses
Beitrags haben wir gesehen, wie der Mittwoch in unserem Plattdeutsch und zahlreichen
Nachbarsprachen nach dem germanischen Gott Wodan benannt wurde.
Anders als im Falle des Gaunsdag, verdankt der Samstag, bei uns im Emsland und in
angrenzenden Gebieten -z.B. in Ostfriesland und in Westfalen-, seinen Namen einem
römischen Gott. Er ist der einzige Tag der Woche, dem unsere germanischen Vorfahren hier
im Nordwesten nicht einen einheimischen Gott zur Seite stellten, sondern es bei dem
römischen Namensgeber beließen. Der Name des Saterdag ("Saoterdag") geht auf
Saturn, der römisch-heidnischen Gottheit der Landwirtschaft, bzw. dem sechsten Planeten
unseres Sonnensystems zurück. Obwohl, wie im ersten Teil bereits dargestellt, die
Germanen in vorchristlicher Zeit ihre eigenen Gottheiten den römischen
gegenüberstellten, scheint dies aus irgendeinem Grund beim dies Saturni nicht passiert zu
sein.
Möglicherweise findet sich in einer alten angelsächsischen Sage ein Hinweis darauf, dass
unsere Vorfahren u.a. auch den römischen Gott Saturn verehrten.
Als die Römer gegen Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. den größten Teil ihrer Truppen aus
dem heutigen England abgezogen hatten, entstand auf der Insel ein Machtvakuum und die
römisch-keltischen Briten hatten fortwährend mit Angriffen der Pikten aus dem Norden
(dem heutigen Schottland) zu tun.
In der Anglo-Saxon Chronicle heißt es für das Jahr 449, dass zwei
sächsische Heerführer, genannt Hengist und Horsa, in Britannien eintrafen. Sie waren auf
Einladung des römisch-keltischen Kriegsherrn Vortigern ins Land gekommen, um ihm im Kampf
gegen die Pikten beizustehen.
Auch die Historia Regum Britanniae aus dem 12. Jahrhundert greift dieses
Ereignis auf und berichtet davon, dass drei Brigantinen voller bewaffneter Männer unter
dem Kommando zweier Brüder, Hengist und Horsa, in Britannien eingetroffen seien.
Vortigern lässt sich zu den Männern führen und fragt, aus welchem Land sie stammen und
weshalb sie sein Königreich aufsuchen. Hengist ist der Wortführer und antwortet:
Wir kommen direkt aus unserem Heimatland Sachsen. Er führt weiter aus, dass
seine Heimat (das heutige Niedersachsen und Schleswig-Holstein) überbevölkert sei und
viele das Land verlassen müssten. Daher seien sie in Vortigerns Königreich gelandet,
unter der guten Führung des Merkur.
Vortigern stutzt
bei diesen Worten, schließlich haben die römisch-keltischen Briten bereits vor
Generationen den christlichen Glauben angenommen. Er fragt Hengist und seine Männer nach
deren Religion.
Wir verehren, so Hengist die Götter unseres Landes, Saturn und Jupiter
sowie die anderen Gottheiten, die die Welt regieren, besonders aber Merkur, den wir in
unserer Sprache Wodan nennen. Unsere Vorfahren widmeten ihm den vierten Tag der Woche, der
immer noch nach ihm Wodansday genannt wird. Außer ihm verehren wir die mächtige Göttin
Frea, der sie den sechsten Tag der Woche weihten, den wir nach ihr Friday nennen.
Vortigern äußert zwar sein Bedauern darüber, dass es Heiden sind, die ihm zu Hilfe
geeilt sind, ihre Hilfe nimmt er dennoch in Anspruch und es gelingt ihnen, die Pikten in
die Flucht zu schlagen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die hölzernen Pferdeköpfe an den Giebeln
vieler Bauernhäuser in Norddeutschland mancherorts, z.B. in Schleswig-Holstein, noch
immer Hengist un Hors genannt werden.
Außer im Plattdeutschen trägt der Saterdag den Namen des Saturn im Englischen (Saturday)
und im Niederländischen (Zaterdag).
Erstaunlich ist, dass der Samstag in den romanischen Sprachen eine dem hochdeutschen
entsprechende Bezeichnung trägt, z.B. französisch Samedi oder italienisch Sabato. Dies
sind allesamt Formen, die auf den jüdischen Sabbat zurückgehen. Sie stellen somit keinen
Bezug zu den heidnischen germanischen oder römischen Gottheiten dar und waren daher aus
der Sicht der damaligen Geistlichen unproblematisch.
Leider ist auch beim Gebrauch des Saterdag festzustellen, dass viele Sprecher den
plattdeutschen Namen dieses Wochentages zugunsten der hochdeutschen Bezeichnung aufgeben.
Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Wahrscheinlich wird es größtenteils
einfach nur Unachtsamkeit sein. Der Mensch wendet auch beim Sprechen das ökonomische
Prinzip an. In der Ausprägung des Minimalprinzips, d.h. mit möglichst wenig Aufwand ein
bestimmtes Ziel zu erreichen, bedeutet der Gebrauch des Samstag statt des Saterdag eine
Silbe weniger. Wahrscheinlich ist dies den meisten Menschen gar nicht bewusst. Schade ist
es trotzdem. Vermeidbar auch.
In wenigen Wochen feiern wir Ostern, in unserem heimischen Plattdeutsch
Paosken genannt. Am Osterfest gedenken wir der Auferstehung Jesu. Es ist der
höchste christliche Feiertag im Jahreskreis. Wie Weihnachten, so hat auch das Osterfest
eine vorchristliche (heidnische) Tradition, die dann später in das Christentum
eingebunden wurde. Bevor unsere Vorfahren zu Christen wurden, kannten sie bereits
Frühlings- und Fruchtbarkeitsrituale um das Ende des Winters und die wieder erwachende
Natur zu feiern. Von dem bei uns in Norddeutschland üblichen Osterfeuer, Plattdeutsch
"Paoskefüer" wird angenommen, dass es ebenfalls auf alte germanische und
keltische Rituale zum Ende des Winters zurückgeht.
Der Name Ostern im Deutschen sowie das englische Easter verweisen auf die Himmelsrichtung
Osten, auf den Sonnenaufgang. Wahrscheinlich passten die heidnischen Riten um die
wiedererwachende Natur und die aufsteigende Sonne gut zusammen mit dem Gedenken an die
Auferstehung Christi. Das leere Grab wurde ja ebenfalls im Morgengrauen entdeckt.
Weitaus die meisten europäischen Sprachen benennen das Osterfest jedoch nach dem
jüdischen Pessachfest. Die Juden gedenken am Pessachfest dem Auszug der Israeliten aus
der ägyptischen Gefangenschaft. Die Auferstehung Jesu fand an einem Pessachfest statt.
Über das lateinische Pascua fand das Wort seinen Weg in zahlreiche europäische Sprachen,
so z.B. ital. Pasqua, span. Pascua, franz. Pâques, schwed. Påsk, niederl. Pasen und
Plattdeutsch Pasken (Paosken).
Somit bleibt mir bis zum nächsten Beitrag, allen Wippingern frohe Ostern zu
wünschen. Vorläufig muss ich es bei diesem Gruß belassen. Es wäre interessant zu
wissen, ob es dafür eine original plattdeutsche Grußformel gibt. Sollte ich hierzu etwas
in Erfahrung bringen, wird man das selbstverständlich an dieser Stelle lesen können.
Hyazinth Sievering
15.03.2012